Am 31. Spieltag der österreichischen Bundesliga stand in der Meistergruppe die Qualifikation für den Europacup im Mittelpunkt. Ein direktes Duell gab es dabei zwischen den beiden „Austrias“ der Liga, nämlich jener aus Klagenfurt und aus Wien, die in Kärnten aufeinandertrafen. Die Klagenfurter Austria hatte dabei quasi die letzte Möglichkeit nochmal den Sprung vom sechsten Rang nach oben mit einem Sieg anzutreten und doch noch ein Ticket für den Europacup zu buchen. Auf der anderen Seite ging es für die Wiener Austria darum, auf den dritten Platz vorzurücken und sich für diesen in Stellung zu bringen.
Austria mit hemmenden Blitzstart
Für beide Teams stand also einiges auf dem Spiel, für die Wiener Austria wahrscheinlich ein wenig mehr. Nachdem man zuletzt gegen den WAC und im Derby bereits große Möglichkeiten auf einen Sieg ungenutzt ließ und damit eine noch bessere Ausgangsposition verpasste, musste in Kärnten um jeden Preis ein Sieg her, um die Chance auf die fixe Teilnahme an einer europäischen Gruppenphase am Leben zu erhalten. Das wäre für die wirtschaftlich gebeutelten Violetten natürlich ungemein wichtig, wenn nicht sogar überlebenswichtig. Dementsprechend viel Druck lastete auch auf den Wienern und jedem war die Bedeutung dieses Spiels bewusst.
Von diesem Druck war zunächst nicht viel zu sehen, denn stattdessen gab es den Blitzstart für die „Veilchen“. Nach nicht einmal 120 Sekunden erzielte Angreifer Ohio nach einer schönen Kombination über mehrere Stationen das 1:0 für die Gäste und sorgte damit für einen perfekten Auftakt. Besser konnte es also nicht laufen und man knackte früh den „Kärntner-Beton“, gegen den man sich in den bisherigen Duellen zumeist die Zähne ausbiss. Austria-Trainer Schmid überlegte sich auch einiges und ein taktischer Kniff führte direkt zum Erfolg. Zunächst begannen die Wiener wie gewohnt mit einer 4-2-3-1 Formation, wobei diese zumeist eher einem 4-3-3 ähnelte.
Das lag vordergründig daran, dass sich Austria-Urgestein Grünwald sehr weit nach hinten fallenließ und im Spielaufbau den Ball abholte. Gleichzeitig schoben die beiden nominellen Sechser Braunöder und Martel oftmals nach vorne und drückten das Mittelfeld der Gastgeber nach hinten, um für Grünwald Platz zu schaffen. Dieser Kniff ging wunderbar auf, denn nach genau diesem Muster erzielte man die frühe Führung. Grünwald ließ sich fallen, spielte einen wunderbaren Seitenwechsel auf Jukic, der anschließend den Ball in den Strafraum beförderte. Den Ausgangspunkt kann man beim nächsten Bild erkennen:
Spielaufbau der Wiener Austria, Grünwald lässt sich aus seiner „Zehnerposition“ weit nach hinten fallen und holt sich das Spielgerät, während gleichzeitig Martel und Braunöder nach vorne schieben. Nachfolgend spielt Grünwald einen perfekten langen Ball und leitet so die Führung ein.
Besser konnte es also nicht für die Gäste laufen. Man sollte daher meinen, dass diese Führung Auftrieb und Selbstvertrauen geben sollte. Doch eher Gegenteiliges war der Fall, denn von Minute zu Minute wurden die Violetten nervöser. Das lag auch daran, dass man wenige Minuten nach der Führung einen Schreckmoment überstehen musste, als der Klagenfurter Jaritz durchbrach und alleine vor dem Tor vorbeischoss. Von da an gab es nur eine Maxime: Auf keinen Fall ein Risiko eingehen.
Vorsicht lähmt das Spiel der Wiener
Die Klagenfurter zeigten sich auch nach dem Rückstand nicht wirklich gewillt großartig am Spiel zu partizipieren. Die meiste Zeit zog man sich in die eigene Hälfte zurück und ließ die Gäste in Ruhe das Spiel aufbauen, während man mit dem Ball so schnell wie möglich nach vorne spielte und keine lange Ballzirkulation anstrebte. Was die Gastgeber aber gut machten war, das Anlaufen zu variieren und Mannorientierungen in der Verteidigungsformation aufzubauen. Speziell die Mittelfeldspieler der Wiener Violetten wurden oftmals quasi in eine klassische Manndeckung genommen und eng bewacht, wodurch sich diese schwer lösen konnten.
Nicht gerade förderlich war es, dass die Wiener auf ein eigenartiges Positionsspiel zurückgriffen. Einerseits war zu sehen, dass man mit dem „Dreiersturm“ und den sehr hoch- und breitstehenden Jukic, Ohio und Fischer die Verteidigung des Gegners nach hinten drücken wollte. Nicht ganz passend dazu war allerdings das Verhalten der restlichen Mannschaft, die genau das Gegenteil davon praktizierte. Man stand mit den Außenverteidigern sehr tief und auch die drei Mittelfeldspieler rückten nicht wirklich konstant hoch, sondern waren meist in Ballnähe zu finden. Das war insofern eigenartig, da Klagenfurt weder vorne anlief, noch im Verlauf der weiteren Partie den Favoritnern den Gefallen tat, herauszurücken.
Das führte dazu, dass die Gäste eine Übermacht in der ersten Aufbaulinie hatten und in Ruhe den Ball von links nach rechts zirkulieren lassen konnten, allerdings nur in die Breite und nach hinten, also ohne jeglichen Raumgewinn. Und wenn es mal nach vorne ging, fanden sich die Offensivspieler in einer krassen Unterzahl und mussten sich da behaupten, was eine undankbare Aufgabe war. Diese massive erste Aufbaulinie kann man beim nächsten Bild wunderbar erkennen:
Ganz extreme Szene im Spielaufbau, die Wiener Austria zieht sechs Spieler in die eigene Hälfte, obwohl Klagenfurt nur mit einem (!) Stürmer anläuft und der restliche Mannschaftsverbund hinter der Mittellinie lauert.
Die Wiener lähmten sich so unnötigerweise selbst und schalteten damit in den „Verwaltungsmodus“ ohne jeglichen Drang weiter nach vorne zu spielen und das eigene Momentum nutzen zu wollen. Die Balance und Verbindungen zwischen den Mannschaftsteilen war überhaupt nicht gegeben und es gab kaum Situationen, wo man flach und über mehrere Stationen in die gegnerische Hälfte vordrang. Dadurch war das Übergangsspiel quasi nicht vorhanden. Daher stellt sich natürlich die Frage, warum Austria-Trainer Schmid hier nicht aktiv wurde und korrigierend eingriff. Vermutlich da es auch durchaus beabsichtigt war, wenn auch nicht in dieser extremen Form.
Es war zu erkennen, dass die Gäste viel Respekt vor dem Umschaltspiel der Klagenfurter hatten. Die Außenverteidiger der Wiener agierten daher auch ungewöhnlich vorsichtig und äußerst tiefstehend, um den temporeichen Flügelspielern keinen Rückraum zu geben. Dadurch sicherte man zwar die eigenen Angriffe ab, fehlte es aber auch gleichzeitig an der nötigen Durchschlagskraft und offensiven Ideen. Das Markenzeichen der Gäste ist bekanntlich das Flügelspiel und wenn dieses wie in diesem Spiel völlig einbrach, kam eine offensiv maue Vorstellung dabei heraus.
Dementsprechend schwer war auch die Kost dieses Spiels, denn es fehlte völlig an Tempo und Intensität. Die Wiener Austria kam zwar auf 64 Prozent Ballbesitz und eine Passquote von 88 Prozent, allerdings fand davon die überwiegende Mehrheit in der eigenen Hälfte statt. Daher überrascht es auch nicht, dass man im ersten Durchgang neben dem Treffer nur noch zu einem weiteren Abschluss kam. Das einzig Positive neben dem Ergebnis war, dass man auf der anderen Seite bis auf eine Unachtsamkeit wenig zuließ. Dennoch ein schmaler Grat für den zweiten Durchgang.
Nerven liegen bei den Wienern zunehmend blank
Wer darauf hoffte, dass eine kräftige und lösungsorientierte Halbzeitansprache für die Gäste eventuell zu einer Leistungssteigerung führen konnte, sollte schnell eines Besseren belehrt werden. Schon nach wenigen Augenblicken im zweiten Durchgang, brannte es bereits im Strafraum der Wiener, als Jaritz zu einer guten Gelegenheit auf den Ausgleich kam. Zumindest war im Ansatz zu sehen, dass man versuchte, im Ballbesitzspiel ein etwas saubereres Positionsspiel aufzuziehen. Grünwald wurde wieder auf seine angestammte Position gezogen und sollte für eine erhöhte Präsenz im Offensivdrittel sorgen. Doch so richtig kam das nicht zu tragen, da die Außenverteidiger weiterhin auf einer Linie mit den Innenverteidigern standen. Dazu begannen auch die Gastgeber am Spiel teilzunehmen.
Die Klagenfurter Austria schaltete nämlich nun den Schalter um und wurde wesentlich aktiver. Man lief nun nicht nur früher an, sondern versuchte auch spielerische Lösungen zu finden und mit den Mannschaftsteilen nach vorne zu rücken. Kurzum, das Risiko wurde wesentlich erhöht und man wollte nun den Ausgleich erzwingen. Dadurch entstanden allerdings recht große Räume, die für das Umschaltspiel prädestiniert gewesen wären. Nur konnten die Wiener diese überhaupt nicht nutzen. Das Bewegungsspiel war schlecht, die Passqualität ebenfalls und man hatte das Gefühl, jeder auf dem Feld würde sein eigenes Süppchen kochte. Der Ballführende bekam schlicht zu wenig Unterstützung von den Kollegen.
Das zeigte sich auch gegen den Ball, wo man ebenfalls die Kompaktheit vollkommen vermissen ließ und jeder Mannschaftsteil für sich agierte. Die Stürmer liefen den Aufbau alleine an, das Mittelfeld schob nicht nach, während die Abwehr oftmals viel zu tief stand. Die beiden Austrias tauschten quasi die Rollen aus der ersten Halbzeit und das führte dazu, dass die Gastgeber wesentlich besser ins Spiel kamen. So kam was kommen musste und die Kärntner erzielten nach einem Eckball den 1:1 Ausgleich.
Schon davor versuchte Gäste-Trainer Schmid mit mehreren Wechseln für neue Impulse zu sorgen, was nur bedingt funktionierte. Die Probleme waren schlicht gruppentaktischer Natur und als Team funktionierte man nicht gut, weshalb auch die jeweiligen Einzelspieler sich schwertaten. Daher gab es auch nach dem Ausgleich keine Trotzreaktion und ging es im gleichen Rhythmus weiter. Eher waren die Gastgeber am Drücker, die wesentlich gefährlicher wirkten.
Doch dann sorgte die Wiener Austria für den „Lucky Punch“, als Mühl im Spielaufbau den Linksaußen aus dem Spiel nahm, Demaku so freie Fahrt nach vorne hatte und bis ins letzte Drittel vorstieß, um dann Fitz zu bedienen. Der eingewechselte Offensivspieler erzielte mit einem satten Abschluss kurz vor Schluss das 2:1 erzielte und sorgte für die umjubelte Führung. Die letzten Minuten zitterten die Gäste zwar ordentlich, brachten aber den Sieg über die Runden und feierten damit einen enorm wichtigen Erfolg.
Fazit
Mit Hängen und Würgen gelang es der Wiener Austria also, tatsächlich den ersten Saisonsieg über die Klagenfurter Austria einzufahren und damit enorm wichtige Zähler im Kampf um Platz 3. Dabei war die Leistung alles andere als berauschend und in vielerlei Hinsicht Durchwachsen, und das obwohl man quasi mit einer 1:0 Führung in das Spiel startete. Allerdings merkte man, dass der Druck und die enorme Bedeutung die Spieler hemmte und die Angst vor dem Scheitern umherging, weshalb das Motor merklich stotterte.
Im Endeffekt kann man sich bei der individuellen Klasse bedanken, dass man dennoch dieses Spiel gewann, denn neben den Torschützen zeigten die beiden Innenverteidiger eine ganz starke Leistung und konnten viele brenzlige Situationen bereinigen. Letztlich zählen allerdings nur die drei Punkte und in ein paar Tagen wird niemand mehr Fragen, wie diese zustande kamen. Und sollte die Wiener am kommenden Samstag auch noch den dritten Tabellenrang fixieren, dann sowieso erst recht nicht.
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