Analyse: Negativlauf der Austria setzt sich fort
Bundesliga 17.September.2019 Dalibor Babic
Nach der langen Länderspielpause, rollte endlich wieder das runde Leder in den heimischen Bundesligastadien. Das Topspiel der Runde fand diesmal im Lavanttal statt, wo sich der Wolfsberger AC und die Wiener Austria um drei Punkte duellierten. Die Kärntner befinden sich dabei in einem Hoch, nachdem man den zweitbesten Start in der Vereinsgeschichte hinlegte und zuletzt den LASK auswärts mit 1:0 bezwingen konnte. Daher wollte man diesen Lauf fortsetzen und nochmal Selbstvertrauen vor dem Auftakt in der Europa League tanken. Ganz anders dagegen die Situation bei der Austria, die ihrem Anspruch meilenweit hinterherhinkt und endlich aus dem Negativtrend herausbrechen wollte. Hoffnung sollte die zweiwöchige Pause geben, wo man gezielt am eigenen Spiel arbeiten und endlich den passenden Anzug für die Mannschaft finden wollte.
Ilzer setzt Ankündigungen um
Austria-Trainer Christian Ilzer ist aktuell wahrlich nicht zu beneiden. Nach dem misslungenen Saisonstart und den schlechten Ergebnissen, versucht der Steirer das richtige Heilmittel zu finden, um seine Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen. Dieses Mittel hoffte man in der Länderspielpause gefunden zu haben und daher kündigte der Cheftrainer der Violetten auch einige Veränderungen an. Die größte war sicherlich die Systemumstellung, denn man verabschiedete sich nun von der 4-3-1-2/4-3-2-1-Formation und versuchte es mit einer neuen 4-1-4-1/4-3-3-Grundsystematik. Damit wollte man die Problematik im Mittelfeld in den Griff bekommen und im Verbund mit der Angriffsreihe für eine bessere Staffelung und ein saubereres Positionsspiel sorgen.
Interessanterweise entschied sich Ilzer für eine ungewöhnliche Personalie im Mittelfeld, denn der nominelle Rechtsverteidiger Klein rückte auf die Achter-Position und sollte die große Problemzone endlich beheben. Das zeigt dann auch gewiss etwas die Verzweiflung von Ilzer, den keiner der bisher eingesetzten Spieler auf der Position des Achters wusste bislang zu überzeugen, weshalb das Spiel der Violetten auch merklich stockte. Des Weiteren setzte Ilzer (wenn auch etwas notgedrungen durch einen weiteren Ausfall eines Innenverteidigers) auf das spielerisch starke Innenverteidiger-Duo Serbest/Palmer-Brown und man erhoffte sich dadurch, den Spielaufbau in den Gang zu kriegen.
Das Spiel begann dann auch mit viel Ballbesitz für die Veilchen und man sah deutlich, dass man über einen kontinuierlichen Spielaufbau den Gegner und dessen Pressing knacken wollte. In der ersten Viertelstunde klappte dies allerdings nicht so wirklich, da man sich zu Beginn zu leicht auf dem Flügel isolieren ließ und aus der Umklammerung des Gegners nicht befreien konnte. Der WAC sorgte mit seinem 4-1-2-1-2-Rautensystem für klare Abläufe im Pressing, in dem man mit der vordersten 2-1-Staffelung das Zentrum der Austria spiegelte und die beiden Achter auf die gegnerischen Außenverteidiger hinausstachen und diese anpressten, sobald sie an den Ball kamen.
Durch die schlechte Staffelung der violetten Gäste und das gute Durchsichern des WAC, konnten die Gastgeber die Austria auf dem Flügel oft isolieren und die Wiener zu vielen Ballverlusten zwingen. Flügelspieler Fitz wurde in unvorteilhafte Positionen gebracht und konnte sich gegen seinen Gegenspieler kaum durchsetzen, wodurch das Spiel der Violetten stockte. Nach Ballgewinn versuchte der WAC dann oft mit einer hohen Vertikalität und einer großen Direktheit so schnell wie möglich nach vorne zu kommen, um die Lücken bei der Austria auszunutzen. Jedoch fehlte es im letzten Drittel oft an der letzten Genauigkeit bzw. konnte das starke violette Duo in der Innenverteidigung viele Situationen klären.
Austria findet langsam ins Spiel und setzt Matchplan um
Nach einer guten Viertelstunde aber, konnte sich die Austria immer öfter aus der aggressiven Umklammerung des WAC befreien und sogar spielerische Akzente setzen. Ausschlaggebend dafür war eine Szene, in der man aus dem Spielaufbau heraus das Pressing der Gastgeber spielerisch aushebeln konnte und flüssig ins letzte Drittel eindringen konnte – was den Wienern das nötige Selbstvertrauen ins eigene Spiel gab. Da klappte dann auch das erste Mal der ausgedachte Matchplan, denn die Austria versuchte mit einer zentralen Ballzirkulation den WAC ins Zentrum und ins Pressing zu locken, um dann mit Verlagerungen auf die eigenen Außenverteidiger schnell die Seite zu wechseln und die Kärntner damit ins Leere laufen zu lassen.
Wichtig dafür waren die beiden Innenverteidiger, die sich dank ihrer spielerischen Qualitäten bei Druck nicht aus der Ruhe bringen ließen und die Übersicht behielten, wodurch die Austria eine gute Ballzirkulation in den ersten beiden Spielfelddritteln zustande brachte. Die Folge davon war, dass man knappe 60 Prozent Ballbesitz verbuchte und die eigene Struktur immer besser zu Greifen begann.
Vor allem die beiden Flügelstürmer Fitz und Sax konnten viele Ballkontakte sammeln, da sie immer wieder im richtigen Moment in die Halbräume rückten und die Lücken in der gegnerischen Formation besetzten, wodurch sie für ihre Mitspieler anspielbar waren und den Ball nach vorne tragen konnten. Wichtig dafür waren auch die beiden violetten Außenverteidiger, die mit ihren Läufen nach vorne die gegnerischen Außenverteidiger binden und die beiden Flügelstürmer freischieben konnten. Das verschaffte der Austria den nummerischen Vorteil im Mittelfeld, da man die Fünf gegen Vier Überzahl ausspielen konnte und der WAC-Sechser Leitgeb de facto zwei Gegenspieler abdecken musste.
Aus diesem strukturellen Vorteil konnte die Austria nicht viel Kapital schlagen, da das Spiel im letzten Drittel weiterhin die große Schwachstelle der Violetten ist. Immer wieder verlor man leichtfertig die Bälle, es fehlte an Kreativität und Lösungen, weshalb man auch kaum Durchschlagskraft kreierte. Zwar brachte man unter anderem Sax in einige gute Situationen, allerdings hatte dieser große Mängel in seiner Körperstellung und seiner Entscheidungsfindung, weshalb sich viele Ballfehler in sein Spiel schlichen. Dadurch verlor die Austria zahlreiche Bälle und lief beständig Gefahr, in Konterangriffe des WAC zu geraten.
Die Kärntner lauerten ihrerseits genau auf diese Situationen und legten darauf auch ihren Matchplan aus. Dies war gut am WAC-Achter Schmid zu sehen, der seine Positionierung sehr breit auslegte und ballfern oft auf seinen Einsatz wartete, um folglich mit Tempo ins letzte Drittel zu stoßen. Nach diesem Muster konnte der WAC einige Male die Violetten aufreißen, da diese sehr ballorientiert verschoben und Schmid dadurch nach einem Seitenwechsel viel Freiraum hatte.
In der Folge versuchte Schmid den ausweichenden Weissman zu finden, der ebenfalls häufig in die Breite und auf den Flügel herausrückte. Das Ziel war, hinter den linken Außenverteidiger Cavlan zu kommen und dessen Schwächen in der Defensive anzubohren. Diese Idee klappte allerdings nicht sonderlich gut, da Innenverteidiger Palmer-Brown viele Situationen richtig antizipierte und selbst in Eins gegen Eins-Situationen die Ruhe behielt.
So war es letztlich in zweikampfintensives Spiel ohne große Torchancen, wo beide Mannschaften Schwierigkeiten im letzten Drittel hatten. Die Austria zeigte ein saubereres Aufbauspiel, während der WAC zwar nach Ballgewinnen schneller in die gegnerische Hälfte kam, dafür aber zu fehlerhaft agierte. Gefährlich blieb der WAC vor allem nach Standards und dadurch kam man zu einigen gefährlichen Situation, wobei man die beste kurz vor der Halbzeitpause vom Elfmeterpunkt vergab, womit es mit einem 0:0 in die Pause ging.
Stärkste Phase der Austria wird vom Gegentreffer gekillt
Nach dem Wiederanpfiff, entschieden sich beide Trainer Veränderungen in der Offensive vorzunehmen. Der WAC brachte Niangbo, während bei der Austria Turgeman für den schwachen Sax in das Spiel kam. Den besseren Start erwischten die Gäste aus der Bundeshauptstadt, die ihre strukturellen Vorteile immer besser ausspielen konnten. Das lag auch daran, dass man Offensivspieler Fitz immer besser in das Spiel eingebunden bekam und dieser mehr Gefährlichkeit ins letzte Drittel brachte. Turgeman und Fitz rochierten auch sehr viel und wechselten sich ab, während der starke Monschein ungemein quirlig und umtriebig blieb, weshalb die Austria in der Offensive etwas zielstrebiger wurde. Da die Konterabsicherung der Violetten auch gut funktionierte, konnte die Abwehr die meisten Angriffe rechtzeitig abfangen, auch wenn der WAC durch den eingewechselten Niangbo ebenfalls konkreter wurde.
Doch nach rund 60 Minuten wurde die Austria speziell in der Defensive zunehmend passiver und lethargischer. Man attackierte den Gegner nur zögerlich und nicht mehr aggressiv genug auf dem Flügel, weshalb der WAC sich öfter in dieser Zone befreien und für gefährliche Hereingaben in den Strafraum sorgen konnte. Diese Passivität ist aus außenstehender Sicht nur schwerlich zu erklären und sorgte letztlich dafür, dass sich die Violetten letztlich um die Früchte einer soliden Leistung brachten. Aufgrund dieser Passivität, konnte sich der WAC in der 66.Minute erneut auf dem rechten Flügel durchsetzen und einen Pass in den Rückraum spielen, wo Ritzmaier aus der Distanz mit einem präzisen Flachschuss zum 1:0 traf. Die lethargischen Minuten der Wiener wurden damit eiskalt bestraft.
Die Austria versuchte daraufhin mehr Risiko in der Offensive zu gehen und den Ausgleich zu erzwingen, doch vom Glück verfolgt war man wahrlich nicht. Nach einem Eckball traf man innerhalb weniger Sekunden gleich zweimal die Latte. Austria-Trainer Ilzer brachte folglich einen dritten Stürmer ins Spiel, jedoch wurde man zunehmend schwächer, da die defensiven Probleme immer eklatanter wurden. Das Mittelfeld bekam keinen Zugriff mehr auf den WAC und die Abwehr wurde quasi alleine gelassen, weshalb die Lücken und die Räume für den WAC immer größer wurden und speziell die rechte Seite der Kärntner machen konnte was sie wollte.
Dadurch konnten die Kärntner das Spielgerät länger in den eigenen Reihen zirkulieren lassen und damit nicht nur das Spiel beruhigen, sondern auch den Ball vom eigenen Tor fernhalten. So schossen nicht nur die Ballbesitzzeiten nach oben, man ließ auch kaum Gelegenheiten des Gegners mehr zu und selbst kreierte man gefährliche Situationen. Eine führte kurz vor Abpfiff zu einem Elfmeter, den Stürmer Weissman trocken zum 2:0 einschob. Den Schlusspunkt setzte Niangbo nach einem Eckball, indem er per Traumtor den Ball zum 3:0 in die Maschen beförderte und der Austria damit noch eine deftige Pleite bescherte.
Fazit
Die Austria kommt auch nach der zweiwöchigen Länderspielpause weiterhin nicht in Fahrt. Zwar zeigte man in einigen Bereichen Verbesserungen im Spiel und wirkte nicht nur bei Ballbesitz im Aufbauspiel etwas strukturierter, sondern auch gegen den Ball kompakter und stimmiger. Doch letztendlich war man im letzten Drittel zu ungenau und fehlte es an den entsprechenden Ideen, aber auch in den entscheidenden Momenten verfiel man in der Defensive in alte, passive Muster, die letztlich dem Gegner den Führungstreffer ermöglichten.
So wurde das zarte Pflänzchen einer Weiterentwicklung erneut konterkariert und man fing sich letztlich noch zwei weitere Treffer ein, was in eine deftige Pleite mündete. Damit setzt sich der Negativlauf der Austria weiter fort und man findet sich mittlerweile im Tabellenkeller wieder. Die Veilchen sind nun gefordert, schleunigst in die Erfolgsspur zu finden, den ansonsten könnte das nicht nur in einen unangenehmen Herbst münden, der ein Festkleben im Tabellenkeller zur Folge hätte. Der Druck wird also nicht geringer in Wien-Favoriten, im Gegenteil.
Dalibor Babic, abseits.at
Dalibor Babic
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