Im Spiel der 34. Runde der österreichischen Bundesliga empfing die Wiener Austria die Admira aus der Südstadt zum letzten „Heimspiel“ der Violetten im Ernst Happel-Stadion. Dabei ging es für die Veilchen um die restlich verbliebene Mini-Chance auf den Europacup, lag man doch vor der Partie zehn Punkte zurück, bei nur mehr vier ausstehenden Spielen. Darüber hinaus wollte Trainer Thomas Letsch noch Argumente für eine Vertragsverlängerung sammeln, steht bei den Favoritnern doch die Entscheidung in der Trainerfrage unmittelbar bevor. Die Admira hingegen wollte den nächsten Schritt in Richtung Absicherung des fünften Tabellenplatzes machen, der ja bekanntlich zur Teilnahme am internationalen Geschäft befähigt.
Letsch überrascht mit einigen Umstellungen
Nach zuletzt drei Niederlagen in Folge und der quasi endgültig verpassten Qualifikation zur Europa League, konnte man auf Seiten der Austria mehr oder weniger befreit aufspielen und auch einiges ausprobieren. Dies machte sich der Cheftrainer der Veilchen auch zunutze, der mit seiner Aufstellung und Ausrichtung doch überraschte. Zunächst nahm Spielmacher Holzhauser überraschend nur auf der Bank Platz, da er die Woche laut eigenen Aussagen aufgrund von Rückenproblemen nicht 100 % trainieren konnte. Dafür rutschte der junge Demaku wieder in die Startelf, was zu einer interessanten Anordnung auf dem Feld führte. So spielte die Austria nämlich ein 4-3-1-2 System, was viele in der Liga nur zu gut kennen, tritt doch die Salzburger Erfolgsmannschaft von Marco Rose mit dieser Grundordnung für gewöhnlich auf. So gab es mit Serbest, Grünwald und Demaku ein massives Zentrum, während etwas weiter davor Prokop sich konstant im Zwischenlinienraum bewegen sollte. Die systematische Umstellung hatte jedoch wohl u.a. ein Ziel – nämlich Offensivspieler Felipe Pires. Der Brasilianer, dessen Leistung unter der Ägide von Letsch merklich abnahmen und dieser nicht richtig eingebunden werden konnte, bekam eine neue Rolle zugeschnitten.
So agierte Pires nominell als zweite Spitze neben Stürmer Friesenbichler, allerdings wesentlich freier und weitläufiger, mit starkem Fokus auf die linke Seite. Dadurch konnte sich der Brasilianer mal auf die Seite fallen lassen, mal ins Zentrum oder auch in die Tiefe starten und in die Schnittstelle starten, also sehr flexibel agieren. Diese Anpassung griff auch sofort und Pires kam nun wesentlich besser zu Geltung, als es noch die letzen Wochen der Fall war. Das 4-3-1-2 System kann man beim ersten Bild auch gut nachvollziehen:
Die Austria in der 4-3-1-2 Grundordnung, mit drei zentralen Mittelfeldspielern, Prokop im Zwischenlinienraum und Friesenbichler & Pires ganz vorne in der Spitze.
Doch es gab nicht nur personelle Anpassungen, auch die Spielanlage veränderte sich doch merklich. Man versuchte nun wesentlich kontrollierter und balancierter im Spiel nach vorne zu agieren, weshalb man auch die Ballbesitzzeiten prompt nach oben schraubte. Dass dies durchaus beabsichtig war, zeigt nicht nur die Aufstellung, sondern auch der Fokus auf den Spielaufbau. So bauten nicht nur die beiden Innenverteidiger das Spiel auf, sondern übernahmen vor allem Serbest und Grünwald entscheidende Rollen, wie dies bereits eine Woche zuvor gegen Mattersburg zu sehen war. Sie ließen sich oft gemeinsam fallen, agierten sehr variabel und kippten immer wieder auf die Seite ab, um dort Überzahl und Räume im Spielaufbau zu schaffen. Dadurch hatte man ein extrem spielstarkes Quartett in der Spieleröffnung, welches selbst unter Druck immer wieder Situationen mittels Kombinationen auflösen konnte. Die Admira hatte speziell mit Kapitän Alex Grünwald große Probleme und konnte dessen Wege kaum einengen, wodurch dieser wie gegen Mattersburg das Spiel in die Hand nehmen und dem Ballbesitz Struktur geben konnte.
Doch nicht nur Madl, Borkovic, Serbest und Grünwald spielten im Spielaufbau eine große Rolle, auch Torhüter Pentz zeigte immer wieder seine spielerische Stärke und wurde gezielt in der Spieleröffnung eingebaut. So konnte die Austria immer wieder Überzahl erstellen und für einen sauberen Übergang in höhere Zonen sorgen. Dies kann man auch beim nächsten Bild gut sehen:
Die Austria im Spielaufbau, Admira versucht diesen zuzustellen und rückt mit drei Mann nach vorne. Pentz lockt mit einem Pass einen Gegenspieler zu Serbest, der den Ball sofort wieder zurückprallen lässt, weshalb Pentz nun den freien Grünwald anspielen & dieser aufdrehen kann und damit den Ball nach vorne in die gegnerische Hälfte treibt.
Durch diese Maßnahmen erspielte sich die Austria in der ersten Halbzeit eine drückende Überlegenheit. Alleine in den ersten 25 Minuten verbuchten die Veilchen knapp 80 (!) Prozent Ballbesitz, gewannen über 80 Prozent der Zweikämpfe und legten sich die Admira quasi zurecht. Die Gäste traten mit einem 4-1-4-1 System an, welches zumeist sehr passiv daherkam, da man vordergründig versuchte die Räume zuzulaufen und zu verengen. Gelegentlich versuchte man auch etwas höher zu stehen, bekam da allerdings noch größere Probleme, als wenn man sich in der eigenen Hälfte formierte. Die Austria verstand sehr gut, geduldig den Ball zirkulieren zu lassen und den Block des Gegners in Bewegung zu bringen, um dann im richtigen Moment nach vorne zu spielen und Tempo aufzunehmen. Das lag auch daran, dass die Austria sehr viele Spieler durch das massive Zentrum mit eben drei zentralen Mittelfeldspielern in tieferen Zonen hatte, wodurch die Admira da in Unterzahl war und kaum Zugriff auf die Ballzirkulation der Violetten bekam. Darüber hinaus musste die Austria gegen den Ball kaum ins Angriffspressing gehen, da die drei Offensivspieler meist ausreichten, um den langen Ball nach vorne der Admira zu provozieren, was zumeist für eine kompakte Formation sorgte. Dafür griff das Gegenpressing der Wiener immer wieder und führte zu einigen aussichtsreichen Ballgewinnen, weshalb sich die Gäste kaum aus der Umklammerung befreien konnten.
Die violetten Gastgeber versuchten dann vor allem über Kapitän Grünwald und dessen starken linken Fuß gezielt den schnellen Pires zu bedienen, der öfters die Schnittstelle der Admira-Abwehr attackierte und ihnen speziell in der ersten Halbzeit deshalb mehrmals davonlaufen konnte. Allgemein verstanden es die Veilchen gut, sich zwischen den Spielern des Gegners zu positionieren, da die Admira ja versuchte meist den Raum und nicht den Mann zuzustellen. Dadurch konnten speziell u.a. Prokop oder Pires immer wieder im Zwischenlinienraum mit Pässen angespielt werden, um dann aufzudrehen und Tempo nach vorne zu machen. Dies kann man bei der nächsten Szene auch gut erkennen:
Die Austria im Ballbesitz, die Admira versucht den Raum zuzustellen, jedoch postieren sich Demaku und Prokop klug zwischen den Spielern, weshalb der ballführende Madl zwei Anspielstationen hat. Madl entscheidet sich für den anspruchsvollen diagonalen Pass auf Prokop, der auch ankommt und damit sind zwei Linien des Gegners überspielt.
Speziell in diesen Szenen zeigte sich das spielerische Potenzial, welches im Kader der Austria schlummert. Mit Madl und Borkovic verfügt man über zwei spielerisch starke Innenverteidiger, die auch durch kleinere Passfenster ihre Zuspiele anbringen können und darüber hinaus hat man mit Serbest und Grünwald zwei Strategen im Mittelfeld, die das Spiel in die Hand nehmen und Struktur geben können. Die Admira kam damit überhaupt nicht zurecht und lief in der ersten Halbzeit quasi nur hinterher. Die Austria erspielte sich eine Fülle an gefährlichen Situationen und Torchancen, die man nicht mit der letzten Konsequenz nutzen konnte. Eine negative Auswirkung hatte die Spielweise der Austria jedoch. Da man sehr tief viele Spieler postierte, fehlten oft in höheren Zonen und in der Strafraumbesetzung Spieler, um zum Abschluss kommen zu können. Dies zeigte sich speziell bei Durchbrüchen des starken Pires, der immer wieder durchkam, allerdings oft zu wenige Mitspieler im Strafraum als Anspielstation vorfand.
Dies war jedoch der kleine Makel einer ansonsten starken ersten Halbzeit der Austria, die alle Phasen der Partie dominierte und gut und gerne zwei Treffer erzielen hätte können, wobei der Schiedsrichter obendrauf den Veilchen zumindest noch einen Strafstoß verwehrte. Aufgrund der mangelnden Konsequenz im Abschluss ging es daher mit einem 0:0 in die Halbzeitpause.
Admira wird mutiger und findet besser ins Spiel
Nach der schlechten ersten Halbzeit war die Admira naturgemäß gezwungen, in ihrem Spiel Verbesserungen vorzunehmen und dem Gegner mehr Paroli zu bieten. Das tat man dann auch, indem man das Anlaufverhalten etwas korrigierte und den Fokus mehr auf Aktivposten Grünwald legte, um dessen Spiel mehr Einhalt zu gebieten. Darüber hinaus rückte man nun mutiger mit der Mannschaft auf und versuchte allgemein das Feld noch enger zu halten, um die Pässe der Austria durch die Schnittstellen zu verhindern. Das zeigte dann auch Wirkung und man kam bereits nach wenigen Minuten zu der ersten Großchance im Spiel, als sich Borkovic einen schweren Fehler leistete und Grozurek alleine vor dem Tor an Pentz scheiterte. Die Austria hatte zwar kurz nach Wiederanpfiff ebenfalls zwei, drei gefährliche Situationen, konnte daraus aber ebenfalls kein Kapital schlagen.
Danach flaute das Spiel merklich ab und keine der beiden Mannschaften konnte sich so wirklich ein Übergewicht erspielen. Die Admira bekam die Austria nun wesentlich besser verteidigt und provozierte immer mehr Ballverluste bei den Veilchen, wodurch der Spielaufbau der Gastgeber nicht mehr so sicher vonstatten ging, wie es noch zumeist im ersten Durchgang der Fall war – man sich den Gegner also nicht mehr entsprechend zurechtlegen konnte. Darüber hinaus konnte die Admira mehr Entlastungsangriffe fahren und den Ball länger in den eigenen Reihen halten, wodurch man nicht pausenlos nach hinten gedrängt wurde. Der Austria-Trainer versuchte dann mit einem Doppelwechsel für neue Impulse zu sorgen und brachte mit Holzhauser und Monschein zwei Offensivkräfte und stellte damit auf ein 4-4-2 um. Es dauerte etwas, bis dies Wirkung zeigte und die Austria nochmal eine Schlussoffensive startete. Zuerst hatte die Admira nach einer traumhaften Kombination beinahe die Führung auf dem Fuß, jedoch konnte Außenverteidiger Klein im allerletzen Moment noch klären.
Im Gegenzug kam dann die Austria zu ihren Matchbällen auf den Sieg. Nach schöner Vorarbeit von Pires versprang Monschein alleine vor dem Tor kläglich der Ball, weshalb er diese große Möglichkeit leichtfertig vergab. Wenig später wurde der eingewechselte Venuto wieder von Pires bedient, scheiterte aber am starken Leitner, ehe Holzhauser den Nachschuss an die Innenstange setze und der Ball an der Torlinie entlang den Weg raus aus dem Gehäuse suchte. Man versuchte auch danach Druck aufzubauen und die Admira hinten hineinzudrücken, jedoch bauten die Gäste in der Endphase teilweise eine Sechserkette auf und rührten den Beton an, um das Unentschieden zu halten. Das gelang den Niederösterreichern schlussendlich auch und das Spiel endete mit einem torlosen Unentschieden.
Fazit
Die Austria stoppte also die Niederlagenserie und holte nach zuletzt drei verlorenen Spielen wieder einen Punkt. Die Leistung war dabei vor allem in der ersten Halbzeit stark, als man mit einem gut strukturierten Ballbesitzspiel die Admira passend bespielen konnte und zu einer Vielzahl an gefährlichen Situationen kam. In der zweiten Halbzeit hatte man auf die Umstellung der Admira nicht mehr die passende Antwort und da flachte das eigene Offensivspiel merklich ab, weshalb man das Niveau nicht mehr halten konnte. Am Ende hatte man dann dennoch zwei Riesenchancen, um das Spiel doch noch für sich zu entscheiden, die man jedoch nicht verwerten konnte. Darüber hinaus zeigte Thomas Letsch in diesem Spiel zum ersten Mal eine stärkere Abweichung seiner Spielidee und versuchte sichtlich mehr auf die Spieler und dessen Profile einzugehen, um daraus eine passende Struktur zu formen, nachdem seine bisherige Spielanlage nicht wirklich funktionierte. Ob dieses Umdenken jedoch ausreicht, um doch noch die Chance auf eine Zukunft in Wien-Favoriten zu bekommen oder es zu spät kommt, bleibt abzuwarten. Eine Entscheidung in der Trainerfrage wird bei den Violetten in den nächsten Tagen erwartet.
Die Admira hingegen kann mit dem Punkt sehr gut leben und fühlte sich beinahe wie ein Sieg an, da im Parallelspiel Mattersburg eine Niederlage einstecken musste. Nachdem man in der ersten Halbzeit völlig unterlegen war und quasi keinen Fuß auf das Spielfeld brachte, steigerte man sich im zweiten Durchgang merklich und konnte das Offensivspiel der Austria besser unter Kontrolle bringen. Mit dem erkämpften Punkt hat man nun bei drei ausstehenden Runden acht Zähler Vorsprung auf den sechsten Tabellenplatz, wodurch die Qualifikation für die Europa League in der Südstadt zum Greifen nahe ist.
Dalibor Babic, abseits.at
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