Fußballprofis bevorzugen es in der Regel aus eigener Kraft einen Titel zu holen. Nur mitzufiebern und zu hoffen, dass ein Konkurrent die notwendigen Punkte... Anekdote zum Sonntag (239) – Sektion Krankenstand

Fußballprofis bevorzugen es in der Regel aus eigener Kraft einen Titel zu holen. Nur mitzufiebern und zu hoffen, dass ein Konkurrent die notwendigen Punkte ergattert, ist schließlich langweilig. Jedoch kommt es gar nicht so selten vor, dass Teams von ihren Ligakollegen zum Meister bzw. Absteiger geschossen werden, während sie selbst gar nicht auf dem Platz stehen. In solchen Fällen treffen sich Spieler oft um gemeinsam das entscheidende Match zu verfolgen. Dabei kommt es manchmal zu legendären Szenen, wie etwa im Mai 2016 in der englischen Kleinstadt Melton Mowbray. Verwackelte Handyvideos zeigten, warum Leicester City-Anhänger den Fan-Chant „Jamie Vardy’s having a party“ erfunden hatten: Der Stürmer feierte in seinem Wohnzimmer mit seinen Kollegen das 2:2‑Unentschieden zwischen Tottenham und Chelsea, dass Leicester zum ersten Mal die englische Meisterschaft bescherte.

Ähnlich jubelten die Spieler des GAK im Mai 2024, als die SV Ried gegen die Vienna mit 2:1 verlor und somit ihre (theoretische) Chance auf den Aufstieg verspielte: Vier Runden vor Schluss war der GAK uneinholbar und stieg in die Bundesliga auf. Am Spieltag ihres Konkurrenten hatte sich ein Großteil der „Roten“ im Sportzentrum Graz-Weinzödl getroffen um das Match ihres Konkurrenten anzusehen. Als der Schiri in Wien schließlich abpfiff, kannte die Freude im roten Graz und in Weinzödl keine Grenzen: Auf der Terrasse wurde gejubelt, Bier verschüttet und Zigarren angezündet. Für Sportchef Elsneg passte das Fest zum Klub: „Familiär und genau da, wo alles wieder begonnen hat.“

Auch die offizielle Aufstiegsfeier rund vier Wochen später sollte im GAK-Trainingszentrum stattfinden: Während sich die Fans ab 16:00 Uhr am Gelände einfanden, trugen sich die Meisterspieler – unisono im weißen Hemd – ins Goldene Buch der Stadt ein. Abends präsentierte die Mannschaft rund um Kapitän Marco Perchtold dann das Meisterschild. Ein Fan sprach aus, was vielen durch den Kopf ging: „Vor 17 Jahren dachte ich, ich sehe den GAK nie wieder in der Bundesliga. Das ist einer meiner schönsten Tage heute!“ Es war der Höhepunkt sämtlicher Feiern, an deren Anfang die spontane Party nach dem Vienna-Sieg gestanden hatte:

Schon diese Zusammenkunft verließen nur wenige Spieler nüchtern. „Die Feier war lang und intensiv. Aber weil ich nur Biertrinker bin, geht es mir heute nicht so schlecht.“, sagte Meistertrainer Messner einen Tag später. Der gebürtige Kärntner war zuvor bei seiner Familie in Klagenfurt gewesen und hatte dem Ried-Spiel keinerlei Beachtung geschenkt. Erst als ihn sein Sohn auf die knappe Führung der Blau-Gelben hingewiesen hatte, setzte sich Messner selbst vor den Fernseher. Nach dem Abpfiff düste er schnell zu seinen Burschen. Dort ließ es der 43-jährige jedoch – nach Eigenaussage – ruhiger angehen als so mancher seiner Schützlinge. Viele nahmen einen Kater oder eine Magenverstimmung von der inoffiziellen Meisterfeier mit nachhause. Einer jedoch entdeckte am nächsten Morgen ein besonderes „Mitbringsel“: Verteidiger Lukas Graf fand die E-Card eines wildfremden Menschen in seiner Hosentasche. Graf konnte sich nicht erklären, wie die grüne Chipkarte dort hingeraten war und auch seine Kollegen wussten von nichts. Alle mussten sie jedoch lachen. Vielleicht war es ja ein GAK-Fan, der Graf auf diese Art mitteilen wollte, dass er die „Sektion Krankenstand“ in der Meistersaison richtig ausgelebt hatte. Meisterfeiern bleiben magisch.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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