Bis heute berichten viele ehemalige Fußballer voller Ehrfurcht, dass sie einst mit dem großen Ernst Happel zusammengearbeitet haben. Andy Ogris erklärte beispielsweise, dass die... Anekdote zum Sonntag (211) – Michls „Omelette surprise“ oder Ernst sein ist alles (Teil XII)

Bis heute berichten viele ehemalige Fußballer voller Ehrfurcht, dass sie einst mit dem großen Ernst Happel zusammengearbeitet haben. Andy Ogris erklärte beispielsweise, dass die Ernennung zum Kapitän der Nationalmannschaft zwar schon eine Anerkennung an sich gewesen sei, mit besonderem Stolz habe ihn aber zudem erfüllt, dass ihn der Wödmasta höchstpersönlich zum ÖFB-Spielführer gemacht hatte. Ins gleiche Horn stößt Oliver Prudlo: „Ich sehe es als ganz besonderes Privileg, ja sogar als Ehre, dass mich Ernst Happel damals als 20-jährigen Jungspund aus Wien holte.“ Als Happel von Schmuckunternehmer Gernot Langes-Swarovski 1987 zum FC Tirol gelotst wurde, ebnete er auch Robert Wazinger oder Roland Kirchler den Weg. Genauso wie er Michael Baur entdeckte.

Als gebürtiger Innsbrucker hatte der Verteidiger bereits für mehrere Vereine seiner Heimatstadt gekickt ehe ihn Happel als 19-Jähriger verpflichtete. „Michls“ Karriere nahm rasch Fahrt auf: Er feierte sein Kampfmannschaftsdebüt, wurde am Ende der Saison Meister und saß im kommenden Sommer bei der WM in Italien auf der ÖFB-Ersatzbank. Als er rund zwei Jahrzehnte später mit 40 Jahren als LASK-Profi seine Fußballschuhe an den Nagel hängte, blickte er auf 40 Länderspiele, zwei Auslandsengagements und vier gewonnene Bundesliga-Meisterschaften zurück. Eine schöne Laufbahn an der Happel entscheidenden Anteil hatte, wie der Abwehrspieler einmal erklärte: „Happel hat mich geprägt fürs Leben. Er war mein erster Trainer, und von ihm hab‘ ich gelernt, was Disziplin, Pünktlichkeit, Trainingsfleiß und Einstellung bedeuten.“ Schon als sich Baur vor seinem ersten Bundesligaspiel in der Tiroler Kabine umgezogen hatte, sei der Ex-HSV-Trainer auf ihn zugekommen und habe ihm versichert, dass ein guter Spieler wie er sofort funktionieren würde. Diese Aussage pushte Baur noch bevor er einen Ball berührt hatte.

Während seines Engagements in Innsbruck drehte Happel jeden Stein um und zog seine harte Linie ohne Rücksicht auf Verluste durch: Er ließ seine Kicker im Hochsommer mit warmen Trainingsanzügen Kondition schinden, pochte auf Taktikbesprechungen und dem, was damals unter „gesunder Ernährung“ verstanden wurde. Happel ließ – wie bereits berichtet – am Spieltag ein bestimmtes Menü servieren, von dem die Tiroler Spieler nicht wesentlich abweichen durften. Aschyl duldete als Sonderwunsch lediglich eine kleine Nachspeise. Mehr war nicht drin.

An einem Spieltag nahmen Happel und seine Spieler wie gewohnt ihr Mittagessen auf einer Raststation auf dem Weg zum Match ein. Als die Hauptspeise abserviert wurde, bestellte sich der junge Michael Baur als Dessert eine Kugel Eis – das war im Happel’schen Ernährungsplan gerade noch genehmigt. Das Wetter war gut, die Mannschaft saß entspannt im Freien. Baur wartete nichtsahnend auf seine Nachspeise. Doch als die Kellnerin wieder erschien, traf den gebürtigen Innsbrucker beinahe der Schlag: Die Dame balancierte ein Tablett mit einem Rieseneisbecher, der aus mehreren Kugeln Frucht- und Milcheis bestand, dekoriert mit einem Sternenspritzer, Schlagoberstupfern und einigen Waffeln, und kam mit diesem direkt auf den Defensivmann zu. Der Spieler spürte, wie sein Kopf hochrot anlief. Als die Servicekraft das Spezialdessert bei ihm abstellen wollte, stammelte der Defensivspieler nur: „Bitte, das hab‘ ich nicht bestellt!“ Die Kellnerin stutzte. Die herumsitzenden Mannschaftskollegen blickten gespannt zu Happel, der die Szene mürrisch beäugt: „Was soll das?“, knurrte Happel. Bevor Baur zu einer Verteidigungsrede ansetzen konnte, erbarmte sich ein gewisser Peter Pacult und beichtete, dass er Baurs Bestellung heimlich abgeändert hatte. Tatsächlich habe sich „Michl“ nur eine simple Kugel und keinen spektakulären „Coup Denmark meets Heiße Liebe-Becher“ bestellt. Pacult brach in schadenfrohes Gelächter, in das seine Kollegen einstimmten, aus, während Baur erleichtert seufzte. Nun konnte sich auch Happel ein Grinsen nicht verkneifen, schließlich verfügte er als echter Wiener über viel Humor. Und gerade solche Aktionen erinnerten den Fußballfachmann an seine eigene Zeit als Aktiver als er selbst solche Scherze mit seinen Kollegen getrieben hatte. Für immer jung…zumindest in dieser Hinsicht.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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