Am zweiten Spieltag der österreichischen Bundesliga gastierte die Wiener Austria im Lavanttal beim runderneuerten WAC und wollte nach dem gelungenen Saisonstart mit dem Heimsieg gegen Wacker Innsbruck den nächsten Dreier nachlegen. Einfach sollte dieses Unterfangen jedoch nicht werden, denn die Kärntner haben mit Trainer Christian Ilzer einen hochinteressanten Mann an der Seitenlinie, der nicht umsonst mit dem krassen Außenseiter Hartberg letztendlich den Aufstieg in die Bundesliga schaffte. Auch wenn man das erste Spiel gegen den SKN mit 3:4 verlor, so war die Handschrift des Neo-Trainers deutlich zu sehen und ließ Hoffnung auf Besserung aufkeimen. Doch das Spiel stand aufgrund eines schweren Unwetters auf der Kippe und musste nach hinten verlegt werden, ehe doch noch der Anpfiff erfolgen konnte.
Zwei Mannschaften, ein System
Nachdem der Austria-Trainer Thomas Letsch die erste volle Vorbereitung mit seiner Mannschaft absolvieren konnte, kristallisierte sich auch relativ rasch heraus, dass man in Zukunft auf eine 4-3-1-2 Grundordnung bauen möchte, mit der man letztlich auch in den ersten beiden Pflichtspielen der Saison auflief. Mit einem massiven Aufgebot im Zentrum soll diese Region dominiert und dem Gegner das eigene Spiel aufgezwungen werden. Doch nicht nur die Veilchen greifen zu dieser neuen Grundordnung, auch der WAC unter Trainer Ilzer lief im ersten Spiel gegen den SKN mit einer Raute im Mittelfeld auf, mit einem ähnlichen Fokus wie die Austria. Dies änderte sich trotz der Niederlage im ersten Spiel nicht und Ilzer schickte seine Mannen erneut in einem 4-3-1-2/4-1-2-1-2 auf das Feld und spiegelte damit die Formation des Gegners förmlich.
Im Vorfeld wurde viel davon gesprochen, dass die Mannschaft der Kärntner unter Ilzer wesentlich aggressiver und forscher attackiert bzw. höher pressen möchte, gegen die Austria verzichtete man allerdings zunächst auf ein höheres Anlaufen des Gegners. Man formierte sich zunächst meist 30-40 Meter vor dem gegnerischen Tor zu einem kompakten Block und versuchte mittels einer klaren Zuordnung Zugriff auf den Gegner zu erlangen. Die beiden Stürmer der Lavanttaler konzentrierten sich dabei auf die beiden Innenverteidiger des Gegners und versuchten gleichzeitig mittels Deckungsschatten Zuspiele in die Mitte zu verhindern, Spielmacher Liendl sollte Sechser Ebner ins Visier nehmen und die beiden Achter Ritzmaier und Wernitznig orientierten sich sobald die Außenverteidiger den Ball erhielten an diese und sprinteten sie an. Die oberste Prämisse dabei lautete zunächst das Mittelfeldzentrum zu verschließen und die Austria auf den Flügel zu leiten, um dann nachfolgend kollektiv nachzurücken und den Gegner dort festzusetzen Die Praxis kann man beim ersten Bild gut erkennen:
Die Austria im Spielaufbau, der WAC agiert abwartend und versucht in ihrem kompakten 4-3-1-2 die Passwege ins Zentrum zu verschließen. Man lässt dabei bewusst im ersten Moment die Außenverteidiger offen, damit die Veilchen diese Anspielstation anvisieren, statt das Zentrum zu bespielen, um im Anschluss daran auf den Flügel zu verschieben und die Austria festzusetzen.
Mit dieser strategischen Herangehensweise erhofften sich die Kärntner, die Austria aus dem Mittelfeldzentrum zu verdrängen, sie auf die Außenbahn zu leiten und dann zu isolieren. Das Problem dabei war, dass die Veilchen genau darauf vorbereitet waren und diese Strategie konterten. Der eigene Plan der Austria sah nämlich vor, diesen Raum auf dem Flügel auszunutzen und den WAC über diese Regionen zu knacken. Dafür veränderte man auch die Anordnung im Spielaufbau etwas mehr hin zu einem 4-2-2-2 (kann man auch auf dem ersten Bild erahnen) und Matic sollte sich nach hinten auf einer Höhe mit Ebner fallen lassen und mit dem Sechser das Zentrum bekleiden. Durch diese Doppelsechs hatten die Veilchen im Zentrum nun eine vier gegen drei Überzahlsituation im Spielaufbau und dadurch war es für die Gastgeber allgemein natürlich schwieriger Zugriff zu bekommen. Doch mit diesem Kniff wollte die Austria vermutlich vordergründig einen der beiden gegnerischen Achter aus der Position ziehen, damit im Mittelfeld Löcher entstehen, denn trotz dieser Überzahl probierte man relativ wenig durch das Zentrum nach vorne zu kommen und daraus Kapital zu schlagen. Man versuchte stattdessen mittels schneller Spielverlagerungen (speziell über Torhüter Pentz) über die Seite den WAC aufzureißen und in die gegnerische Hälfte einzudringen, was man beim nächsten Bild erahnen kann:
Die Austria im Spielaufbau, der WAC konzentriert sich erneut in erster Linie das Zentrum zu verschließen und lässt die Außenverteidiger der Gäste offen. Pentz spielt nachfolgend eine schnelle ballferne Spielverlagerung auf Rechtsverteidiger Klein, der einiges an Raum & Zeit vorfindet, da der WAC auf die andere Seite verschoben hat und nun erstmal wieder in Richtung Klein/Ball verschieben muss.
Mittels dieses Kniffes gelang es der Austria einige Male sauber in die gegnerische Hälfte einzudringen und die erste Defensivlinie des Gegners zu überspielen. Man sah dabei nachfolgend immer wieder ausweichende Bewegungen, insbesondere von Friesenbichler, der oft mehr einen klassischen Flügelstürmer gab, als dass er sich im Zentrum aufhielt. Auch einer der beiden Achter schob immer wieder hinaus und wechselte sich mit Friesenbichler ab, um Unordnung beim Gegner zu kreieren. Damit wollte man Verwirrung bei der Übernahme der Gegenspieler stiften und das Durchsichern der Kärntner erschweren. Dies gelang auch ganz gut und die offensive Dreierreihe der Austria fand sich immer wieder in Eins gegen Eins Situationen wieder, die man auch oft für sich entscheiden konnte. Das führte dann u.a. auch dazu, dass man sich ein deutliches Übergewicht auf dem Spielfeld erarbeiten konnte und einige hochkarätige Torchancen vorfand. Speziell nach einstudierten Eckballvarianten wurde es mehrmals gefährlich, aber auch im Umschaltspiel nach Ballgewinn konnte man immer wieder Nadelstiche setzen.
Diese Ballgewinne kamen dank des eigenen guten Pressings zustande, mit dem man den Gegner oft zu raschen Ballverlusten zwang. Man ließ dem WAC wenig Zeit am Ball und schob als kompakter Block zum Ball, wodurch man einen hohen Raumdruck gewährleisten konnte. Hinten räumte das starke Innenverteidiger-Duo Madl/Igor alles ab und dadurch war von den Gastgebern wenig zu sehen. Erst nach einem schlimmen Fehlpass von Klein kamen die Lavanttaler zur ersten guten Torchance, was gleichzeitig auch der Weckruf für den WAC war. Nun schickte der Trainer der Kärntner seine Mannen nach vorne und forderte sie auf höher zu attackieren, was sie auch prompt machten. Der linke Achter Ritzmaier wurde darüber hinaus angewiesen, früher auf Rechtsverteidiger Klein herauszurücken und auf die Spielverlagerungen bereits zu spekulieren, damit er noch schneller bei seinem Gegenspieler ist und Klein nicht mehr so viel Zeit am Ball bekommt. Dadurch konnte sich die Austria nicht mehr so leicht auf dem Flügel lösen und wurde nun immer mehr in dieser Zone isoliert. Nun wäre es nötig gewesen, mehr durch das Zentrum das Spiel aufzubauen, doch die Veilchen machten das trotz der Umstellung der Kärntner nur halbherzig. Man konnte sich kaum einmal durch die Mitte nach vorne spielen, geschweige denn, dass man Vertikalität/Diagonalität in das eigene Spiel brachte, sondern versuchte es nach wie vor meist über die beiden Außenverteidiger, die das Spiel nach vorne tragen sollten. Diese agierten mit Fortdauer jedoch immer fehlerhafter und hatten auch insgesamt oft zu wenige freie Anspielstationen. Dadurch flachte das Spiel der Austria vermehrt ab und der WAC bekam besseren Zugriff, auch wenn die Offensive aus eigener Kraft kaum einmal gefährlich werden konnten. Dennoch verbuchte man nun zumindest etwas längere Ballbesitzzeiten und speziell Linksverteidiger Schmitz rückte mutig weit auf und half dadurch seiner Mannschaft in der Ballzirkulation. So ging es mit einem torlosen Remis in die Halbzeitpause.
Spiel verflacht immer mehr zu einem „Ping-Pong/ Flipper Match“
Nach dem Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit knüpfte der WAC wieder da an, wo man ab dem zweiten Abschnitt der ersten Hälfte aufgehört hatte. Man verteidigte nun mutiger nach vorne und streute immer wieder höhere Pressingsequenzen ein, um die Austria aus dem Rhythmus zu bringen. Das gelang auch ziemlich gut, denn die Wiener ließen sich zunehmend von der destruktiven Spielweise des WAC anstecken und schlugen bereits im Spielaufbau immer öfter den Ball blind nach vorne, statt zu versuchen, sich aus dem Druck/Pressing des Gegners spielerisch zu befreien. Dadurch entwickelte sich ein hin und her und mutierte das Spiel immer mehr zu einem Flipper-Match, da beide Mannschaften lange Bälle schlugen und auf den ersten und zweiten Ball aggressiv draufgingen, weshalb kaum mehr Ruhe in das Spiel eingekehrte, sondern von vermehrter Hektik getrieben war. Das lag auch daran, dass die Kärntner den Matchplan mit den schnellen Verlagerungen auf Rechtsverteidiger Klein durch die Adaption von Ritzmaier vollkommen in den Griff bekamen und die Austria keinen Plan B mehr in petto hatte. Dadurch wurde es für die Veilchen mühsamer, sich nach vorne zu spielen und das eigene Spiel flachte zunehmend ab.
Andererseits griff der Matchplan des WAC von nun an wesentlich besser. Es gelang im ersten Schritt das Zentrum zu verdichten und die Austria auf den Flügel zu zwingen, um sie im Anschluss dort festzusetzen und zu isolieren. Die Veilchen versuchten es trotz der Enge und Knappheit des Raumes immer wieder mit Direktspiel, jedoch war die Folge davon viele Ballverluste und dass man die Kontrolle dadurch zunehmend abgab. Statt also zu versuchen, den Ball auch mal nach hinten zu spielen, den Block des Gegners in Bewegung zu setzen und das Spiel neu aufzubauen, wollte man oft quasi durch die geschlossene Tür mit dem Kopf durch die Wand, was eher unzureichend funktionierte. Von der Trainerbank der Austria gab es trotz der abflachenden Leistung keine (sichtbaren) taktischen/strategischen Anpassungen, sondern man versuchte nur personell neue Impulse mit der Einwechslung von Venuto zu setzen. Vermutlich wollte man die Stabilität gegen den Ball nicht riskieren, die zweifellos tadellos funktionierte und daher die Gastgeber meist auch nur nach eigenen schweren individuellen Fehlern überhaupt zu Torchancen kamen.
Nach etwas mehr als 70 Minuten war es damit allerdings vorbei, denn der WAC ging dann mit der allerersten Ecke im Spiel plötzlich in Führung. Dadurch war die Austria nun naturgemäß unter Zugzwang. Der WAC nahm schon kurz vor der Führung mittels eines Doppelwechsels eine Anpassung vor. Trainer Ilzer veränderte das System zu einem 4-2-3-1 und man agierte von nun an mit einer Doppelsechs und einem verstärkten Mittelfeld, um in dieser Zone noch mehr Zugriff zu bekommen. Reaktionen der Austria darauf? Fehlanzeige. Man versuchte es trotz des Rückstandes nach wie vor mit denselben Mitteln, die bereits davor seit längerem nicht mehr funktionierten. Austria-Trainer Letsch wechselte nur positionsgetreu und behielt die Grundordnung bis zum Schluss bei, in der Hoffnung, das eigene System würde doch noch abliefern. Doch der WAC verteidigte relativ mühelos die durchschaubaren Angriffe der Veilchen und so kamen die Gäste zu gar keinen Gelegenheit mehr auf den Ausgleich, weshalb der Gastgeber das 1:0 über die Zeit brachte.
Fazit
Die Austria muss sich also im zweiten Saisonspiel gegen den WAC geschlagen geben und bereits früh in der Saison die erste Saisonniederlage verkraften. Dabei begannen die Veilchen gut und legten wie die Feuerwehr los, weshalb man auch zu einigen hochkarätigen Torchancen kam und die Partie vollkommen unter Kontrolle hatte. Mit Fortdauer des Spiels flachte das eigene Spiel jedoch zunehmend ab und speziell in der zweiten Halbzeit fand man kaum mehr Lösungen gegen die diszipliniert verteidigenden Kärntner, die sich immer besser auf die Violetten einstellten. Von der Bank der Veilchen kamen auch nach dem Rückstand nur personelle Änderungen und keine (ersichtlichen) taktischen Adaptionen, weshalb man in der zweiten Halbzeit kaum einmal konkret wurde und das Offensivspiel nicht mehr in Fahrt kam. Gerade die beiden Achter Matic und Grünwald erwischten einen schlechten Tag und durften dennoch durchspielen, während die beiden aktiven (aber auch schlampigen) Turgeman und Prokop ausgewechselt wurden, was die ganze Sache noch verschärfte. Man hatte bei der Austria zunehmend das Gefühl, dass sobald Plan A bzw. der Matchplan nicht mehr funktionierte, es dann an Alternativen mangelte und man schnell mit dem Latein am Ende angelangt war. So erlitten die Veilchen bereits früh in der Saison einen kräftigen Dämpfer und es wartet noch viel Arbeit auf Trainer Thomas Letsch.
Die Kärntner hingegen feierten unter dem neuen Trainer Christian Ilzer ihren ersten Sieg und holten damit wichtige drei Punkte. Zwar startete man denkbar schlecht in die Partie, agierte zu passiv und bekam kaum Zugriff auf die Austria, doch mit den Adaptionen von Trainer Ilzer bekam man den Gegner nach rund 25 Minuten besser in den Griff und ließ mit Fortdauer der Partie immer weniger zu. In der Offensive vermochte man zwar nicht wirklich Gefahr auszustrahlen und agierte insgesamt mit zu vielen langen Bällen, jedoch schlug man dann aus einer Standardsituation zu, die ja (nicht nur) für Trainer Ilzer eine wichtige Rolle in den eigenen Überlegungen einnehmen. Im Anschluss hielt man dann dank der guten und disziplinierten Defensivarbeit die Null und behielt somit die drei Punkte im Lavanttal.
Dalibor Babic, abseits.at
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