Der SK Rapid gewinnt auch das vierte Spiel in Serie: Der spielerische, aber auch läuferische Qualitätsunterschied zum TSV Hartberg war beim 1:0-Sieg augenscheinlich. Kritisieren konnte der gegen Ende hin verzweifelt wirkende Didi Kühbauer nur die Chancenauswertung seines Teams.
Rapid stellte aufgrund der Sperre von Dejan Ljubicic die Abwehr um und startete zunächst in einem klassischen 4-2-3-1-System, das jedoch nach Kelvin Arases Verletzung nach einer Viertelstunde über den Haufen geworfen wurde. Stojkovic rückte nach innen, Schick übernahm die Rolle des Flügelverteidigers und Rapid verteidigte schließlich in einem 5-3-2-System. Bei eigenem Ballbesitz agierte man in einer 3-4-1-2-Anordnung.
Greiml erneut stark
Mit der Umstellung auf Dreierkette wurde Rapid wieder sofort stabiler, nachdem man in der Anfangsphase noch einige Hartberger Angriffe zuließ. Die Dreierkette, in der diesmal Leo Greiml den zentralen Part übernahm und erneut sehr stark abspulte, scheint in dieser Konstellation Rapids größter taktischer Trumpf zu sein. Das defensive Mittelfeld mit Schwab und Petrovic sorgte erneut für zusätzliche Balleroberungen, wodurch Rapid immer wieder in gute Umschaltmomente kam.
Fountas verwertet ersten Petrovic-Assist
Bei Ballbesitz der Grün-Weißen wurde der Raum durch die Hartberger häufig zu weit auseinandergezogen, wodurch Rapid einige Räume vorfand. Die Kühbauer-Elf konnte mehrfach in Eins-gegen-Eins-Situationen gehen, Hartberg überlud defensiv kaum die wichtigen Räume. Der Führungstreffer durch Taxiarchis Fountas fiel aus einer gänzlich anderen Situation, war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht verwunderlich. Rapids extreme Rechtslastigkeit, die sich auch durch Arases Verletzung ergab, machte sich bezahlt, als Petrovic seinen ersten Bundesligaassist für Fountas beisteuerte.
Schwab dirigiert cleveres Rapid-Pressing
Viel interessanter war jedoch das Aufbauspiel der Hartberger und die Reaktion der Wiener. Man konnte beim Aufbau der Steirer buchstäblich hören, wie Rapid-Kapitän Schwab, der in der zweiten Pressinginstanz im Mittelfeld spielte, seine Vorderleute, allen voran Fountas dirigierte. Hartberg versuchte praktisch über die gesamte Spieldauer das Spiel sauber und durch die Mitte aufzubauen, was aber zugleich das größte Problem der Oststeirer war. Zu ungenau waren die Aufbausituationen, zu einfach ließ man sich von Rapids erster Pressinginstanz zustellen.
Rapid trachtet nach Ballgewinnen im Mittelfeld
Rapids Ziel im Pressing sah aber etwas anderes vor. Durch Knasmüllners Aufrücken in die Spitze, wo auch Fountas und Kitagawa mit relativ niedriger Intensität pressten, versuchte man lediglich Druck aufzubauen, wollte aber nicht um jeden Preis Bälle gewinnen. Rapid spielte an vorderster Front zumeist räumliches, aber nicht mannorientiertes Pressing, weil man die Bälle erst im zweiten Drittel gewinnen wollte. Da man sich dauerhaft sicher sein konnte, dass Hartberg kaum auf lange Bälle setzen und stattdessen versuchen wird, sauber und flach herauszuspielen, war es erst die nächste Instanz mit den einrückenden Ullmann und Schick, sowie Schwab und Petrovic, die die Bälle erobern sollte.
Ballgewinne mit dem Spiel „vor sich“
Dadurch wollte man Ballgewinne erzwingen, in denen a) Hartberg in mannschaftlich geschlossener Vorwärtsbewegung war und b) ein Spieler den Ball erobert, der das Spiel vor sich hat und einen der drei hoch pressenden Spieler bedienen konnte. Lediglich die zu hohe Positionierung von Knasmüllner, der hinter sich ein größeres Raum im Zwischenlinienraum hinterließ, sorgte dafür, dass Rapid in einer von hohem Tempo geprägten Hälfte, nicht immer sauber in Strafraumnähe kam. Erst mit Yusuf Demir, der dem Spiel Rapids mehr Vertikalität brachte, wurde dies besser und Rapid erarbeitete sich Chance um Chance.
Hartberg wird müde, Rapid presst höher und konkreter
In der zweiten Halbzeit konnte Rapid sein Pressing allgemein flexibilisieren und agierte mannorientierter als in der ersten Hälfte. Die Aufbauschwächen der Hartberger wurden mit fortschreitender Erschöpfung immer größer, aber der Außenseiter entschied sich weiterhin nicht für die Brechstangenvariante und auch Markus Schopp griff von außen zu wenig ein. Zu seiner Verteidigung muss aber auch bemerkt werden, dass er von der Bank keinen einzigen Prellbock bzw. Abnehmer für „schmutzige“, weite Bälle bringen konnte. Durch die unerwartet frühe Auswechslung von Rajko Rep fehlte auch die Qualität im Kampf um zweite Bälle.
Rapid erarbeitet sich Chance um Chance
Rapid erhöhte somit den Druck auf die ballführenden Hartberger und wurde nach etwa einer Stunde mit Chancen im Minutentakt belohnt. Die Hütteldorfer vergaben aber alle Möglichkeiten, teilweise stümperhaft. Rapid verzeichnete physisch massive Vorteile, Hartberg war stehend K.O., teilweise konnten die Grün-Weißen ungehindert durch die Mitte spazieren, kurze Tempodribblings reichten oft schon aus, um die Hartberger Mittelfeldzentrale zu überwinden.
Demirs Aktionsradius bricht Hartberg
Die Einwechslung von Yusuf Demir brachte weiteren spielerischen Esprit und deutlich mehr Schnittstellenpässe und Direktheit als zuvor. Demir bewies damit, dass er ein Spiel steuern und die Ordnung des Gegners auseinanderreißen kann, denn als er ins Spiel kam, war Hartberg noch verhältnismäßig kompakt. Seine beidseitig guten Bewegungen auf der Zentralachse sorgten aber für schwere Probleme in der Hartberger Defensive. Zuvor hatte sich Christoph Knasmüllner eher in der Spitze „versteckt“, als Bälle durch Abkippbewegungen in den Zwischenlinienraum abzusammeln und weiterzuverarbeiten.
Rapid vergibt gut zehn Chancen
Ab der 70.Minute drückte Rapid auf das zweite Tor: Kitagawa vergab drei Topchancen und agierte bei zwei weiteren Aktionen, in denen er abschließen musste, zu unentschlossen. Demir und Kara kamen zu je zwei Chancen, Schwab und Schick zu je einer. In dieser Phase hätte Rapid die Hartberger regelrecht demolieren können, aber so wurde es doch noch ein Zittern bis zum Schluss, ob den Gastgebern nicht noch ein Lucky Punch gelingen könnte.
12 Verletzte und dennoch eine Chance auf Rotation
Das 1:0 in Hartberg war für Rapid ein wahrer Pyrrhussieg, denn nachdem man beim Aufwärmen Knoflach und nach einer Viertelstunde Arase verlor, musste auch Topstürmer Fountas nach 68 Minuten verletzt raus. Rapid bleiben damit noch 15 „gestandene“ Feldspieler, ganze zwölf Akteure, davon zwei Torhüter, sind verletzt. Und trotzdem darf man bei Rapid zuversichtlich bleiben, weil das Defensivkonzept zum vierten Mal in Folge perfekt aufging und Torhüter Paul Gartler kaum zu Paraden gezwungen wurde. Auch die körperliche Komponente sprach klar für Rapid und die Hartberger scheinen aufgrund der Englischen Wochen an die Grenze ihrer physischen Leistungsfähigkeit zu kommen. Demnach wäre es naheliegend, wenn Rapid im Heimspiel am Sonntag trotz der vielen Ausfälle ein wenig rotiert, um einige Akteure zu schonen und vielleicht sogar frische, junge Spieler zu bringen. Denn gegen die aufbauschwachen, recht gezielt zu pressenden Hartberger, die selbst über keinen breiten Kader verfügen und in Wien angreifen müssen, sollte dies im Rahmen des dichten Programms derzeit möglich sein. Für die danach verbleibenden vier Spiele braucht Rapid jeden seiner fitten Topleute wie einen Bissen Brot.
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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