GrüneJacke: „Wie schwer ist es, Spieler in unsere Liga zu locken? Ist der Markt so überteuert, dass es nicht mehr für richtige Leistungsträger reicht?“... Andreas Müller im großen Faninterview: „Bei anderen Klubs gab’s immer Problemchen – die gibt’s hier nicht!“

GrüneJacke: „Wie schwer ist es, Spieler in unsere Liga zu locken? Ist der Markt so überteuert, dass es nicht mehr für richtige Leistungsträger reicht?“

Andreas Müller: Die Frage ist: Was will man? In erster Linie haben wir uns ganz klar festgelegt, dass wir den Weg mit unseren jungen Burschen gehen wollen, dass wir die Mannschaft weiter entwickeln wollen und möglichst die besten jungen Spieler hier zu Rapid holen. Andererseits: Klar, der Markt ist in ständiger Beobachtung. Der deutsche Markt z.B. ist extrem überteuert. Ich glaube, dass es keinen Sinn macht einen Spieler aus Deutschland zu holen, der die Anforderungen nicht mehr erfüllt und womöglich nicht mehr die Anfragen und Angebote aus Deutschland hat, weil er auch schon ein gewisses Alter erreicht hat. Die guten jungen Spieler in Deutschland sind nicht zu bezahlen. Wir haben es ja gesehen: Christopher Trimmel wechselt in die 2. Deutsche Bundesliga zu Union Berlin – einfach weil wir mit dem wirtschaftlichen Angebot nicht mithalten konnten. Man muss sich nur mal die Fernsehgelder in der 2. Deutschen Liga ansehen – das ist das sechs- oder siebenfache von dem, was wir hier in Österreich bekommen.

Daniel Mandl: Wie ist das aber zum Beispiel in Kroatien, Tschechien, Slowakei und solchen Ländern? Kriegt man da als Rapid die Leistungsträger auch nicht mehr, weil schon so viele andere Vereine draufsitzen? Kann Rapid auch da nicht mehr mit?

Andreas Müller: Das ist auch immer eine Geldfrage. Viele Topspieler aus diesen Ländern zieht es auch gleich direkt in die europäischen Top-Ligen. Eine meiner Amtshandlungen war es, im Bereich Scouting mit Bernard Schuiteman einen Chefscout zu installieren. Wir sind sehr gut vorbereitet, was die Zukunft betrifft. Das war ein sehr wichtiger Faktor für mich. Auch Stefan Oesen fürs Trainerteam zu gewinnen, war sehr wichtig. Er ist nicht nur für die Integration verletzter Spieler ins Training zuständig, sondern pflegt auch die Datenbanken und hat das Analysesystem intus hat.

Das waren wichtige Schritte, um in Zukunft selbst gute Spieler früh für uns zu entdecken und dann auch schneller zu sein, als die anderen Vereine. Es ist nicht gesagt, dass wir nicht auch mal wieder Spieler aus Deutschland haben werden. Aber die Spieler, die in Deutschland für uns interessant sind, machen auch schon mal den Weg direkt in die Profimannschaft.

Lucarelli99: „Es gibt zwei ausgegebene Ziele des Präsidenten: Die Top 50 Europas zu erreichen und den Abstand zu Red Bull Salzburg zu verkürzen. Ist Rapid in ihrer Amtszeit diesen Zielen näher gekommen und sind das ihrer Meinung nach überhaupt realistische Ziele?“

Michael Krammer - SK Rapid Wien

Rapid-Präsident Krammer will in die Top-50 Europas!

Andreas Müller: Das ist ein sehr mutiges und ambitioniertes Ziel, das unser Präsident da ausgesprochen hat. Aber ich bin davon überzeugt, dass man ambitionierte Ziele haben sollte. Rapid ist ein großer Traditionsverein und wenn man die Erfolge aus der Vergangenheit sieht, dann ist es für uns eine Verpflichtung wieder eine Top-Mannschaft auf die Beine zu stellen. In erster Linie um national Titel zu gewinnen und dann step-by-step auch international wieder eine Rolle zu spielen. Wir brauchen uns über das Thema „international“ durch unser Ausscheiden gegen Helsinki momentan keine Gedanken haben. Wir müssen jetzt unsere Mannschaft entwickeln, damit wir wieder ein ernsthafter Konkurrent werden können. Im Moment für Red Bull Salzburg. Das ist das Ziel, das wir in den nächsten 1, 2 Jahren haben sollten und dafür brauchen wir auch ein bisschen Geduld.

Ofenbacher: „In welchen Bereichen, abseits der häufig diskutierten Infrastruktur, sehen Sie für Rapid im Vergleich zu deutschen Bundesligisten den größten Nachholbedarf?“

Andreas Müller: Ich bin davon überzeugt, dass innerhalb Österreichs sehr gut gearbeitet wird und viel Potential da ist. Auch in den Akademien. Aber wenn ich Gespräche mitbekomme, auch innerhalb unseres Vereins oder Trainerteams, dann hört man häufig: „Für die Deutschen geht es bis zum Ende.“ Also im Prinzip: Das Spiel ist erst vorbei, wenn du im Bus sitzt. Es ist nie hoffnungslos ein Spiel noch zu drehen und ich glaube, dass in puncto Mentalität noch einiges dazugelernt werden kann oder zumindest gelebt werden kann, um das Maximale nicht nur im Spiel, sondern auch schon im Training zu erreichen. Das geht ja schon im Training los. Die Trainingsintensität ist zwar hoch, aber manchmal denke ich mir, dass man es manchmal hinnimmt, dass es gerade so oder so gelaufen ist.

Aber wenn man zum Beispiel die Nationalmannschaft ansieht: Ich glaube, dass wir nicht so weit weg sind. Die spielen derzeit einen tollen Fußball, da wächst etwas heran. Marcel Koller hat in verschiedenen Ländern auf Top-Niveau gearbeitet und kann mit seiner Erfahrung vieles bewegen. Für uns ist das natürlich ein großer Ansporn, dass wir uns auch – mit dem Vorbild Nationalteam – an diesen hohen Standard gewöhnen. Man muss sich an den Besten bzw. an den besten Ligen orientieren.

Daniel Mandl: Hast du das Gefühl, dass das momentane Trainerteam der Mannschaft diese Mentalität vermitteln kann oder müssen die Trainer selbst noch vieles lernen?

Andreas Müller: Unser Trainerteam ergänzt sich wunderbar. Da ist mit Thomas Hickersberger einer, der sich sehr viele Gedanken über Spielsysteme macht und viele Spiele per Video nachbetrachtet und Details herausbetrachtet. Auch wenn’s mal nicht gelingt: Wir haben viele Varianten bei Standards – da kommt immer wieder mal was Überraschendes.

Hedl als Torwarttrainer macht einen sehr guten Job. Man muss nur sehen, welche Entwicklung Novota gemacht hat. Und auch unsere Jungen Knoflach und Maric machen klare Fortschritte. Dann haben wir noch mit Steinbichler einen, der sicherlich – das ist bei Profis immer so – nicht unbedingt geliebt wird, weil er derjenige ist, der die Jungs physisch rannimmt. Stefan Oesen habe ich als Analyst und denjenigen, der die Gegnervorbereitung macht, schon erwähnt.

Mit Carsten haben wir einen, der in Deutschland bei einem Topverein gespielt hat. Er ist natürlich etwas rauer, aber das ist meiner Meinung nach wichtig. Da kann man sich im ersten Moment schon mal schrecken, aber ebendiese Mischung macht’s ja aus.

Zoki hat die absolute Verantwortung, aber er ist der Chef eines Teams und gibt die Arbeitsweise im Team vor. Als Fußballer war er mit allen Wassern gewaschen und die Mannschaft hat sich unter seiner Regie gut entwickelt, ist diszipliniert, fleißig und willig.

Ofenbacher: „Erging es Ihnen ähnlich wie Helmut Schulte, der zugab die Lage bei Rapid zu Beginn unterschätzt zu haben?“

Helmut Schulte (SK Rapid Wien)

Ex-Sportdirektor Helmut Schulte erklärte, dass er die Lage in Hütteldorf anfänglich unterschätzte.

Andreas Müller: Nein, ich habe mich sehr gut auf Rapid vorbereitet. Ich habe im Dezember, als die Anfrage kam, Spiele gegen Wiener Neustadt und Sturm Graz angesehen. Dazu das Auswärtsspiel in Kiev, als es noch um den Aufstieg ging. Ich war über die Mannschaft und ihre Qualität sehr gut informiert. Ich kannte hier in Österreich natürlich nicht jedes Stadion im Detail, aber ich wusste genau welche Aufgabe mich hier erwartet. Wir haben uns im Hearing intensiv ausgetauscht und ich bekam weitere Details, nachdem ich auch viele Fragen hatte. Ich wusste über die wirtschaftliche Situation Bescheid, ich wusste auch welche Ambitionen der Verein hat. Ich weiß auch welche Emotionen der Verein hat, was gut ist, weil der Fußball Emotion und Leidenschaft ist. Ich war also nicht überrascht bezüglich meines Jobs.

Im Gegenteil: Ich war positiv angetan, über welches spielerische Potential die Mannschaft verfügt – ich habe mir schon zu Beginn viele Trainingseinheiten angesehen und konnte mich davon überzeugen, dass ein hohes Tempo und richtig Zug drin ist und ein klarer Plan herrscht. Auch intern – hier wird mit sehr hoher Professionalität gearbeitet: Medientraining, alle Termine mit den Ärzten werden konkret und gut eingehalten, Sprachschulung – das ist schon alles sehr professionell aufgestellt. Ich habe es hier nie erlebt, dass irgendjemand irgendetwas nicht einhält. In der Zeit als Sportdirektor bei anderen Klubs gab es in diese Richtung immer wieder ein paar Problemchen – die gibt’s hier nicht. Auch meine beiden Jungs nebenan, Stefan Ebner und Kurt Deringer: Die sind ebenfalls sehr professionell und – für mich wichtig – sehr loyal.

Daniel Mandl: Wenn du jetzt ein Wort sagen bzw. dir eine Sache für Rapid 2014 wünschen müsstest – und das Wort darf nicht „Geld“ heißen – was würdest du dir wünschen?

Andreas Müller (lacht): Geld ist nun mal… sehr, sehr wichtig. Aber es liegt ja auch ein großer Reiz in dieser aktuellen Situation. Es macht die Aufgabe umso spannender und interessanter und ich hab ja zu Beginn gesagt, dass eine Riesenherausforderung ist, mit allen Beteiligten ein Team zu formen, von dem die Leute sagen: „Das ist Rapid, das ist unser Stil“ – unabhängig davon wer in Zukunft in dieser verantwortlichen Position im sportlichen Bereich arbeitet. Wir wollen diesen Stil, den wir seit gut einem Jahr aufbauen und den Zoki reingebracht hat – das soll Rapid sein! Auch wenn es immer wieder mal hakt und mal gute und mal weniger gute wirtschaftliche Voraussetzungen gegeben sind, aber das wollen wir auch in Zukunft durchziehen und Spaß haben in unserem Job und beim gemeinsamen Gestalten eines sportlich erfolgreichen Teams.

Auf der nächsten Seite schildert Andreas Müller, wie das Training beim SK Rapid aussieht und äußert sich zum Fall Sabitzer.

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Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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