Die Wiener Austria setzte sich am Wochenende gegen den TSV Hartberg mit 1:0 durch und prolongierte damit die Siegserie. Wir werfen einen genauen Blick... Analyse: Austria setzt Erfolgslauf fort und schlägt spielstarke Hartberger

Die Wiener Austria setzte sich am Wochenende gegen den TSV Hartberg mit 1:0 durch und prolongierte damit die Siegserie. Wir werfen einen genauen Blick auf das Spiel und analysieren den siebten violetten Pflichtspieldreier in Folge für euch!

Schwungvoller violetter Beginn

Die Länderspielpause kam für die Wiener Austria sicherlich zu keinem optimalen Zeitpunkt, befand man sich doch in einem richtigen „Flow“ und holte so zuletzt fünf Siege in Folge. Am vergangenen Spieltag mühte man sich zwar gegen den WAC über die gesamte Spieldauer und holte eher glücklich den Sieg, der jedoch zumindest für den Glauben an sich selbst spricht. Dieses Selbstvertrauen hoffte man nun konservieren zu können und mit einem weiteren Dreier gegen Hartberg noch weiter ansteigen zu lassen. Im Vergleich zum Sieg in Kärnten gab es nur eine Veränderung, da Galvao angeschlagen ausfiel und stattdessen Plavotic auf dessen Position in der Verteidigung rückte. Daher blieb es bei der zuletzt praktizierten 3-1-4-2/5-3-2 Grundformation.

Von Anfang an versuchte man dabei Druck auf den Gegner auszuüben und das Spielgeschehen an sich zu reißen. Daher kam es zu einem interessanten Duell aus taktisch/strategischer Sicht, versucht doch auch der TSV Hartberg spielerische Elemente zu forcieren und ebenfalls die Partie an sich zu reißen. Mit welchem Matchplan reisten die Steirer in die Bundeshauptstadt? Zuletzt setzte das Team von Trainer Schmid gegen den SK Sturm auf eine Dreier/Fünferkette und ein 3-4-3/5-3-2 und entschied sich zu einer Systemumstellung. Daher wäre es eigentlich naheliegend, dass man nun auch gegen die Violetten auf diese Grundformation setzt – doch dem war nicht so.

Stattdessen starteten die Gäste mit einem klaren 4-3-1-2 und einer „Mittelfeldraute“, wobei das „Dreiermittelfeld“ de facto eher drei klassische Sechser aufbot und damit mit einer massiven zentralen Präsenz aufwartete. Der Fokus dabei war klar: Man wollte die Austrianer aus dem Zentrum fernhalten, auf den Flügel treiben und dort attackieren. Die Formation der Hartberger kann man beim nächsten Bild gut erkennen:

Austria im Ballbesitz, Hartberg formiert sich zu einem kompakten 4-3-1-2 mit dem Fokus, das Zentrum zu verschließen und den Gegner aus dieser Region rauszuhalten.

Die Pressinghöhe variierte dabei zu Beginn, wo man situativ auch weiter vorne attackierte, aber auch mal tiefer verblieb und auf ein klassisches Mittelfeldpressing setzte – ergo den Rhythmus beim Attackieren variierte. Wenn man ins Pressing ging, war der Auslöser meist ein Pass von Dragovic auf Plavotic, den man dann attackierte und unter Druck setzen wollte. In dem Fall startete Avdijaj einen Bogenlauf, um Dragovic nach links zu drängen, während sein Sturmpartner Mijic den Innenverteidiger Plavotic attackierte. Wenn man tiefer verblieb, standen die beiden Stürmer eng beieinander und versperrten den Passweg ins Zentrum, während Prokop dahinter sich um Austria-Kapitän Fischer via Manndeckung kümmern sollte (siehe Bild oben).

Hartbergs Probleme am Flügel erzwingen eigene Systemumstellung

Hie und da gelang es im Pressing, genügend Druck auf Plavotic auszuüben, um diesen zu langen Bällen zu zwingen. Doch häufig fand die Austria – speziell über Dragovic – den direkten Passweg auf Linksverteidiger Vinlöf und „übersprang“ damit quasi eine Station. Das war für die Hartberger problematisch, spielten sie doch ohne einen klassischen Flügelspieler, weshalb einer der ballnahen zentralen Mittelfeldspieler aus der Mitte auf den Flügel herausschieben musste, um die Außenverteidiger der Austrianer unter Druck zu setzen. Da die Austria eine Station übersprang, kam der Mittelfeldspieler zu spät und der Außenverteidiger blieb frei – in dem Fall zu Beginn vor allem Linksverteidiger Vinlöf. Das kann man bei der nächsten Bildsequenz gut erkennen:

Die Austria im Spielaufbau, Hartberg presst aus dem 4-3-1-2 und Mijic startet in Richtung Plavotic, um diesen unter Druck zu setzen. Dadurch öffnet sich jedoch das Passfenster für Dragovic auf Linksverteidiger Vinlöf und der Abwehrchef nutzt dies geistesgegenwärtig, womit er nicht nur die erste Pressinglinie überspielt, sondern seinem Mitspieler auch noch Zeit und Platz verschafft, da der gegnerische ballnahe Mittelfeldspieler noch im Zentrum verbleibt.

Auf diese Art und Weise gelang es den Austrianern, im Spielaufbau über die linke Seite das Spiel nach vorne zu verlagern und vor allem Dynamik im Übergangsspiel zu entwickeln. Dafür verantwortlich waren auch noch Fitz und Malone, die sich immer wieder auf der linken Seite zeigten und auswichen, um gemeinsam mit Vinlöf ein „Dreieck“ zu bilden. Daher kommt es auch nicht von ungefähr, dass man über diese Region in der Anfangsphase einige gefährliche Situationen kreierte und so bereits nach wenigen Minuten zwei gelbe Karten beim Gegner erzwang.

Die Probleme entgingen auch Hartberg-Trainer Schmid nicht und es dauerte keine 15 Minuten, ehe man die Notbremse zog und die Systematik veränderte. Vom 4-3-1-2 wechselte man zu einem 5-3-2, indem man „Sechser“ Markus zurück in die Innenverteidigung zog, während Prokop ebenfalls eine Etappe ins zentrale Mittelfeld zurückging. Damit ermöglichte man dem eigenen Rechtsverteidiger Heil ein höheres Aufrücken auf Vinlöf, während hinter ihm ein Innenverteidiger absicherte und mit nach außen gehen konnte. Die adaptierte 5-3-2 Grundformation gegen den Ball kann man beim nächsten Bild erkennen:

Austria im Spielaufbau, die Hartberger formieren sich nun zu einem 5-3-2, wobei der defensive Ansatz und das Anlaufverhalten gleichbleiben.

Austrianer mit Problemen im letzten Drittel

Die Umstellung der Hartberger erwies sich als klug, wurden dadurch die Räume in der eigenen Hälfte einerseits enger und konnte man andererseits vor allem die Flügelangriffe der Austria besser verteidigen, da man den Gegner de facto mit der Formation „spiegelte“. Daher gab es folglich viele Mann-gegen-Mann-Duelle, wo man sich spielerisch erstmal behaupten musste. Die Violetten machten im Ballbesitz an und für sich keinen schlechten Job und immer wieder gelang es vor allem Wiesinger und Dragovic, mit scharfen Vertikalpässen nach vorne die Offensivspieler zu bedienen und gegnerische Linien zu überspielen. Manchmal gelang es dadurch, mit Steil-Klatsch-Steil Mustern über die beiden Stürmer ins letzte Drittel zu gelangen und sich so in der gegnerischen Hälfte festzusetzen.

Das große Problem im ersten Durchgang war jedoch, dass man nicht genug Durchschlagskraft vor dem gegnerischen Tor entwickelte. Das hatte mehrere Gründe, denn einerseits war durch das tiefe 5-3-2 des Gegners klarerweise wenig Raum in der gegnerischen Hälfte vorhanden und andererseits war aber auch die Fehlerquote bei den violetten Gastgebern in dieser Zone recht hoch. Immer wieder blieb man mit dem letzten Pass hängen, verarbeitete den Ball nicht sauber genug oder wählte zu überhastet die Flanke in den Strafraum, statt abzudrehen und geduldig einen anderen Weg zu finden.

Das führte dazu, dass die Austria zwar optisch in der ersten Halbzeit die Partie kontrollierte und an und für sich kein schlechtes Spiel machte, allerdings zu keiner einzigen richtigen Torchance kam. Dafür ließ man aber auch auf der anderen Seite recht wenig zu und hatte über weite Strecken die spielerisch starken Hartberger gut im Griff, die allerdings de facto nur mit drei Offensivspielern aufliefen, wovon einer gegen den Ball viel mitarbeiten musste und tiefer verblieb. Nur einmal gelang es den Steirern sich sehenswert aus dem gegnerischen Pressing zu befreien und kombinativ von hinten bis nach vorne zu gelangen, ehe Mijic eine Prokop-Flanke knapp neben das Tor setzte. Daher ging es für beide Teams mit einem torlosen Remis in die Halbzeitpause.

Erhöhtes Risiko bringt den violetten Umschwung

Die erste Viertelstunde nach dem Wiederanpfiff kann man getrost in die Kategorie „beide Teams neutralisieren sich“ einordnen, in der recht wenig geschah. Zwei formationsgleiche Mannschaften, die einander nichts schenkten und gut eingestellt waren, weshalb es kaum Räume für die Offensivspieler gab. Die Austria hatte recht schnell die erste richtige Möglichkeit durch Malone, der aus einem spitzen Winkel scheiterte, während auf der anderen Seite der eingewechselte Angreifer Hoffmann ebenfalls aus spitzem Winkel den Torhüter zu einer Parade zwang. Gewissermaßen symptomatisch, dass selbst die Torchancen nach einem ähnlichen Muster erspielt wurden.

Die „Veilchen“ versuchte dann diese „Pattstellung“ als erstes aufzulösen und wechselten offensiv. Austria-Trainer Helm nahm mit Barry einen zentralen Mittelfeldspieler heraus und brachte stattdessen Angreifer Gruber, um die Präsenz in der Angriffslinie nochmal zu erhöhen. Da auch Spielgestalter Fitz offensiv verblieb, ähnelte die Formation im Ballbesitz fortan einem 3-3-1-3. Das war zwar auf den ersten Blick nicht ohne Risiko, doch in Wirklichkeit hatte man es in der Absicherung bei Umschaltmomenten des Gegners nur mit zwei Offensivspielern zu tun, wo die verbliebene Dreierkette inklusive „Sechser“ Fischer vollkommen ausreichte. Daher konnte man sich dieses Risiko auch leisten und war sogar zwingend notwendig.

Ironischerweise wäre es eventuell zu dieser Umstellung gar nicht gekommen, hätte die Austria eine Riesenchance zuvor verwertet. Den während die Einwechslungen schon vorbereitet wurden, spielte Malone nach einem Ballgewinn sehenswert den durchstartenden Fitz mit einem Steckpass frei, der alleine vor dem Tor auftauchte, etwas zu lange zögerte und sich letztlich für einen Heber entschied, den Hartberg-Torhüter Sallinger jedoch stark parieren konnte.

Der anschließende Wechsel sollte sich direkt bezahlt machen und Offensivspieler Gruber war sofort gut im Spiel. Zuerst kam Gruber nach wenigen Sekunden bereits zu einer guten Chance, platzierte einen Kopfball jedoch zu zentral, ehe er in der nächsten Szene eine gelbe Karte für einen Innenverteidiger erzwang. Durch die erhöhte Präsenz im Angriffsdrittel, hatten die Austrianer nun mehr Optionen kombinativ in den Strafraum zu kommen, aber gleichzeitig auch einen zusätzlichen Abnehmer für Flanken.

Dadurch kam man nun öfter zu gefährlichen Szenen im letzten Angriffsdrittel und erarbeitete sich auch ruhende Bälle. Einen davon sollte man dann auch zum erlösenden Führungstreffer verwerten, als Fitz eine tolle Eckballflanke schlug, der aufgerückte Plavotic sich hinaufschraubte und mit einem tollen Luftstand per Kopf das umjubelte 1:0 erzielte. Gerade in solch engen Spielen demonstriert es wieder einmal, wie wichtig Standardsituationen für den Ausgang eines Spieles sein können.

Anschließend zogen sich die Austrianer nicht zurück, sondern pressten den Gegner sogar noch aggressiver an und versuchten ihn damit weit weg vom eigenen Strafraum zu halten. Erst in den Schlussminuten und nach einigen Wechseln zog man sich zurück und verteidigte mit der starken Innenverteidigung die eigene Hälfte, womit man auch den Sieg über die Zeit brachte und letztlich verdient die drei Punkte und den sechsten Sieg in Serie eintütete.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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