In einer teils packenden, teils zerfahrenen Partie gelang Red Bull Salzburg – einmal mehr – ein sehr später Lucky Punch gegen den SK Rapid.... Analyse: Rapid muss sich Salzburger Cleverness knapp geschlagengeben

In einer teils packenden, teils zerfahrenen Partie gelang Red Bull Salzburg – einmal mehr – ein sehr später Lucky Punch gegen den SK Rapid. Rapid prolongierte insgesamt den Aufwärtstrend, Salzburg bewies aber, dass man in den entscheidenden Situationen immer noch und praktisch gegen die gesamte Konkurrenz regelmäßig die Nase vorn hat.

Es war das 49. Bundesliga-Heimspiel in Serie, das Salzburg nicht verlor. Das 0:1 gegen die Admira vor knapp drei Jahren war die letzte Heimniederlage der Salzburger auf heimischer Bühne. Rapid forderte die Salzburger allerdings mit allem, was trotz zahlreicher Verletzungen in der Offensivabteilung zur Verfügung stand. Erstmals in der laufenden Bundesligasaison erzielte Salzburg zu Hause weniger als vier Treffer, erstmals gewann man nur mit einem Tor Differenz.

Rapid beginnt kontrolliert, Salzburg packt Physis aus

Die individuellen Unterschiede waren aber ab der 15. Minute deutlich sichtbar. Rapid schaffte es in der Anfangsphase einigermaßen kontrolliert zu stehen und wenig zuzulassen. Die Gegenstöße versandeten weitgehend, weil Rapid es läuferisch nicht zustande brachte, genug Spieler vor den Ball zu bekommen, wenngleich die Außenverteidiger ihr Möglichstes taten, um schnell Anspielstationen an den Flügeln zu kreieren. Nachdem Salzburg das Spiel aber in den Griff bekam, kamen die großen physischen und technischen Vorzüge der Offensivabteilung zum Tragen.

Viele Schnittzweikämpfe im letzte Drittel

Speziell mit der Wucht und Schnelligkeit von Erling Haaland kam Rapid mit Fortdauer der ersten Halbzeit nicht zurecht und auch die extreme Dribblingstärke von Hee-chan Hwang bereitete Rapid Sorgen. Das Resultat daraus war, dass bei Salzburger Angriffen im letzten Drittel sehr viele Schnittzweikämpfe erzwungen wurden und eine saubere, lineare Zweikampfführung für Rapid praktisch unmöglich war.

Salzburg bespielt die richtigen Zonen

Dass es überhaupt so weit kam, war aber auch der Salzburger Cleverness im Mittelfeld geschuldet. Im zweiten Drittel und speziell in ungefährlichen Zonen, hätte Rapid mehr Härte entgegensetzen müssen, wie man es aus den letzten Partien gewöhnt ist. Allerdings spielte Salzburg so clever, dass Rapid in diese frühen Zweikämpfe gar nicht hineinkam. Salzburg bespielte die Halbpositionen und damit auch die Schnittstellen in Rapids Dreierkette sehr schnell und schaffte es auch immer wieder ein Mittelfeldgeplänkel zu verhindern, was Rapid mehr Chancen auf intensiv geführte Zweikämpfe ermöglicht hätte.

Haaland wie von einer anderen Welt

Das Ergebnis dieser Herangehensweise waren zwei Elfmeter – beide herausgeholt von Erling Haaland, dessen Tempovorteil gegenüber den Rapid-Verteidigern schlichtweg einen deutlichen Klasseunterschied darstellt. Noch konnte Keeper Richard Strebinger Schadensbegrenzung betreiben, indem er immerhin den zweiten Elfmeter von Hwang hielt, nachdem er schon beim ersten von Szoboszlai nah an einem „Save“ dran war. Haaland sorgte kurz danach dennoch für das 2:0 und für Rapid galt es in den letzten Minuten der ersten Halbzeit das Resultat im Rahmen zu halten.

Rapid kommt unerwartet zurück

Aber Rapid bekam schließlich doch mehr, als zu erwarten war. Mit der ersten offensiven Standardsituation gelang Knasmüllner der Anschlusstreffer, der das Spiel offenhielt. Zuvor hatte Haaland einen Freistoß verschuldet, für den er Gelb sah, nachdem er zuvor bereits mit Mateo Barac aneinandergeraten war. Auch diese Szene hatte für den Verlauf der zweiten Halbzeit prägenden Charakter.

Haalands ausweichender Stil hat Auswirkungen auf Salzburg

Der in der ersten Halbzeit praktisch nicht aufzuhaltende Haaland wich im zweiten Durchgang immer wieder aus, pendelte viel, war nicht mehr derart ballnah aktiv, wie noch in der ersten Halbzeit. Rapid hätte es ausgenützt, wenn Haaland weiterhin sehr präsent geblieben wäre, um möglicherweise mit dem einen oder anderen Mätzchen eine gelb-rote Karte zu provozieren. Dies bremste die Offensivbemühungen der Salzburger und Rapid kam bereits im zweiten Drittel besser in die Zweikämpfe, ohne dass sich eine neuerlich harte Partie entwickelte.

Zerfahrenheit konkretisiert Rapids seltene Nadelstiche

Die Zerfahrenheit im Spiel, die sich im Laufe der zweiten Hälfte immer weiterentwickelte, half Rapid natürlich mehr als Salzburg. Wenn mehr auf Zufall und einzelne Schnittbälle ankommt, ist die Chance in Salzburg zu punkten natürlich deutlich höher, als wenn man versucht mit dem Tabellenführer mitzuspielen. Rapids Nadelstiche wurden etwas konkreter, etwa als Fountas Onguené den Ball abluchste und den falschen Laufweg aufs gegnerische Tor nahm, oder als Schwab nach einem Gestocher die Ausgleichschance vorfand.

Rapid gleicht aus, schläfert das Spiel aber nicht ein

Der Ausgleich gelang Rapid wenig verwunderlich nach einem perfekt getretenen Schwab-Freistoß, den Mateo Barac am langen Eck einnickte. Drei Minuten plus Nachspielzeit galt es nun noch zu überbrücken, aber man sah Rapid an, dass man sogar noch die Chance auf einen Lucky Punch für möglich hielt, weil den Salzburgern das knochenharte Heimspiel gegen Napoli noch anzusehen war. Rapid hätte insgesamt besser daran getan, das Spiel zu verwässern, Tempo raus- und Zeit von der Uhr zu nehmen – denn so kam der clevere Gegner doch noch zu seiner letzten Chance…

Strebingers Stellungsspiel bringt Salzburg den Lucky Punch

Vorangegangen war dem entscheidenden Junuzovic-Freistoß ein unnötiges Foul von Ljubicic am eingewechselten Koita – nicht das erste entbehrliche Rapid-Foul in dieser Partie. Am Ende besiegelte aber speziell ein Tormannfehler die Niederlage der Hütteldorfer. Bereits in der ersten Halbzeit hatte Strebinger das Tormanneck aufgemacht, was Szoboszlai aus weit schwierigerer Position knapp nicht ausnützte. Beim Junuzovic-Freistoß in der Nachspielzeit tat Strebinger dies erneut, was aber bei einer derartig zentralen Freistoßposition die absolut falsche Entscheidung war. Junuzovic hätte es als Rechtsfuß wesentlich schwerer gehabt, den Ball über die Mauer zu zirkeln, als die Einladung der offenen Tormannecke anzunehmen. Dass der Routinier den letzten gefährlichen Ball im Spiel versenkte war dadurch nicht verwunderlich – und am Ende scheiterte Rapid an einigen dummen Fouls, falschen Entscheidungen in entscheidenden Situationen und auch an der Cleverness des Heimteams.

Lernprozess für Grün-Weiß

Das Spiel selbst war aber dennoch eine positive Erfahrung für die aufstrebende Rapid-Elf, denn den Salzburgern wurde durchaus einiges entgegengesetzt. Auch wenn Rapid von einigen zufällig entstandenen Situationen profitierte und nur durch Standards und weite Bälle richtig gefährlich wurde, trieb man Salzburg an den Rand eines Punktverlusts. Das Spiel war definitiv ein wichtiger Lernprozess für die Kühbauer-Elf und es war offensichtlich, welche Schräubchen noch einmal nachgedreht werden müssen, um derartige Niederlagen in Zukunft zu vermeiden. Der Sieg der Salzburger war am Ende knapp, ging aber aufgrund der Überlegenheit in der ersten Halbzeit klar in Ordnung.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen