Am 15. Spieltag der österreichischen Bundesliga kam es im Lavanttal zum Duell zwischen dem Wolfsberger AC und dem FK Austria Wien. Dabei wollten die... Analyse: Austria-Serie reißt in Wolfsberg

Am 15. Spieltag der österreichischen Bundesliga kam es im Lavanttal zum Duell zwischen dem Wolfsberger AC und dem FK Austria Wien. Dabei wollten die Kärntner ihre Position in der Meistergruppe gegen einen direkten Konkurrenten verteidigen und visierten dabei den dritten Sieg in Serie an. Dagegen hatten die Wiener klarerweise etwas einzuwenden, die ihrerseits mit einer Serie von acht ungeschlagenen Spielen und 795 Minuten ohne Gegentreffer angereist kamen. So war einiges an Brisanz gegeben und eine der Serien sollte letztlich auch ein jähes Ende finden.

Duell der 3-4-3 /5-2-3 Systeme

Für die Austrianer kam die Länderspielpause zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt, lieferte man doch gegen den Tabellenführer Salzburg ein „Highlight-Spiel“ ab und verpasste es sich in Form eines Sieges zu belohnen. So konnte man den „Flow“ nicht gleich mitnehmen, andererseits konnte man dafür an der Weiterentwicklung der Mannschaft arbeiten. Verzichten musste das Team von Trainer Michael Wimmer auf Abwehrchef Martins, der aufgrund einer Sperre passen musste – ein herber Verlust. Statt ihm rückte Halbverteidiger Galvao ins Zentrum ein und Innenverteidiger Meisl von der Bank in die Startelf. Ansonsten gab es keine Veränderungen und nur eine kleine Überraschung, da Spielmacher Fitz erneut auf der Bank platznehmen musste.

Auf der anderen Seite gab es auch bei Wolfsbergern nicht allzu viele Überraschungen. Man setzte wie üblich auf ein 5-2-3/3-4-3 System und auf viel Kompaktheit, während man in der Offensive den Fokus auf die drei „B“s legte, nämlich die schnellen Ballo, Bamba und Boakye. Die drei pfeilschnellen Angreifer sollten den Torriegel der Violetten knacken. Und von Beginn an zeigte sich auch recht schnell die Spielanlage und der Matchplan der Gastgeber. Grundsätzlich positionierte man die erste Pressinglinie etwa auf Höhe des Mittelkreises beziehungsweise 35 Meter vor dem gegnerischen Tor, wobei man in den Anfangsminuten situativ auch noch die Wiener weiter vorne anlief. Dabei setzte man auf einen raumorientierten Ansatz und die drei Angreifer in der ersten Pressinglinie sollten Zuspiele ins Zentrum unterbinden und den Gegner auf die Flügel drängen.

Dabei blieben vor allem die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen sehr eng und auch die Abwehrlinie rückte teilweise sehr weit auf, was dem Ansatz der Austrianer gegen Salzburg recht deutlich ähnelte und man dadurch in diesem Block wenig Raum anbot. Allerdings mit der Einschränkung, dass die Kärntner in der Innenverteidigung nicht gerade die schnellsten Spieler in ihren Reihen haben, sondern mehr über die Zweikampfstärke kommen. Das ist natürlich nicht ungefährlich, gerade gegen einen Gegner wie die Austria, die gerne ins direkte Umschaltspiel geht und den freien Rückraum attackiert. Andererseits gibt es auch nicht viele „Tempospieler“ bei den Wienern, die das ausnutzen können.

Die ersten Minuten stellte sich dann auch aufgrund dieser Kompaktheit der Kärntner ein sehr kampfbetontes und intensives Spiel ein, bei dem sich beide Teams aneinander abarbeiteten und dadurch eine gewisse Hektik entstand. Die Austria ihrerseits versteht es nämlich in den letzten Wochen ebenfalls außerordentlich gut, im Spiel gegen den Ball eine hohe Stabilität aufzubauen und speziell im (Gegen)Pressing griffig zu sein. Das war auch in der Anfangsphase zu sehen, wo speziell das violette Zentrum bestehend aus Jukic und Potzmann sehr präsent in den Zweikämpfen war und für viele Ballgewinne sorgte. Allerdings tat man sich zunächst noch schwer, richtig Kapital daraus zu schlagen.

Dadurch, dass der WAC zunächst situativ ins Angriffspressing ging und hier auch von einem zunächst raum- auf einen mannorientierten Ansatz wechselte, gab es dementsprechend viele „Mann-gegen-Mann“-Duelle, die eine gewisse Statik im Spiel zur Folge hatte. Das ist eines der Nebeneffekte, wenn beide Teams nahezu die gleiche Grundordnung wählen, da es dann wenige freie Spieler auf dem Feld gibt.

Austria setzt im Spielaufbau auf eine „Viererkette“

Hier war dann recht schnell zu erkennen, welche Mannschaft dennoch spielerische Lösungen forcieren wollte. Beim Wolfsberger AC war nahezu kein Spielaufbau zu sehen und beim kleinsten Anzeichen von Druck folgte meist der lange Ball auf die schnellen, aber nicht gerade kopfballstarken Spitzen, da man offensichtlich nicht in die Pressingwellen der Gäste hineinspielen wollte. Konträr dazu versuchten die „Veilchen“ dagegen den Ball am Boden zu halten und über ein flaches Kombinationsspiel durch die Linien der Gastgeber zu gelangen. Hier hatte man sich auch einen interessanten Ansatz ausgedacht, um dies zu bewerkstelligen und vor allem diese zuvor erwähnte „Statik“ durch die ähnlichen Grundordnungen aufzubrechen.

Sechser Marvin Potzmann kippte nämlich immer wieder in die Innenverteidigung zurück und dadurch entstand im Spielaufbau situativ eine „Viererkette“, da er im 3-4-3 neben den drei Abwehrspielern einrückte. Das hatte gleich zwei positive Nebeneffekte: Einerseits hatten die Violetten damit gegen die erste Pressinglinie der Wölfe eine Überzahl, andererseits aber zwang man einen Sechser der Gastgeber weiter nach vorne zu rücken – genau darauf zielte man es ab. Wenn Potzmann nämlich abkippte, gab Jukic den alleinigen Sechser und die beiden Flügelstürmer rückten in die Halbräume vor Jukic, um hier auf Zuspiele zu lauern. Hier sollte in weiterer Folge eben aus dem Spielaufbau heraus in die Halbräume gespielt werden, um dann wiederum die aufrückenden Flügelverteidiger freizuspielen. Das kann man beim nächsten Bild gut erkennen:

Austria im Spielaufbau, Sechser Potzmann (schwarzer Strich) kippt nach hinten ab und bildet damit situativ eine „Viererkette“, in der die eigenen Halbverteidiger stattdessen in die Breite gehen. Damit schafft man eine Überzahl gegen die erste Pressinglinie des WAC und schiebt hier gleichzeitig den rechten Innenverteidiger Handl frei, der nach dem Zuspiel viel Freiraum vor sich vorfindet. Gleichzeitig rücken die Flügelstürmer in die Halbräume (gelber Kreis) und lauern im Rücken der gegnerischen Sechser, sodass eine Überzahl im Zentrum zu sehen ist. Es gelang auch in weiterer Folge die Positionierung von Fischer strategisch zu nutzen.

So war bereits in der Anfangsphase immer wieder zu sehen, dass es den Wienern gelang, Kapitän Manfred Fischer in den Halbräumen und im Rücken der gegnerischen Sechser freizuspielen und dieser mehrmals mit idealen Zuspielen durch die Schnittstelle – zwischen den Halb- und Flügelverteidiger – die Abwehrkette aufreißen konnte. Hier setzte Fischer vor allem Polster öfter gut in Szene und der pfeilschnelle U21-Teamspieler konnte durchbrechen – womit man die hochstehende gegnerische Abwehrkette bestrafte. Allerdings war hier in weiterer Folge die Strafraumbesetzung für die Flankenbälle nicht ideal und auch die Laufwege der Stürmer zu durchsichtig. Deshalb konnte man auch insgesamt zu wenig Kapital daraus schlagen, obwohl man nach dem Muster fünf, sechs Mal richtiggehend die Abwehrkette des WAC aufreißen konnte.

Spielverlagerungen reißen erste Pressingline des WAC auf

Nach gut fünfzehn Minuten kam dann auch allgemein mehr Ruhe ins Spiel der Austrianer hinein und das Auftreten wurde wesentlich kontrollierter und auch dominanter. Das lag auch daran, dass man über Galvao und Handl immer wieder punktgenaue Spielverlagerungen einbauen konnte. So kam man recht einfach hinter die erste Pressinglinie des Gegners, wodurch die Gastgeber zurückweichen mussten und immer passiver in ihrem Abwehrverhalten wurden. In dieser Phase kamen die Gäste dann auch fast in Minutentakt zu Torchancen und lag die Führung in der Luft. Gruber, Ranftl und Polster kamen zu guten Abschlusssituationen, die beste fand Innenverteidiger Meisl vor nach einem Standard, als Innenverteidiger Kennedy auf der Linie klären konnte.

In genau jener Phase und nach gut einer halben Stunde gelang es dem WAC plötzlich, ein spielerisches Ausrufzeichen zu setzen und nach einer schönen Kombination Ballo freizuspielen, der allerdings im Eins-gegen-Eins nicht an Innenverteidiger Handl vorbeikam, der die Situation stark verteidigte. Das war ein erstes Ausrufezeichen der Kärntner, die bis zu dem Zeitpunkt in der Offensive keinerlei Gefahr ausstrahlten. Die zweite gefährliche Situation wenig später sollte dann auch prompt belohnt werden und zur Führung des WAC führen.

Die Austria konnte das Spielgerät nicht entscheidend genug klären, Offensivspieler Ballo spielte einen tollen Chip auf den aufgerückten Kennedy, der völlig alleine vor dem Tor auftauchte und das 1:0 erzielte. Besonders bitter aus Sicht der Wiener war hier die Tatsache, dass einerseits eine falsche Outeinwurf-Entscheidung des schwachen Schiedsrichterteams diese Situation erst ermöglichte, andererseits auch Linksverteidiger Polster ein mentales Nickerchen einlegte und Kennedy völlig aus den Augen verlor, was nach wie vor ein großes Problem des U21-Teamspielers ist. Das kam den Gästen teuer zu stehen und damit endete auch die Torsperre, was definitiv vermeidbar gewesen wäre.

Die Violetten zeigten aber eine passende Reaktion und ließen sich durch den Rückstand nicht aus der Bahn werfen. Man setzte das Chancenfeuerwerk weiter fort und so kamen Ranftl, Fischer, Asllani und Gruber zu guten Einschussmöglichkeiten, die man allesamt nicht nutzen konnte. Stattdessen hätte es noch schlimmer für die „Veilchen“ kommen können, als kurz vor der Halbzeit das Duo Meisl/Polster einen schlimmen Ballverlust verursachte und der WAC einen tollen Konter fuhr, bei dem Boakye am stark reagierenden Austria-Torhüter Früchtl scheiterte. Das wäre natürlich brutal aus Sicht der Favoritner gewesen, wenn man sich aus zwei Chancen zwei Gegentreffer eingefangen hätte. So ging es mit dem knappen 0:1-Rückstand in die Halbzeitpause.

Violetter „Rechtsdrall“ und die Suche nach der Durchschlagskraft

Nach dem Wiederanpfiff gab es auf Seiten der Austrianer eigentlich wenig Grund, Anpassungen vorzunehmen, war der Auftritt doch in vielen Aspekten in Ordnung und konnte man einzig die Überlegenheit nicht in Tore ummünzen. Der WAC hingegen hatte trotz Führung zwingend Handlungsbedarf, konnten man nicht davon ausgehen, dass der fehlende Zugriff und die Schwierigkeiten in der Defensive nicht irgendwann von den Wienern bestraft werden. WAC-Trainer Schmid nahm dann auch kleinere Anpassungen vor, indem er unter anderem die beiden eigenen Sechser anwies, vermehrt auf ihren Rücken und den Halbräumen zu achten und speziell Altunashvili sollte Austria-Kapitän Fischer in Manndeckung nehmen, damit dieser sich nicht davonstehlen konnte. Dadurch bekamen die Sechser der Gäste zwar mehr Zeit am Ball, dafür konzentrierte man sich aber den Spielvortrag des Gegners zu bremsen. Das kann man beim nächsten Bild gut erkennen:

Die Austria im Spielaufbau, der WAC zieht sich nun in die eigene Hälfte zurück und empfängt die Wiener nicht mehr aus einem 5-2-3, sondern einer 5-4-1 Grundordnung. Die beiden Sechser des WAC gehen nun dazu über, die Gegenspieler in Manndeckung zu nehmen und versuchen damit, den erwähnten Halbraum besser zu kontrollieren und den Austrianern als Passoption wegzunehmen.

Damit konnte der WAC in höheren Zonen zwar weniger Druck ausüben und musste die Pressinglinie von Minute zu Minute nach hinten beordern, weshalb man nach und nach dazu überging, aus einem 5-4-1 heraus zu agieren und sich in die eigene Hälfte zurückzuziehen. Dadurch gewann man allerdings an Stabilität und wurden die Linien nicht mehr so einfach überspielt. Interessanterweise entstand deshalb auf der anderen Seite bei der Austria ein enormer Rechtsdrall, der nicht förderlich sein sollte. Der entstand auch dadurch, dass durch die gegnerische Umstellung die violetten Abwehrspieler in der Spieleröffnung mehr liefern mussten und hier die Halbverteidiger der Violetten im Spielaufbau unterschiedlich ausgestattet sind. Während „Joe“ Handl auf der rechten Seite ein furchtloser, spielerisch dominanter Verteidiger ist und gerne Verantwortung übernimmt, wählt sein Pendant auf der anderen Seite, Matteo Meisl, den entgegengesetzten Ansatz und traut sich im Spiel nach vorne kaum was zu, beziehungsweise wird er auch bereits beim kleinsten Anschein von Druck sichtlich nervös.

Das hat dann natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Balance im Spiel und war auch in dieser Begegnung gut zu beobachten. Wenn die Austria sich auf der rechten Seite festspielte und es über die andere Seite versuchte, kam der Ball eigentlich postwendend wieder zurück, da Innenverteidiger Meisl jegliches Risiko scheute und meist den Sicherheitspass wieder zurück wählte. Und selbst einfache Pässe in die Breite wurden gefährlich, wie als einige Minuten nach Wiederanpfiff das Duo Meisl/Polster erneut einen Ball verlor und man in einen brandgefährlichen Konter geriet, bei dem Innenverteidiger Handl in höchster Not in Unterzahl eine Zwei-gegen-Eins-Situation klären musste – zum zweiten Mal in diesem Spiel. Das verstärkte dann noch zusätzlich den „Rechtsfokus“ und die linke Seite der Austria war lange Zeit völlig abgemeldet.

Dadurch war man für den Gegner natürlich relativ leicht auszurechnen und die Gastgeber stellten sich entsprechend darauf ein, indem die Kärntner einfach stärker auf die rechte Seite verschoben. So kamen die Wiener zwar immer wieder in Strafraumnähe und setzten sich hier fest, allerdings entstand durch die beschriebenen Probleme auch eine gewisse Statik im Spiel. Hier fehlte es nicht nur an der generellen Balance, sondern auch völlig an einem Überraschungsmoment und den kreativen Ideen. Das ist ein Thema, welches die Austrianer schon im gesamten Herbst gegen tiefstehende Gegner verfolgt, dass man in solchen Situationen zu wenig Durchschlagskraft generiert, sei es in Form von Dribblings oder durch überraschende Pässe. Dadurch tut man sich in solchen Phasen auch schwer, Tore zu erzielen.

Austria-Trainer Wimmer nahm dann auch recht früh einen Dreifachwechsel vor und versuchte damit, dieses Problem mit Kreativspielern wie den eingewechselten Fitz und Huskovic zu beheben. Das klappte jedoch nur unzureichend und es stellte sich dadurch keine Verbesserung ein. Man kam in keinen Rhythmus hinein und rannte sich laufend am gutstehenden Abwehrblock des WAC fest, weshalb man sich de facto keinerlei Torchancen erspielte. Dazu musste man mal wieder in Unterzahl das Spiel beenden, als Galvao einen Konterversuch mit einem Foul stoppte und damit vom Platz flog. Das erschwerte die Aufgabe natürlich ungemein und ein Punktegewinn rückte in weite Ferne. Beinahe gelang dieser dennoch, als Potzmann die beste Chance auf den Ausgleich vergab und freistehend einen Kopfball zu zentral platzierte. So blieb es letztlich beim 1:0-Heimsieg des WAC und die Austrianer verloren ein enorm wichtiges Spiel, was erstmal einen kräftigen Rückschlag im Kampf um die Meistergruppe zur Folge hat.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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