lzer Für die Wiener Austria stand der Tag, oder besser gesagt die Spiele der Wahrheit auf dem Programm, in denen man die Möglichkeit hat,... Analyse: Austria verliert Playoff-Hinspiel gegen Hartberg

lzer

Für die Wiener Austria stand der Tag, oder besser gesagt die Spiele der Wahrheit auf dem Programm, in denen man die Möglichkeit hat, die eigene Saison zu retten. Im Playoff-Finale trifft man nämlich auf den Fünftplatzierten aus der Meistergruppe, den TSV Hartberg und zwischen diesen beiden Mannschaften wird das letzte verbleibende Europacup-Ticket ausgespielt. Die Violetten nahmen unter der Woche die erste Hürde im Playoff und bezwangen im Halbfinale den SCR Altach in einem intensiv geführten Spiel knapp, aber nicht unverdient mit 1:0. Nun blieb allerdings nicht viel Zeit, sich zu regenerieren und neu einzustellen, denn mit Hartberg stand den Wienern eine schwierige Aufgabe bevor.

Austrias Respekt vor Hartbergs Ballbesitzspiel

Die Austria knackte unter der Woche die ballbesitzstarken Altacher mit einer defensiv ausgerichteten Spielanlage, die das Hauptaugenmerk auf die Umschaltphasen legte und die letztlich von Erfolg gekrönt war. Nun reiste mit dem TSV Hartberg die nächste Mannschaft an, die ihre Stärken vor allem im Spiel mit dem Ball hat. Die Ost-Steirer spielen nicht umsonst eine starke Saison, holten unter anderem Auswärtssiege in Linz, Wolfsberg und bei Rapid und erspielten sich relativ komfortabel den fünften Platz.

Die Hartberger unter Trainer Schopp zeichnet vor allem die mutige Spielweise und ein flexibles 5-2-3/3-4-3-System aus, denn trotz der begrenzten Mittel, versucht man einen gepflegten und sauberen Fußball zu spielen und weiß vor allem mit einem starken Spielaufbau zu überzeugen. Das mussten die Violetten beim letzten Aufeinandertreffen mit Hartberg am eigenen Leibe erleben, denn im Testspiel vor dem Restart der Meisterschaft ließen die Steirer das violette Pressing ein ums andere Mal ins Leere laufen.

Austria-Trainer Ilzer versuchte daraus seine Lehren zu ziehen und seine Aufmerksamkeit darauf zu richten, dass man diesmal gegen den Ball besser aussah, als in besagtem Testspiel. Daher entschlossen sich die Violetten einige Anpassungen vorzunehmen, um einen besseren Zugriff zu gewährleisten.

Zunächst mussten die Gastgeber auf Kapitän Grünwald verzichten, der mit Rückenproblemen passen musste. Die Folge war, dass die Veilchen mit einer defensiven Doppelsechs aufliefen, während Pichler überraschend als zweite Spitze neben Stürmer Monschein aufgeboten wurde. Komplettiert wurde dies mit der Nominierung von Borkovic als Linksverteidiger, der die Abwehr verstärken und sich um Dossou kümmern sollte, der sehr hoch steht und de facto als zweite Spitze bei Hartberg agiert, weshalb Borkovic die Innenverteidiger unterstützen sollte.

Bedingt durch die Aufstellung von Pichler als Stürmer, veränderte sich auch das System der Austria leicht, von einem 4-2-3-1 hin zu einem 4-2-2-2. Worauf die Violetten mit dieser Adaptierung der Formation abzielten, konnte man recht früh im Spiel erkennen.

Logisch wäre es gewesen, zu einer ähnlich defensiven Spielanlage wie gegen Altach zu greifen. Doch mit dieser Anordnung erhoffte man sich, im hohen Pressing und Anlaufen einen besseren Zugriff auf den gegnerischen Spielaufbau zu bekommen und dadurch vor allem die Hartberger nicht in ihren gewohnten Rhythmus kommen zu lassen.

So wurde gegen den Ball aus dem 4-2-2-2 sogar ein 4-1-3-2 mit einigen interessanten Interpretationen. Dass es zu einer 4-1-3-2-Anordnung wurde, hing vor allem damit zusammen, dass der Sechser Thomas Ebner im Anlaufen nach vorne rückte und gemeinsam mit den Mittel- und Flügelstürmer eine 2-3-Anlaufformation bildete. Ebner orientierte sich dabei an den gegnerischen Sechser Nimaga, während die beiden Stürmer zwischen den Schnittstellen der gegnerischen Innenverteidiger standen. Der Fokus lag also ganz klar darauf, den gegnerischen Spielaufbau zu neutralisieren und zuzustellen, weshalb man auch recht viel Personal nach vorne ins Pressing beorderte und sich gezielt auf die Aufbaumuster der Steirer einstellte.

Von Anfang sah man diesen Vorsatz auch auf dem Feld und die Hartberger wurden früh angelaufen, was den Gästen nicht behagte. Man war sichtlich überrascht von dem Ansatz und den Umstellungen der Austria und spielte ungewöhnlich viele unkontrollierte Bälle nach vorne, wodurch man kaum den eigenen Ballbesitz sichern konnte. So verbrachte man dadurch im eigenen flexiblen System mehr Zeit im 5-2-3, als in einer offensiveren Ausrichtung. Der Austria gelang es mit dem Matchplan gut, das spielerische Element beim Gegner zu unterbinden und die Hartberger zu einer destruktiven Spielweise zu zwingen. Zusätzlich wurde der Fokus auf das eigene Ballbesitzspiel gelegt, da man den Ball klarerweise öfter als der Gegner hatte.

Tiefer Hartberger-Block schwer zu knacken

Verstärkt wurde dies dadurch, dass die Gäste eher abwartend gegen den Ball agierten und die Austria nicht früh anliefen, sondern stattdessen versuchten einen kompakten 5-2-3-Block zu bilden und die Violetten kommen zu lassen. Dadurch wuchs der Ballbesitz der Wiener recht schnell auf über 65 Prozent an und die Austria war gefragt, Lösungen zu finden.

Dass man auf so eine hohe Ballbesitzdauer kam, lag auch daran, dass man in den ersten beiden Spielfelddritteln eine recht gute Ballzirkulation zustande brachte und immer wieder im Übergang in die gegnerische Hälfte Lösungen fand. In erster Linie baute man das Spiel über die Außenverteidiger auf und Ersatz-Kapitän Klein spielte dabei eine tragende Rolle, denn man zog ein spezielles Aufbaumuster auf. Nach einer längeren Ballzirkulation im Zentrum, wurde Klein immer wieder freigespielt und sollte dann mit diagonalen Pässen nach vorne die beiden Stürmer bedienen, die im Zwischenlinienraum lauerten bzw. sich dorthin fallenließen. Diese sollten dann den Ball prallen lassen und folgend tief gehen, um die Abwehr des Gegners zu attackieren.

Man nutzte hier die Unterzahl im Mittelfeldzentrum der Hartberger, welche man immer wieder gezielt überlud und mit Fallbewegungen der Stürmer attackierte. Doch nicht nur damit, denn die beiden Flügelspieler Sarkaria und Wimmer rückten ebenfalls stark ins Zentrum ein, weshalb eine 4-2-2-2-Formation entstand. Dadurch gab es eine saubere Progression der Violetten in die gegnerische Hälfte und man setzte sich in der Region dauerhaft fest, da man konstant in dieser Zone Überzahlsituationen kreierte. Das belegten auch die statistischen Zahlen, denn neben dem langzeitigen Ballbesitz hatte man mit einer Passquote von knapp 85 Prozent auch eine ordentliche Portion an Passgenauigkeit inne.

So ordentlich die Ballzirkulation über die ersten beiden Spielfelddritteln vonstattenging, so problemhaft war dann das Spiel im letzten Angriffsdrittel der Austria – ein Problem, das die Violetten bereits seit längerem begleitet. Durch das recht enge Positionsspiel der Violetten im 4-2-2-2, war der Raum im Zentrum entsprechend eng, da die Hartberger mit ihrer Fünferkette darauf reagierten und sich ebenfalls zusammenzogen. Hier fehlte es den Gastgebern schlicht an technischer Qualität in engen Räumen und entsprechend hoch fiel die Fehlerquote im letzten Drittel aus. Immer wieder lief man sich fest und Ballverluste waren die Folge der Angriffsbemühungen, wodurch man kaum Gefahr entwickeln konnte, da auch die Flanken nicht ankamen bzw. die Strafraumbesetzung nicht passte.

Hier wären mehr Breite und ein ausgewogeneres Positionsspiel gefragt gewesen, um den Gegner vor noch mehr Probleme zu stellen und schwerer ausrechenbar zu sein. Andererseits war durch die enge Formation das Gegenpressing der Violetten sehr griffig und viele Konterangriffe konnten im Keim erstickt und der Ball zurückerobert werden. In einer Situation allerdings schlug dies fehl und die Hartberger schalteten blitzschnell über Dossou um, als es die Abwehr verabsäumte, nachzurücken und den Raum zu verknappen. Dadurch konnte sich der schnelle Offensivspieler drehen und Tadic bedienen, der alleine vor dem Tor die Ruhe behielt und seine Truppe in Führung brachte.

Auch über Standards blieben die Steirer gefährlich und erarbeiteten sich Möglichkeiten, wodurch die Austria laufend auf der Hut sein musste. So entwickelte sich im ersten Durchgang ein Spiel, welches die Gastgeber kontrollierten und dabei grundsätzlich nicht schlecht aussahen, allerdings im letzten Drittel keine Lösungen fanden, während die Hartberger auf ihre Chancen nach Kontern und Standards lauerten. Mit einem 0:1-Rückstand ging es für die Austria dann in die Kabine.

Austria stellt nochmal um und wird im letzten Drittel konkreter

Bedingt durch den Rückstand und die Problemen im Angriffsdrittel, mussten die Violetten Lösungen herbeiführen, sofern man nicht als Verlierer vom Platz gehen wollte. Austria-Trainer Ilzer nahm auch einige Anpassungen vor, brachte unter anderem einen echten Außenverteidiger für die linke Seite und veränderte das System von einem situativen zu einem konstanten 4-1-3-2. Jeggo gab nun den alleinigen Sechser, während Ebner höher agierte und die Offensive unterstützte. Von Anfang an lautete dabei die Devise wohl „volle Attacke“, denn die Austria presste die Hartberger noch energischer an, jagte den Gegner quasi über das gesamte Spielfeld und versuchte, noch mehr Intensität in das Spiel zu bekommen. Auch das Passspiel wurde nun noch vertikaler und attackierender, wodurch die Violetten auch flotter in die gegnerische Hälfte kamen.

Interessant war auch, dass man begann, die ausweichenden Bewegungen der Stürmer noch mehr zu forcieren und die Hartberger damit aus den Abwehr-Positionen zu ziehen. Situativ sah man dies auch im ersten Durchgang und vor allem Pichler wich immer wieder von der Spitze auf den Flügel aus, um entweder Räume für Mitspieler zu öffnen oder selbst angespielt zu werden. Das funktionierte nun noch besser und man bekam Bewegung in die gegnerische Fünferkette, wodurch man mehr Räume schuf.

Auf beiden Seiten rückten die Außenverteidiger ebenfalls noch höher auf, weshalb nun auch für die entsprechende Breite gesorgt wurde. Das alles führte dazu, dass die Austria ihre beste Phase hinlegte, dominant agierte und den Steirern kaum Zeit und Raum zum Atmen ließ. Belohnt wurde diese Drangphase auch prompt mit dem Ausgleich: Nach einer Ecke setzte sich Angreifer Pichler energisch durch und traf zum 1:1.

Die Austria blieb am Drücker, allerdings wachte auch Hartberg wieder etwas auf und kam vor das gegnerische Gehäuse. Dadurch erarbeitete man sich auch eine Ecke, die Torjäger Tadic zum 2:1 verwertete und damit erneut seinen Torriecher bewies. Überraschend war dabei, mit welchen Problemen die Austria bei Standards der Steirer zu kämpfen hatte, denn in der laufenden Saison kassierte man ligaweit die wenigsten Gegentreffer nach Standardsituationen.

Kurze Zeit später hatte man wieder die Möglichkeit auf den Ausgleich, allerdings traf Ebner nach einem schönen Spielzug nur die Innenstange und hatte mit seinem grundsätzlich gut angetragenen Abschluss Pech. Überraschend war der folgende Dreifachwechsel von Austria-Trainer Ilzer, der die guten Pichler und Ebner vom Feld nahm, vermutlich um wieder mehr Frische in die Mannschaft zu bringen. Das tat dem Spiel allerdings alles andere als gut, da vor allem Sax gar nicht in die Partie fand und meist nur durch Ballverluste auffiel. Einer dieser Ballverluste resultierte dann auch in einem Konter des Gegners, den die Steirer mustergültig ausspielten und so auf 3:1 stellten.

Damit war für die Austria klar, dass die Schlussphase darüber entscheiden würde, ob man sich im Rückspiel noch Chancen ausrechnen konnte oder nicht. Aufgrund der Auswärtstorregel, war man mit den drei Gegentreffern natürlich arg im Nachteil, wodurch der Anschlusstreffer dringend nötig war. Wie eng Fußball sein kann, sah man dann auch in zwei Szenen: Während Tadic alleine vor Pentz die Möglichkeit auf das 4:1 ausließ, kam der Ball wenig später zum aufziehenden Wimmer und dieser traf per Nachschuss zum 2:3 und erweckte die Austria damit wieder zum Leben. Mit der Herausnahme von Monschein, kam dann allerdings von der Bank das Signal, nicht das letzte Risiko einzugehen und eventuell einen vierten Gegentreffer zu kassieren, weshalb man auch nicht alles nach vorne warf, um den Ausgleich zu erzielen. Somit blieb es letztlich aus Sicht der Austria bei der 2:3-Niederlage.

Fazit

Es war eine eigenartige Partie der Austria, denn eigentlich lieferte man über weite Strecken des Spiels eine ordentliche Leistung gegen einen Gegner ab, der in dieser Saison mehrmals bewies, wie gefährlich er vor allem auswärts sein kann. So war der Matchplan speziell gegen den Ball gut und bereitete dem starken Ballbesitzspiel der Steirer große Schwierigkeiten. In der Offensive brauchte man allerdings länger, um die angedachten Anpassungen besser umzusetzen und das Potenzial auszuschöpfen. Hierbei kam man speziell mit dem engen Konstrukt nicht zurecht und bekam wenig Breite ins Spiel, wodurch die eigenen Defizite auf engem Raum ersichtlich wurden. Das Potenzial zeigte man dann vor allem im zweiten Durchgang, als man flüssig und zügig nach vorne kam, mit einer hohen Intensität agierte und so beständig den Gegner anbohrte, bis dieser Fehler beging.

Belohnt wurde man durch den Ausgleich, wodurch man wieder ins Spiel zurückfand. Zum Leidwesen der Violetten kassierte man dann in einer eigentlichen Paradedisziplin einen Gegentreffer und geriet dadurch wieder ins Hintertreffen, was natürlich die Ausgangslage erschwerte. Vermutlich verlor dann auch Austria-Trainer Ilzer etwas die Ruhe, denn speziell die Herausnahme von Pichler war nicht klug und der Dreifachwechsel verpuffte bzw. hatte keinen positiven Effekt auf das Spiel. Man kann daher letztlich von Glück reden, dass man zumindest noch das 2:3 erzielen konnte und so die Chance am Leben erhielt, gegen die heimschwachen Hartberger doch noch das verbleibende Europacup-Ticket zu lösen.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

cialis kaufen