Analyse: Rapids harter Kampf gegen Salzburg und die Sache mit den Unterschiedsspielern
Bundesliga 6.März.2023 Daniel Mandl
Die 2:4-Heimniederlage gegen Red Bull Salzburg am Sonntagabend war für den SK Rapid aufgrund des Spielverlaufs eine bittere Pille. Auch wenn sich die Grün-Weißen von ihrer besseren Seite zeigten und gut mit dem Serienmeister mithielten, wurden einmal mehr Grundprobleme Rapids offenbart.
Grundsätzlich muss der Auftritt Rapids gegen Salzburg in vielerlei Hinsicht als sehr positiv betrachtet werden. Etwa vor dem Hintergrund, dass man bereits nach drei Minuten in Rückstand lag, sich aber als Mannschaft fing und den Weg zurück ins Spiel fand. Das gelang den Hütteldorfern aufgrund einer kämpferisch starken Leistung ab der ca. 15. Minute.
Wenn man die Tore nicht macht…
„Solche Chancen müssen gegen Salzburg drin sein“ – das war der recht breite Tenor nach dem 2:1-Auswärtssieg beim Wolfsberger AC, der aufgrund zahlreicher vergebener „Sitzer“ knapper ausfiel, als es nötig war. Gegen Salzburg sollte sich schließlich bewahrheiten, dass die Effizienz bei Rapid noch nicht immer ideal ist, wenngleich Guido Burgstaller nach Kasius-Flanke einen ausgezeichneten Kopfball aufs Tor setzte. Philipp Köhn hielt das 1:1 für die Roten Bullen aber mit der wohl besten Parade der gesamten Saison aufrecht.
Den Nachschuss vergab Marco Grüll, der zuvor bereits nach einer ausgesprochen aufwändigen Partie Kraftprobleme hatte und kurz vor der Auswechslung stand. Wer weiß, wie Grüll diesen Nachschuss angebracht hätte, wäre die Aktion in der ersten Halbzeit und im Vollbesitz der Kräfte gewesen?
Salzburger Klasse in entscheidenden Momenten
Und so kam es, wie man es zumindest befürchten musste: Rapid vergab zu Beginn der Rapid-Viertelstunde den großen Sitzer auf die 2:1-Führung – und etwas Glück und die individuelle Klasse des eingewechselten Benjamin Sesko stellten in den zehn darauffolgenden Minuten auf 1:4. Kurios, aber ein Zeugnis der Klasse, das Salzburg eben mitbringt.
Doch auch wenn Rapid knapp dran war und sich über weite Strecken des Spiels kämpferisch und spielerisch gut verkaufte, war der große Qualitätsunterschied im Zentrum ein offensichtlicher. Die Qualität der Innenverteidigung und des gesamten zentralen Mittelfelds ist für die meisten Spiele in Österreichs Bundesliga weitgehend ausreichend – nicht aber gegen Red Bull Salzburg.
Große Unterschiede auf der Zentralachse
Ein erster wichtiger Vergleich betrifft die Innenverteidiger der beiden Teams. Die Salzburger Solet und Pavlovic sind gegen den Ball wohl die beiden besten zentralen Abwehrspieler der Liga und es ist sehr schwer, im direkten Zweikampf gegen die beiden Legionäre anzukommen. Allerdings zeigten die beiden auch im Spielaufbau eine ansprechendere Leistung als Querfeld und Sollbauer, was auch mit der Antizipation und Präsenz der Vorderleute auf der Zentralachse zu tun hatte.
Bei den Salzburgern ließ sich Gourna-Douath immer wieder gut fallen und sammelte kurze, präzise Bälle in die Tiefe durch die Innenverteidiger, speziell von Solet, ab. Das Passmuster der Salzburg-Mannschaft zeigte, dass Solet die meisten Bälle auf Gourna-Douath spielte – mit acht Pässen waren es doppelt so viele, wie er an seinen nahegelegenen Außenverteidiger Amar Dedic abgab. Pavlovic hingegen spielte zwar mehr Bälle (7) zu „seinem“ Außenverteidiger Ulmer, allerdings durchschnittlich in deutlich höherer Feldposition bzw. bereits im zweiten Drittel.
Sollbauer-Aufbau wird nach außen gelenkt
Bei Rapid waren diese Passmuster hingegen problematisch, was speziell an Michael Sollbauer lag. Der Kärntner spielte 14 Bälle zu Jonas Auer, was damit das häufigste Passmuster im gesamten Spiel war. Das Anlaufverhalten der Salzburger zielte aber genau darauf ab, weil man Rapid nach außen leiten wollte und auf den Außenverteidigerpositionen der Grün-Weißen Auer als besseres „Pressingopfer“ als Kasius ausmachte. So war Auer mit 83 Ballaktionen der Spieler mit den meisten Aktionen im gesamten Spiel – und auch wenn er seine Sache gut machte, stellte diese „Umleitung“ des Aufbaus auf die linke Abwehrseite Rapids Zentrum spielerisch immer wieder kalt.
Auer stark – aber gestresst
Auer ist zudem dafür bekannt, dass er in Drucksituationen eher den längeren Ball sucht, wodurch sich Salzburg einfache Ballgewinne erhoffte. Die Idee ging jedenfalls auf, denn Auer wurde in 20 Zweikämpfe gezwungen (von denen er 40% gewann) und spielte 13 seiner 52 Pässe lang. Und obwohl er insgesamt eine gute Partie spielte, am Ende sogar noch einen Assist beisteuerte, bekam Salzburg in diesem Aspekt von Rapid, was man wollte.
Keine Bindung zwischen Innenverteidigung und Achterraum
Zum Vergleich: Aleksa Pejic erhielt von den beiden Innenverteidigern fünf Bälle, Roman Kerschbaum nur einen und Patrick Greil keinen einzigen Ball. Dem gegenüber steht die Statistik, dass Sollbauer die meisten Pässe von Auer und von Pejic, also in Form von Pässen zurück, bekam. Zwar zeigt sich Pejic im Frühjahr verbessert und versucht zumeist ein progressives, kurzes und klares Passspiel aufzuziehen, aber spielerische Dominanz kann er trotz seiner verbesserten Genauigkeit noch nicht aufbauen.
Pejic’ Vorderleute nicht universell genug unterwegs
Dies hatte aber wiederum damit zu tun, dass seine Vorderleute Kerschbaum und Greil mit anderen Aspekten zu tun hatten und nicht universell genug agierten, wie es etwa auf der anderen Seite Gourna-Douath tat. Im Heimspiel gegen Altach war es noch ein Problem der Hütteldorfer, dass aus dem Zentrum zu wenig aus dem zentralen Mittelfeld auf die rechte Seite in Richtung des starken Kasius gependelt wurde, wodurch dieser immer wieder Anspielstationen vermisste und verzögern musste. Dies wurde gegen Salzburg klar verbessert und die Passwege zwischen Kasius und Greil funktionierten gut. Allerdings fehlte Greils Präsenz dadurch auf der direkten Zentralachse und er war sowohl für die Innenverteidiger, als auch für Pejic häufig nur schwer anspielbar. Von seinen vier defensiveren Kollegen auf der Zentralachse – also Sollbauer, Querfeld, Pejic und Kerschbaum – erhielt Greil in der gesamten Partie nur zwei Pässe, was die Mittelfeldpräsenz der Hütteldorfer natürlich massiv ausdünnte. Hinzu kam, dass auch die Tiefenstaffelung bei Rapid nicht ideal war und Salzburg die Passwege relativ einfach zustellen konnte.
Die grün-weiße Passmatrix gegen Red Bull Salzburg
Alle Daten stammen von Wyscout S.p.a.
Starkes Flügelspiel macht Rapid dennoch gefährlich
Es ist recht beeindruckend, dass Rapid dennoch gute Chancen vorfand und Salzburg sogar an den Rand einer Niederlage drängte. Dies war dem guten Flügelspiel zu verdanken und meist auch einer recht guten Strafraumbesetzung bei Angriffen. Auch wenn Zoran Barisic Teilaspekte und einzelne Spieler von seiner Zentralachse nach dem Spiel lobte, waren die Innenverteidigung und das gesamte zentrale Mittelfeld Rapids in dieser Partie die absolute Unterschiedszone – zugunsten der Salzburger…
Es fehlen ein bis zwei zentrale Unterschiedsspieler
Rapids Flügelspieler waren gemeinsam mit Stürmerroutinier Burgstaller schlussendlich die besten Spieler in Grün-Weiß und man muss sich nach dem 2:4 gegen Salzburg tatsächlich die Frage stellen, wie gut diese Mannschaft wäre, wenn sie nur auf einer der beiden Innenverteidigerpositionen und auf einer der drei Positionen im Mittelfeldzentrum so viel Qualität hätte, wie sie derzeit Kasius für die rechte Außenbahn oder Burgstaller fürs Sturmzentrum mitbringt. Es ist ein Problem, das sich bei Rapid seit langer Zeit hinzieht und durch Abgänge von Spielern wie Robert – und zuvor Dejan – Ljubicic oder auch Galvao oder Schwab immer wieder neu befeuert wurde. Das Salzburg-Spiel war nun wieder einmal ein Lehrbeispiel dafür, dass Rapid für diese Positionen ein bis zwei Spieler von großer Qualität benötigt, um über kurz oder lang wieder ganz oben heranzuschnuppern…
Daniel Mandl, abseits.at
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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