Peter Pacult ist Rapids letzter Meistermacher. Doch nicht nur der österreichische Rekordmeister, sondern auch der mittlerweile 64-jährige Wiener konnte nach dem Ende ihrer Partnerschaft nicht mehr an diesen Erfolg anknüpfen. Mittlerweile arbeitet Pacult für Austria Kärnten, zuvor verbrachte er wenig glückliche Jahre in Osteuropa.
Rapid hat seit dem Weggang des Floridsdorfers zwar elf Trainerwechsel, aber keinen 33. Meistertitel verbuchen können. Als die Wiener einst ihre „Mission 30“ erfolgreich zu Ende brachten, startete Pacult gerade seine Karriere als Co-Trainer von 1860 München. Zehn Jahre später – im Spätsommer 2006 – klopften die Grün-Weißen dann bei ihrem ehemaligen Stürmer an und fragten, ob sich PP vorstellen könnte die Hütteldorfer zu trainieren.
Bereits in der Saisonvorbereitung hatte Sportdirektor (und Namensvetter) Peter Schöttel bei Pacult vorgefühlt, ehe Präsident Edlinger darauf bestanden hatte, dem damaligen Trainer Zellhofer noch eine Chance zu geben. Pacult, der damals als Übungsleiter bei Dynamo Dresden unter Vertrag war, flog Ende August zu klammheimlichen Gesprächen mit den grün-weißen Verantwortlichen in seine Heimatstadt. Dort eröffnete ihm der Klub, man werde sich von Zellhofer trennen, sollte es zu einer Niederlage im nächsten Auswärtsspiel gegen Pasching kommen. Nachdem man sich auf weitere Vertragsdetails geeinigt hatte, reiste PP noch am selben Tag zurück nach Sachsen.
Wenige Tage später verfolgte er die Niederlage des SCR gegen den oberösterreichischen Dorfklub und wusste, dass er dem Geschäftsführer von Dynamo seinen Entschluss, zukünftig lieber in Wien zu arbeiten, beichten müsse: Mitten in den Freudentaumel nach einem 2:0-Derbysieg gegen Erfurt nahm der ehemalige Angreifer also Volkmar Köster zur Seite. Dem schlief natürlich das Gesicht ein: Dynamo war damals Tabellenführer, wollte unbedingt wieder in die Zweite Liga aufsteigen und gab seinen Trainer nur ungern her. In zähen Verhandlungen einigten sich Pacult und Köster jedoch auf eine Auflösung des Vertrages.
Frohen Mutes fuhr Pacult daraufhin in seine Mietwohnung an der Elbe, wo er seine persönlichen Habseligkeiten zusammenpackte und mit seiner Vermieterin sprach. Er hatte mit seinem Co-Trainer Christian Canestrini ausgemacht, ihn abzuholen und dann gemeinsam nach Wien zu düsen. Davor musste er aber auf das endgültige „Go“ aus dem 14. Wiener Gemeindebezirk warten. Pacult saß auf gepackten Koffern und starrte sein Telefon an. Letzteres blieb jedoch stumm. Die Stunden vergingen und niemand von Rapid rührte sich. Es wurde 15 Uhr, es wurde 16 Uhr. Schließlich griff Pacult selbst zum Hörer und rief Schöttel an: „Peter, ich fahre sechs Stunden lang nach Wien. Ihr wollt doch, dass ich morgen schon das Training leite. Kann ich endlich losfahren?“ Der Rapid-Sportdirektor jedoch vertröstete PP und meinte, die Sitzung des Präsidiums sei noch nicht zu Ende: Er würde bald zurückrufen. Entnervt informierte Pacult daraufhin Canestrini. Was dieser jedoch darauf zu sagen wusste, ging dem 24-fachen Internationalen durch Mark und Bein: „Köster hat gesagt, dass er bis 18 Uhr auf Nachricht aus Wien wartet. Wenn bis dahin nichts kommt, ist der Deal geplatzt und wir bekommen keine Freigabe.“ Bumm – der so sicher geglaubte Jobwechsel stand plötzlich auf der Kippe. Pacult bekam einen Schweißausbruch: Im Fußball darf man sich eben nie zu früh freuen.
Um 17:30h läutete schließlich erneut sein Telefon. „Endlich!“, entfuhr es dem Noch-Dresden-Coach, doch Peter Schöttel gab nicht etwa das Zeichen zum Aufbruch, sondern meldete stattdessen aufgeregt, dass der damalige Manager Werner Kuhn noch vertragliche Details anders gestalten wollte. Pacult schnaubte in den Hörer: „Dann können wir das gleich beenden. Ich kann keinen Cent mehr hinuntergehen.“ Der Reiz jenen Verein, den er mit seinem Tor gegen Celtic (in weiterer Folge) bis ins Europacupfinale 1984 geschossen hatte, zu trainieren, war aber doch zu groß, um gleich die Flinte ins Korn zu werfen: PP erinnerte sich, dass er damals in Wien – aus Spaß – bestimmte Erfolgsprämien in seinem Vertrag festgesetzt hatte: Für Meisterschaft, Europacupqualifikation oder Cupsieg sollte ihm der Verein einige tausende Euro zusätzlich zahlen. Er selbst behauptete, es habe sich um derartige niedrige Summen gehandelt, die nicht einmal der Rede wert waren. Pacult antwortete Kuhn also, er solle 5.000 € von einer möglichen Meister-Sonderzahlung abziehen. Kuhn willigte erfreut ein: „Passt, damit kann ich arbeiten.“
Schlag 17:45 Uhr gab Peter Schöttel das ersehnte grüne Licht und meinte, das Rapid-Präsidium habe dem Vertrag nun zugestimmt. Pacult traute seinen Ohren nicht: Wegen lächerlicher 5.000 € hatte man ihn fünf Stunden lang warten lassen?! Er schüttelte den Kopf. Knapp vor Ende der Deadline – 10 Minuten vor 18 Uhr – liefen schließlich die Faxe im Dresdner Büro heiß und Pacult und Canestrini begaben sich auf die tschechische Autobahn. In den frühen Morgenstunden schlüpfte der Floridsdorfer in sein Bett in der Hopfengasse im 21. Wiener Gemeindebezirk: Es war geschafft.
Peter Pacults Zeit als Rapid-Trainer sollte bis ins Frühjahr 2011 dauern. Dann war nach einer verhängnisvollen Heurigenpartie mit einem milliardenschweren Fußballsponsor Schluss bei den Hütteldorfern. Das unrühmliche Ende einer sportlich-guten Zeit: Meister, Villa-Schreck, EL-Gruppenphase. Der Erfolgstrainer erinnerte sich jedoch bis zum Schluss an die spontane „Telefonkonferenz“, die sein Engagement beinahe noch zum Kippen gebracht hatte: „Im Nachhinein habe ich gehört, dass es aufgrund meiner Vergangenheit als Stürmer bei der Austria Zweifel im Rapid-Präsidium gab. Das ist doch total lächerlich: Es gab so viele Kicker, die bei beiden Vereinen gespielt haben und kurz vor meiner Zeit war ja Pepi Hickersberger Trainer, dabei hat Pepi sechs Jahre bei den Veilchen gespielt und galt als Austria-Legende.“ Im Fußball ist wenig normal.
Marie Samstag, abseits.at
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Marie Samstag
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