Am vierten Spieltag der österreichischen Bundesliga, stand im Tiroler Bergland das Duell zwischen der WSG Tirol und dem FK Austria Wien auf dem Programm. Dabei befand sich die WSG vor diesem Duell im Aufwind, holte man doch aus den vergangenen beiden Spielen ordentliche vier Zähler. Daher wollte man mit einem Sieg diese Serie weiter ausbauen und sich von den unteren Regionen absetzen. Auf der anderen Seite war die Austria auf Wiedergutmachung aus, ließ man doch am vergangenen Spieltag in den Schlussminuten den Sieg leichtfertig liegen und kam gegen die Admira nicht über ein 2:2-Unentschieden hinaus.
Stöger hält an Zentrums-Besetzung fest
Nach dem unnötigen Punkteverlust gegen die Admira, mahnte Austria-Trainer Stöger unter der Woche seine Mannschaft zur höheren Konzentration in vielen Bereichen an und dass man in Zukunft konsequenter agieren müsse. Daher war man gespannt, wie sich das in dieser Partie gestalten würde. In Punkto System behielt Stöger alles bei und die „Veilchen“ liefen erneut in einer 4-4-2-Formation und mit einer Doppelspitze auf. Interessanterweise nahm Stöger auch keine Änderungen im Zentrum vor und hielt am Pärchen Sarkaria und Ebner fest, und das obwohl der Austria die Außenverteidiger ausgingen und Ebner diese Position spielen könnte. Stattdessen wurde ein anderer Sechser, nämlich Demaku, zu einem Rechtsverteidiger umfunktioniert. Durch die gewählte Formation der Austria, kam es zum Duell der „4-4-2“-Formationen, denn auch die WSG Tirol griff zu diesem Systematik. Die Gastgeber fuhren ihre zuletzt gefeierten Erfolge mit dieser Anordnung ein, wo der spezielle Fokus der defensiven Organisation galt.
Mit dem 4-4-2 baute man gegen den Ball zwei engmaschige Ketten auf, die die Räume im zentralen Bereich verknappen und den Gegner aus dieser Zone herausdrängen sollte. Dies praktizierte man auch gegen die Austria so, allerdings natürlich mit einigen zusätzlichen Adaptierungen. So standen die beiden Stürmer recht eng zusammen und versuchten so, den Innenverteidigern der Violetten die Passwege ins Zentrum zu verschließen. Dadurch sollten die Gäste auf den Flügel geleitet werden, um dort dann angepresst zu werden. Meist rückte dann ein Flügelspieler der WSG recht schnell heraus und stellte den violetten Außenverteidiger, um ein geordnetes Vorwärtskommen zu bremsen. Verstärkt wurde das vor allem auf der linken Seite der Austria praktiziert, wo Suttner sehr oft unverzüglich zugestellt wurde und dadurch nicht zur Entfaltung kommen sollte. Das kommt auch nicht von ungefähr, hat sich Rückkehrer Suttner doch zum dominanten Part im violetten Spielaufbau gemausert und diesen de facto in Eigenregie aufgezogen.
Zentrum als violette Tabu-Zone
Und diese scheinbar trivialen Anpassungen reichten bereits, um viel Sand in das Getriebe der Austria zu kippen. Durch das Zentrum ging bei den Violetten de facto gar nichts, da sich Sechser Ebner nur halbherzig anbot und nicht wirklich Bälle forderte, während Sarkaria höher stand, um vermutlich die zweiten Bälle abzusammeln und sofern man den Übergang in die gegnerische Hälfe schaffte, dort dann als Anspielstation zu dienen. Dadurch entstand aber de facto ein großes Loch im Zentrum und war die Anbindung dieser wichtigen Region überhaupt nicht gegeben, weshalb die Austria auf Lösungen über den Flügel angewiesen war. Doch dadurch blieb man leicht ausrechenbar im Spielaufbau und limitiert, da die WSG die Flügelspieler schlicht in Manndeckung nahm und so versuchte, sie entsprechend zu verteidigen. Dadurch tat sich die Austria enorm schwer, spielerisch für einen geordneten Übergang in die gegnerische Hälfte zu sorgen und Lösungen gegen die defensive Ordnung des Gegners zu finden.
Meist war es so, dass etwa Außenverteidiger Demaku selbst kreative Lösungen kreieren musste, um überhaupt ein Vorwärtskommen zu ermöglichen. Doch meist sah die Vorgehensweise so aus, dass man die Flügelspieler oder die Mittelstürmer mit Pässen entlang der Seitenlinie nach vorne schickte und diese dann aus ungünstigen Positionen und schweren Umständen etwas mit den Bällen anfangen mussten. Da sie diese Situationen nicht wirklich lösen konnten und mehr durch technische Fehler und Ballverluste auffielen, war die Offensive der Violetten ein laues Lüftchen. Das verstärkte sich dann auch noch dadurch, dass die Austria auf jegliche Form von Angriffspressing verzichtete und die WSG im Spielaufbau in Ruhe ließ. Die beiden Stürmer der Wiener orientierten sich an die beiden gegnerischen Sechser Petsos und Celic, um diese vom Spielaufbau der Tiroler abzuschneiden. Dieser sollte komplett in die Hände der Innenverteidiger gelegt werden. Vor allem Petsos wurde dabei sehr eng gedeckt und man versuchte ihn vom Spiel zu isolieren, da er bekanntlich die Rolle des Spielgestalters übernimmt.
Da die Austria in dieser Hinsicht das Spiel der WSG ebenfalls einbremste, kam eine dementsprechend Partie zustande, was eine harte und zähe Kost für die Zuseher war. Beide Teams taten sich im Spielaufbau unheimlich schwer und nach wenigen Pässen folgte entweder der Ballverlust oder der lange Ball nach vorne, weshalb überhaupt kein Spielfluss zustande kam, geschweige denn, dass es Torchancen und gefährliche Situationen gab. Die WSG besserte sich immerhin nach gut einer halben Stunde etwas, indem sie immer wieder über ein gezieltes Muster mehrere Linien der Austria überspielte. Ausgangspunkt war dabei meist Innenverteidiger Gugganig, der mit scharfen diagonalen Pässen das Sturmzentrum anvisierte und die Stürmer in weiterer Folge entweder prallen lassen sollten, oder den Ball durchließen und sofort in die Tiefe starteten. So kam zumindest ein Funken Dynamik in das Spiel hinein, wobei diesen Aspekt herauszustreichen bereits eindeutig vermittelt, wie zerfahren dieses Spiel war. Zusammengefasst könnte man die erste Halbzeit so beschreiben, dass sich beide Teams auf niedrigstem Niveau gegenseitig neutralisierten und kaum etwas zustande brachten.
Austrias Führung und die „Igel-Taktik“
Das einzige was dieser Partie wohl geholfen hätte, wäre ein Tor, auch wenn man sich nicht ausmalen konnte, wie die beiden Mannschaften dazu hätten kommen sollen. Passend zu dem Spiel sah dann auch der Führungstreffer der Austria direkt nach dem Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit aus, als nach einer Flanke Monschein mit einem sehenswerten Seitenfallzieher den Ball aufs Tor brachte, nachfolgend Verteidiger Koch bei einem Klärungsversuch den heranstürmenden Wimmer traf und von dem der Ball via Unterkante der Latte ins Tor ging. Zumindest brachte das etwas Dynamik und Spannung in die Partie, da eine der beiden Mannschaften nun mehr Risiko eingehen musste. Von der Austria erhoffte man sich einen befreienden Effekt in spielerischer Hinsicht, der dazu führen sollte, dass man die Partie schlicht unter Kontrolle brachte, nachdem man schon im ersten Durchgang weniger Ballbesitz als die Wattener verzeichnete.
Wer darauf hoffte, wurde allerdings eines Besseren belehrt. Stattdessen zog sich die Austria komplett in die eigene Hälfte zurück, überließ der WSG das Spiel und versuchte, auf Kontersituationen zu warten und so die Vorentscheidung zu erzielen. Das ging beinahe in die Hose, denn nur wenige Minuten nach der Führung musste Torhüter Pentz nach einem Eckball in höchster Not klären und seine Mannschaft vor dem Ausgleich bewahren. Die Austria bekam auch danach kaum Ruhe in das eigene Spiel hinein, verzeichnete nur selten längere Ballbesitzphasen, weshalb man den kompletten Fokus auf die Defensivarbeit legen musste. Dort profitierte man davon, dass auch die WSG Tirol recht einfallslos im Ballbesitzspiel agierte und keine wirklichen Lösungen gegen die tiefstehenden Austrianer fand.
Die Innenverteidiger spielten sich den Ball meist ewig lang hin und her, ehe dann der Seitenwechsel auf Rechtsverteidiger Koch folgte und dieser den Ball ins letzte Drittel bringen sollte. So verwundert es auch nicht, dass die beiden Innenverteidiger der Tiroler auf jeweils über 110 (!) Ballkontakte kamen. Nach und nach mussten die Gastgeber dann natürlich das Risiko erhöhen und brachten einige Offensivspieler ins Spiel, um den eigenen Angriff zu beleben. Doch nur nach einem Fehler von Palmer-Brown, kam man zu einer weiteren Großchance, bei der Yeboah alleinstehend vor Pentz am Torhüter der Gäste scheiterte. Die Austria auf der anderen Seite verpasste viele Kontersituationen durch technische Fehler und Unsauberkeiten, wodurch man einige aussichtsreiche Situationen nicht fertigspielen konnte. Einmal gelang dies dann doch, als sich Wimmer und Sarkaria durch die gegnerischen Reihen kombinierten und Sarkaria mithilfe eines ausgerissenen Rasenziegels ins lange Eck zum 2:0 traf. Dadurch wurde die Moral der WSG endgültig gebrochen und die Austria brachte das Ergebnis ohne Probleme über die Zeit.
Fazit
Der 2:0-Erfolg der Austria über die WSG Tirol fällt sicherlich in die Kategorie „Arbeitssieg“. Wenn man nämlich die Leistung der Violetten in Summe betrachtet, dann war dies mehr als nur durchwachsen und wirft viele Fragen auf – sowohl in spielerischer, als auch in taktischer Hinsicht. Es bleibt nämlich ein Rätsel, warum die Austria das Zentrum so sehr vernachlässigt und sich völlig darauf versteift, über den Flügel und die Außenverteidiger nach vorne zu kommen. Vor allem die Besetzung von Ebner und Sarkaria hat sich bislang eher als Eigentor erwiesen, da keiner der beiden eine dominante Rolle im Ballbesitz einnimmt und höchstens als komplementärer Part neben einem spielstarken Sechser funktionieren könnte. Dadurch limitieren sich die Wiener schon von Haus aus strategisch und es fehlt schlicht an der Balance und an der Variation bei den Angriffsmustern, weshalb es dem Gegner relativ einfach gemacht wird, die Angriffe zu verteidigen. Dazu kommen auch noch die vielen technischen Fehler, die in der Offensivreihe an der Tagesordnung stehen, während mit Sarkaria ein pfeilschneller und technisch starker Spieler im Zentrum vergeudet wird. Zusammenfassend kann man sagen, wartet auf Trainer Peter Stöger in der Länderspielpause viel Arbeit und man muss sich in vielen Bereichen verbessern. Dass das Spiel auch anders ausgehen hätte können, verdeutlich die „Expected-Goal Wertung“, die mit 1.01:0.89 aus der Sicht der Austria alles andere als eindeutig ausfällt.
Dalibor Babic, abseist.at
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