Die Austria hat vor dem großen Wiener Derby gegen den Erzrivalen Rapid ein kleines Luxusproblem. Während man das letzte Derby mit einem 3-4-3-System für sich entscheiden konnte, lieferte man nun in Salzburg mit einer angepassten 3-4-1-2-Anordnung eine tolle Vorstellung ab. Für welche Variante wird sich Austria-Trainer Michael Wimmer also entscheiden?
Never change a drawing Team?
Bereits während der LASK-Partie kehrten die Violetten bekanntlich dem 3-4-3 ein wenig den Rücken und stabilisierten speziell ihre Defensive mit dem angepassten 3-4-1-2. Das funktionierte in den vergangenen beiden Spielen und man kassierte jeweils erst in der Nachspielzeit den bitteren Ausgleich. Speziell der Auftritt in Salzburg war ein imposanter und man lieferte eine geschlossene und balancierte Vorstellung ab, die man auch als beste Saisonleistung betiteln könnte. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Setzt man hier nun auf das aufgebaute Momentum, oder vertraut man auf die Erfahrungen aus dem letzten Derby vor drei Wochen, wo man noch mit dem 3-4-3 auflief?
Wenn man zurückblickt, dann lag der Schlüssel zum letzten Derbyerfolg an dem Zentrumsfokus und am physischen Übergewicht in dieser Region. Über diese Kompaktheit hat man sich folglich in die Partie gearbeitet und zwar kein spielerisches Feuerwerk abgeliefert, allerdings eine Form der Kontrolle etabliert. Der Vorteil für diese Variante läge hier daher klar auf der Hand, denn gewiss ist es so, dass man bereits bewiesen hat, dass diese Ausrichtung und Taktik gegen Rapid funktioniert und der Rivale Probleme mit diesem Zentrumsfokus hat. Gerade in der heutigen Epoche der Spielvorbereitung und beim Erarbeiten von Matchplänen bewegt man sich viel im theoretischen Bereich und überlegt sich im Vorfeld, wo man mögliche Vorteile haben und wie sich ein Spiel generell entwickeln könnte. Hier hätte man durch das letzte Derby quasi so etwas wie Fakten auf dem Tisch und eine knapp 70-minütige Lehrbuchvorstellung, wo quasi fast alles aufging, was man sich für dieses Spiel zurechtlegte.
Zudem darf man nicht vergessen, dass mit Ranftl auch noch ein Schlüsselspieler fehlte, der speziell in der Offensive dem Team nochmal extra Power verleiht und für regelmäßigen Zugriff sorgt. Auf der anderen Seite fehlt allerdings Derbyheld Doron Leidner, für den der etwas wildere und unberechenbarere Manuel Polster zum Einsatz kommen wird. Eine personell viel spannendere Frage wäre die Entscheidung zwischen Aleksandar Jukic und Andreas Gruber, die hier im Raum steht. Jukic blieb in Salzburg zunächst leicht angeschlagen draußen und wurde durch Gruber vertreten. Dieser sorgte für viel Wirbel in der Offensive und ergänzte sich gut mit Zielspieler Tabakovic, da er für Tiefe und Tempo im Angriff sorgte. Daher stellt sich nun die Frage, für welche der beiden Varianten man sich hier entscheidet?
Zentrumsstabilität oder mehr Tiefgang?
So gesehen kann man die systematische Fragestellung auch darauf herunterbrechen, ob man sich letztlich für Jukic oder Gruber entscheidet. Gerade Jukic zählt bis dato zu den großen Gewinnern seit der Amtsübernahme von Michael Wimmer und gehört zu den Leistungsträgern der Mannschaft. Speziell im letzten Derby war er im Verbund mit Braunöder der physische Leader im Zentrum und bestach durch seine Aggressivität und Power. Daher wäre es eine sehr harte Entscheidung, den Vollblut-Austrianer auf die Bank zu setzen und im Sinne des übergeordneten Ziels nicht zu berücksichtigen.
Für die 3-4-3-Variante würde sicherlich sprechen, dass man wie im letzten Spiel eine Stabilität im Mittelfeldzentrum garantieren kann. Rapid hat zwar gegen Klagenfurt eine neue Variante getestet und der junge Oswald könnte es mit der Dynamik der Violetten aufnehmen, ob er allerdings die Physis und Intensität von Braunöder, Jukic und eines eingerückten Fischer egalisieren kann, muss der U21-Teamspieler noch beweisen. In dem Sinne ist es auch de facto ein dreiköpfiges Zentrum im Mittelfeld, da Fischer durch die hohe Positionierung von Ranftl einrückt und sich freier bewegen kann. Da allerdings auch Fitz kein klassischer Flügelspieler ist und vermehrt einrückt, hat man hier viele Ressourcen in dieser Region und strebt nach Dominanz und Kontrolle. Das würde auch dem Gegenpressing Würze verleihen und ein berühmter Trainer sagte bekanntlich einst, dies sei seiner Meinung nach der beste Spielmacher.
Allerdings hat diese Vorgehensweise klarerweise auch Nachteile, welche man auch im letzten Spiel gegen Rapid sehen konnte. Bisweilen fehlte es im Angriff an Tempo und Durchschlagskraft, weshalb man die Tiefe von Rapid nicht so attackieren konnte, das Umschaltspiel nicht die große Dynamik entwickelte und man eher durch das kontinuierliche Passspiel über mehrere Stationen nach vorne kam. Das kann natürlich auch funktionieren, nur muss man dafür effizient in der Chancenverwertung und präzise in den Angriffssequenzen sein.
Die Alternative in dem Fall wäre es eben, einen zentralen Mittelfeldspieler zu opfern und dafür mit Gruber jemanden zu bringen, der der Offensive zusätzlich Tempo und Direktheit verleihen würde. Damit könnte man für zusätzliche Präsenz in der vordersten Reihe sorgen und Gruber würde in die Räume stechen, die Tabakovic als Zielspieler schafft. Ein weiterer Vorteil wäre hier, dass Fitz durch dieses 3-4-1-2 hinter den beiden Spitzen positioniert werden würde und damit in seiner Lieblingsrolle fungieren könnte – nämlich als klarer Spielmacher im Zentrum.
Flache Dreierreihe oder „V-Formation“ als erste Pressinglinie?
Für welche Variante sich Austria-Trainer Wimmer entscheidet, wird sicherlich auch davon abhängen, welche Struktur seiner Meinung nach die beste für das Angriffspressing gegen Rapid wäre. Wählt man für die erste Pressinglinie drei „flache“ Angreifer, die auf einer Linie agieren oder nutzt man wieder die „V-Formation“ mit zwei Stürmern und einem Zehner dahinter? Rapid baut das Spiel bekanntlich gerne über die Außenverteidiger auf, wobei sich das gegen Klagenfurt mit der Hereinnahme von Moormann und Oswald etwas entschärft hat und man damit mehr Balance ins Spiel brachte.
Vermutlich wäre es hier am zielführendsten, bei der ersten Pressinglinie mit einer 2-1 oder „V-Anordnung“ aufzulaufen, um die beiden Innenverteidiger des Gegners frontal anzulaufen und damit Pässe ins Zentrum zu verhindern, während Fitz dahinter absichert und den tiefen Sechser markiert. Das hat schon gegen Salzburg recht gut funktioniert und sollte das gegen das instabilere Zentrum von Rapid auch umsetzbar sein. Sobald die Hütteldorfer versuchen würden, über die Außenverteidiger aufzubauen, würden die beiden Flügelverteidiger Ranftl und Polster nach vorne schieben und sie attackieren. Im besten Fall würde diese ganze Vorgehensweise im Pressing zu Ballgewinnen in der gegnerischen Hälfte führen, oder zumindest zu langen Bällen, womit man den Rhythmus von Rapid stören könnte.
Aber auch im 3-4-3 könnte man für einen guten Zugriff im Pressing sorgen, indem die drei Angreifer im Pressing den Sechserraum blockieren und Rapid auf die Flügel leiten, wo dann der Pressingauslöser erfolgt und der Gegner unter Druck gesetzt wird. Das würde zwar viel Laufarbeit für die drei Angreifer bedeuten, würde dafür aber die hinteren Linien entlasten und man hätte eine starke Präsenz im Kampf um den ersten und zweiten Ball. Viele theoretische Überlegungen und egal wie man es dreht und wendet, das Trainerteam der Austria hat einige Optionen zur Verfügung und es liegt an ihnen, die beste Variante für dieses Spiel auszuwählen. Denn immerhin hat man in Wien-Hütteldorf eine beeindruckende Serie zu verteidigen und es steht viel auf dem Spiel.
Dalibor Babic
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