Am sechsten Spieltag der österreichischen Bundesliga empfing der TSV Hartberg die Wiener Austria zum Duell. Dabei gingen die Steirer mit der Prämisse in dieses... Analyse: Austrias Offenbarungseid in Hartberg

Am sechsten Spieltag der österreichischen Bundesliga empfing der TSV Hartberg die Wiener Austria zum Duell. Dabei gingen die Steirer mit der Prämisse in dieses Spiel, endlich den ersten Sieg in dieser Saison einzufahren und damit den letzten Tabellenplatz verlassen zu können. Auf der anderen Seite stand die Austria mit sieben Punkten aus fünf Spielen besser da und nun hatte man die große Chance, an den oberen Rängen dranzubleiben. Das war auch nicht unwahrscheinlich, ist doch Hartberg im Jahr 2020 bislang ohne einen eigenen Heimsieg geblieben und in keiner guten Verfassung. Letztlich sollte es jedoch anders kommen, als es sich die Violetten erhofft hatten.

Verunsicherung auf beiden Seiten

Im Vorfeld der Partie war man schon gespannt darauf, wie dieses Spiel vonstattengehen würde, versucht der TSV Hartberg doch prinzipiell Fußball zu spielen, während bei der Austria der Ballbesitz mittlerweile nicht mehr so wichtig ist. Hartberg-Trainer Schopp erwartete sich im Vorfeld auch eine abwartende violette Truppe und das seine Mannschaft Lösungen dagegen finden müsse. Die Steirer griffen systematisch auf ein 4-2-3-1 zurück und versuchten dabei auch von Anfang an das Kommando zu übernehmen. Vom Positionsspiel stand man recht breit und versuchte so den Gegner zu strecken, um in weiterer Folge Spieler wie Rep und Horvath aus der Spieleröffnung in den Halbräumen zu finden. Die Struktur wirkt dabei durchaus stimmig, binden die Steirer doch ihren Torhüter gut mit ein und die beiden Sechser sind auch in den Spielaufbau stark involviert, wodurch Hartberg sich auch aus Pressingsituationen befreien kann.

Doch die schlechten Ergebnisse der Gastgeber gingen nicht spurlos vorbei und man merkte durchaus die Verunsicherung bei den Steirern. So traf man offene Passfenster nicht oder fehlte das richtige Timing beim Übergangsspiel nach vorne, weshalb man sich schwertat ins letzte Drittel zu kommen. Überraschenderweise bohrte die Austria diese Verunsicherung gar nicht an und zog sich stattdessen zurück. Die Matchpläne der „Veilchen“ in der Defensive ähneln sich mittlerweile seit Wochen und weichen kaum voneinander ab. Ein abwartender 4-4-2 Block, der auf ein tieferes Mittelfeldpressing setzt und mit geringer Intensität gegen den Ball agiert. Die Stürmer versuchten dabei wie gewohnt die Sechser abzudecken und den Spielaufbau auf die Innenverteidiger zu lenken. Man überlässt dem Gegner schlicht das Spiel und verbleibt in der abwartenden Position, um vermutlich zunächst auf Sicherheit zu gehen und Stabilität zu erlangen.

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Doch wie sinnvoll dieser Ansatz bei einem verunsicherten Gegner ist, bleibt zu hinterfragen. So trat dann auch der Effekt ein, dass die Hartberger sich in den ersten Minuten Sicherheit holen konnten durch die ungestörte Ballzirkulation, auch wenn vieles nicht gelang. Dennoch hatte man vereinzelte Situationen, wo man Standardsituationen herausholen und gefährliche Flanken in den Strafraum schlagen konnte. Und was hilft einer verunsicherten Mannschaft am meisten? Ein früher Führungstreffer, der dann auch folgte. Nach einem Eckball stand Torjäger Tadic goldrichtig und traf zum 1:0 für die Steirer. Die Austria wurde für ihre abwartende und zurückhaltende Haltung prompt bestraft und stand nun unter Zugzwang. Doch wer jetzt erwarten würde, dass man etwas am Defensivkonzept ändern würde, der irrt. Man überließ auch nach dem Rückstand das Spielgerät dem Gegner, wartete ab und hoffte darauf, dass die Gastgeber irgendwann Ballverluste erleiden würden. Das gab den Steirern Sicherheit und man konnte so das Spiel beruhigen und musste nicht in Hektik verfallen. So verwundert es auch nicht, dass die Hartberger im ersten Durchgang auf über 60 Prozent Ballbesitz kamen, was der Austria zu denken geben sollte. Es war schlicht kein Wille erkenntlich, das Spiel an sich zu reißen, es zu kontrollieren und zu dominieren. Die Wiener trafen hier nicht auf eine Top-Mannschaft, sondern eine kriselnde Truppe, die am Tabellenende stand.

Offensivspiel der Austria? Fehler soweit das Auge reicht

Zu dem schlechten Start der Violetten, gesellten sich dann auch zahlreiche Fehler im Offensivspiel und einige Eigenarten. Im 4-4-2 System entschied man sich diesmal Pichler als zweite Spitze aufzubieten, weshalb Sarkaria stattdessen vom Zentrum auf den rechten Flügel rückte. Prinzipiell eine sinnvolle Entscheidung, fühlt sich Sarkaria doch auf der Seite wesentlich wohler, als es im Zentrum der Fall ist. Doch die Probleme für die Austria begannen schon weiter hinten und fingen beim Spielaufbau an. Die Hartberger versuchten Austria-Kapitän Grünwald mit einer Manndeckung aus dem Spiel zu nehmen und vom Geschehen abzuschneiden, damit dieser die Fäden nicht ziehen konnte. Das gelang damit auch, da die Gäste sehr statisch zu Werke gingen und kaum alternative Aufbaumuster zeigten. Der zweite Sechser Ebner nimmt im Spiel mit dem Ball überhaupt keine Rolle ein und versteckt sich erfolgreich, wodurch der Gegner das Zentrum relativ einfach kontrollieren kann.

Dabei hätte die Austria spielerisch starke Innenverteidiger, die für die eröffnenden Pässe nach vorne sorgen könnten. Dass sie das nicht häufig tun und stattdessen lieber auf den Flügel passen oder lange Bälle schlagen lässt darauf schließen, dass sie es nicht dürfen und ihre Anweisungen es nicht zulassen. Dass das der Fall ist und die Austria das Zentrum vernachlässigt, ist seit dem Saisonstart bereits in mehreren Spielen sichtbar gewesen und deckt sich mit den Eindrücken. Doch was ist die Folge davon? Dass der Gegner relativ einfach und mit wenig Ressourcen den Spielaufbau verhindern bzw. zum Stocken bringen kann. So tragen die Außenverteidiger viel Verantwortung und müssen spielmachend den Ball nach vorne tragen. Wenn aber Spieler wie Routinier Suttner einen schlechten Tag erwischen, wie es an diesem Nachmittag der Fall war, stottert das Offensivspiel der Violetten erheblich. Die Folge war ein spielerisch unansehnlicher Auftritt, der viele Fragen aufwirft.

Doch nicht nur der Spielaufbau der Austria war schlecht, noch schlimmer sah es in der gegnerischen Hälfte und speziell im letzten Drittel aus. Trotz der ganzen Probleme, schaffte es die Austria in die gegnerische Hälfte zu kommen, da die Defensive der Hartberger alles andere als sattelfest agierte. Eine Eigenheit der Steirer ist es unter anderem, eine recht hohe Abwehrlinie zu haben und in vielen Situationen auf Abseits zu spielen, selbst wenn der Gegner in der eigenen Hälfte steht. Doch da man im Mittelfeld nicht immer kompakt agiert und dem Gegner Räume anbietet, gerät man so immer wieder in gefährliche Situationen. So hatte die Austria durchaus die Möglichkeit, diese Räume zu bespielen und die Nachlässigkeit der Gastgeber auszunutzen. Doch stattdessen geriet dies mehr oder weniger zum Desaster und es war schlicht nicht zu glauben, wie unbeholfen die Violetten im letzten Drittel agierten.

Immer wieder lief man frontal auf die Abwehr des Gegners zu, brachte dann jedoch entweder die Bälle nicht an und leistete sich Fehler, und wenn dann einmal der Ball tatsächlich durchkam, stimmte das Timing überhaupt nicht und man lief ins Abseits. Ganze neun (!) Mal lief die Austria in diesem Spiel in die Abseitsfalle des Gegners, das müsste wohl Saisonrekord in der Bundesliga sein. Das zeugt aber auch von fehlendem Bewusstsein und Spielintelligenz, die Tiefenläufe so zu timen, dass dies nicht passiert. Kombiniert mit den fußballerischen Limitierungen und den laufenden Ballverlusten, war das spielerische Niveau der Austria mehr als nur schlecht. Dass man dennoch zum Ausgleich kam, verdankt man einem Freistoß aus dem Halbfeld und einer klugen Aktion von Pichler, der mit einer guten Bewegung und einen gezielten Kopfball den Ausgleich erzielte.

In den Minuten danach hatte die Austria eine kurze Phase, wo man am Drücker war und etwas Selbstbewusstsein ausstrahlte. Die Hartberger wirkten durch den Ausgleich sichtlich verunsichert und in der Defensive nach wie vor anfällig, wodurch die Gäste nach Umschaltsituationen zu gefährlichen Szenen kamen. Jedoch stellte sich die Austria auch bei diesen nicht wirklich gut an und konnte daraus erneut kein Kapital schlagen, wodurch sich die Hartberger in die Halbzeit retten konnten.

Flotter Beginn und eine zunehmend ratlose Austria

Dachten sich die Austria-Fans, dass man nach dem verbesserten Ende des ersten Durchgangs mit neuem Elan in die zweite Halbzeit starten kann, wurden sie eines Besseren belehrt. Nach einem unnötigen Foulspiel zirkelte Hartberg-Stürmer Tadic einen Freistoß in das Kreuzeck und brachte damit seine Mannschaft prompt wieder mit 2:1 in Front. Die Austria hatte kurz darauf die große Möglichkeit auf die rasche Antwort, jedoch schoss Monschein freistehend den Ball über das Tor. Dadurch nahm das Spiel allerdings ordentlich an Fahrt auf und beide Mannschaften kamen zu ihren Möglichkeiten, um einen Treffer zu erzielen. Nach gut 60 Minuten zog sich dann Gastgeber Hartberg zunehmend zurück und verteidigte nicht nur tief und verbarrikadierte sich, sondern verlegte sich aufs Kontern. So wurde das Spiel der Austria überlassen, die nun in Ruhe versuchen konnte das Spielgerät ins letzte Drittel zu bringen.

Austria-Trainer Stöger nahm dann auch einen Doppelwechsel vor und belebte vor allem das Zentrum wieder, indem er Jukic für den unsichtbaren Ebner in das Spiel brachte. Edomwonyi kam ins Sturmzentrum, weshalb Pichler auf den Flügel musste. Gegen den tiefstehenden Gegner tat man sich jedoch schwer, wirkliche Lösungen zu finden. Das Positionsspiel war nicht gut und man stand viel zu hoch, wodurch man schlechte Verbindungen in der Ballzirkulation hatte und meist nur in die Breite spielen konnte. Meist versuchte man sich irgendwie über den Flügel zu kombinieren, um dann mit Flanken den Strafraum zu attackieren. Darauf konnten sich die Steirer jedoch gut einstellen und mit der kopfballstarken Innenverteidigung hatte man wenig Mühe, diese Flanken zu klären. So kamen die Wiener auch kaum zu Gelegenheiten und wenn man welche bekam, vergab man sie kläglich. So auch der eingewechselte Edomwonyi, der alleine auf das gegnerische Tor lief, sich jedoch dafür entschied, das lange Eck mit dem Außenrist anzuvisieren, was physikalisch in dieser Situation schlicht unmöglich war. Man könnte konstatieren, dass diese Situation sinnbildlich für das Offensivspiel der Austria stand. Das war letztlich die letzte Möglichkeit auf den Ausgleich und so gingen die Violetten als Verlierer vom Platz.

Fazit

Nach diesem Spiel werden die Austrianer einige Zeit brauchen, um das Gesehene und Erlebte zu verarbeiten. Auf so vielen verschiedenen Ebenen war die Leistung schlecht und die Liste ist lang, die man an diesem Nachmittag kritisieren könnte. Von den individuellen Leistungen einiger Akteure angefangen, über die vielen spielerischen Unzulänglichkeiten, bis hin zu den Entscheidungen von Trainer Stöger. Besonders ernüchternd ist die Tatsache, dass die Austria auf einen Gegner traf, der sichtlich verunsichert war und genügend Angebote machte, um einen komfortablen Sieg einzufahren. Natürlich könnte man das Pech beschwören und dass der Gegner aus wenigen Möglichkeiten und zwei Standardsituationen die drei Punkte holte, allerdings ist man an diesem Nachmittag in erster Linie an der eigenen Unfähigkeit gescheitert.

An der Unfähigkeit, über drei Stationen den Ball in den eigenen Reihen zu halten, ohne ihn zu verlieren. An der Unfähigkeit, offensichtliche Situationen richtig zu antizipieren und nicht zum fünften Mal zu früh zu starten, um dann im abseits zu stehen und aussichtsreiche Situationen damit zu vereiteln. An der Unfähigkeit, saubere Aktionen durchzuführen und diese auch zu Ende zu bringen. Dieser violette Auftritt lässt einen ratlos zurück und es muss schlicht Vieles besser werden bei der Austria. In wenigen Tagen folgt bereits das nächste Spiel gegen die Hartberger und da können die Wiener Wiedergutmachung leisten und in das Viertelfinale des Cups einziehen, womit man sich zumindest etwas rehabilitieren würde.

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Dalibor Babic