Ausblick auf das Frühjahr der Wiener Austria
Bundesliga 13.Februar.2020 Dalibor Babic
Endlich rollt wieder das runde Leder durch die heimischen Stadien! Nach einer langen Winterpause, kehrt die österreichische Bundesliga zurück und starten die Teams in die Frühjahressaison. So auch die Wiener Austria, für die es von Anfang an um viel gehen wird. Mit einem Rückstand von sieben Punkten auf die Meistergruppe, startet man in das Frühjahr und hofft dabei, das Unmögliche irgendwie doch noch möglich zu machen und sich für das Meister-Playoff zu qualifizieren. Doch wie realistisch sind diese Hoffnungen noch und mit welchen Szenarien muss man sich aus Violetter-Sicht auseinandersetzen?
Durchwachsene Saison mit einigen Lichtblicken
Es war beileibe kein einfacher Herbst für die Wiener Austria. Von Anfang an geriet man unter großem Druck, verpatzte nicht nur den Start in die Bundesliga, sondern auch den Auftritt auf der internationalen Bühne. Darüber hinaus gab es abseits des Feldes zahlreiche Nebengeräusche und vor allem über die finanzielle Lage wurde ausführlich diskutiert. An Themen mangelte es den Journalisten also wahrlich nicht, wenn es um die Lage der Austria ging. Der größte Fokus lag klarerweise auf dem sportlichen Bereich und es wurde vielfach diskutiert, woran man die Probleme der Austria nun festmachen könnte. An der Qualität und der Zusammenstellung des Kaders? Einstellungsprobleme bei den Spielern? Oder lag es doch am Trainer? So oder so, der Herbst war für die hohen Ansprüche der Austria schlichtweg zu wenig und verlief mehr als durchwachsen. Vor allem in Anbetracht der aufkommenden Euphorie im Sommer und mit der Bestellung von Sportvorstand Peter Stöger und Cheftrainer Christan Ilzer, war die Fallhöhe immens.
Doch so trist die Lage zwischenzeitlich aussah, gegen Ende des Herbstes kehrte wieder so etwas wie ein Funke eines Hoffnungsschimmers in Wien-Favoriten ein. Fünf Spiele am Stück blieb man ohne Niederlage, feierte u.a. einen beeindruckenden 5:0 Sieg gegen Hartberg und zeigte auch im Derby gegen Rapid phasenweise eine starke Leistung. Ausschlaggebend dafür waren einige Newcomer in der Offensive, die das Spiel der Austria förmlich zum Leben erweckten. Manprit Sarkaria und Benny Pichler holten sich zunächst bei den Young Violets Selbstvertrauen und fielen dort durch starke Leistungen auf, ehe sie ihre Chance in der Kampfmannschaft bekamen. Als sie die Möglichkeit bekamen, nutzten sie auch diese prompt und zahlten das Vertrauen mit starken Leistungen zurück. Vor allem Sarkaria entwickelte sich über mehrere Wochen hinweg zu einem Leistungsträger auf dem Flügel und sorgte im Verbund mit Fitz und Pichler für Kreativität und Durchschlagskraft.
Doch so positiv und belebend zeitweise die Erscheinung in der Offensive der Austria war, verlief der Einbau der jungen Spieler natürlich nicht gänzlich ohne Schwierigkeiten. Vor allem in Punkto der Ausdauer und der Kraftreserven, hatten die Offensivspieler Probleme, den Aufwand und die Intensität über 90 Minuten durchzuziehen. Das verwundert auch nicht, verfügen die jungen Spieler nicht über die Erfahrung und die Praxis, um sich an die hohe Intensität in der Bundesliga prompt anzupassen. Das bekamen die Violetten vor allem in der Rückwärtsbewegung zu spüren, wo die Abwehrspieler gegen Ende der Spiele nicht ausreichend Unterstützung erfuhren und dadurch die Defensive anfälliger wurde.
Setzt sich der positive Trend fort?
Daher war auch klar, in welchen Bereichen der Fokus von Cheftrainer Christian Ilzer in der Vorbereitung rücken würde. Es galt vor allem den körperlichen Zustand der Mannschaft weiterzuentwickeln, um die angedachte intensive Spielidee über weite Strecken einer Partie auch durchziehen zu können. Darüber hinaus musste man auch in der taktischen Arbeit an vielen Stellschrauben drehen, um auch die jeweiligen Spielphasen optimal zu bewältigen. Sei es in der Kompaktheit gegen den Ball oder in der fußballerischen Entwicklung, wo speziell das Positionsspiel und dessen Prinzipien noch mehr verinnerlicht werden sollten. Am Spielersektor tat sich bei den Violetten in der Wintertransferperiode relativ wenig.
Davon war man nach den Verlautbarungen über die finanziell angespannte Situation ausgegangen, weshalb bis auf den ausgeliehenen Poulsen keine Neuverpflichtungen getätigt wurden. Die Option auf den dänischen Linksverteidiger ergab sich durch die guten Kontakte von Sportkoordinator Alex Bade, weshalb die Austria aufgrund der günstigen Konditionen zuschlug. Poulsen soll dabei auf der linken Abwehrseite den Konkurrenzkampf beleben, nachdem sich im Herbst auf dieser Position niemand etablieren und absetzen konnte. Der Däne zeigte auch in der Vorbereitung vor allem im Offensivspiel sein Potenzial und überzeugt da mit seinem Flügelspiel, weshalb er bereits eine Alternative für die Startelf wäre.
Statt sich zu verstärken, hat man sogar Personal abgebaut. Mit Serbest und Turgeman wurden zwei Ergänzungsspieler abgegeben, wodurch vor allem kein unwesentlicher Anteil an Personalkosten eingespart wurde (beide Spieler gehören zu den besserverdienenden im Kader). Beide Positionen gedenkt man intern abzufangen und stattdessen jüngeren Spielern die Chance auf Einsatzzeiten zu ermöglichen. Aber nicht nur für junge Spieler bietet sich damit eine Chance, auch einige arrivierte hinterließen in der Vorbereitung einen guten Eindruck und betrieben Eigenwerbung für sich. Speziell Stürmer Edomwonyi und der zwischenzeitlich kurz vor dem Abgang stehenden Cavlan zeigten mit guten Leistungen auf und sind dadurch ein Thema für die Startelf geworden.
Das ist vor allem im Fall von Cavlan ein wichtiger Aspekt, da der Linksfuß positionstechnisch nun eine Etappe nach vorne gerückt ist. Dadurch hat Cheftrainer Christian Ilzer im nun forcierten 4-2-3-1 endlich nicht nur eine weitere Alternative auf dem Flügel, sondern auch gleich mehrere Optionen. Neben Cavlan gibt es mit Sarkaria, Pichler, Sax und dem von den Young Violets hochgezogenen Wimmer gleich mehrere Spieler, die auf dem Flügel agieren können. Das ist auch ein wichtiger Faktor, fehlte es doch im Spätherbst an Wechseloptionen auf der Bank und konnte der Austria-Trainer nur eingeschränkt auf den Substanzverlust von den Akteuren in der Startelf reagieren.
Ergebnistechnisch präsentierten sich die „Violetten“ in einer ordentlichen Verfassung. Man gewannen alle Testspiele, auch wenn darunter keine hochkarätigen Namen anzutreffen waren. Ergebnisse sind in der Vorbereitung allerdings sowieso meist nur von zweitrangiger Natur, wichtiger sind da zweifelsohne die aus den Trainingseinheiten herausgearbeiteten Inhalte, die man auf dem Platz umgesetzt sehen will. Bei den Mannen von Ilzer sah man dabei vor allem den Fokus auf ein intensives Gegenpressing und promptes Nachsetzen nach Ballverlust, welches aktiv und konsequent betrieben wird. Darüber hinaus war das Positionsspiel augenscheinlich ein wichtiges Thema und die Spieler versuchten konstant alle Zonen zu besetzen und mitunter auch viel zu rochieren und Positionswechsel zu betreiben.
Men to Watch & Mögliche Startelf
Spannend ist natürlich auch die Frage: Welcher Spieler wird sich in der Rückrunde besonders aufdrängen und durch seine guten Leistungen auffallen? Da gibt’s natürlich einige (erwartbare) Kandidaten wie einen Christoph Monschein, der auch im letzten Testspiel einen Hattrick erzielte und scheinbar während der Pause keine Einbußen in Punkto Treffsicherheit hinnehmen musste. Eine noch dominantere Rolle könnte Manprit Sarkaria einnehmen. Der Flügelspieler war – wenn er am Platz stand – einer der auffälligsten Akteure und überzeugte nicht nur aufgrund seiner Scorerpunkte, sondern auch seinen Dribblings und kreativen Momente. Dem Offensivspieler dürfte endgültig der Knopf aufgegangen sein und sofern er auch in der Liga diese Form konservieren kann, steht dem Wiener eine lukrative Vertragsverlängerung bevor.
Interessant wird es auch sein, ob sich die hochtalentierten jungen Spieler wie Demaku oder Borkovic in der Startelf etablieren können. Vor allem bei Demaku verwundert die Nichtberücksichtigung, da auf seiner Position kein Konkurrent unverdrängbar erscheint und der defensive Mittelfeldspieler schon mehrmals sein Talent unter Beweis stellen konnte. Bei Borkovic sieht die Sachlage anders aus und steht und fällt alles mit dessen Gesundheitszustand. Nachdem er aufgrund einer wiederholten Muskelverletzung in die Saison gestartet ist, blieb der U21-Nationalspieler zwei Monate am Stück gesund und absolvierte in dem Zeitraum alle Spiele. Kurz vor Ende der Herbstsaison erlitt der Innenverteidiger dann einen Ermüdungsbruch im Mittelfuß, wodurch er auch Teile der Vorbereitung verpasste.
Auch Benedikt Pichler verpasste das letzte Spiel des Herbstes aufgrund einer Verletzung am Knöchel, die auch eine Operation nach sich zog. Der Flügelspieler stieg ebenfalls verspätet in die Vorbereitung ein und muss noch einiges aufholen. Dennoch ist man gespannt, wie sich der Senkrechtstarter im Frühjahr präsentieren wird, nachdem er im Spätherbst wie eine Bombe einschlug. Mit seiner Durchschlagskraft und Physis bereitete er seinen Gegenspielern große Probleme und war nur schwer zu verteidigen, wodurch er im Verbund mit Sarkaria eine brandgefährliche Flügelzange bildete.
Für Dominik Prokop wird das Frühjahr dabei eine der entscheidenden Phasen seiner Karriere sein, da es seine weitere Zukunft maßgeblich bestimmen wird. Prokops Vertrag läuft ja bekanntlich im Sommer aus und bislang gab es von Seiten der Austria noch keine Gespräche bezüglich einer Verlängerung. Der hochveranlagte Mittelfeldspieler verpasste es in den letzten beiden Jahren sein Potenzial konstant abzurufen und sich weiterzuentwickeln, weshalb ihm mittlerweile der jüngere Dominik Fitz den Rang abgelaufen hat. Viele Chancen wird Prokop nicht mehr bekommen, um den Verantwortlichen zu zeigen, dass er sein Potenzial nutzen und entfalten kann, um das Spiel der Violetten prägen zu können.
Wer das Spiel der Austria im Tor prägen wird, steht mehr oder weniger fest: Ivan Lucic wird den Vorzug vor Patrick Pentz bekommen. Lucic ist zwar nicht unumstritten und hat speziell bei der Strafraumbeherrschung Schwierigkeiten, allerdings leistete er sich in der Vorbereitung keine großen Patzer und Trainer Christian Ilzer stellte ihm aufgrund des Herbstes einen leichten Vorsprung aus. Pentz ist zwar fußballerisch der bessere Spieler und etwas ausgewogener von seinen Fähigkeiten, allerdings dürfte es an seiner Einstellung hapern.
Die Abwehr steht mit Florian Klein, Michael Madl, und Erik Palmer-Brown mehr oder weniger fest und die einzige offene Frage betrifft die des linken Verteidigers. Hier dürfte vorerst Christoph Martschinko die Nase vorne haben, jedoch stehen mit Alexandar Borkovic und Andreas Poulsen weiter Alternativen zur Verfügung und alle werden wohl ihre Chance erhalten. Im Mittelfeld dürfte auf der Sechserposition Kapitän Alexander Grünwald und der kampfstarke Thomas Ebner als Pärchen gesetzt sein, nachdem sie sich im Spätherbst gemeinsam etablieren konnten. Dahinter lauern bereits Jeggo und Demaku auf ihre Chance und stehen als Alternativen bereit.
In der offensiven Dreierreihe gibt es noch einige Fragezeichen, da verletzungsbedingt einige Akteure die Vorbereitung nicht vollständig mitmachen konnten. Auf dem linken Flügel wird zumindest Manprit Sarkaria als Stammspieler starten, da er sich aufgrund seiner starken Leistungen und der guten Vorbereitung ein entsprechendes Standing erarbeiten konnte. Auf der gegenüberliegenden Seite wird die Frage sein, ob Benedikt Pichler wieder fit genug sein wird, um prompt in die Startelf zu rutschen. Früher oder später wird dies geschehen, doch es ist nicht unwahrscheinlich, dass zunächst Caner Cavlan auf dem rechten Flügel den Vorzug bekommt, nachdem er in der Vorbereitung überzeugen konnte.
Ein ähnliches Fragezeichen gibt es auch auf der Zehnerposition, nachdem Dominik Fitz aufgrund einer Bauchmuskelzerrung einen Teil der Vorbereitung verpasste und auch nicht ins Trainingslager mitfliegen konnte. Allerdings ist der Jungspund seit der letzten Woche wieder voll im Training und absolvierte auch weite Teile des letzten Vorbereitungsspiels. Daher könnte es sich für den U21-Nationalspielers für das Auswärtsspiel in Altach ausgehen und der Mittelfeldspieler in die Startelf rutschen. Sollte es noch zu früh sein, würde in dem Fall Dominik Prokop seine Chance erhalten, um Werbung in eigener Sache zu betreiben. Im Angriffszentrum gibt es dagegen keine Zweifel, wer den Vorzug bekommen wird. Zwar hat Bright Edomwonyi ordentliche Vorbereitung absolviert, doch war Torjäger Christoph Monschein im Herbst die Lebensversicherung der Austria und zählte zu den besten Stürmern des Landes. Auch in der Vorbereitung ließ er an seiner starken Phase keinen Zweifel und trug sich beim letzten Testspiel gleich dreimal in die Schützenliste ein.
So oder so, die Austria ist jedenfalls besser für den Start gerüstet, als dies noch im Sommer der Fall war. Einerseits haben sich Spieler wie Sarkaria oder Pichler entwickelt und hochgearbeitet, weshalb es nun wesentlich mehr Alternativen in der Offensive gibt, andererseits scheint Trainer Ilzer das richtige Korsett für die Mannschaft gefunden zu haben und hatte nun eine weitere Vorbereitung Zeit, an Details zu arbeiten und das gesamte Konstrukt zu verfeinern. Vermutlich wird dennoch das Aufbäumen zu spät kommen, ist der Rückstand mit sieben Zählern doch sehr groß und braucht es wohl mindestens zehn Punkte, um zumindest eine kleine Chance auf das Erreichen der Meistergruppe zu haben.
Genauso wichtig wird es jedoch sein, eine Entwicklung zu sehen und den Aufwärtstrend in den kommenden Wochen und Monaten zu bestätigen, um ein Fundament für die Zukunft zu legen. Mit einem starken Gerüst und einigen punktuellen Verstärkungen im Sommer, würde man für die Zukunft gewappnet sein und könnte dann in die Regionen zurückkehren, wo man sich selbst ansiedelt und wo auch der Anspruch einer Wiener Austria liegt.
Dalibor Babic, abseits.at
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