Aus der Bundesliga abgestiegen ohne Comeback – Serie 4. Teil: SK Vorwärts Steyr 1998/99
Bundesliga 7.August.2012 Matthias Pokorny 0
Jedes Jahr muss ein Verein aus der höchsten Spielklasse in Österreich, der tipp3 Bundesliga, absteigen. Oft wurde diese Entscheidung in den letzten 20 Jahren durch Lizenzverweigerungen und Konkurse vorweggenommen. Viele abgestiegene Vereine etablieren sich wieder in der zweiten Liga und kehren irgendwann in die tipp3 Bundesliga zurück. Manche stürzen sportlich weiter ab, manche finanziell. Viele brauchen Jahre oder Jahrzehnte, um sich zu sammeln und wieder den Aufstieg in die tipp3 Bundesliga schaffen zu können. Ein weiteres Beispiel für den finanziell verursachten Absturz in die Tiefen des Ligafußballs ist der SK Vorwärts Steyr.
Bereits im Jahr 1996 war der SK Vorwärts Steyr nach acht Erstligajahren in Folge mit einem Rucksack voller Schulden aus der Bundesliga abgestiegen. Obwohl die Schulden in der zweiten Liga nicht abgebaut werden konnten, gelang 1998 mit Trainer Rudi Eggenberger der Wiederaufstieg in die Bundesliga. Doch die finanziellen Probleme riefen auch die Gegner auf den Plan: Der SV Spittal, zweitplatzierter hinter Vorwärts Steyr, pochte auf sein Aufstiegsrecht auf Grund der nicht Lizenz-tauglichen Finanzen in Oberösterreich. Das Bundesliga-Verfahren hatte dann lediglich zur Folge, dass der SK Vorwärts Steyr mit drei Minuspunkten in die Bundesliga-Saison starten musste. Dass man unter diesen schlechten Vorzeichen in die bislang letzte Bundesliga-Saison geht, konnte bereits im Sommer 1998 befürchtet werden. Aber wie kam es zur sportlichen Tragödie?
Der Kader 1998/99
Trotz der sportlich mageren Bilanz, an der sicherlich auch die stockenden Gehaltszahlungen Schuld waren, konnten in der Saison 1998/99 ein paar Spieler den SK Vorwärts Steyr als Sprungbrett in die Bundesliga nutzen. Von den jüngeren Spielern startete Christoph Jank, unter der Saison von der Vienna gekommen, die längste Bundesliga-Karriere: Nach dem Abstieg wechselte er nach Salzburg und spielte bis 2008 für Salzburg und Ried in der Bundesliga. Auch der nigerianische Stürmer George Datoru konnte sich in Steyr ins Rampenlicht spielen. Er wurde von Herbert Prohaska zur Stronach-finanzierten Austria nach Wien geholt und stürmte später noch für Pasching und die Admira in der Bundesliga.
Einige jüngere Spieler konnten nur noch kurze Zeit in der Bundesliga bleiben, so wie Amir Bradaric (SV Salzburg), Karl Irndorfer (LASK), Johannes Woldeab (LASK und Salzburg), Markus Schneidhofer (Austria Lustenau), Markus Krautberger (SW Bregenz) oder Thomas Hickersberger (Bregenz, Admira, Salzburg). Dem Kader von Vorwärts Steyr fehlte es an Routiniers: Alexander „Sascha“ Metlitski war mit rund 150 Bundesligaspielen (für Rapid und den LASK) und 34 Jahren der erfahrenste Spieler neben Leo Kiesenhofer, der bereits 48mal für Ried in der höchsten Liga aufgelaufen war. Slobodan Grubor, anschließend noch eine Saison für Bregenz in der Bundesliga tätig, hatte einiges an Erfahrung, wenn auch nur in der zweiten Liga (Leoben und Oberwart). Auch der belgische Legionär Didier Frenay, der im Winter verpflichtet wurde, hatte bereits Bundesliga-Erfahrung vom FC Linz mitgebracht. Und natürlich Daniel Madlener: Nachdem Madlener seit 1988 jahrelang für Steyr gespielt hatte und nach Zwischenstationen in Hartberg, bei Rapid und dem FC Linz für diese Saison nach Steyr zurückgekehrt war, stand er ganz oben in der Gunst der Vorwärts-Fans. Ansonsten bestand der Kader vorwiegend aus jungen Zweitliga-Spielern.
Der Saisonverlauf
Der Saisonstart verlief holprig: Der Auftaktniederlage zuhause gegen den GAK folgten bis zur siebten Runde nur Niederlagen sowie Unentschieden gegen Ried und Lustenau. Mit dem knappen Last-Minute-Heimsieg gegen Innsbruck (2:1) gelang es erst im September, den Minus-Punktestand in Pluspunkte umzuwandeln. Doch es sollte bis ins Frühjahr der letzte Sieg gewesen sein. Der katastrophale Herbst kostete Trainer Rudi Eggenberger im Winter den Job. Er hatte – trotz der finanziellen Situation – den SK Vorwärts Steyr in die Bundesliga zurückgebracht. Und obwohl die sportliche Situation im Winter ohnehin bereits aussichtslos schien, wurde mit dem ehemaligen Schalke- und Stuttgart-Trainer Jürgen Sundermann ein neuer Mann geholt. Dies kam nicht von ungefähr: Sundermann brachte die deutsche Göttinger Gruppe – eine Vermögens- und Finanzholding, die mittlerweile selbst insolvent ist – als neuen Sponsor mit und damit Hoffnung nach Steyr: Hoffnung auf finanzielle Sanierung und sportliche Perspektiven. Im Winter kamen zusätzlich ein paar neue Spieler: Markus Holemar wurde von Hearts verpflichtet, der deutsche Alexander Löbe von Gütersloh und Didier Frenay aus Cannes.
Doch im Frühjahr wurde es nur minimal besser: Zwei Siege gegen Ried und Lustenau schauten heraus, zusätzlich ein paar respektable Unentschieden, wie zum Beispiel das 1:1 im Derby gegen den LASK oder ein 3:3 gegen Rapid. Obwohl auch der Abstiegskonkurrent, die Lustenauer Austria, keine gute Saison gespielt hatte, wollte man in keiner Phase der Frühjahrssaison das Gefühl bekommen, dass Vorwärts Steyr eine Aufholjagd starten könnte. Am Ende fehlten 11 Zähler auf die Lustenauer – inklusive der drei lizenzbedingt abgezogenen Punkte.
Das Folgejahr
Zurück in der zweiten Liga wurde der Verein rasch von den finanziellen Problemen heimgesucht. Der Großteil der Spieler verließ den Verein, bzw. musste ihn verlassen. Trainer wurde das Steyrer Urgestein Kurt Hochedlinger, der selbst von 1988 bis 1995 mit Vorwärts Steyr in der Bundesliga spielte. Obwohl der deutsche Trainer Jürgen Sundermann wieder weg war, versicherte Präsident Dittrich, dass die Göttinger Gruppe als Sponsor erhalten bliebe und man damit die Saison finanzieren könne. Zum Trainingsauftakt jedoch konnte Kurt Hochedlinger nur sieben Spieler begrüßen. Inklusive der LASK-Leihgaben Ortner, Leitner und Stollberger wurden es bis zum Saisonstart ganze 17 Spieler. Mit vier erzielten Punkten ging der SK Vorwärts Steyr dann in der Winterpause 1999/2000 in Konkurs (zeitgleich mit dem FCN St. Pölten) und musste den Spielbetrieb in der damaligen 1.Division einstellen.
Ausblick
Nach dem Zwangsausgleichsverfahren startete der SK Vorwärts Steyr 2001 in den untersten Ligen des Oberösterreichischen Fußballverbandes neu. Seitdem hat man sich – mit beeindruckender Unterstützung der Fans – Stück für Stück nach oben gearbeitet und bis 2011/12 in die Regionalliga Mitte gespielt. Wie so oft hat insbesondere die Begeisterungsfähigkeit der Fans einem Traditionsverein wieder neues Leben eingehaucht. Der zwischenzeitliche Abstieg in die Oberösterreich-Liga 2012 wird hoffentlich nur ein kleiner Schritt zurück sein, um einen neuen Impuls zu bekommen, der die „Schwungmasse“ Vorwärts Steyr wieder weiter nach oben tragen kann. Für viele österreichische Fans, die die 80er und 90er Jahre noch in Erinnerung haben, bleibt bis dahin das Vorwärts-Stadion ohnehin ein legendärer und wichtiger Ort in der Fußball-Landkarte Österreichs.
Matthias Pokorny, abseits.at
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Matthias Pokorny
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