1991 war Gilbert Prilasnig wahrscheinlich ein sehr glücklicher Mensch. Acht Jahre Gymnasium waren mit der erfolgreich abgelegten Matura endlich vorbei, darüber hinaus hatte er... Anekdote zum Sonntag (80) –  Hand in Hand

_SK Sturm Graz - Wappen mit Farben60x40cm1991 war Gilbert Prilasnig wahrscheinlich ein sehr glücklicher Mensch. Acht Jahre Gymnasium waren mit der erfolgreich abgelegten Matura endlich vorbei, darüber hinaus hatte er gerade einen Vertrag beim SK Sturm unterschrieben.

Damals dachte der gebürtige Kärntner noch nicht daran als Profi sein Geld zu verdienen: Er wollte in Graz studieren und nebenbei in der U-21 kicken. Seine Trainer erkannten „Gillis“ Fußballpotenzial jedoch und luden ihn ein bei der Kampfmannschaft zu trainieren. Der Grundstein für die jahrelange Dominanz der Grazer lag damals in der U-21: Neben Prilasnig kickte mit Neukirchner, Hiden, Schopp und Haas das spätere Gerüst der Meistermannschaft in der Gruabn. Prilasnig tat sich jedoch schwer bei den Profis Fuß zu fassen. Die Vereinsführung glaubte an ihn und verlängerte vorzeitig seinen Vertrag, obwohl ihm das gar nicht recht war. Denn der Verteidiger hatte genug vom damaligen Trainer Djuricic, der ein Hysteriker sondergleichen war und ihn mehr als einem wegen vermeintlicher Renitenz vor versammelter Mannschaft zusammengeputzt hatte.

Sturm-Boss Kartnig griff zu einer Finte um den Kärntner beim Verein zu halten: Er versprach ihm, dass er am Wochenende von Djuricic eingesetzt werde. Dem Coach setzte er den Floh ins Ohr, dass ein italienischer Manager Prilasnig beobachten wolle und er ihn so in die Startmannschaft einbauen müsse. Djuricic gehorchte. Sein Rauswurf war intern längst beschlossene Sache. Man plante schon für die zweite Liga und wollte mit jungen Burschen – zu denen eben auch Prilasnig gehörte – neu durchstarten. Wie durch ein Wunder gelang jedoch der Klassenerhalt und mit dem Einzug Ivica Osims begannen in der steirischen Hauptstadt goldene Zeiten. Prilasnig erkämpfte sich seinen Stammplatz und streut dem Bosnier erwartungsgemäß Rosen: „Er hat nicht nach Büchern trainiert, sondern hat sich selbst überlegt, wie er die Schwächen, die er bei uns gesehen hat, am Trainingsplatz behandeln kann.“

Schon im ersten Jahr spielte das neue Sturm sensationell gut und Salzburg konnte nur dank der besseren Tordifferenz Meister werden. Osim wurde nicht müde zu betonen: „Wir sind noch keine Mannschaft.“ Mit seiner nüchternen Analyse sollte er recht behalten: 1996 verlor man das Endspiel um die Meisterschaft gegen Rapid mit 2:0, konnte sich aber zum Cupsieger krönen. Erst im darauffolgenden Jahr knackte man den Erfolgscode und eröffnete die neue Heimstätte der Schwarz-Weißen, das damalige Arnold-Schwarzenegger-Stadion, mit einem 4:0-Sieg über den Stadtrivalen. Zuvor hatten die Blackies gegen den GAK meist den Kürzeren gezogen. Jetzt war jedem klar: Das wird unsere Saison. Roman Mählich schoss in der zweiten Minute das erste Tor des Spiels. Prilasnig machte in der zweiten Hälfte das 2:0, ehe Ivica Vastic noch zwei Treffer beisteuerte. Nicht nur wegen seines Treffers bedeutete dem heutigen Teamchef der österreichischen Obdachlosen-Nationalmannschaft dieses Match im Rückblick viel: In dieser Saison gehörte er zur ersten Meistermannschaft der Vereinsgeschichte. Mit 19 Punkten Abstand zu Verfolger Rapid besiegelten die Steirer den Titel.

Nun fegte der Sturm-Sturm über Europa und sorgte für Furore in der Champions League. Es sollten schöne Jahre werden. Über ein Jahrzehnt später, als der Verteidiger beim DSV Leoben langsam dem Karriereende entgegen ging, machte ihn ein junger Bursche darauf aufmerksam, dass sie einander beim legendären 4:0 über den GAK zu Beginn der Meistersaison das erste Mal begegnet waren: Marko Stankovic zeigte Prilasnig das Foto, das bewies, dass er damals als Einlaufkind mit dem Klagenfurter Hand in Hand aus dem Spielertunnel gelaufen war. Prilasnig dazu: „Vielleicht hat er damals einen gewissen Esprit von uns mitbekommen.“ Lustig, dass Stanko später selber für Sturm auflief und heute zum zweiten Mal bei den Steirern unter Vertrag steht. Die Zeit des Gilbert Prilasnig bei den Grazern dauerte noch bis 2001 an. Nach den großen Erfolgen bröckelte das Verhältnis zwischen Klubführung und Mannschaft.  Die Sticheleien des Hannes K. machten den Verein in ganz Österreich unbeliebt. Das wurde Prilasnig unangenehm, er verließ die Steirer und heuerte in Thessaloniki an. Sprachen waren eben seine zweite Leidenschaft.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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