Ausnahmetalent Sascha Horvath: Deshalb steht das Austria-Juwel im Fokus
Bundesliga 19.April.2014 Alexander Semeliker 0
Das Sonntagsspiel der 32. Runde in der tipp3-Bundesliga war weitestgehend ein glanzloses. Die Wiener Austria setzte sich zwar in Wiener Neustadt souverän 2:0 durch, Spektakel wurde aber keines geboten. Dennoch gab es während und nach dem Spiel rege Diskussionen; allerdings weniger um das Spiel an sich, sondern mehr um einen einzelnen Akteur: Sascha Horvath.
Nachdem der 17-Jährige ausgerechnet im Wiener Derby gegen Rapid Wien sein Startelfdebüt feierte, stand er am Sonntag erneut in der Startelf. Ebenfalls auf der Wiener Neustädter Anlage zugegen war Jens Keller, aktueller Cheftrainer beim deutschen Bundesligisten und Traditionsklub Schalke 04. Es dauerte nicht lange und schon verbreitete sich das Gerücht, der 43-Jährige wäre wegen dem Austria-Talent vor Ort gewesen. abseits.at nimmt das als Anlass um auf die besonderen Stärken des Youngsters zu blicken.
Flexibilität und Unbekümmertheit
Sein Bundesligadebüt feierte Horvath beim 3:0-Auswärtssieg in Wiener Neustadt, dem Spiel nach der bekannten Wutrede des damaligen FAK-Trainers Nenad Bjelica. Der Kroate wollte nach dem verlorenen Derby gegen Rapid Zeichen setzen und krempelte sein Team daher um. Dass Bjelica in so einer Situation auf einen unerfahrenen Spieler sitzt, spricht zwar auf den ersten Blick für dessen Qualitäten, jedoch baute Bjelica in der Folge wieder vermehrt auf das bewährte Personal. Erst unter Nachfolger Herbert Gager wurde Horvath zu einer ernsthaften Option.
Unter dem 44-Jährigen, der ihn bereits bei den Amateuren und im Nachwuchs betreute, kommt er bisher auf 275 Bundesligaminuten, verteilt auf fünf Spiele. Auffällig dabei ist, dass Horvath mehrere Positionen bekleidete und die Vorstellungen seines Trainers offenbar gut umsetzte. In Ried fehlte dem Spiel der Austria aus formativen Gründen in der ersten Hälfte beispielsweise die Breite, sodass Horvath zur Pause für den linken Flügel kam und dort eine ansprechende Leistung zeigte.
Im Spiel darauf agierte er als Achter, zunächst pendelnd in einem 3-4-2-1, dann spielmachend in einem 4-4-2 bzw. 4-4-1-1. Am besten zur Geltung kommt Horvath aber im offensiven Mittelfeld bzw. auf der Zehnerposition, wo er auch am Wochenende gegen Wiener Neustadt agierte.
Hohe Dynamik, intelligentes Zweikampfverhalten und gute Antizipation
Auch in den Spielen der UEFA Youth League – das jugendliche Pendant zur Champions League, wenn man so möchte – zeigte er auf dieser Position auf. Besonders sein Tor in St. Petersburg gegen den Nachwuchs von Zenit sorgte für viele positive Schlagzeilen, auch über die österreichischen Grenzen hinaus.
Am Auffälligsten ist dabei, dass Horvaths Gegenspieler im Vergleich zu ihm äußerst hölzern wirken – eine unmittelbare Konsequenz seiner Körpergröße und herausragenden Technik. Er ist nur 1,64m groß, hat dadurch einen niedrigen Körperschwerpunkt. Das ist für das Dribbling insofern ein Vorteil, weil er die Richtung schneller wechseln kann. Aufgrund seiner hohen Schrittfrequenz und kurzen Beinen hat er zudem die Möglichkeit den Ball wegzuspitzeln und so einem Ballverlust zu entgehen.
Oft werden Spieler nur aufgrund solcher Beobachtungen als Talent dargestellt, dabei handelt es sich genau betrachtet aber um eine physische Verlangung. Ein kleingewachsener Spieler wird immer explosiver und dynamischer wirken als ein großgewachsener. Wichtig ist es, was aus diesen Veranlagungen gemacht wird und wie man sie zu seinem Vorteil einsetzt. Genau in diesem Punkt ist Horvath überragend. Seine Körpergröße und Wendigkeit mag ihm beispielsweise im Dribbling zugutekommen, bei Zweikämpfen suggeriert sie aber einen Nachteil.
Horvath macht diesen vermeintlichen Nachteil einerseits durch eine intelligente Zweikampfführung wett, was zu einer Zweikampfquote von 44% führt, andererseits mit einem guten Antizipationsspiel. Oft ist es gar nicht wichtig einen Zweikampf zu gewinnen um dem Gegner den Ball abzunehmen, sondern reicht es, ihn durch das Bestreiten eines solchen in Bedrängnis zu bringen. Infolge dessen kommt es dann beispielsweise zu einem Fehlpass oder der Ball wird einfach verstolpert. Einhergehend damit ist ein gutes Antizipationsspiel, das man ebenfalls bei Horvath findet.
Als Beispiel sei an dieser Stelle das Tor zum 2:2 bei der letzten U17-WM gegen Argentinien (2:45 im obigen Video) angeführt. Horvath erkennt, dass er keine Chance auf den langen Ball hat und orientiert sich zunächst vom Gegner weg. Für diesen ist es naturgemäß schwer, den herunterkommenden Ball mit dem ersten Ballkontakt sauber zu verarbeiten. Der Ball springt weg und Horvath leitet mit einem präzisen Pass den Treffer ein.
Dribbelstil wie Messi und Maradona
Das Kernelement im Spiel von Sascha Horvath ist allerdings sein Dribbling. Einerseits bringt er dafür wie oben erwähnt die besten Anlagen mit, andererseits versteht er es, diese bestmöglich einzubringen. Die Art und Weise, wie er seine Dribblings bestreitet, erinnert dabei in hohem Maße an Lionel Messi oder Diego Maradona. Die beiden Argentinier nutzen dabei die sogenannte Gambetta, eine Dribblingweise, die nach einen uruguayischen Spieler in den Vierzigerjahren benannt ist.
Die Gambetta charakterisiert sich nicht durch Finten sondern dadurch, Fehler in der Positionierung des Gegenspielers auszunutzen. Es wird versucht, diesen in eine gewisse Richtung zu locken, wodurch sich dessen Gewichtsverteilung ändert und es daher einen Moment der Imbalance gibt. Genau in diesem Moment geht man dann mit einem einfachen Haken vorbei in den freien Raum. Anhand eines Beispiels wollen wir uns dies bei Horvath ansehen.
Zunächst erkennt man wieder sein gutes Antizipationsspiel, denn er bewegt sich schon während der Ball in der Luft ist in den potenziellen Freiraum. Mit dem Ball am Fuß dribbelt er dann auf den Verteidiger zu und deutet dabei an, dass er die Mitte gehen würde. Der Verteidiger, der davor noch in hohem Tempo nach hinten gelaufen ist, bremst ab und stellt sich dann so, dass er diesen Weg blockieren könnte – man erkennt das vor allem an der Änderung von Fußstellung und Körperneigung.
Das ist der Moment, in dem er außer Balance ist und Horvath wieder den Haken nach außen macht. Dass der Verteidiger sein Bein ausfährt und Glück hat, dass der Schiedsrichter nicht auf Foul entscheidet, zeigt wie hilflos er in dieser Aktion ist. Um solche Situationen verteidigen zu können, braucht es vor allem eine gute Antizipation und Koordination. Zwei Dinge, die in der österreichischen Bundesliga kaum ein Verteidiger mitbringt.
Deshalb dürfte die obige Szene nur ein Vorgeschmack darauf sein, was die Zuseher in Spielen mit Sascha Horvath in Zukunft geboten bekommen. Denn trotz der aktuellen Transfergerüchte und der Vertragssituation – der Vertrag endet im Sommer (Option vereinsseitig vorhanden) – betonte das Ausnahmetalent: „Ich möchte mich bei der Austria durchsetzen und alles für die Mannschaft geben. Mit dem Ausland habe ich mich noch nicht so beschäftigt.“
Alexander Semeliker, abseits.at
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