Im Spitzenspiel des gestrigen Sonntags setzte sich Rapid mit 3:2 gegen Red Bull Salzburg durch. Es war bereits der zweite Sieg der Wiener über... Analyse: Rapid gewinnt facettenreiches Top-Spiel gegen Salzburg

Im Spitzenspiel des gestrigen Sonntags setzte sich Rapid mit 3:2 gegen Red Bull Salzburg durch. Es war bereits der zweite Sieg der Wiener über die Salzburger hintereinander. Es war ein Spiel, das in alle Richtungen offen war und ausgesprochen viele Facetten hatte.

Rapid-Trainer Robert Klauß gab bei der Pressekonferenz nach dem Spiel zu, dass er beim Salzburger Führungstreffer skeptisch war, in welche Richtung sich die Partie entwickeln würde. Und das zurecht, denn in den ersten zehn Minuten schien es auch möglich, dass die „Bullen“ schlichtweg „drüberfahren“ würden.

Rapid stabilisiert sich nach Gloukh-Sitzer

Einen kleinen Knackpunkt brachte die elfte Minute, als Oscar Gloukh einen enorm schnell vorgetragenen Konter nach einer Standardsituation für Rapid zu leichtfertig vergab. Er wollte Niklas Hedl überheben, vergab damit einen Sitzer auf das 2:0 für den Vizemeister und sorgte damit dafür, dass Rapid wieder ins Spiel zurückkommen konnte.

Ab hier schaffte es Rapid sich zu stabilisieren und vor allem die defensiven Abläufe und das Verdichten des Zentrums systematischer zu gestalten. Das wiederum brachte Rapid in mehr Gegenpressingsituationen im zweiten Drittel. Also eigentlich das, was man im neuen 4-2-2-2 sucht. Allerdings hatte man mit Salzburg den bisher stärksten Gegner in Bezug auf ebendieses Gegenpressing in dieser Saison auf dem Platz. Es entwickelte sich phasenweise ein wilder Fight um Bälle, in dem Rapid sich langsam und mit Hilfe der tollen Kulisse ins Spiel zurückarbeiten konnte.

Rapid erarbeitet sich die „Kleinigkeiten“

In der Anfangsviertelstunde war gut sichtbar, dass Rapid die Kleinigkeiten nicht aufgingen. Man kam häufig „den einen Schritt“ zu spät, hatte Probleme mit der Präzision. Das war etwa auch sichtbar als der sonst superverlässliche Serge-Philippe Raux-Yao zwei untypische Fehler im Spielaufbau machte. Salzburg stellte Rapids Aufbau vorerst gut zu und Rapid brauchte die vielen umkämpften Bälle, um in der Partie Fuß zu fassen.

Mit kleinen Aktionen schaffte es Rapid sich Sicherheit zu holen und schließlich gingen auch die Kleinigkeiten auf und die Präzision wurde besser. Dadurch wiederum wurde Salzburg weniger griffig und der Spielaufbau Rapids wurde nicht mehr so intensiv gestört, was Raux-Yao zu Gute kam. Den Franzosen zu pressen und seine oft untypischen, sehr progressiven Aufbaupässe richtig zuzustellen, ist gegen Rapid derzeit das Mittel, um erfolgreich zu sein. In der 20. Minute vergaß Salzburg auf diese wichtige Facette im Spiel gegen den Ball.

Ein Block, zwei Pässe – und es stand 1:1

Rapid konnte über Raux-Yao aufbauen und zog das Spielfeld in der Tiefe auseinander. Die Abstände waren also recht groß und man versuchte über die Passqualität des Innenverteidigers die Linien zu brechen. Wichtig war hier, dass Grgic den anlaufenden Diambou wegblockte und so einen Passweg für Raux-Yao öffnete. Nene Dorgeles stand zu hoch, übersah Seidl hinter sich im Zwischenlinienraum. Und einer der typischen, wie an der Schnur gezogenen Aufbaupässe von Raux-Yao fand Seidl schließlich auch.

Der Rapid-Kapitän hatte nun ein offenes Visier nach vorne und auch Gourna-Douath konnte keinen Gegnerdruck aufbauen. Da sich Isak Jansson nun nach innen orientierte und somit zwischen den Salzburger Innenverteidigern anspielbar war, reichten ein Block und zwei Pässe, um den Schweden alleine vors Tor zu bringen. Jansson blieb cool, glich für Rapid aus und die Hütteldorfer hatten erstmals klar gezeigt, welche Räume man gegen Salzburg bespielen kann. Das war für Rapid ein Aha-Erlebnis, das auch das weitere Spiel prägen sollte.

Riskantes Aufbauspiel dank Raux-Yaos Passstärke möglich

Die hohe Passsicherheit und Übersicht von Raux-Yao sollten über das gesamte Spiel der Schlüssel zum grün-weißen Erfolg sein. Da der Franzose über ein ausgezeichnetes Timing verfügt, waren es seine Aufbauaktionen, die auch dafür sorgten, dass die Salzburger ein wenig die Ordnung verloren. Raux-Yao wählte den Zeitpunkt des Spielaufbaus stets so, dass die größtenteils unroutinierten Salzburger Offensivspieler Fehler im Stellungsspiel fabrizierten und so nach einem Aufbaupass keinen Zugriff bekommen würden. So konnte Raux-Yao mehrmals Sangaré oder Seidl einsetzen – und das auf eine Art, durch die sich die beiden auch aufdrehen und den Ball weiter nach vorne treiben konnten.

Gefährlich mutete der Spielaufbau Rapids nach Abstößen an. Hedl und Raux-Yao spielten den Ball dabei häufig kurz ab und wurden sofort von der Salzburger Offensivreihe angelaufen. Auf den Tribünen sorgte das durchaus für den einen oder anderen Schockmoment und es war hörbar, dass einige Fans sich gewünscht hätten, dass die Bälle auch mal weit nach vorne geschlagen werden, um nicht in einen Aufbaufehler vor dem eigenen Tor zu laufen.

Dass Rapid das allerdings nicht machte, ist auch ein Zeichen für das neu gewonnene Selbstverständnis dieser Mannschaft. Man vertraut sowohl auf Raux-Yaos Aufbaupässe, als auch auf die wichtige Bewegung ohne Ball hinter der ersten Linie. Und der Erfolg gab Rapid schließlich auch Recht, denn man konnte sich praktisch immer aus der ersten Pressinginstanz der Salzburger befreien. Nach mehreren schweren Jahren müssen wohl auch die Rapid-Fans noch lernen, ihrer Mannschaft in dieser Hinsicht zu vertrauen…

Rapid zieht Salzburgs Mittelfeld auseinander

Der wichtige Nebeneffekt und der Grund für diesen tiefen Spielaufbau: Die Gäste wurden dadurch weiter auseinandergezogen und das Mittelfeldzentrum öffnete sich. Gourna-Douath blieb als Ankersechser tief (so wie auch vor dem 1:1), aber die Abstände zwischen seinen Vorderleuten wurden größer und Salzburg konnte den Rapid-Aufbau nicht mehr kompakt verteidigen. Raux-Yaos präzise Zuspiele und punktuelle Bewegungen der Rapid-Mittelfeldspieler in der Zielzone sorgten dafür, dass Salzburg bei gegnerischem Ballbesitz häufig den Zugriff verlor. Das wirkte natürlich auf den ersten Blick riskant, war aber ein entscheidender Faktor dafür, dass Rapid das Spiel unter seine Kontrolle brachte.

Gefährliche „Long-Line“-Pässe

Eine zweite Angriffsfacette bei den Hütteldorfern zeigte sich nur wenige Minuten nach dem Ausgleich. Die Klauß-Elf suchte Bälle hinter die Salzburger Abwehr oder „long-line“ zwischen Innen- und Außenverteidigung des Gegners, um Spieler wie Burgstaller oder Jansson in Szene zu setzen. Drei Minuten nach dem Ausgleich gelang dies erstmals gut und Burgstaller vergab seine Großchance auch wegen einer ungünstigen Schrittfolge. 14 Minuten später stellte Jonas Auer mit einem sensationellen Volley auf 2:1 für Rapid. Die Angriffsvariante mit den tiefen Bällen am Flügel sollte das Spiel in der zweiten Halbzeit entscheiden, was wir später beschreiben werden.

Defensives Umschaltspiel gegen schnelle Gegner schwierig für Rapid

Zuvor zeigte Rapid aber auch noch die eine oder andere Schwäche. Die Hütteldorfer hatten gegen die pfeilschnellen Salzburger Probleme in der so genannten „defensive transition“, also im defensiven Umschaltspiel. Augenscheinlich wurde dies in der ersten Halbzeit vor allem nach zwei Offensivstandards für Rapid, was von den Roten Bullen eindeutig systematisch bespielt wurde.

Dabei war das Umschaltverhalten Rapids grundsätzlich nicht schlecht, aber die große Qualität des Gegners sorgte dafür, dass es dennoch immer wieder gefährlich wurde – und so auch kurz vor der Pause das für Rapid bittere 2:2 fiel. Auch weil man nicht mal in ein Duell für ein taktisches Foul kam. Hier fiel Rapid schlichtweg qualitativ gegenüber Salzburg ab und das könnte auch auf der ganz großen, europäischen Bühne noch zu einem Problem werden, das zwar systematisch, aber nur schwer individuell verbessert werden kann. In einer Rapid-Mannschaft von sehr hoher Qualität – vor allem im Vergleich zu den Vorjahren – ist dieser Aspekt ein wenig die Achillesferse der unterschiedlichen Spielphasen.

Rapid zieht sich zurück – und schlägt eiskalt zu

Was Rapid aber definitiv hat, sind Comebacker-Qualitäten und das zeigte sich nach einer Stunde in einer Phase, in der Salzburg viele Bälle eroberte und eine höhere Passqualität aufbaute. Die Charakteristik der Phase zwischen dem Beginn der zweiten Halbzeit und dem 3:2 durch Isak Jansson zeigt sich in folgenden Grafiken:

Salzburg hatte in dieser Phase die meisten Ballgewinne und Gegenpressingerfolge, nämlich 0,53 pro Minute.

Die Gäste schoben zudem wieder höher und versuchten Rapid einzuschnüren, was die Gastgeber wiederum mit einer tieferen Position und der neuerlichen Verdichtung des Zentrums beantwortete.

Salzburg trachtete außerdem nach sehr viel Ballbesitz und kam in der beschriebenen Phase auf 82%. Rapid hingegen lauerte auf die Chance auf die bereits beschriebenen „long line“-Bälle. [Alle Screenshots von Wyscout S.p.a.]

Und genau diese Chance kam auch. Es war ein Stilmittel der Grün-Weißen, das man in der bisherigen Saison bereits öfter beobachten konnte. Nach einem harten Defensivkampf um einen eigentlich offenen Ball, konnte Lukas Grgic den Ballbesitz für Rapid zurückgewinnen und machte das Spiel umgehend schnell.

Jansson verschafft sich perfekte Situation

Ein wichtiger Faktor war hier, dass Grgic den weiten Ball in die Flügelzone suchte, wo Isak Jansson bereit war, loszusprinten. Ein Ball durchs Zentrum wäre für Salzburg wesentlich leichter zu klären gewesen und man hätte sofort einen Gegenangriff starten können. Durch die Möglichkeit für Jansson, Tempo aufzunehmen und invers zu agieren, wurde die Aktion aber deutlich gefährlicher.

Zunächst lief er dem polnischen Innenverteidiger Piatkowski davon und schaffte es auf Strafraumhöhe sogar noch vor den Salzburg-Verteidiger zu schlüpfen und seinen Körper zwischen Gegenspieler und Ball zu bekommen. Baidoo war nun der letzte Verteidiger der einschreiten konnte, musste aber auch seinen Rücken verteidigen, in dem Kaygin bereitstand.

Mit diesem genialen Laufweg schaffte sich Jansson eine ausgesprochen flexible Situation. Er machte den Raum für ein Dribbling bis zum Tor auf (das er dann auch anbrachte), sorgte dafür, dass beide Innenverteidiger in Gefahr waren, ihn zu foulen und einen Elfmeter zu verursachen und hatte auch noch Kaygin als mögliche Anspielstation. Mit dem Selbstvertrauen einer bis dato bärenstarken Saison machte es der kleine Schwede selbst und brachte Rapid wieder in Führung.

Rapid stärkt die Defensive, bleibt aber gefährlich

Ab hier zog sich Rapid wieder zurück und gab Salzburg die Initiative. Auch ein bisschen gezwungenermaßen, denn durch die Verletzungen von Burgstaller und Beljo gab es kaum noch Offensivoptionen für Robert Klauß. Ein Kuriosum war, dass in der letzten halben Stunde bei beiden Teams im Grunde kein gelernter Stürmer auf dem Platz stand.

Rapid machte nun nach und nach zu, nahm geschickt Zeit von der Uhr und brachte in der 81. Minute mit Oswald, Hofmann und Børkeeiet drei neue Defensivspieler und stellte gegen den Ball auf eine Fünferkette um. Salzburg war nach der Herausnahme von Ratkov gezwungen, weiterhin spielerische Lösungen für Torabschlussaktionen zu suchen, was gegen die massige Rapid-Abwehr schwierig war.

Gefährlicher war in der Schlussphase Rapid. Obwohl man kaum Ballbesitz hatte, hatten Raux-Yao nach einer Ecke und Kaygin nach einem Auer-Stanglpass die Chance das Spiel vorzuentscheiden. Heikel wurde es auf der anderen Seite nur noch, als Schiedsrichter Ebner auf einen Handelfmeter entschied, der zurecht vom VAR zurückgenommen wurde. Ein Moment, der das mentale Pendel noch einmal in Richtung Rapid ausschlagen ließ.

Verschnaufpause – zumindest für die meisten…

Rapid geht nun als Zweiter in die Länderspielpause und hat sich ein wenig Regenerationszeit redlich verdient. Nach dem tollen Saisonstart und sechs englischen Wochen in Serie, wird eine kleine Verschnaufpause gut tun. Noch nicht verschnaufen kann Markus Katzer: Auch das Spiel gegen Salzburg zeigte, dass Rapid für die lange Saison wohl noch eine Alternative im Angriff benötigt. Der nächste Ligagegner für Grün-Weiß ist Didi Kühbauers starker Wolfsberger AC im Lavanttal. Eine neuerliche Chance für Rapid zu zeigen, dass man auch an den Auswärtsenttäuschungen gegen Klagenfurt und Blau-Weiß Linz gewachsen ist. Auf einen Auswärtssieg in der Liga wartet Rapid noch…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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