Die Wiener Austria gewann das Auswärtsspiel gegen Austria Klagenfurt mit 1:0 und feierte damit den ersten Sieg in der Ferne in der Saison 2024/25.... Analyse: Wiener Austria erringt wichtigen Sieg in Klagenfurt

Die Wiener Austria gewann das Auswärtsspiel gegen Austria Klagenfurt mit 1:0 und feierte damit den ersten Sieg in der Ferne in der Saison 2024/25. Wir wollen uns nun anschauen, wie dieser Erfolg zustande kam.

„Veilchen“ setzen weiterhin auf eine Dreierkette

Die Wiener Austria konnte vor der Länderspielpause mit dem 2:1-Heimsieg über den GAK einen Befreiungsschlag und wichtigen Erfolg einfahren. Die Art und Weise war allerdings alles andere als ansehnlich und man tat sich schwer, gegen tiefstehenden Grazer spielerische Lösungen zu kreieren. Nun wurde die Aufgabe noch anspruchsvoller, ging es doch gegen Austria Klagenfurt, die unter dem frisch gebackenen Trainer des Jahres Peter Pacult als eines der kompaktesten Teams der Liga gelten. Das demonstriert auch die Bilanz der Wiener gegen die Kärntner, gab es doch aus den letzten zehn Spielen gleich sieben (!) Punkteteilungen. Daher war man natürlich gespannt, wie es die Favoritner anlegen und ob man nach der zweiwöchigen Länderspielpause so etwas wie eine Weiterentwicklung sehen würde.

Man vertraute zunächst der gleichen Startelf, die den GAK knapp bezwang und lief mit einem 5-3-2/3-3-2-2 auf, bei dem erneut der junge Mittelfeldspieler Maybach als alleiniger „Sechser“ aufgestellt wurde, während Fischer und Fitz die Halbräume auf der „Acht“ im Mittelfeld besetzen und in der Offensive die Doppelspitze Prelec und Malone unterstützen sollten. Die Aufstellung war damit die gleiche wie gegen den GAK, allerdings sah die Spielanlage zu Beginn dafür verändert aus. Diesmal versuchte man gleich nach dem Anpfiff der Partie das Heft in die Hand zu nehmen, den Gegner hochzuzustellen und aggressiv anzupressen. Die Formation der Violetten gegen den Ball kann man beim nächsten Bild dabei gut erkennen:

Klagenfurt im Ballbesitz und der Torhüter am Ball, die Wiener Austria steht quasi mit dem gesamten Mannschaftsverbund im 5-3-2 in der gegnerischen Hälfte und wartet darauf, dass eigene Pressing auszulösen.

Sobald die Innenverteidiger der Kärntner an den Ball kamen, wurden sie von der ersten Pressinglinie angelaufen. Prelec und Malone kümmerten sich um den zentralen Innenverteidiger Mahrer und den linken IV Robatsch, und sofern der Ball zum rechten IV Szerensci kam, rückte Fitz aus seiner Position nach vorne und lief diesen an, wodurch die Formation situativ zu einem 5-2-3 wurde. Durch diesen Mechanismus und das Anlaufen, gelang es den Gästen recht einfach und mit wenig Ressourcen, den Spielaufbau der Klagenfurter zu stören und lange Bälle zu erzwingen. Diese langen Bälle konnte man meist erobern und sichern, wodurch man nun selber das Spiel gestalten musste.

Verbessertes violettes Aufbauspiel über die Halbverteidiger

Die Klagenfurter setzen ebenso wie die Wiener auf eine 5-3-2/5-2-1-2, mit dem einzigen kleinen Unterschied, dass man auf zwei „Sechser“ und einen „Zehner“ im Mittelfeld setzte. Die erste Pressinglinie der Kärntner wurde durch die Doppelspitze gebildet, die raumorientiert die zentralen Passwege zustellen sollte, während dahinter „Zehner“ Bobzien den Sechser Maybach in Manndeckung nahm. Damit wollte man offensichtlich erzwingen, die „Veilchen“ aus dem Zentrum nach außen zu drängen. Man positionierte sich meist auf Höhe des Mittelkreises und setzte auf ein tiefes Mittelfeldpressing – ergo ließ die Gäste im Spielaufbau gewähren. Diese Verhaltensweise kann man beim nächsten Bild gut erkennen:

Die erste Pressinglinie der Klagenfurter, man formiert sich auf Höhe des Mittelkreises, lässt die gegnerischen Innenverteidiger gewähren und konzentriert sich darauf, den „Sechserraum“ und die zentralen Passwege zu verschließen.

An und für sich kein schlechter Plan, hatte die Wiener Austria doch die letzten Wochen und speziell gegen den GAK Probleme im Spielaufbau, da man u.a. die Halbverteidiger nicht gut in Szene setzte und diese zu statisch agierten. Scheinbar erkannte man diese Problematik im Lager der Gäste und arbeitete daran in der Länderspielpause, denn in diesem Spiel nahmen die beiden Halbverteidiger Galvao und Wiesinger eine Schlüsselrolle im Spielaufbau ein und es wurde an ihrer Verhaltensweise gearbeitet.

Die Spieleröffnung sah dann auch so aus, dass man den Ball zwischen den Innenverteidigern zirkulieren ließ, bis ein Halbverteidiger Platz genug hatte, um mit dem Ball am Fuß nach vorne zu stoßen und ins Mittelfeld anzudribbeln. Wenn dies gelang, suchten die Halbverteidiger den diagonalen Passweg ins Sturmzentrum und kam entweder Malone oder Prelec entgegen, um den Ball zu erhalten bzw. zu sichern und den Angriff ins letzte Drittel fortzusetzen. Dieses Aufbaumuster kann man beim nächsten Bild recht gut erkennen:

Die Wiener Austria im Spielaufbau, nach einigen Pässen konnte sich der rechte Halbverteidiger Wiesinger von der ersten Pressinglinie des Gegners absetzen und den Ball ins Mittelfeld führen. Durch die breite Positionierung von den „Achtern“ Fitz und Fischer, ziehen sie ihre Gegenspieler aus dem Zentrum heraus, wodurch nun der Passweg ins Sturmzentrum völlig offen ist und Wiesinger auch Prelec mit einem flachen Diagonalpass findet.

Durch dieses Aufbaumuster gelang es mehrmals, ein geordnetes Übergangsspiel zu initiieren und sauber ins letzte Angriffsdrittel zu gelangen. Wiesinger und Galvao überzeugten hier mit schönen Diagonalpässen und wurden ihre spielerischen Qualitäten entsprechend eingebunden. Gelangte man dann ins letzte Drittel, wurde es meist auf der linken Seite über die Achse Guenouche/Fitz gefährlich, die freigespielt wurden und mit ihren Hereingaben und Pässen für Gefahr im Strafraum sorgten.

Dadurch gelang es den „Veilchen“ auch, das Spiel bereits in der Anfangsphase unter Kontrolle zu bringen und klar zu dominieren. Man setzte sich in der gegnerischen Hälfte fest und ließ den Kärntnern de facto keine Luft zum Atmen. Die Folge war, dass man zu knapp zwei Drittel Ballbesitz kam, einer klar besseren Zweikampfquote und zu einigen guten Gelegenheiten. Die beste hätte es nach bereits fünf Spielminuten geben müssen, als das Schiedsrichterteam ein glasklares Handspiel, was wohl eines der deutlichsten der letzten Jahre war, nicht ahndende und als nicht strafbar erachtete. Es fällt einem schwer, das noch zu kommentieren und zu bewerten, da es einfach unerklärlich bleibt, wie solche gravierenden Fehlentscheidungen passieren können.

Passive Wiener holen Klagenfurt zurück ins Spiel

Mit einer potenziellen Führung im Rücken wäre das eigene Auftreten vermutlich noch sicherer geworden und hätte für zusätzliches Selbstvertrauen gesorgt. Da man aber auch u.a. Topchancen von Fitz und Malone nicht verwertete, blieb es beim 0:0. Von den Gastgebern kam in den ersten 25 Minuten schlichtweg gar nichts und waren die Klagenfurter quasi nicht auf dem Spielfeld. Man stand viel zu tief in der eigenen Hälfte, wodurch selbst nach Ballgewinnen der Weg nach vorne sehr weit war und die zahlreichen langen Bälle konnte man auch nicht sichern. Daher überrascht es auch nicht, dass man keinen einzigen (!) Schuss abgab. So schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis dies bestraft werden würde.

Doch dann gab es nach diesen 25 Minuten eine interessante strategische Veränderung bei den Gästen aus Wien. Man schraubte plötzlich nämlich die eigene Intensität herunter, stellte das Pressing quasi ein und zog sich in die eigene Hälfte zurück. Man überließ den Gastgebern damit den Spielaufbau und sie durften erstmals in Ruhe den Ball in den eigenen Reihen zirkulieren. Gegenwehr gab es hier kaum und teilweise wirkte es so, als würde man sich eine Pause gönnen und den Gegner schalten und walten lassen. Das kann man bei der nächsten Bildsequenz recht gut erkennen:

Klagenfurt im Ballbesitz, die Wiener Austria zieht sich mit der gesamten Mannschaft in die eigene Hälfte zurück. Die erste Pressinglinie wirkt teilnahmslos und trabt nur hinterher, wodurch die Gastgeber alle Zeit der Welt haben, das Spiel aufzubauen.

Die Folge davon war, dass die Klagenfurter nun von Minute zu Minute an Sicherheit gewannen und in einen geordneten Rhythmus hineinfanden. Dadurch veränderte sich die Charakteristik des Spiels völlig und wurde die Partie nicht nur offener, sondern übernahmen die Gastgeber zeitweise das Kommando. Bis zur Halbzeitpause sollte man sogar den Ballbesitzanteil zu eigenen Gunsten (!) drehen, obwohl die Wiener nach 25 Minuten über 60 Prozent verbuchten. Das demonstriert, wie passiv die Gäste im zweiten Abschnitt der ersten Halbzeit agierten, was nur schwer zu erklären ist.

Dadurch erarbeiteten sich die Gastgeber auch zwei Topchancen und durften sich die Favoritner bei ihren Schlussmann Sahin-Radlinger bedanken, dass man nicht in Rückstand geriet. Das zeigt auch der xG-Wert, wo die Wiener Austria mit 0,65 zu 0,55 nur noch ein knappes Chancenplus aufwies. So ging es mit einem 0:0 in die Halbzeitpause.

Zerfahrene zweite Halbzeit und ein Lucky-Punch

Nach dem Wiederanpfiff gab es nur bei einer Mannschaft Anpassungen zu sehen, nämlich bei der Klagenfurter Austria. Man roch scheinbar Lunte und wurden die Mannen von Trainer Pacult wesentlich mutiger, wodurch man die Spielanlage anpasste. Man schob nun die Abwehrlinie wesentlich weiter nach vorne, begann die Wiener höher anzupressen und mittels klaren Manndeckungen über das ganze Spielfeld zu verfolgen. Man wollte die „Veilchen“ in viele Duelle verwickeln und sich festbeißen. Das gelang dann tatsächlich auch und von da an wurde es ein Abnutzungskampf mit vielen Zweikämpfen, Fouls und Ballbesitzwechsel.

Den Gästen schmeckte diese Manndeckung gar nicht und man tat sich unheimlich schwer, sich von dieser zu befreien und konstante Lösungen zu finden. Man ließ sich schlicht von der Hektik der Kärntner anstecken und bewahrte zu selten die Ruhe, weshalb die Anzahl an langen Bällen sich deutlich erhöhte und ein geordneter Spielaufbau kaum noch zu sehen war. Daher bestimmte das restliche Spielgeschehen der Kampf um den ersten und zweiten Ball und spielerische Komponenten stellten quasi kein Faktor mehr dar. Das kann man auch auf den nächsten beiden Bildern gut erkennen:

So sah das Spielgeschehen zumeist im zweiten Durchgang aus, fast alle 20 Feldspieler stehen sich auf engstem Raum gegenüber, da die Klagenfurter aufgrund ihrer Manndeckung die Gegenspieler verfolgen.

Die Wiener Austria gewinnt den Ball, allerdings setzen die Kärntner sofort nach und gehen ins Gegenpressing, wodurch man genügend Druck aufbaut und einen langen Ball erzwingt.

Daher waren die zweiten 45 Minuten auch nichts für schwache Nerven und eine fußballerische Magerkost. Mit Fortdauer des Spiels machten sich allerdings die schwindenden Kräfte bei den Klagenfurtern bemerkbar und dass man über einen kleinen Kader und speziell in der Offensive über zu wenige Alternativen verfügt, die für frischen Wind sorgen können. Die Wiener Austria dagegen konnte einen Andreas Gruber einwechseln, der letztlich nach einem tollen Fitz-Pass auch mit einer schönen Aktion das 1:0 erzielen konnte. Davon konnten sich die Gastgeber nicht mehr erholen und man warf zwar alles nach vorne, aber kam zu keiner klaren Ausgleichschance mehr, weshalb es beim 1:0 für die Favoritner blieb.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic