Schon vor genau zwanzig Folgen war Ronald „Ronny“ Gërçaliu Protagonist der sonntäglichen Anekdote: Damals sorgte der Fußballprofi vor dem Salzburger Strafrichter für Lacher, als... Anekdote zum Sonntag (197) – Ronny ratlos

Schon vor genau zwanzig Folgen war Ronald „Ronny“ Gërçaliu Protagonist der sonntäglichen Anekdote: Damals sorgte der Fußballprofi vor dem Salzburger Strafrichter für Lacher, als er diesem bereitwillig über seine Verkehrssünden Auskunft gab, obwohl er nur Ersatz für seine Reisespesen fordern wollte. Auch in der heutigen Geschichte wird Ronny mit Gehirnschluckauf glänzen. Wir reisen zurück in jene Zeit als Georg Zellhofer bei der Wiener Austria die Kohlen aus dem Feuer holen sollte, denn die Veilchen waren 2006 akut abstiegsgefährdet und brauchten dringend einen neuen Impuls.

Zuvor hatte „Schurl“ den SV Pasching von der zweiten Landesliga bis an die Tabellenspitze der obersten Spielklasse geführte und sich so für Aufgaben bei großen Teams empfohlen. Zunächst machte Rapid das Rennen um den gebürtigen Niederösterreicher, doch bei den Hütteldorfer agierte Zellhofer als Nachfolger von Pepi Hickersberger glücklos. Zwei Monate nach seinem Rausschmiss im 14. Wiener Gemeindebezirk holte ihn Tommy Parits zum anderen Wiener Großklub.

Die violetten Fans waren ob dieses Engagement naturgemäß wenig begeistert und ließen ihren Neo‑Trainer mittels Spruchband wissen, dass man nicht von heute auf morgen zum Veilchen würde. Der Ex-Profi beherzigte diesen Rat: Er arbeitete akribisch und führten den FAK am Ende der Spielzeit zum Cupsieg am 1. Mai 2007. Außerdem konnten die Favoritner die Seuchensaison noch auf Platz 6 abschließen. In der nächsten Saison kickte die Austria dann unter Zellhofers Führung ganz passable und rechnete sich sogar Meisterchancen aus, doch ausgerechnet eine Derbyniederlage im Frühling 2008 beendete die Träume vom Teller. Der violette Trainer löste schon zuvor seinen Vertrag auf und ging ein halbes Jahr später zu Ried. Nach Engagements in Altach, Bahrain, Linz und St. Pölten arbeitet Georg Zellhofer heute nicht mehr als Profitrainer.

Als Zellhofer in seiner zweiten Saison bei den Veilchen war, gehörte auch Ronald Gërçaliu zum Kader. Der Verteidiger war von Salzburg an den FK Austria Wien verliehen worden und etablierte sich in dieser Zeit wieder als ÖFB-Nationalspieler. An einem Vormittag in der Vorbereitung zur Saison 2007/08 bat der Coach seine Mannschaft in die Kraftkammer des violetten Trainingszentrums. Ruhig und besonnen erklärte er seinen Burschen die einzelnen Trimm-Stationen, bis er schließlich meinte: „Jetzt machen wir Klimmzüge!“ Es rumorte bei den violetten Profikickern, schließlich ist die Eigengewichtübung sowohl bei Amateursportlern als auch Athleten, die ihren Lebensunterhalt mit Muskelkraft finanzieren, eher unbeliebt: Klimmzüge erfordern eine ausgeprägte Rückenmuskulatur und werden nur mit hartem Training erlernt. Außerdem sind sie sehr anstrengend.

Während viele Spieler innerlich murrten, verriet Gërçalius Blick Neugierde: Der rothaarige Defensivspieler gab Zellhofer ein vorsichtiges Handzeichen und fragte schließlich: „Trainer, mit wieviel Kilo machen wir die Klimmzüge?“ Zellhofer machte Augen wie ein Autobus. Wollte ihn der Abwehrkicker mit dieser „blöden“ Frage etwa pflanzen? Der gelassene Gesichtsausdruck des gebürtigen Albaners verriet jedoch keine bösen Absichten. Der Austria-Trainer versuchte die Sache daher diplomatisch klären: „Naja, Ronny, wieviel Kilogramm wiegst du denn?“, fragte er Gërçaliu. „70.“, antwortete dieser wahrheitsgemäß. „Dann machst du die Klimmzüge mit 70 Kilogramm, Ronny!“, lächelte Zellhofer und glaubte, dass nun der Groschen beim Spieler endgültig gefallen sei. Doch dem Salzburg-Leihspieler schlief augenmerklich das Gesicht ein: „Scheiße, hätte ich doch 60 gesagt.“, entfuhr es Gërçaliu woraufhin die übrige Trainingsgruppe in schallendes Gelächter ausbrach. Ronny quittierte dies mit verwirrten Blicken; er kannte sich gar nicht aus.

Erst als sich der erste Spieler in der Sprossenwand eingehängt hatte und sich langsam mittels Arm- und Rückenmuskelkraft nach oben zog, war ihm klar, wie Klimmzüge funktionieren und dass hierfür kein zusätzliches Gewicht vonnöten war. Betreten wagte es Gërçaliu nicht seinen Kameraden ins Gesicht zu schauen. Er hoffte, dass niemand von ihnen die Geschichte an die große Glocke hängen würde. Tja. Da diese Anekdote nun in den Weiten des Internets schwirrt, hat (zumindest) ein Austrianer nicht geschwiegen. Es bleibt eben nicht alles in der Kraftkammer, was in der Kraftkammer passiert.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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