Drei Pflichtspiele vor der Winterpause scheint beim SK Rapid ein wenig die Luft draußen zu sein. Wir analysieren, wieso die Spiele dem SK Rapid... Analyse: Wieso es bei Rapid nicht mehr so richtig laufen will…

Drei Pflichtspiele vor der Winterpause scheint beim SK Rapid ein wenig die Luft draußen zu sein. Wir analysieren, wieso die Spiele dem SK Rapid nicht mehr so leicht von der Hand gehen, wie noch vor wenigen Wochen bzw. Monaten.

Wie so oft ist es eine Verkettung verschiedener Faktoren, wieso bei den Hütteldorfern ein wenig der Erfolgsfaden gerissen ist. Manche dieser Faktoren sind offensichtlich und wurden bereits mehrfach in den Medien thematisiert, andere Aspekte lassen sich durch Daten gut argumentieren.

In den ersten 25 Pflichtspielen der Saison blieb Rapid nur ein einziges Mal torlos – bei der 0:3-Auswärtsniederlage bei Blau-Weiß Linz. In den letzten drei Pflichtspielen dafür gleich zweimal – einmal beim 0:0 in Tirol und zuletzt bei der neuerlichen Niederlage gegen Blau-Weiß Linz. Das letzte Bundesligator der Grün-Weißen liegt damit bereits über 250 Spielminuten zurück.

Wenn niedrige xG-Werte nicht mehr ausreichen

Nun hatte Rapid bereits über weite Strecken der Saison Probleme, den Gegnern viele Tore einzuschenken. In der Liga erzielte man in 15 Partien nur 18 Tore und erzielte nur in einer einzigen Partie drei Treffer – nämlich ausgerechnet beim 3:2-Heimsieg gegen den morgigen Gegner Red Bull Salzburg.

Die xG-Tabelle der Bundesliga zeigt aber, dass Rapid von allen Mannschaften am meisten underperformt. 18 tatsächlichen Treffern stehen 25.86 xG gegenüber. Während in dieser Statistik auch Salzburg underperformt, laufen die anderen Topklubs der bisherigen Saison – Sturm, die Austria, der WAC und auch der LASK – teils deutlich über Erwartung.

Das hat übrigens auch zur Folge, dass Rapid in der Expected-Points-Tabelle mit 29.2 xP recht deutlich vor Sturm Graz (25.3 xP) und Salzburg (24.5 xP) von der Tabellenspitze lachen würde. Die Austria, derzeit sogar drei Punkte vor Rapid, steht in dieser Wertung als deutlich überperformende Mannschaft nur auf Platz fünf (21.9 xP).

Trotzdem erarbeitete sich Rapid über die gesamte Saison hinweg nur relativ geringe xG-Werte – auch gegen die „kleineren“ Gegner. Einer der Gründe dafür ist, dass Rapid gerade im letzten Drittel kombinatorisch gerne übertreibt. Zwar bringt man durchaus viele Spieler vor den Ball und hat nicht selten auch eine gute Strafraumbesetzung, allerdings ist die Entscheidungsfindung in letzter Instanz oft nicht ideal, wie man etwa zuletzt beim 1:1 gegen die Shamrock Rovers erkennen konnte. Wenn man dann bereits von einer langen Herbstsaison etwas müde ist, gibt das den Gegnern mehr Gelegenheiten sich auf weitere Passaktionen einzustellen, was die Wahrscheinlichkeit für Tore natürlich verringert. Zu Beginn der Saison war das durch die große Dynamik in den Offensivaktionen noch etwas anders.

Form- und Konzentrationsschwächen

Sinnbildlich für das verkomplizierte Spiel Rapids im letzten Drittel steht auch die eine oder andere Formschwäche von wichtigen Individualisten. Allen voran ist dies Kapitän Matthias Seidl anzumerken, dem die Aktionen nicht mehr so leicht vom Fuß gehen, wie noch zu Saisonbeginn. Man merkt, dass der 23-Jährige bereits große Strapazen hinter sich hat. Exklusive Nachspielzeiten kam er diese Saison auf 2.147 Einsatzminuten. In der gesamten vergangenen Saison waren es 3.496 Minuten – ein Wert, den er heuer wohl noch einmal übertreffen wird, sofern er verletzungsfrei bleibt. Ebenfalls nicht zu verachten sind in diesem Zusammenhang seine Reisen zum und mit dem Nationalteam. Der gebürtige Kuchler bräuchte schlichtweg eine Pause, die er wegen der dünnen Personaldecke im Zehnerraum und auch seiner Kapitänsrolle aber nicht bekam. Seidl stand in 26 von 28 Pflichtspielen in der Startelf.

Seidl ist aber nur ein Beispiel von mehreren: Auch Guido Burgstaller merkt man die lange Herbstsaison bereits an und seine Mitspieler können ihn praktisch in kein Laufduell mehr schicken, weil der Routinier die Spritzigkeit früherer Tage bereits deutlich vermissen lässt und von seinen Gegenspielern mittlerweile leicht abgelaufen wird. Bei seinem etatmäßigen Sturmpartner Dion Beljo merkt man hingegen einsetzende Lockerheit – von manchen auch Arroganz genannt – sowie mangelnde Konzentration. Er hat bei Ballbesitz Rapid mittlerweile „Response-Probleme“, sobald Aktivität von ihm gefordert wird, wodurch das Angriffsduo Rapids nicht mehr so unberechenbar ist, wie es etwa noch vor zwei Monaten war.

Auch bei absoluten Schlüsselspielern wie Mamadou Sangaré zeigt die Formkurve aufgrund er hohen Belastungen nach unten. Beim Malier kommen auch noch langwierige Reisen mit dem Nationalteam hinzu. Sangaré weist immer noch hohe Aktivitätswerte im Box-to-Box-Raum auf, agiert aber gerade bei offenen Bällen und im letzten Drittel nicht mehr klar genug, sondern verzettelt sich oft oder macht schlichtweg einen Schritt zu viel oder zu wenig. Auch hier kam die Selbstverständlichkeit etwas abhanden.

Kritik wegen hoher Rotation – dabei gibt’s zu wenig Rotation

Speziell nach dem Cup-Aus gegen Stripfing, das vor allem spielerisch einen kleinen Knackpunkt in der laufenden Saison darstellte, wurde Robert Klauß für übermäßige Rotation kritisiert. Fakt ist aber eher, dass es in einem solchen Herbst aufgrund der nötigen Belastungssteuerung sogar notwendig wäre, noch etwas mehr zu rotieren. Dafür hat Rapid aber die Spieler nicht.

Die „Altlasten“ wurden von Sportchef Markus Katzer zwar bereits gut ausgemerzt und klar ersichtlich ist vor allem eine verbesserte „Einserpanier“, allerdings hat Rapid – gerade wenn einige Spieler verletzt ausfallen – weiterhin Probleme in der Breite. So gesehen erst vor kurzem, als noch Oswald, Börkeeiet, Jansson, Mmaee, zuvor auch noch Schöller, kurzzeitig auch Schaub, Beljo und Bolla ausfielen. Christoph Lang steht unter Robert Klauß immer mehr auf dem Abstellgleis, mit Roman Kerschbaum wird nicht mehr geplant. Und dann wird’s kadertechnisch bereits eng, wenn man ohne Qualitätsverlust rotieren möchte.

Wir vergleichen hierzu die Einsatzstatistiken in der Bundesliga: Ein Stamm aus neun Feldspielern plus Louis Schaub, der bereits früh statt Jansson in die Stammelf rutschte, absolvierte exklusive Nachspielzeiten an 15 Ligaspieltagen 10.876 Spielminuten. Sämtliche andere Feldspieler kamen im selben Zeitraum nur auf 2.752 Minuten, wobei aus der „zweiten Reihe“ Jansson (395) und Kaygin (367) auf die längste Einsatzzeit kommen. Das bedeutet, dass etwa 80,5% der gesamten Einsatzzeit auf zehn Feldspieler aufgeteilt ist.

Der Vergleich zu anderen Europacupstartern mit Doppelbelastung: Bei Sturm Graz entfällt auf die „ersten zehn Feldspieler“ in der Liga nur etwa 73,4% der Einsatzzeit. Die Grazer setzten zwar weniger verschiedene Spieler ein, schenkten aber den im Vergleich qualitativ hochwertigeren Kaderplätzen 12 bis 16 mehr Vertrauen. Beim LASK, der bereits über die gesamte Saison Probleme hat, sind’s 76% und damit eigentlich auch etwas zu viel. Der Wert von Sturm ist gesund und macht die Mannschaft auch aufgrund der weniger eingesetzten Spieler „kompakter“ in den Leistungen. Wenn es bei den Grazern Änderungen gibt, betreffen sie eher einzelne Positionen und sind konzeptuell nicht so gravierend, wie etwa bei Rapid.

Divergierende Spielertypen

Darauf aufbauend muss man sich auch genauer ansehen, wie genau Rapid rotieren kann. Ein klassisches Beispiel für ein Rotationsproblem ist dabei Dennis Kaygin, der sowohl auf der Acht, als auch auf der Zehn zum Einsatz kam und praktisch noch nie überzeugen konnte. Das liegt auch daran, dass der Prototyp des Antreibers im 4-2-2-2 Mamadou Sangaré ist – den Kaygin auch hie und da ersetzte. Dieser bringt eine enorme Dynamik mit, ist einer der Ligabesten im Kampf um offene Bälle, agiert in jeder Hinsicht schnell und wach.

Kaygin hingegen ist ein bedächtiger zentraler Mittelfeldspieler, für den knackige Zweikämpfe nicht gerade ein feuchter Traum sind. Alleine aufgrund seiner geschlosseneren Körperhaltung und einem längeren Entscheidungsfindungsprozess, bremst er das Spiel der Hütteldorfer in dieser Zone deutlich. Die technischen Fertigkeiten, die man ihm nachsagt, in der Bundesliga aber noch kaum beobachten konnte, können auch seine Schwächen im Gegenpressing bzw. allgemein gegen den Ball nicht ausmerzen.

Weitere Alternativen waren aber ebenfalls rar gesät. Moritz Oswald wäre am ehesten die Alternative zwischen den Strafräumen gewesen, war zuletzt aber zwei Monate verletzt und fiel als Option ebenso weg, wie Tobias Börkeeiet, der als einziger „echter“ Sechser des Rapid-Kaders aber auch nicht das Idealprofil für dominanten Fußball aus dem Sechser/Achter-Raum heraus mitbringt. Dass dieser seine ersten beiden Einsätze gegen Salzburg und die Austria und somit zwei der stärkeren Teams hatte, kommt nicht von ungefähr. Da sich Lang nicht so entwickelte, wie man es sich erhoffte und der Ausfall von Jansson Rapid eine Menge Flexibilität nahm, wurde die vakante „Ersatzposition“ im Übergang von der Acht zur Zehn zum Problem. Zum Vergleich: Sturm konnte nach dem Ausfall von Jon Gorenc-Stankovic durch diverse, eher einfache Umstellungen Spieler wie Chukwuani, Yalcouyé, Horvat oder auch Zvonarek im Mittelfeld aufbieten, was einen klaren Qualitätsunterschied zu Rapids Situation darstellt.

Gegner „lenken“ Rapid etwas besser

Aber auch wenn die Hütteldorfer in Bestbesetzung auflaufen, haben es einige Gegner verstanden, Rapid etwas besser zu lenken. Dabei versucht man vor allem zwei Dinge zu unterbinden: Raux-Yaos Aufbau durch die Mitte und den allgemeinen Linksfokus des Rekordmeisters.

Die „Laserpässe“ des französischen Abwehrchefs sind für die Gegner weiterhin sehr schwer zu verteidigen, aber gerade in den letzten Wochen stellten einige Mannschaften den Sechser-/Achterraum und damit die Passempfänger für den Spielaufbau besser zu. Das versuchten zwar auch schon zu Saisonbeginn einige Teams, aber mit größerer Belastung auf Seiten Rapids und damit schwindender Klarheit im Spiel bzw. Konzentration, wurde zuletzt die Verarbeitung von Raux-Yaos progressiven Pässen etwas schwieriger. Auch hier ist ein Seidl als Abnehmer ein gutes Beispiel, aber auch Sangaré tut sich in seinen Aufdrehbewegungen schwerer als noch zu Saisonbeginn.

Hinzu kommt, dass Rapid in seinem Angriffsspiel einen klaren Linksfokus aufweist. Das liegt nicht primär an den offensiven Stärken von Jonas Auer, sondern an den Pendelbewegungen der Mittelfeldspieler und Angreifer. Burgstaller kippt häufig nach links, ebenso Grgic im Sechserraum. Sangaré pendelt im Zentrum eher nach rechts, weil er den nachvollziehbaren und für Rapid auch wichtigen inversen Ansatz verfolgt, nach Balleroberungen oder erhaltenen Pässen mit dem starken linken Fuß und offener Körperhaltung anzudribbeln. Anders agiert hingegen Angreifer Beljo, der durch sein Naturell als Linksfuß eher instinktiv nach links kippt. Rapid hat somit weniger Probleme, Übergewichte auf der linken Seite, als auf der rechten Seite zu schaffen.

Nun zeigen aber die jüngsten Statistiken von Rechtsverteidiger Bolla, dass die Gegner Rapid nach und nach mehr auf die rechte Angriffsseite drängen. Gegen die WSG Tirol, die ohnehin großen Fokus auf das Spiel gegen den Ball und Verschubbewegungen setzte, hatte Bolla 125 Ballaktionen und damit mehr als Raux-Yao. Gegen die Shamrock Rovers waren es 108, gegen Blau-Weiß Linz immerhin noch 82.

Rapid versuchte sich dagegen zu wehren: Auch Auer hatte in diesen drei Partien sehr viele Ballaktionen, nämlich 110, 103 und 112. Bollas Aktivität wurde durch das veränderte Anlaufen einiger Gegner aber dennoch deutlich vergrößert. Grundsätzlich wäre das kein Problem, zumal der Ungar ein ausgezeichneter Einfädler und Techniker ist, allerdings findet er auf rechts deutlich weniger kombinatorische Optionen vor, was Rapid leichter berechenbar macht. So oder so sollten beide Außenverteidiger künftig wieder etwas weniger Intensität im eigentlichen Ballbesitzspiel aufweisen. Stattdessen benötigt Rapid wieder mehr Dominanz und vor allem Energie im Zentrum und die Außenverteidiger eher als hohe Anspielstationen für situative Spielverlagerungen. Hierfür könnte das bevorstehende Comeback des polyvalenten Jansson Abhilfe schaffen.

Wie kann Rapid die nächsten Spiele positiv bestreiten?

Momentan wirkt es so, als müsste sich Rapid über die kommenden drei Spiele in die Winterpause „retten“. Doch der leere Tank der Grün-Weißen, wie es manche Fans nach dem 0:1 gegen Blau-Weiß Linz nannten, kann auch durch recht simple Adaptierungen ein wenig abgefedert werden.

Der wichtigste Aspekt für die letzten Wochen des Jahres: Rapid trifft auf drei Gegner, die allesamt gewinnen müssen und nicht abwartend agieren werden. Bei Salzburg liegt der Offensivfußball ohnehin in der DNA und sowohl Omonia Nikosia, als auch Kopenhagen benötigen dringend Punkte, um europäisch überwintern zu können. Das sollte Rapid speziell in der aktuellen Lage etwas entgegenkommen, weil die Klauß-Elf damit auch gelegentlich die Initiative abgeben kann.

Spielerisch-taktisch muss Rapid für diese drei Spiele versuchen, einen Schritt zurück in die Unberechenbarkeit zu machen. Dazu gehören etwa mehr Spielverlagerungen, aber vor allem andere Positionsrochaden. Auch hier ist Jansson, der stets mit hoher Positionsuntreue auffällt, ein Hoffnungsträger. Aber auch die Pendelbewegungen anderer Spieler, etwa Mittelstürmer Beljo oder Kapitän Seidl, sollten wieder etwas flexibler und zielgerichteter gestaltet werden.

Hinzu kommt, dass Rapid wieder die Wahrscheinlichkeit für Tore erhöhen muss. Das bedeutet zwar datentechnisch betrachtet, höhere xG-Werte zu generieren, indem man sich bessere Abschlussmöglichkeiten erspielt, könnte aber auch etwas brachialer erreicht werden. Etwa durch mehr Abschlüsse von der Strafraumgrenze oder aus der Distanz, als doch noch den letzten Pass zu spielen. Auch wenn Trainer Klauß grundsätzlich sehr offensiv wechselt, wenn das Ergebnis in Schlussphasen nicht zufriedenstellend ist, agierte Rapid vor allem seit die körperlichen Verschleißerscheinungen bei manchen Spielern sichtbar wurden, zu wenig mit der Brechstange. Möglicherweise muss Rapid sein Glück zum Abschluss eines insgesamt dennoch denkwürdigen Halbjahres wieder etwas mehr erzwingen…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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