Analyse: Pressing-Schlacht in Pasching endet mit einem Remis
Bundesliga 29.Oktober.2017 Dalibor Babic 0
In der dreizehnten Runde der österreichischen Bundesliga kreuzten der LASK und die Wiener Austria die Klingen miteinander und wollten jeweils das Ausscheiden im Cup durch ein gutes Ergebnis abschütteln. Daraus entwickelte sich letztlich eine intensive Partie mit vielen Zweikämpfen und hoher Intensität, die auch zwei spiegelverkehrte Halbzeiten hervorbringen sollte und sich beide letztlich mit einem Punkt zufrieden geben mussten.
Personalsorgen bei Austria nehmen kein Ende
Nachdem die Austria die letzten vier Spiele allesamt verlor, wollte man endlich wieder mit einem Erfolgserlebnis auf die Siegerstraße zurückkehren, nachdem zumindest die Leistungskurve wieder nach oben zeigte. Die Ausgangslage erleichterte dieses Unterfangen jedoch nicht gerade, da der Verletzungsteufel bei den Wienern auch weiterhin gnadenlos wütete. Zusätzlich zu den knapp ein dutzend Verletzungen, gesellten sich dem angeschlagenen Tajouri und Klein weitere Ausfälle hinzu, wobei letzterer durch einen Mittelfußknochenbruch den restlichen Herbst definitiv verpassen wird. Dadurch feierte mit dem U21-Nationalspieler Gluhakovic ein interessanter Mann sein Startelf-Debüt in der Bundesliga und durfte sich in der höchsten Spielklasse beweisen.
Die Veilchen liefen erneut in einer 4-1-4-1 Anordnung auf und hatten auch einige interessante Anpassungen mit ins Paschinger Stadion mitgebracht. Zunächst einmal war die auffälligste, dass man auf das Abkippen von Holzhauser zum großen Teil verzichtete und dieser meist konstant den Sechserraum von Anfang an besetzte. Damit wollte man wohl für bessere Verbindungen im Aufbauspiel sorgen, um das Pressing der Linzer leichter zu umspielen und auch besseren Zugriff im Kampf um den zweiten Ball zu bekommen, der eine wesentliche Rolle in diesem Spiel einnehmen sollte. Darüber hinaus wollte man scheinbar den spielstarken Torhüter Pentz noch mehr in die Spieleröffnung einbinden und daher hatte man auch ohne Holzhauser quasi eine Dreierreihe im Aufbau aufgeboten.
In der Offensive hatte man sich ebenfalls einige taktische Kniffe ausgedacht. Vor allem sollte scheinbar das strategische Augenmerk auf den Kampf um den zweiten Ball gelegt werden. Speziell Alhassan sollte sich immer wieder höher bewegen und in Stellung bringen, um für einen passenden Zugriff zu sorgen und das Spielgerät zu sichern. Aber auch der Rest sollte konsequent nachschieben und sich bereits frühzeitig optimal postieren, wobei Monschein und Pires immer wieder die Tiefe suchten und damit die Abwehr der Linzer nach hinten drücken sollten, um auch den Zwischenlinienraum zu öffnen. Auf der linken Seite gab es darüber hinaus auch einige interessante Bewegungen zu vernehmen. So kippte hin und wieder Kapitän Holzhauser auf die linke Seite ab, schob Salamon nach vorne und sollte wohl von da aus seine Diagonalbälle einbauen, aber auch Achter Lee schob immer wieder auf die Seite hinaus, wodurch Pires freigeschoben werden konnte und sich freier im Mittelfeld bewegte und quasi überall auftauchte.
Ansonsten rochierten hin und wieder auch die beiden Achter und wechselten die Positionen, wodurch es auch auf der rechten Seite mit Gluhakovic, Prokop und Lee einige interessante Momente gab und diese auch enge Situationen dank ihrer technischen Qualität auflösen konnten.
Gegen den Ball formierten sich die Veilchen meist in einem 4-4-2, aus dem sie dann in das Angriffspressing gingen und die Linzer attackierten. Lee und Alhassan wechselten sich immer wieder ab und rückten in die Spitze, um den Spielaufbau zu verhindern und bereits frühzeitig den langen Ball zu erzwingen. Wenn die Linzer mal in die Hälfte der Austria vordringen konnten, formierten sich diese in dem Fall in einer klaren 4-1-4-1 Anordnung und versuchten im Raum kompakt zu stehen und daraus Druck auf den Gegner auszuüben.
LASK stellt das System um und nimmt Abschied von der Fünferkette
Nachdem die Oberösterreicher zuletzt viele Gegentreffer hinnehmen mussten und immer wieder mit Problemen in der Defensive zu kämpfen hatten, entschied sich Trainer Glasner für eine Systemumstellung, um wohl für neue Impulse zu sorgen. Damit überraschte er nicht nur seinen Kollegen gegenüber, sondern auch allgemein die interessierte Öffentlichkeit. Gegen die Austria formierte man sich nun in einer 4-1-2-3 Formation, wobei Trauner statt in der Innenverteidigung nun als alleiniger Sechser vor der Abwehr aufgeboten wurde, was für ihn jedoch kein Neuland ist. Erdogan und Michorl nahmen die Position der beiden Achter ein und in der Spitze wurde der nominelle Rechtsverteidiger Ranftl nach vorne gezogen und bildete gemeinsam mit Gartler und Bruno Felipe die Angriffsreihe der Linzer.
Die Gastgeber legten dabei wie man es unter Trainer Glasner gewohnt ist den Fokus in aller erster Linie auf das Spiel gegen den Ball und wollten aus diesem heraus dann das Spiel mit dem Ball gestalten, indem man am besten für hohe Ballgewinne in der gegnerischen Hälfte sorgte. Tendenziell wäre gerade für diesen Plan die Austria ein gefundenes Fressen für die Linzer, da die Wiener es bevorzugen, für eine gepflegte Spieleröffnung zu sorgen und mittels Kurzpasspiel nach vorne zu kommen. So presste der LASK bereits von Anfang an sehr hoch und agierte aus einem 4-1-2-3 heraus, wobei die erste Pressinglinie mit den Angreifern Gleichzahl herstellen sollte, da man mit einem abkippenden Holzhauser rechnete. Dahinter schoben auch die beiden Achter Michorl und Erdogan immer wieder nach, genauso wie die Außenverteidiger und sollten jegliche Anspielstationen verschließen, damit die Austria zum langen Ball gezwungen war. Wenn man mal keinen Zugriff im Pressing bekam, formierte man sich hinten neu in einem 4-1-4-1, aus dem man sich dann wieder nach vorne orientierte und attackierte.
Im Ballbesitz agierte man wie gewohnt unheimlich direkt und vertikal, war also immer darauf bedacht, schnell nach vorne zu kommen. Dabei nahm man dann auch eine hohe Fehlpassquote wissentlich in Kauf, da man diese als Szenen für das eigene Gegenpressing und mögliche Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte nutzen konnte. Speziell Erdogan und Michorl sollten sich immer wieder im Raum neben Holzhauser positionieren, um dann bei Ballbesitz die Schnittstellen des Gegners mit Pässen zu attackieren oder das Spiel auf die aufrückenden Außenverteidiger zu verlagern.
Klare Dominanz der Austria, LASK mit Problemen
Das Spiel begann zunächst wie es im Vorfeld zu erwarten war. Die Austria versuchte das Spiel zu gestalten und in Ruhe aufzubauen, während der LASK aggressiv vorne attackierte und Ballverluste beim Gegner erzwingen wollte. Überraschend war jedoch, wie viel Ballbesitz die Austria verbuchen konnte, ohne dass die Linzer für Zugriff sorgen konnten. Das lag vor allem daran, dass die Veilchen sich auf das Pressing der Gastgeber einstellten und gute Strukturen und Verbindungen im Aufbauspiel hatten, wodurch die Linzer meist nur hinterherliefen, ohne in Zweikämpfe zu kommen. Das lag einerseits daran, dass die erste Pressinglinie der Linzer zwar nominell mit Drei gegen Zwei in Überzahl war, jedoch die Wiener das Feld sehr breit machten und den Ball schnell zirkulierten, aber andererseits auch Holzhauser immer wieder dahinter im Zentrum anspielbar war, womit man augenscheinlich nicht rechnete, da dieser ja für gewöhnlich nach hinten abkippt. Darüber hinaus übernahm auch der spielstarke Torhüter Pentz eine wichtige Rolle in der Spieleröffnung und konnte einige Male durch genaue Zuspiele das Pressing des Gegners aushebeln. Und wenn es doch mal gelang, den langen Ball der Veilchen zu erzwingen, war man im Kampf um den zweiten Ball meist im Nachteil, da viele Spieler im Pressing nach vorne schoben, die Abwehr jedoch tief verblieb, man also ein großes Loch im Mittelfeld hatte. Die Austria hingegen positionierte sich bereits frühzeitig recht klug und vorausschauend, wodurch man im Kampf um den zweiten Ball einen wesentlich besseren Zugriff bekam, als es beim Gegner der Fall war.
So waren speziell die ersten fünfundzwanzig Minuten wie ein Spiel auf einer schiefen Ebene. Die Austria verzeichnete knappe 80 Prozent (!) Ballbesitz, während der LASK meist nur hinterherlief und keinen Zugriff auf die Gäste bekam. Den Veilchen gelang es häufig das Pressing der Linzer zu umspielen und die Räume dahinter zu attackieren, wobei speziell der Brasilianer Pires immer wieder Tempo aufnehmen konnte und gefährlich wurde. Daher überraschte es auch nicht, dass die Austria dann auch verdient in Führung ging. Nachdem man bereits davor einige gefährliche Aktionen verbuchte, zirkelte Kapitän Holzhauser einen Freistoß durchaus ansehnlich ins Eck zur 1:0-Führung. Das erforderte dann auch eine Reaktion des LASK-Trainers, der wenig später auch im Spiel Anpassungen vornahm. Die wichtigste war dabei die Rolle des zentralen Mittelfelds, wo er vom 4-1-2-3 zum 4-2-1-3 und einer Doppelsechs quasi wechselte, also Erdogan etwas zurückzog und Michorl den Zehner geben sollte. Durch die tiefere Positionierung von Erdogan wollte man einerseits einen besseren Zugriff auf die zweiten Bälle und das Loch zwischen Abwehr und Rest verkleinern, während Michorl andererseits Holzhauser besser bewachen und enger Decken sollte. Die Umstellungen fruchteten auch und der LASK bekam nun einen etwas besseren Zugriff auf den Gegner, wodurch die Dominanz der Austria nicht mehr so erdrückend wurde, sondern man auch selber mehr Spielanteile verbuchen konnte.
Jedoch blieb auch weiterhin die Austria die bessere Mannschaft, während der Gastgeber meist zu fehlerhaft in der Offensive agierte. Einzig Erdogan hatte eine gute Gelegenheit auf den Ausgleich, dessen Schuss wurde jedoch von einem Mitspieler unglücklich abgeblockt. Die Austria hingegen legte vor der Pause noch einmal nach und erzielte einen weiteren Treffer. Nachdem wie bereits oben erwähnt Lee abermals auf die Seite auswich und Pires in die Mitte freischob, bediente Holzhauser den Brasilianer mit einem schönen Zuspiel, der alleine vor dem Tor cool den Torhüter überhob und auf 2:0 stellte. Mit der komfortablen Führung ging es dann auch in die Pause.
LASK wirft alles nach vorne und drückt Austria hinten rein
Durch den 0:2 Rückstand blieb Trainer Glasner nach der schwachen ersten Halbzeit nun nichts anderes übrig, als nochmal volles Risiko zu gehen und alles auf eine Karte zu setzen, um zumindest noch einen Punkt zu erobern. Dafür nahm er dann auch zwei Wechsel vor und brachte die Offensiven Berisha und Goiginger, um neue Impulse zu setzen und für den Umschwung zu sorgen. Darüber hinaus beorderte er nun die gesamte Mannschaft nach vorne und sein Team rückte im Block weit auf, um den Gegner hinten einzuschnüren und nicht mehr aus der eigenen Hälfte herauszulassen, auch auf die Gefahr hin ausgekontert zu werden. Dies schien auch bereits direkt nach Wiederanpfiff zu funktionieren. Man setzte sich nun in der gegnerischen Hälfte fest und hatte bereits nach wenigen Minuten durch Berisha die große Chance auf den Anschlusstreffer, die jedoch von Torhüter Pentz vereitelt werden konnte.
Die Austria kam nun kaum mehr raus aus der eigenen Hälfte und konzentrierte sich nun ausschließlich auf das Verteidigen. Das lag auch daran, dass die Außenverteidiger des LASK sehr weit nach vorne schoben, wodurch die beiden Flügelspieler der Austria Pires & Prokop gezwungen waren, die Wege in die Defensive mitzumachen und nach hinten gedrängt wurden. Dadurch wurden die Distanzen für die Offensivspieler der Veilchen nach vorne sehr weit und man hatte kaum Präsenz mehr in höheren Zonen, aber auch sonst gelang es nicht sich mittels Kombinationen dem Pressing der Linzer zu entziehen. Bis auf die Gelegenheit durch Berisha, schien die Abwehr der Austria zunächst zu halten und der LASK tat sich trotz viel Ballbesitz und klarer Überlegenheit schwer, zu zwingenden Möglichkeiten zu kommen. Erleichtert wurde dies jedoch, da der Verletzungsteufel erneut bei den Wienern zuschlug und Routinier Westermann angeschlagen ausgewechselt werden musste. Damit fiel auch der letzte Innenverteidiger im Kader der Austria aus und der für die Amateurmannschaft vorgesehene Stark musste seinen Platz einnehmen.
Dies wirkte sich auch merklich auf die Stabilität der Abwehr aus, wo nun die Ruhe und Abgeklärtheit von Westermann augenscheinlich fehlte. Dennoch schlug sich der Debütant Stark wacker und der LASK kam auch weiterhin nicht zu guten Möglichkeiten, bis zur 71. Minute. Nach einem langen Ball kam Berisha zum Abschluss, Pentz parierte und griff erneut zum Ball, der jedoch vom reinrutschenden Michorl wohl regelwidrig ins Tor bugsiert wurde. Dieses Tor wurde dann auch zur Initialzündung für die Linzer, die nun Selbstvertrauen tankten und auf den Ausgleich drängten. Dieser sollte dann auch tatsächlich gelingen. Nach einem unnötigen Foulspiel von Alhassen, zeigte der Schiedsrichter auf den Punkt und entschied auf Elfmeter. Diesen verwandelte Michorl via Latte und erzielte den Treffer zum 2:2 Ausgleich und schnürte damit einen Doppelpack. Kurz danach hatten die Gastgeber sogar noch die große Möglichkeit auf das 3:2, jedoch scheiterte Wiesinger an der Stange und der Nachschuss von Berisha wurde von Stark auf der Linie geklärt.
Die Austria konnte sich die letzten Minuten der Partie wieder etwas fangen und mit längeren Ballbesitzphasen für Entlastung sorgen. Kurz vor Abpfiff hatte man dann auch noch eine gute Gelegenheit auf den Siegestreffer, jedoch landete der Freistoß von Holzhauser an der Latte. Somit blieb es auch letztlich bei dem 2:2 Unentschieden.
Fazit
In einer abwechslungsreichen Partie teilten sich also die beiden Mannschaften die Punkte, was wohl auch als leistungsgerecht anzusehen ist. Die Austria legte trotz der zahlreichen Ausfälle vor allem in der ersten Halbzeit einen starken Auftritt hin und lag da völlig verdient und komfortabel in Front. In der zweiten Halbzeit verabsäumte man es für mehr Entlastung zu sorgen und ließ sich zu tief fallen, wodurch man kaum aus der Umklammerung des Gastgebers kam. Nach dem Ausfall von Westermann und dem Anschlusstreffer kippte dann die Partie endgültig, wobei man erneut sowohl mit dem Verletzungspech, als auch den Entscheidungen des Schiedsrichters nicht zu unrecht haderte. Der LASK hingegen konnte sich nach der schwachen ersten Halbzeit wieder zurückkämpfen und legte im zweiten Abschnitt der Partie eine gute Performance hin. Speziell das eigene Pressing kam endlich in den Gang und schnürte den Gegner regelrecht hinten rein, wodurch man das Spiel in die Hand nahm und viel Dominanz ausstrahlte. Am Ende wäre sogar noch die Möglichkeit da gewesen das Spiel komplett zu drehen und zu gewinnen, jedoch wäre das aufgrund der schlechten ersten Halbzeit wohl zu viel des Guten gewesen. Auf die zweite Halbzeit kann man definitiv aufbauen und gestärkt in die nächsten Aufgaben gehen.
Dalibor Babic, abseits.at
Dalibor Babic
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