Nachdem am vergangenen Wochenende die Bundesliga-Saison 2019/2020 erfolgreich abgeschlossen wurde und nach der Corona-Pause alles mehr oder weniger glatt über die Bühne lief, stand nun mit dem Europacup-Playoff die „Verlängerung“ dieser langen Spielzeit an. Im Halbfinale duellierten sich dabei die beiden Anführer der Qualifikationsgruppe, Austria Wien und der SCR Altach, die um die Chance auf ein Europacup-Ticket miteinander rangen. Die „Violetten“ gingen dabei als leichter Favorit in dieses Spiel, gewann man doch sieben der zehn Ligaspiele in dieser Gruppe und bezwang unter anderem auch Altach vor kurzem mit 2:1. Aber auch die Vorarlberger rechneten sich gute Chancen aus, siegten sie doch beim letzten Gastspiel in Wien und zeigten dabei eine starke Leistung. Spannung war also bei dieser Konstellation vorprogrammiert.
Altacher Schnellstarter drücken mit Positionsspiel Austria nach hinten
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Im Vorfeld dieser Partie schonten beide Mannschaften nahezu die gesamte Stammelf am letzten Spieltag, um mit frischen Kräften dieses Playoff zu bestreiten. Nach dem 1:0 Heimsieg der Austria über Mattersburg, kamen daher auch sieben Spieler ausgeruht und topfit wieder zurück ins Team. Auch das System wurde leicht adaptiert und vom 4-3-3 kehrte man für dieses Spiel auf das 4-2-3-1 zurück. Eine ähnliche Grundformation praktiziert auch der SCR Altach, wobei es ähnlich wie bei den Wiener recht flexibel ausgelegt wird und variiert. Normalerweise spielen die Gäste in einem 4-3-3, aufgrund der Verletzung von Fischer wurde daraus vermehrt ein 4-2-3-1 – mit einer klassischen Doppelsechs. Systematisch waren es also ähnliche Ausgangslagen, doch die Anfangsphase fand alles andere als auf Augenhöhe statt. Die Gäste aus Altach übernahmen von Beginn weg gleich das Kommando und zeigten, dass sie auf eine dominante Vorstellung aus waren und zügig die Kontrolle über die Partie erlangen wollten.
Der Schlüssel dafür lag für die Altacher im eigenen Positionsspiel, mit dem man die Gastgeber knacken wollte. So war der gesamte strategische Ansatz hochinteressant und im Vergleich zu den vorherigen Duellen zwischen den beiden gab es einen zu vernehmenden Unterschied, nämlich noch stärker über die Flügel zu kommen. Dieser war in erster Linie beim Spielaufbau zu sehen, der darauf ausgelegt war, eine Reaktion beim Gegner zu forcieren, um diese dann auszunutzen. Die beiden Sechser der Altacher, Oum-Gouet und Zwischenbrugger, kippten beide immer wieder in Richtung der Halbräume ab und besetzten damit eher seitlichere Zonen. Einerseits wollte man damit eine Überzahl gegen die erste Zwei-Mann Pressinglinie der Austria herstellen und diese umspielen, andererseits aber auch den Grundstein für ein flügellastiges Spiel zu legen. Die Gäste besetzten nämlich die Außenbahn mit zwei klaren Pärchen, die konstant sehr breit standen und den Gegner auseinanderziehen sollten.
Auch der „Zehner“ der Altacher, Tartarotti, tendierte stark auf den Flügel und versuchte dort als Kombinationspartner für Dreiecke zu sorgen. Dieser Ansatz im Positionsspiel war klar darauf ausgelegt, maximale Breite ins Spiel zu bringen, den Ball flüssig von links nach rechts laufen zu lassen und auf viel Ballbesitz zu kommen, um sich so dem Zugriff des Gegners zu entziehen.
Wie probierte die Austria dagegen vorzugehen? Zunächst einmal versuchte man durchaus, mittels Pressing die Gäste unter Druck zu setzen und erst gar nicht in den gewohnten Rhythmus kommen zu lassen. Man wollte sich nicht von Anfang an zurückziehen und hinten hineindrücken lassen. Doch das eine ist der ausgedachte Plan, das andere dann die Umsetzung. Gleich die erste Pressingsequenz der Austria ging mächtig in die Hose und führte zu der ersten Großchance in dieser Partie. Die Violetten im Pressing und gegen den Ball aus einem 4-4-2 heraus zu agieren, wo die beiden Stürmer Monschein und Sax einerseits den ballführenden Innenverteidiger, andererseits den ballnahen Sechser mit einer Staffelung zustellen sollten. Dahinter hatte das Mittelfeld eine klare Zuordnung mittels Mannorientierung und jeder wusste, wen er zu decken hatte.
Diesen Ansatz hebelten die Altacher allerdings sehr schnell aus, da er natürlich seine Tücken hatte. Durch die mannorientierte Verfolgung der Gegenspieler, muss man klarerweise auch mal die eigene Position verlassen. Genau darauf legten es die Altacher an und konnten so mit ihrem Positionsspiel die Austrianer immer wieder aus ihren Positionen ziehen. So auch eben im Vorfeld der Szene zur ersten Großchancen in der dritten Spielminute:
Altach im Ballbesitz, die Austria versucht ins Pressing zu gehen und den Gegner mittels einer klaren Mannorientierung unter Druck zu setzen. Altachs Tartarotti macht sich diese Tatsache zu Nutze, indem er auf den Flügel ausweicht und Sechser Ebner aus dem Zentrum herauszieht. Da Grünwald den starken Oum-Gouet decken musste, wurde dadurch das gesamte Zentrum entblößt und mit einem einfachen Doppelpass attackierte Linksverteidiger Karic folglich genau diesen Raum (gelber Kreis) und bereitete die Großchance von Nussbaumer vor.
Für die Austria wurde recht schnell im Pressing vor allem eine Problematik offenbart, nämlich wie man den gegnerischen Sechserraum verteidigt bekam. Die beiden ersten Verteidiger Monschein und Sax hätten mit ihrem geschickten Anlaufen die Passwege zu den gegnerischen Sechsern zustellen sollen, damit die Innenverteidiger in die Breite spielen mussten. Das klappte allerdings gar nicht und man hatte da große Probleme, da vor allem Sax Nachlässigkeiten in der Orientierung und in der Intensität beim Anlaufen zeigte (das dürfte auch vermutlich der Grund gewesen sein, warum beim Gang in die Kabine Sportvorstand Stöger energisch auf Sax einredete). Das führte zu einer Kettenreaktion und zu einem Ungleichgewicht im violetten Mittelfeld, denn dadurch standen Ebner und Grünwald nun vor der Frage: Rücken wir raus? Oder verbleiben wir in der Position? Im oberen Bild sieht man auch, dass Grünwald auf Oum-Gouet herausrückte, um ihn zuzustellen, weshalb Ebner alleine im Zentrum verblieb.
Diese Problematik verfolgte die Austria speziell in der Anfangsphase und führte dazu, dass die Altacher sich ein klares Übergewicht erspielten. Immer wieder fanden die Vorarlberger über ihr sauberes Positionsspiel spielendleicht einen Weg, das Übergangsspiel aus dem Spielaufbau heraus zu initiieren und Lösungen gegen die erste Verteidigungslinie der „Veilchen“ zu finden, weshalb man auch relativ flüssig in die gegnerische Hälfte kam.
Tieferer Block der Austria bekommt mehr Zugriff
So schnellten die Ballbesitzwerte der Gäste auch schnell auf über 60 Prozent und die Austria lief de facto nur hinterher und musste sich sammeln. Doch die Austria deutete auch da bereits an, dass man zwar in der Defensive Probleme hat, dafür in der Offensive für Gefahr sorgen kann. Durch das Altacher Gegenpressing und die damit verbundene hohe Abwehrlinie, boten sich den Violetten Räume für Tiefenläufe an, was für schnelle Leute wie Monschein oder Wimmer natürlich optimal ist. So war es vor allem Wimmer, der in der Anfangsphase mehrmals in gefährlichen Situationen involviert war und seine Geschwindigkeit im Umschaltspiel ausnutzen konnte. Das war für die Altacher natürlich eine Warnung, hellwach im defensiven Umschalten zu sein und konstant für einen passenden Zugriff zu sorgen. Solange man sich für das starke Ballbesitzspiel nicht belohnen konnte, blieb dadurch die Gefahr in Rückstand zu geraten.
Die Austria fing sich nach gut einer Viertelstunde etwas und fand besser in das Spiel hinein. Man verzichtete auf das Pressing und versuchte mehr über eine kompakte Formation die relevanten Räume in der eigenen Hälfte zu verschließen. Diese sah man im Zentrum an, weshalb man auf den Flügelzonen die Gäste spielen ließ und keine vertikalen oder diagonalen Zuspiele zulassen wollte. Simpel gesagt, solange der Gegner nur in die Breite spielte, blühte nach Meinung der Violetten keine Gefahr. Wichtig war vor allem, dass das Anlaufverhalten der beiden Stürmer gegen den Ball zumindest etwas besser wurde, wodurch sich die Vorarlberger nicht mehr so einfach über die Sechser im Spielaufbau lösen konnten. Dadurch nahm die Frequenz an langen Bällen etwas zu, was eine Form der Entlastung für die Austria war, da man eine klare Lufthoheit in diesem Spiel besaß.
Dass man besser in die Partie fand, führte auch prompt zu einigen Torchancen, wodurch man die Altacher immer wieder anbohren konnte. Palmer-Brown vergab u.a. die freistehend die große Möglichkeit auf die Führung. Wenig später war es allerdings soweit, nach einem herrlichen Pass von Sarkaria auf den in die Tiefe startenden Wimmer, scheiterte dieser zunächst an Torhüter Kobras, ehe Monschein den Rebound sicherte und Wimmer bediente, der nur noch zum 1:0 einköpfen musste. Aufgrund der Chancen war dies zu dem Zeitpunkt nicht mal unverdient, da Altach wenig konkret im letzten Drittel wurde und der Faden etwas riss. Meist versuchte man es über Sam und dessen inversen Läufe, allerdings feuerte dieser oftmals nur Distanzschüsse auf den gegnerischen Kasten ab. So ging es für die Austria mit der 1:0 Führung in die Pause.
Austria verfällt in alte Muster zurück
Nach dem Wiederanpfiff, tasteten sich die beiden Mannschaften zunächst ab, ehe nach und nach Altach nicht nur die Kontrolle übernahmen, sondern richtig dominant wurden. Die Austria fand sich plötzlich nur noch in der eigenen Hälfte wieder, blieb im Gegenpressing-Netz des Gegners hängen und konnte kaum für Entlastung sorgen. Der Grund dafür war, dass die Altacher zur Halbzeit Anpassungen vornahmen und den Fokus vor allem auf die linke Seite legten. Tartarotti wurde immer mehr zum linken Flügelspieler und Sechser Zwischenbrugger kam ebenfalls unterstützend hinzu und Karic stand noch höher, wodurch man Überladungsversuche in dieser Region startete. Die Austria hatte jedoch vor allem mit dem starken Linksverteidiger Karic Probleme, der den Gastgebern schon im letzten Spiel mehrmals quasi um die Ohren flog. Flügelspieler Sarkaria konnte dem Offensivdrang von Karic nur wenig entgegensetzen, wodurch dieser immer wieder ins letzte Drittel eindringen konnte.
Auch das Zentrum kam immer weniger in die Zweikämpfe hinein und oftmals einen Schritt zu spät, wodurch die Altacher auch vermehrt Verlagerungen auf Sam spielen konnten. Dadurch, dass man die Austria auf eine Seite anlockte, wurde klarerweise ballfern Raum frei, wodurch man Sam in Eins gegen Eins-Situationen brachte. Der dribbelstarke Kreativspieler nutzte dies auch oftmals und gab viele Schüsse ab, wobei einer davon letztlich an der Unterkante der Latte landete und aus dem Tor heraussprang. Diese Schwierigkeiten blieben Austria-Trainer Ilzer auch nicht verbogen und dieser reagierte mit einem Doppelwechsel. Die beiden defensiveren Jeggo und Demaku kamen für die ausgepowerten Grünwald und Sax hinein und sollten wieder für Zugriff im Zentrum sorgen.
Dieser Wechsel war zweifellos mit keiner kleinen Portion Risiko verbunden, denn sofern den Gästen der Ausgleich gelang, hätte man kaum Kreativität auf dem Feld gehabt. Doch das Risiko von Ilzer war die goldrichtige Entscheidung, denn durch die beiden Wechsel bekam die Austria wieder einen gewissen Punch im Zentrum und sofort auch mehr Zugriff in den Zweikämpfen. Durch die vermehrten Ballgewinne hatte man klarerweise nun auch öfter die Chance Konterangriffe zu lancieren, welche von Minute zu Minute zunahmen. Ab der 70. Spielminute vergaben die Violetten eine Hülle und Fülle an aussichtsreichen Konterchancen, was überaus leichtfertig war. Mit dieser Fahrlässigkeit bettelte man mehr oder weniger darum, den Ausgleich zu kassieren und in die Verlängerung zu müssen. Das war bereits im Spiel gegen Mattersburg zu sehen, dass man viel zu wenig aus den gebotenen Kontersituationen letztendlich macht.
Allerdings verloren die Altacher von Minute zu Minute immer mehr den Glauben und man fand nicht mehr wirklich Lösungen gegen die aufmerksame Defensive der Austria. Der formstarke Angreifer Nussbaumer wurde von der violetten Innenverteidigung völlig abmontiert und auch Sam ging vermehrt die Puste aus. Altach-Trainer Pastoor machte dann auch mit seinem letzten Wechsel die Bemühungen seiner Mannschaft zunichte, denn mit der Auflösung der Viererkette und der Hereinnahme von Netzer, ging auch das spielerische Element der Gäste flöten und segelten nur noch lange Bälle in die gegnerische Hälfte, mit denen die kopfballstarke Verteidigung der Austria wenig Mühe hatte. So mussten die Gastgeber in den Schlussminuten auch nicht mehr Zittern und sicherten sich den knappen 1:0 Erfolg.
Fazit
Diese Begegnung zwischen den beiden Teams, war zweifellos eine der besten seit dem Corona-Wiederbeginn und hätte sich eigentlich keinen Verlierer verdient. Die Intensität und das Tempo im Spiel sorgte für ein relativ kurzweiliges Aufeinandertreffen und einen offenen Schlagabtausch, auch wenn die Ballbesitzzeiten letztlich klar zugunsten der Altacher ausfielen. Doch das Ballbesitz keine Tore schießt, mussten die Vorarlberger bereits mehrmals leidvoll in dieser Saison erfahren und trotz des guten Auftritts fuhr man letztlich mit leeren Händen nach Hause. Zumindest tat man das allerdings mit erhobenem Haupt, denn man zeigte der Austria vor, wie sie eigentlich spielen sollte.
Die Spielanlage der Altacher würde man eigentlich aufgrund der Kultur der Violetten bei der Austria erwarten, doch diesmal reichte es nur für eine umschaltbasierende Spielanlage, was ein Spiegelbild für die Saison herangesehen werden kann. Sofern sich die „Veilchen“ darauf besinnen und auf das Umschaltspiel beschränken, stimmen auch zumeist die Ergebnisse und so war das auch diesmal der Fall. Dass vermutlich mehr mit dem Spielermaterial nicht möglich ist, zeigten auch die vielen vergebenen Kontermöglichkeiten, die doch einige technische Defizite offenbarten. Dennoch war letztlich der Einzug in das Finale des Playoffs nicht unverdient und nun wartet mit dem TSV Hartberg die nächste Mannschaft, die ihre Stärken im Ballbesitzspiel hat, was für die Violetten ein gutes Omen sein könnte.
Dalibor Babic
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