Am fünften Spieltag der österreichischen Bundesliga empfing der formstarke SK Sturm Graz die noch nicht in Tritt kommende Wiener Austria. Dabei wollten die Grazer... Analyse: Sturm und Austria liefern sich „Umschaltschlacht“

Am fünften Spieltag der österreichischen Bundesliga empfing der formstarke SK Sturm Graz die noch nicht in Tritt kommende Wiener Austria. Dabei wollten die Grazer ihre Formstärke prologieren und zwischen dem Europa-League-Playoff die Hausaufgaben in der Meisterschaft erledigen, um auch weiterhin mit ordentlich Selbstvertrauen in das Rückspiel gegen Mura hineingehen zu können. Diese breite Brust hätte auf der anderen Seite der FK Austria Wien nur zu gerne, läuft man doch aktuell den Ansprüchen hinterher und wartet nach wie vor auf den ersten Sieg in der Liga. Zwar zeigt man leistungstechnisch keine schlechten Vorstellungen, doch springt punktemäßig noch zu wenig dabei heraus. Daher war man nun gefordert für eine Überraschung zu sorgen. Und diese hatte man auch mit im Gepäck.

Schmid überrascht Sturm mit Systemumstellung

Auf Seiten von Sturm wurde nach der ersten „englischen“ Woche zumindest doch etwas die Rotationsmaschine angeworfen und insgesamt fünf Veränderungen nahm Sturm-Trainer Ilzer im Vergleich zum Spiel im Europacup vor. So bekam u.a. Ex-Austrianer Sarkaria seinen ersten Startelfeinsatz, nachdem er in der Vorwoche gegen den LASK mit einem Doppelpack glänzen konnte. Systemtechnisch gab es dabei allerdings keine Überraschungen und die Steirer blieben ihrem 4-Raute-2 treu und boten mit Yeboah, Jantscher und Sarkaria ein starkes Offensivtrio auf. Sturm Graz hat sich in den letzten Monaten unter Trainer Christian Ilzer speziell im Ballbesitzspiel gesteigert und verfügt über einige individuell starke Akteure in ihren Reihen, die dieses „Rautesystem“ passend interpretieren und dabei sehr flexibel gestalten. Neben dem massiven Zentrum, was jedoch im Positionsspiel weiträumig agiert, sorgen die offensiven Außenverteidiger für viel Druck über die Flügel, was zu einer guten Balance im Spiel führt.

Aber auch gegen den Ball sind die Grazer durch ihr aggressives Gegenpressing stets eng am Mann und können so viele Gegenangriffe frühzeitig abfangen. Ganz zu schweigen von der Standardstärke, die immer wieder das Spiel zugunsten der Gastgeber zum Kippen brachte. Auf die Wiener Austria wartete also eine echte Herausforderung und man ging als „Underdog“ in dieses Traditionsduell hinein. Was hatte sich Austria-Trainer Schmid dabei überlegt? Zunächst überraschte dieser mit seiner Aufstellung und wechselte zum bereits vierten Mal in dieser Saison das System. Aus dem 4-2-3-1 der vergangenen Woche gegen Klagenfurt, wurde nun ein 4-Raute-2, womit nicht unbedingt zu rechnen war. Allerdings macht diese Formation aus Sicht der Violetten durchaus Sinn, verfügt man für dieses Konstrukt über die richtigen Spielertypen und ist der Kader aufgrund der vielen zentralen Mittelfeldspieler geradezu prädestiniert dafür. Die Überlegung dahinter war aber eher eine andere, nämlich, dass man das System von Sturm schlicht „spiegeln“ wollte, um für einen einfacheren Zugriff auf den Gegner zu sorgen und mit den vielen „Mannorientierungen“ eine klare Zuordnung zu gewährleisten.

So sah dann auch das Geschehen auf dem Spielfeld von Beginn weg aus und es waren viele Eins gegen Eins-Duelle zu sehen. Die beiden violetten Stürmer kümmerten sich um die Innenverteidiger, Fitz um den Sechser, die Achter um die Achter bzw. die Außenverteidiger und so weiter. Dabei interpretierten die Austrianer das System auch sehr aggressiv und energisch, weshalb man situativ den Gegner vorne anpresste und nicht in den Rhythmus kommen lassen wollte. Die Außenverteidiger der Gäste schoben dafür auch immer wieder weit nach vorne auf die gegnerischen Außenverteidiger und zeigten damit, dass man durchaus gewillt war mutig zu agieren und sich nicht verstecken zu wollen. Meist waren im Pressing jedoch die „Achter“ dafür zuständig, die aus ihren Positionen herausrückten und die Außenverteidiger attackierten.

Die 2-1 Anlaufformation der Austria aus dem 4-Raute-2 System, bei dem die beiden Innenverteidiger und der Ankersechser (erfolgreich) zugestellt werden und so ein langer Ball provoziert wird.

Sobald ein Außenverteidiger der Grazer angespielt wurde, rückte ein Achter der Austria aus seiner zentralen Position nach Außen (hier Fischer), um diesen zu stellen und ins Pressing zu gehen. Hier glückt das Pressing und führt der Ballgewinn zur Entstehung des 1:0 für die Gäste.

Violette Ballgewinne im Zentrum und „schwimmende“ Mittelstürmer

Sturm wirkte zu Beginn auch sichtlich überrascht von dem „Matchplan“ der Austria und hatte damit so seine Mühen. Schon nach wenigen Augenblicken zeigte sich dies in einer Szene, wo die Grazer ins Gegenpressing gingen und den ballfernen Halbraum offenließen, welcher allerdings durch die „Raute“ im Mittelfeld der „Veilchen“ besetzt wurde. So konnten sich die Wiener aus dem Gegenpressing befreien und über den ballfernen Demaku einen gefährlichen Tempoangriff lancieren, bei dem Sturm zweimal in höchster Not retten konnte. In dieser Schlagzahl ging es dann aber für die Austrianer weiter und diese präsentierten sich sehr bissig und zielstrebig in ihrem handeln. Dadurch konnte man auch offensiv immer wieder Akzente setzen und Sturm in Bedrängnis bringen. So auch wenige Augenblicke später, als nach einem Ballgewinn die Gäste schnell umschalteten und durch Demaku die Führung erzielten. Der Treffer wurde allerdings wegen eines Foulspiels zurückgenommen, wobei Demaku Ball und Gegenspieler erwischte.

Die Violetten ließen sich davon aber nicht beirren und belohnten sich dann auch für ihre starke Anfangsphase. Ein Foul an Fischer auf der Strafraumlinie führte zu einem Elfmeter, den Stürmer Djuricin trocken verwandelte. Damit trafen die Wiener zum ersten Mal in dieser Saison im ersten Durchgang und gingen früh in Führung. Vor allem offensiv spielte man äußerst gefällig und schnörkellos nach vorne, was speziell mit den beiden Stürmern Pichler und Djuricin zusammenhing. Diese agierten als „schwimmende Stürmer“, was bedeutet, dass sie ihre Positionen nicht hielten und sehr weiträumig auswichen. Immer wieder attackierten die Austrianer die Räume hinter den Außenverteidigern und schickten die Stürmer auf die Reise, die die Bälle behaupten mussten und so ins Kombinationsspiel eingebunden wurden. Hier merkte man auch die fehlende Abstimmung der neuformierten Abwehr der Grazer, die diese Bälle in die Schnittstelle nicht frühzeitig abfangen konnten und immer wieder einen Schritt zu spät waren oder beim Herausrücken kein gutes Timing hatten.

Nach gut 25 Minuten beruhigte sich das Spiel etwas und fuhren die Austrianer das hohe Pressing etwas zurück. Dadurch blieb Sturm länger im Ballbesitz und konnte das Spiel mit mehr Ruhe aufbauen. Doch richtige Ideen, wie man den kompakten gegnerischen Block knackt, entwickelte man kaum bis gar nicht. Einerseits war es natürlich nicht einfach, da man sich vielen Mannorientierungen gegenübersah und laufend in Zweikämpfe verwickelt wurde, andererseits agierte man in höheren Zonen insgesamt zu statisch und war das Bewegungsspiel nicht optimal. Hier hätte es mehr Rotationsbewegungen und Positionswechsel gebraucht, um den Gegner aus gewissen Räumen herauszuziehen und Verwirrung zu stiften. Die Austria verteidigte dies aber auch diszipliniert und vor allem das Trio Martel, Fischer und Demaku agierte sehr laufstark und bissig in den Duellen, wodurch man auch öfter zu guten Ballgewinnen kam.

Dadurch wurde Sturm erfolgreich vom letzten Drittel ferngehalten und die Grazer kamen kaum zu Gelegenheiten. Die beste gab es nach einer Ecke, als ein Austrianer einen Affengruber-Schuss auf der Linie abblockte. Die violetten Gäste auf der anderen Seite blieben im Umschaltspiel gefährlich und kurz vor der Pause vergab Demaku sogar noch eine gute Gelegenheit auf das 2:0, womit man den Vorsprung komfortabler hätte gestalten können. Somit ging es mit einer knappen Führung in die Pause.

Sturm stürmt und eröffnet das „Umschaltfeuerwerk“

Nach dem Wiederanpfiff war man gespannt zu sehen, welche Anpassungen die Gastgeber nach dem schwachen ersten Durchgang vornehmen würden, um ins Spiel zu finden. Personell vertraute Sturm-Trainer Ilzer auf die gleiche Mannschaft, jedoch präsentierte sich diese von Beginn an plötzlich ganz anders. Nun war wesentlich mehr Feuer in den Aktionen drin und schien die Standpauke in der Kabine gefruchtet zu haben. Man zeigte mehr Präsenz in den Zweikämpfen, spielte direkter nach vorne und schob konsequenter nach. Dadurch entstand mit den Fans im Rücken eine Drangphase, die davon begünstigt wurde, dass man kurz nach Wiederanpfiff den Ausgleich erzielte. Der Ex-Austrianer Sarkaria zog nach einem schönen Doppelpass unwiderstehlich in Richtung Strafraum und nagelte das Spielgerät mit einem strammen Schuss ins Kreuzeck zum umjubelten Ausgleich. Das gab den Hausherren nochmal einen zusätzlichen Schub und man agierte plötzlich in den Aktionen mit wesentlich mehr Selbstvertrauen.

Vor allem Sarkaria blühte regelrecht auf und war in dieser Phase der überragende Mann auf dem Feld. Immer wieder initiierte er gekonnt die Angriffe, löste das Gegenpressing des Kontrahenten mit seiner technischen Klasse auf und konnte mit seiner Kreativität der Mannschaft helfen. Doch allgemein zeigten die Steirer nun ein wesentlich besseres Positionsspiel und bewegten sich im offensiven Drittel besser, wodurch man sich öfter aus den Mannorientierungen befreien konnte. So zu sehen auch beim 2:1, wo die Austria nicht in die Zweikämpfe kam und zu lethargisch agierte, wodurch Yeboah nahezu ungestört den Ball aus einer schwierigen Position ins lange Eck legte. Damit drehten die Gastgeber nach wenigen Minuten die Partie völlig und lagen nun in Führung. Das gab dem Spiel noch zusätzlich Würze, da nun auch die Wiener gefordert waren, eine Reaktion zu zeigen. Man verlor sichtlich die Ordnung und ließ sich von der Sturmphase überrumpeln, wodurch man ins Wanken geriet.

Aber die Austianer brauchten nicht lange, um sich wieder zu sammeln und zurück ins Spiel zu finden. Maßgeblichen Anteil daran hatten hier wieder die Umschaltmomente, mit denen man sich aus der Drangphase der Grazer etwas befreien konnte und für Gefahr sorgte. So kam man auch zu einer Doppelchance durch Handl und Djuricin. Allgemein wurde es nun ein rassiges Spiel, bei dem es phasenweise rauf- und runterging. Beide Teams zeigten ihre Qualitäten im Umschaltspiel und hebelten das Gegenpressing bzw. die Kontersicherung des Gegners auf. Die Austria brachte dann mit dem Stürmer Ohio nochmal Power und Dynamik in den Angriff, jedoch war es dessen Sturmkollege Djuricin, der in den Mittelpunkt rücken sollte. Nach einem schön vorgetragenen Angriff kam Djurcin nach einem schlechten Klärungsversuch an den Ball und traf sehenswert aus 20 Metern ins lange Eck zum 2:2-Ausgleich.

Für die Austria hätte es sogar noch besser kommen können, denn wenige Augenblicke darauf schalteten die Violetten wieder gut um und wurde Djuricin mustergültig bedient, traf aber den Ball nicht richtig und vergab so die große Möglichkeit auf den Führungstreffer. Aber auch Sturm ließ nicht locker und hatte auch eine gute Möglichkeit durch den eingewechselten Kiteishvili auf die Führung, dessen Schuss jedoch von Martel entscheidend geblockt wurde. Sturm-Trainer Ilzer brachte dann mit Wüthrich einen zusätzlichen Abwehrspieler ins Spiel und wollte so mit einer situativen Fünferkette für eine bessere Konterabsicherung sorgen, da man auf keinen Fall das Spiel verlieren wollte. Das gelang dann auch letztlich und beide Teams trennten sich mit einem 2:2 Unentschieden voneinander.

Fazit

Vor allem im zweiten Durchgang war es teilweise ein hochklassiges und rassiges Duell zweier Teams, die sich gegenseitig nichts schenkten. In der ersten Halbzeit hatte noch die Austria deutliche Feldvorteile und konnte den Überraschungseffekt der Systemumstellung für sich nutzen. Hier muss man auch ein Lob an Austria-Trainer Schmid aussprechen, der die Mannschaft gut auf das Spiel vorbereitete und mit dieser Umstellung nicht nur das richtige Mittel gegen den Gegner fand, sondern auch für die eigenen Spieler. Den Violetten stand die „Raute“ sehr gut ins Gesicht und die Akteure fühlten sich sichtlich wohl, weshalb man in Zukunft ruhig öfter zu dieser Systematik greifen sollte. Mit den laufstarken Mittelfeldspieler, den aufrückenden Außenverteidigern und den ausweichenden Stürmern, verfügt man über die richtigen Spielertypen, um dieses System mit ansprechenden Inhalten zu füllen und dadurch auf Augenhöhe mit der aktuell zweitbesten Mannschaft der Liga zu sein.

Im zweiten Durchgang verschlief man die Anfangsphase und wurde dafür bitter bestraft, auch wenn Sturm-Trainer Ilzer wiederum in der Pause die richtigen Anpassungen vornahm und damit schwerer zu verteidigen war. Die Austrianer fingen sich jedoch recht schnell und erzielten den verdienten Ausgleich, wodurch die Punkteteilung letztlich auch in Ordnung geht. Für die Austria ist es dennoch zu wenig, liegt man doch nun am letzten Tabellenplatz und wartet weiterhin auf einen Sieg. Nun wartet das Derby auf die Violetten und wird einiges an Brisanz und Druck mitbringen.

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Dalibor Babic