Am fünften Spieltag der Meistergruppe in der österreichischen Bundesliga, kam es zum Rückspiel zwischen Red Bull Salzburg und dem FK Austria Wien. Für die... Analyse: Austria läuft ins offene „Bullen-Messer“

Am fünften Spieltag der Meistergruppe in der österreichischen Bundesliga, kam es zum Rückspiel zwischen Red Bull Salzburg und dem FK Austria Wien. Für die Bullen war es dabei ein besonders wichtiges Heimspiel, hatte man doch die Möglichkeit, vor den eigenen Zusehern den Gewinn die Meisterschaft zu fixieren. Auf der anderen Seite wollten sich die Wiener für die Niederlage vor wenigen Tagen revanchieren und sich endlich für die zuletzt guten Leistungen gegen den Liga-Krösus belohnen.

Austria setzt auf ähnlichen Matchplan

Nach dem bitteren 1:2 vor wenigen Tagen, wo man eigentlich eine gute Leistung zeigte und sich einen Punktegewinn verdient hätte, sah man sich auf Seiten der Violetten nicht großartig gezwungen, Veränderungen in der Mannschaft vorzunehmen. Die gleiche Elf wurde auf das Feld geschickt, was auch bedeutete, dass man mit der selben 5-2-3/3-4-3 Systematik auflief. Damit konnte man in Wien noch die Bullen überraschen, doch ob dies erneut so gelingen würde, das war die große Frage vor diesem Spiel. Auch der Matchplan änderte sich nicht großartig und man versuchte, eine gesunde Balance zwischen defensiver Stabilität und einer aktiven Spielweise zu finden.

Von Anfang an hatte man aber das Gefühl, dass man mittels einer Trotzreaktion noch mutiger und offensiver auftreten wollte, als dies noch vor wenigen Tagen der Fall war. Im Ballbesitz versuchte man die maximale Breite auf das Feld zu bringen und die Salzburger so gut es geht zu strecken, um einfacher durch das Pressing zu kommen. Spielerische Lösungen sollten dabei in den Fokus rücken und anders als noch in Wien, nahm die Frequenz an langen Bällen nochmal ab und das Kurzpassspiel wurde forciert. Die Violetten versuchten hier nicht nur über die Flügel zu spielen, sondern auch das Zentrum, um ein Zusammenziehen der Bullen zu forcieren. Wenn dies geschah, versuchte man schnell die Seite zu wechseln und das Spiel zu verlagern. Die breite Spielanlage sieht man im nächsten Bild:

Die Austria im Ballbesitz, man erkennt ein klares 3-4-3 System im Ballbesitz, welches sehr breit angelegt ist und den Gegner strecken soll.

Und diese mutige Spielweise trug auch in der Anfangsphase sichtbare Früchte, konnte man sich doch einige Male sauber aus dem Spielaufbau heraus nach vorne kombinieren und die Defensive und das Pressing der Salzburger beschäftigen. Mithilfe des spielstarken Torhüters Pentz fand man immer wieder Wege, die erste Pressinglinie der Bullen zu überspielen und ins Mittelfeld vorzurücken. Allerdings sollte sich rasch zeigen, dass der Preis für diesen Mut ein sehr hoher sein würde.

Salzburg zeigt sich gnadenlos zielstrebig

Die Gastgeber konnten sich diesmal eine Woche auf die Spielanlage der Austria vorbereiten und einen entsprechenden Plan zurechtlegen. Und diese Zeit nutzten die Bullen auch und überlegten sich etwas Besonderes. Wichtig war dabei zweifellos, dass der quirlige Aaronson ins Mittelfeld zurückkehrte. Systematisch griffen die Bullen vor allem gegen den Ball auf ein klares 4-3-3 und nicht wie üblich auf ein 4-Raute-2. Die beiden vorderen Reihen bauten zwei Dreierreihen auf und sollten so besseren Zugriff auf das Ballbesitzspiel der Austria erlangen. Das erkennt man auch beim ersten Bild recht klar.

Doch nicht nur das, interessant war das Pressingverhalten der Bullen. Anders wie üblich, gab es kein gnadenloses Angriffspressing zu sehen. Stattdessen wurden die aufbauenden violetten Verteidiger nur punktuell angelaufen und man setzte stattdessen eher auf ein Mittelfeldpressing und baute zusätzlich eine Pressingfalle ein. Das Ziel der Salzburger war dabei ganz klar – man wollte die Austrianer schlicht zum Mitspielen einladen. Wäre man von Anfang an draufgegangen, hätte man höchstwahrscheinlich (wie im Hinspiel) lange Bälle der Violetten provoziert. Indem man aber den Aufbau bewusst zuließ und ihn versuchte in eine Richtung zu lenken, versprach man sich hier aussichtsreiche Ballgewinne zu erzielen.

Die Austria sollte am besten ins zentrale Mittelfeld spielen, wo sie mit Fischer und Braunöder im Vergleich zu den Salzburgern strategisch unterbesetzt war. Sobald die beiden an den Ball kamen, wurden sie von mehreren Seiten attackiert und mussten unter diesem Druck die Ruhe bewahren. Fischer machte dies stark und ließ sich vom Druck nicht beirren, aber der junge Braunöder schien davon überfordert zu sein und wirkte nicht wirklich sicher, weshalb er sich auch einige Ballverluste leistete. Für die Austria war dies dadurch ein Ritt auf der Rasierklinge. Durch die breite Spielanlage brachte man sich zwar in die Lage, Salzburg spielerisch zu knacken, allerdings war man nach Ballverlusten anfällig und offen, sofern man nicht sofort ins Gegenpressing kam.

Nicht gerade hilfreich war, dass die Violetten nach nur wenigen Momenten im Spiel bereits in Rückstand lagen. Mit viel Ballglück kam der Ball zu Okafor, der sich alleine vor Pentz nicht die Chance nehmen ließ, zum 1:0 zu treffen. Die Wiener versuchten sich davon nicht beirren zu lassen und zogen ihre Spielanlage weiterhin durch. Das führte auch dazu, dass man im ersten Durchgang sogar mehr (!) Ballbesitz als die Bullen hatte – und das in Salzburg. Doch damit spielte man den Gastgebern perfekt in die Karten.

Austria läuft ins Verderben

Zugutehalten muss man den Veilchen, dass sie eine mutige und erfrischende Spielweise an den Tag legten. Breite Spielanlage, spielerische Lösungen, aktives Gegenpressing und hohes Zustellen des gegnerischen Spielaufbaus. Allerdings war dies bisweilen auch völlig naiv gegen die Pressing- und Umschaltmonster aus Salzburg, die mit ihrer enormen Aggressivität und ihrem Tempo in der Offensive nur auf Ballgewinne lauerten. Und diese konnten die Austrianer nicht konstant verhindern, weshalb die Defensive ein ums andere Mal in undankbare Situationen geriet. Bereits zehn Minuten nach der Führung tauchte nach einem Konter Adeyemi frei vor Pentz auf, doch der Austria-Torhüter rettete in höchster Not. Die Entstehung zeigt das hohe Risiko der Gäste:

Die Austria rückt in ihrem Angriff weit nach vorne und versucht die Bullen in der eigenen Hälfte zu halten, weshalb die Innenverteidiger der Gäste (rote Markierung) weit aufrücken. Nach dem Ballverlust setzt sich Okafor durch und nun haben die Sprintraketen der Salzburger freie Fahrt voraus.

Wenig später war Pentz aber chancenlos, als erneut nach einem Umschaltmoment Adeyemi abschloss und dessen Schuss unglücklich zum 2:0 abgefälscht wurde. Doch die Bullen ließen nicht locker und zeigten sich weiterhin gewillt, jeden Fehler der Austria zu bestrafen. Augenscheinlich war dabei, dass die Bullen im Zentrum machen konnten was sie wollten und die Austria den Zwischenlinienraum – im Gegensatz zum Hinspiel – nicht verteidigt bekam. Teils war das der Tatsache geschuldet, dass die Bullen mit guten Gegenbewegungen und einem Direktspiel dafür sorgten, aber auch die Austria, die oftmals viel zu weit auseinander stand, trug ihren Teil dazu bei.

Am besten konnte man dies im Vorfeld des 3:0 der Bullen sehen. Die Austria war hier im Spielaufbau und versuchte sich mit einem Doppelpass auf der rechten Seite aus der Umklammerung zu befreien. Die Pressingfalle der Bullen schnappte aber zu und sorgte für die Balleroberung, wodurch die Gastgeber nun riesige Räume zu bespielen hatten, da die Austria gestreckt war. Dies kann man am nächsten Bild gut erkennen:

Salzburg erobert den Ball, die Austria steht aufgrund des Spielaufbaus weit gestreckt und schafft es nicht, sich schnell genug zusammenzuziehen. Abwehrchef Mühl (aber auch Galvao) unterschätzt die Situation und verliert Sucic aus den Augen, der im Zentrum angespielt wird und locker in den Strafraum spazieren kann, um das 3:0 zu erzielen. Die Abstände der drei Innenverteidiger der Wiener ist hier fast schon absurd.

Besonders bitter für die Austrianer war, dass nur wenige Augenblicke zuvor Rechtsverteidiger Martins alleine vor dem Torhüter stand und die Gelegenheit auf den 1:2-Anschlusstreffer hatte. Das beschreibt allerdings die Charakteristik des Spiels bestens, denn für die Violetten war es wie erwähnt ein Ritt auf der Rasierklinge. Hätte man die eigenen Situationen genutzt, wäre das Spiel vielleicht längere Zeit offengeblieben. In Wahrheit spielte man aber Salzburg wunderbar in die Karten und die gewählte Spielweise war schlicht als naiv zu bezeichnen. Hier wurde vor Augen geführt was passiert, wenn man versucht mit den Bullen mitzuspielen. Handlungsschnelligkeit, Auffassungsgabe und Intensität waren auf einem Level, der die Austria überforderte und bei dem man nicht mithalten konnte.

Das erkannte auch Austria-Trainer Manfred Schmid, der nach dem 3:0 intervenieren musste. Das 3-4-3 wurde nach einer halben Stunde verworfen und man kehrte zum 4-2-3-1/4-3-3 zurück, da Martel aus der Verteidigung wieder auf seine angestammte Sechserposition gezogen wurde. Man musste der Übermacht im Zentrum Herr werden und verstärkte diese Zone, um mit der Zweikampfstärke von Martel besseren Zugriff zu erhalten und die Angriffe des Gegners früher abfangen zu können. Gleichzeitig lag aber der Fokus darauf, nach Ballverlusten nicht mehr so offen zu stehen und die Kompaktheit zu erhöhen. Die Umstellung kann man auch am nächsten Bild erkennen:

Die Austria stellt um und agiert nach 30 Minuten und dem 0:3-Rückstand nun in einem 4-2-3-1 und mit einer Doppelsechs vor der Abwehr.

Damit konnte man zumindest etwas Stabilität gewinnen und nicht mehr so ins offene Messer laufen, wie es zuvor noch der Fall war. Ab dem 3:0 war aber auch klar, dass das Spiel nicht mehr zu gewinnen war und es um Schadensbegrenzung ging. Nicht gerade förderlich war es, dass früh im zweiten Durchgang Martins vom Platz gestellt wurde und die Gäste das Spiel in Unterzahl beenden mussten. So war die zweite Halbzeit auch nicht mehr wirklich zu bewerten und dank zweier Elfmeter besorgte Salzburg letztlich den 5:0-Endstand in dieser Partie und krönte sich wiederholt zum Meister.

Fazit

Es war zweifellos mutig, wie die Austria in Salzburg auftreten wollte und mit welchem Plan man die Bullen knacken wollte. Die Spielidee war eine offensive und man wollte die Bullen spielerisch knacken. Allerdings machte man dabei auch gravierende Fehler, die letztlich gnadenlos bestraft werden sollten. Es muss klar erwähnt werden, dass man gegen einen Gegner der Klasse der Salzburger, nicht innerhalb weniger Tage mit jeweils dem exakt gleichen Matchplan antreten kann. Die Bullen stellten sich folglich perfekt auf die Schwachstellen der Violetten ein und wussten genau, was sie zu tun hatten, um erfolgreich zu sein. Natürlich kann man es auch als Kompliment für die Austria sehen, dass sich Salzburg extra anpasst, allerdings war man augenscheinlich überrascht ob dieser Tatsache und reagierte zu spät darauf.

Insgesamt agierte man schlicht zu naiv und kopflos, weshalb man den Salzburgern in die Karten spielte. Die Bullen brauchten nur auf die Ballgewinne lauern, das eigene Pressing in Stellung bringen, um dann durch die blitzschnellen Umschaltspieler die Austria auszukontern. So wurde es letztlich für die Gäste zum Lehrspiel und viele Akteure konnten sehen, was Salzburg so stark macht und warum man im Achtelfinale der Champions League stand.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic