Analyse: Rapid besiegt Altach dank guter Adaptierungen verdient mit 3:0
Bundesliga 20.Februar.2023 Daniel Mandl
Strömender Regen und ein unberechenbarer Platz luden zu Rapids Heimpremiere im Jahr 2023 gegen den SC Rheindorf Altach ein. Die Hütteldorfer fuhren verdient den ersten Dreier des Jahres ein, „schwammen“ aber, angesichts der Platzverhältnisse im wahrsten Sinne des Wortes, phasenweise gegen clever agierende Vorarlberger.
Rapid-Trainer Zoran Barisic ersetzte seinen gesperrten Linksaußen Marco Grüll direkt mit Oliver Strunz, der sein Bundesliga-Startelfdebüt feierte. Allerdings nicht auf der linken Seite, sondern rechts. Stattdessen rückte Bajic nach links und hinter ihm spielte mit Jonas Auer die offensivere der beiden Linksverteidigeroptionen. Auch die rechte Seite mit Kasius und dem immer wieder zur Mitte pendelnden Strunz war ausgesprochen offensiv ausgerichtet – Barisic wollte es also durchaus wissen.
Im Mittelfeldzentrum entschied sich Barisic diesmal wieder für eine 6-8-10-Staffelung, in der Pejic die defensivste und Knasmüllner die offensivste Rolle einnahm. Den Achter gab Patrick Greil, der gegen Sturm noch etatmäßig auf der Zehn aufgeboten wurde. Die Innenverteidigung bestand erneut erwartungsgemäß aus Sollbauer und Querfeld.
Die Altacher entgegneten eine sehr defensive Ausrichtung mit Dreier- bzw. Fünferabwehrkette. Mit Stefan Haudum rückte ein defensiver Mittelfeldspieler und mit Nosa Edokpolor ein Linksverteidiger in die Innenverteidigung. Komplettiert wurde diese durch Neuzugang Simon Nelson. Im Angriff starteten mit Balic und Abdijanovic zwei Spieler, die eigentlich keine typischen Stürmer sind. Die beiden Speerspitzen Nuhiu und Lazetic blieben zunächst auf der Bank.
Unterschiedliche Herangehensweisen im Spielaufbau
Dass der nasse Boden eine Rolle spielen würde, war schnell sichtbar. Der Ball war unberechenbar, wurde mal schnell, bremste bei anderen Pässen aber auch wieder ab und individuelle Fehler waren unvermeidbar. Es war jedoch auch eine Situation, mit der beide Mannschaften leben mussten und es sollten sich beide Teams an die Gegebenheiten anpassen. Sie taten dies auf unterschiedliche Weise.
In der ersten Halbzeit spielte Rapid relativ viele weite Bälle. Allen voran Jonas Auer und Leopold Querfeld, die am häufigsten versuchten das Mittelfeld zu überbrücken. Abwehrchef Sollbauer hingegen spielte einfache, kurze Bälle, zumeist ohne viel Raumgewinn. Das leichte Abkippen von Aleksa Pejic spielte nur eine untergeordnete Rolle, weil der Serbe das Spiel ebenfalls nicht sauber aufbauen konnte.
Für weite Bälle war die Formation Rapids aber alles andere als ideal. Im Angriff hatte man Guido Burgstaller eher keinen klassischen Wandspieler und vor allem der Zehnerraum war für den Kampf um zweite Bälle mit Christoph Knasmüllner klar fehlbesetzt. Da die Altacher im zentralen Mittelfeld auch viel Kampfkraft aufboten, konnte Rapid in der Gefahrenzone weniger durch Kampf, dafür mehr durch Fehler des Gegners Chancen herausspielen. So geschehen etwa vor der ersten Großchance durch Oliver Strunz, die er vorerst noch stümperhaft vergab.
Gleichzeitig überraschte Altach im Spielaufbau und spielte die Bälle aus der eigenen Abwehr sehr sauber heraus. Durch die massierte Defensivformation hatten die Vorarlberger ausreichend Anspielstationen und Rapids Pressing war keineswegs explosiv, weshalb man immer wieder gut und geordnet herausspielte. Ein Aha-Effekt für Rapid stellte sich dabei aber nicht ein und in der ersten Halbzeit blieb Rapid bei der etwas ruppigeren Aufbaumethode. Altachs Probleme begannen schließlich in der Raumordnung im zweiten Drittel, aber den Übergang vom ersten ins zweite Drittel gestaltete das Team aus dem Ländle eleganter und geradliniger als Rapid.
Probleme wegen fehlender Pendelbewegungen
Aber Rapid hatte zunächst auch ein anderes Problem, nämlich eines im Raum. Die extreme Linkslastigkeit des zentralen Mittelfelds wurde mit Fortdauer der ersten Halbzeit zum Problem. Sowohl Pejic, als auch Greil und Knasmüllner hatten einen klaren „Linksdrall“, der die eigentlich stärkere rechte Seite ein wenig verwaisen ließ. Zwar schaffte es Rapid mehrmals gekonnt, die gegnerische Ordnung durch Diagonalpässe auf die rechte Seite zu brechen, allerdings passten dann einige Verschiebebewegungen – speziell von Greil – nicht.
Die übereinandergelegten Heat- und Touchmaps von Pejic, Greil und Knasmüllner (von bundesliga.at)
Eine typische Szenerie der ersten Halbzeit war ein sehr hoch schiebender Denso Kasius, der von seinen Mitspielern bedient wurde, während Strunz leicht einrückte und so Gegenspieler band, um den Weg für Kasius bis zur Grundlinie freizumachen. Wenn Kasius allerdings rechtzeitig durch einen der von innen nach außen verteidigenden Altacher – zumeist Edokpolor – gestellt wurde, musste er abbremsen und (häufig lange) warten, bis Mitspieler auf seine Seite pendelten, um ihm zu helfen. Speziell auf der Spielhöhe Greils wäre hier mehr Antizipation gefragt gewesen, aber der Achter pendelte zu selten nach außen, um noch mehr Kombinationsoptionen für den starken Kasius zu bieten.
Hier bewegte sich Rapid also mit dem Ball als Mannschaft nicht ideal, was die Kreation der Chancen verkomplizierte. Mit etwas mehr Gegenbewegungen aus dem Mittelfeld an die Flügel hätte Rapid schon in der ersten Halbzeit mehr unkompliziertere Offensivaktionen vorgefunden.
Zu unklare Zentrums-Laufwege im Konterspiel
Ein weiteres Problem in Ballbesitz betraf wie schon gegen Sturm das Konterspiel. Rapid schaltete auch diesmal nach tiefen Ballgewinnen gut um, fand zumeist auch die tiefe Anspielstation, aber die sich am Angriff beteiligenden Spieler hatten speziell im Zentrum keine aufeinander abgestimmten Laufwege. Man hatte das Gefühl, dass man schlichtweg viele Spieler vor den Ball bringen will, aber die genaue Besetzung der Räume war viel zu schlampig, was Rapid erneut um gute Abschlussmöglichkeiten brachte. Dies ist ein Faktor, den man speziell vor den nächsten zwei Spielen gegen Wolfsberg und Salzburg deutlich verbessern muss. Es muss schlichtweg klarer sein, wer wo hinläuft, wenn Rapid über eine bestimmte Zone eine Konterattacke initiiert.
In der zweiten Halbzeit war es schließlich eine der besagten – und zunächst zu oft fehlenden – Pendelbewegungen und gute Bewegungsabläufe, die den schlussendlich doch verdienten Führungstreffer Rapids einleiteten. Weil sich der Sechser Jäger am leicht nach links gependelten, aber dennoch passiven Pejic orientierte, konnte Auer seinem Gegenspieler mit einem schnellen Antritt entwischen und wurde von Bajic elegant per Ferse freigespielt. Den Stanglpass verwertete Strunz mit seinem ersten Bundesligator zum 1:0. Hier funktionierten die Abläufe bei Rapid ideal und ab hier wurde die Partie für Grün-Weiß etwas leichter.
Barisic sichert sich „Wechsel-Vorsprung“
Auch deshalb, weil Barisic zuerst reagierte und damit Gegner-Coach Klose in eine Art Nachzüglerrolle drängte. Ferdy Druijf kam als Zehner anstelle von Knasmüllner, was mit der 1:0-Führung im Rücken genau der richtige Schachzug war. Druijf war nämlich einerseits für den Kampf um zweite Bälle geeigneter, wirkte aufgrund seiner stärkeren Physis ballsicherer und konnte auch immer wieder Bälle festmachen und gut weiterverarbeiten. Knasmüllner konnte zuvor keine Altach-Spieler binden und das Spiel lief an ihm vorbei: In einer Stunde konnte er nur 19 Pässe spielen und verlor vier seiner sechs Zweikämpfe.
Druijf allerdings fügte sich perfekt ins Spiel ein, bereitete das 2:0 von Oliver Strunz vor, fädelte das 3:0 durch Guido Burgstaller ein (Assist-Assist). Der Niederländer spielte in einer halben Stunde zwar auch nur 14 Pässe, allerdings mit einer 100%-igen Erfolgsquote und zudem gewann er alle seine Zweikämpfe. Hinzu kam, dass auch der kurz danach eingewechselte Kerschbaum für gute Balance sorgte. Diese Stabilität war insbesondere in der „Wechselphase“, als auch Miroslav Klose drei Neue brachte und das Spiel bis zum 2:0 doch noch ein wenig in der Luft hing, wichtig für Rapid und es kam nicht von ungefähr, dass dann ausgerechnet Druijf bei den weiteren Treffern seine Füße im Spiel hatte.
Verdienter Sieg und einige Learnings
Unterm Strich stand also ein klarer und verdienter 3:0-Sieg Rapids, der auch deshalb als verdient zu werten ist, weil Altach in der ersten Halbzeit zweimal großes Glück hatte und sowohl knapp an einem Handelfmeter für Rapid, als auch an einer roten Karte für Mike-Steven Bähre nach einem brutalen Foul an Michael Sollbauer vorbeischrammte. Wie fast immer gibt es auch nach diesem Spiel einige Learnings und Punkte, die die Hütteldorfer in den nächsten Spielen verbessern müssen. Schon am kommenden Sonntag brennt der Wolfsberger AC wohl auf eine Revanche für das Cup-Aus vor zwei Wochen…
Daniel Mandl, abseits.at
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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