Austria Wien verpflichtet James Holland – was dürfen sich die Fans vom Australier erwarten?
Bundesliga 17.Januar.2012 Stefan Karger 0
Die Wiener Austria machte es gestern offiziell und verpflichtete den 22-jährigen Australier James Holland. Der fünffache Teamspieler wechselt ablösefrei von AZ Alkmaar in die österreichische Bundesliga, obwohl der Mittelfeldspieler noch einen Vertrag bis zum Sommer 2013 besaß. Wir nehmen Hollands Karriere unter die Lupe und sehen uns an, weshalb er keine einzige Minute für Alkmaar absolvierte.
Bevor der junge Australier seinen ersten Profivertrag beim australischen Meister der Saison 2007/08, den Newcastle United Jets, unterschrieb, trainierte er in den Jahren 2005 und 2006 im New South Wales Institute of Sport. Das NSWIS ist eine australische Behörde, die junge Spitzensportler betreut, fördert und auf eine Profikarriere vorbereiten soll. Als Holland im Jahr 2007 von Sidney nach Canberra übersiedelte, trainierte er am Australian Institute of Sport. Interessant ist, dass dieses Institut Fußballspieler einen Vertrag unterschreiben lässt, in dem sie bestätigen, dass sie die volle Ausbildungskosten zurückzahlen müssen, wenn sie sich im Laufe ihrer Karriere dazu entscheiden, für eine andere Nationalmannschaft zu spielen. Hintergrund dieser Klausel ist, dass einige Australier, die ihre Wurzeln in Kroatien haben, sich nach Ende der Ausbildung gegen das australische Team entschieden haben. Die besten Spieler dieser Institute spielen in den Nachwuchsnationalmannschaften. James Holland gehörte dazu und absolvierte ab Anfang 2007 18 Spiele für die U20-Nationalmannschaft und fünf Spiele für die U23-Auswahl.
Sein erster Profivertrag: Holland spielte schon früh auf verschiedenen Positionen
Seinen ersten richtigen Profivertrag unterschrieb der Australier im Dezember 2007 bei den Newcastle United Jets, für die er schon zuvor im Oktober testweise auflief. In der Rückrunde der Saison 2007/08 stand er sieben Mal in der Startaufstellung und erzielte gleich drei Treffer. Holland wurde in seinen ersten Einsätzen im offensiven rechten Mittelfeld eingesetzt. Sein damaliger Trainer vertraute auf ein 5-4-1-System, das bei Ballbesitz zu einer 3-4-3-Formation wurde. Holland fand sich gut zurecht und erfüllte auch seine Defensivaufgaben gut. Gleich in seiner ersten Saison durfte sich der junge Spieler über einen Meistertitel freuen, wobei er beim 1:0-Sieg im Finale gegen die Central Coast Mariners vor 36.354 Zuschauern nur auf der Ersatzbank saß.
In seiner zweiten Saison kam er auf zwölf Meisterschaftseinsätze, wobei er diesmal ein wenig defensiver positioniert wurde. Sein Trainer Gary van Egmond stellte ihn entweder im zentralen offensiven Mittelfeld auf, wenn er ein 4-2-3-1-System spielen ließ, oder im rechten Mittelfeld in einem 4-1-3-2-System. In seiner zweiten Saison gelang ihm zwar kein Treffer, er legte aber weitere Talentproben ab und debütierte schließlich auch am 22. März 2008 gegen Singapur im australischen Nationalteam, wo er im rechten Mittelfeld über 90 Minuten lang spielen durfte.
Der Wechsel nach Europa
Anfang 2009 unterschrieb er einen Vertrag bei AZ Alkmaar und wechselte gegen eine Ablösesumme von 350.000 Euro in die Niederlande. Die Vereinsverantwortlichen lobten das junge Talent, das dann allerdings nur in der zweiten Mannschaft zum Einsatz kam. Holland saß lediglich einige Male auf der Ersatzbank, wurde allerdings kein einziges Mal eingewechselt.
Um Spielpraxis zu bekommen wurde er an Sparta Rotterdam verliehen, wo er zwischen dem 18. Jänner und dem 29. April 2011 14 Einsätze in der zweithöchsten niederländischen Spielklasse absolvierte. Sparta suchte einen Ersatz für den zentralen Mittelfeldspieler Kevin Strootman, der zum FC Utrecht wechselte und mittlerweile bei PSV Eindhoven spielt. Holland erwischte gleich ein Debüt nach Maß und erzielte nach nur fünf Minuten das 1:0 beim 4:1-Sieg gegen RBC Roosendaal. Holland wurde meistens im zentralen Mittelfeld eingesetzt, wobei er in einem 4-3-3-System sowohl defensive, als auch offensive Aufgaben zu meistern hatte. Seinen zweiten Treffer erzielte er am 06. März, als sein Team den FC Den Bosch zu Hause mit 4:0 bezwang. Ansonsten lief es aber eher schlecht für sein Team, denn die Mannschaft holte aus den 14 Spielen nur 15 Punkte. Hollands Leistungen waren in Ordnung, den Abgang des starken Kevin Strootman konnte er allerdings nicht vergessen machen. Das durfte man allerdings auch nicht erwarten, denn Strootman ist ein absoluter Klassespieler, der auch Premier-League-Vereine wie Liverpool FC stark beschäftigt.
Warum es in Alkmaar nicht klappte
Als Holland zu AZ Alkmaar wechselte freuten sich die australischen Medien, dass ein weiterer Klassespieler in den Niederlanden heranreifen wird. Holland wurde bereits mit australischen Spielern wie Luke Wilkshire, Brett Holman, Brett Emerton und Jason Culina verglichen, die sich allesamt in der niederländischen Liga durchsetzen konnten. Man darf aber nicht vergessen, dass Holland erst 19 Jahre alt war, als er zu AZ ging und sich am anderen Ende der Welt niederließ. In Australien wurde er als zukünftiger Star behandelt, der gegen die besten Spieler des Landes Woche für Woche vor einer brauchbaren Kulisse seine Leistungen zeigen durfte. Als er in Alkmaar ankam musste er sich erst im Reserveteam beweisen und plötzlich waren die meisten seiner Mit – und Gegenspieler in seinem Alter und spielten auch auf dem gleichen Niveau. Auf einmal war Holland kein Star mehr, sondern nur einer von vielen und statt vor durchschnittlich 10.000 Zuschauern spielte Holland vor 100 Zaungästen. Holland im Originalton gegenüber einer australischen Zeitung:
“ I was playing for the Jets in front of thousands of people and doing really well. I come over here and I am a nobody. You train with the reserves and they basically say, ‚Good luck it is up to you now… It is hard. Now I am training with people my age and younger than me……Am I good enough? That is what you have to get your head around.”
Holland hat einen super Charakter, denn während andere Spieler wohl alles hingeschmissen hätten, trainierte er hart und versuchte alles, um seine Chancen zu bekommen. Auch seine Familie unterstütze ihn und seine Schwester Katie zog extra nach Alkmaar zu ihm in sein Appartement, um ihm in dieser schwierigen Zeit beizustehen. Am Ende war dennoch die Konkurrenz zu groß und der Wechsel zur Austria ist sicherlich so etwas wie ein Neuanfang für ihn. Die Konkurrenz ist kleiner und Holland ist nun auch drei Jahre älter. Über die Wiener Austria möchte er sich unbedingt wieder in die Nationalmannschaft spielen, wo er seinen Platz aufgrund mangelnder Spielpraxis verlor.
Seine Stärken und Schwächen
Wie bereits angedeutet ist Holland vielseitig einsetzbar. In seiner noch recht jungen Karriere spielte der Linksfuß überall auf der rechten Seite – vom rechten Außenverteidiger, bis zum Flügelstürmer, meistens aber im rechten Mittelfeld. Holland ist aber zentral besser aufgehoben, da ihm für den Flügel die nötige Dynamik ein wenig fehlt. Er ist ein typischer „Box-to-Box-Mittelfeldspieler“, der sowohl für die Defensive, als auch für die Offensive wertvoll sein kann. Er hat eine recht gute Übersicht, eine solide Technik und eine große Ausdauer. Charakterlich ist der Australier ein Gewinn für den Verein – Holland ist ein intelligenter Fußballer, der sich gut ausdrücken kann und sich in den Dienst der Mannschaft stellt. Holland ist ein Allrounder, von dem man sich jedoch keine Wunderdinge erwarten sollte. Wenn er sein Vertrauen nach dem missglückten Alkmaar-Abenteuer zurückgewinnt und wieder selbstsicher wird, dann kann er im Laufe der Saison aber durchaus eine Verstärkung für die Wiener Austria werden. Sollte er bei der Wiener Austria in der ersten Zeit wieder nur zweite Wahl sein, dann wird es insbesondere mental sicher schwierig für den Australier werden.
Viele Austria-Fans hoffen, dass nun endlich ein adäquater Baumgartlinger-Ersatz geholt wurde. Einen zweiten Julian Baumgartlinger sollten sich die Anhänger allerdings nicht erwarten, da Holland aller Voraussicht nach doch weit weniger dominant als der Mainz-Legionär auftreten wird. Baumgartlinger kam in einigen Partien auf mehr als 100 Ballberührungen und hatte auch in den Zweikampfbilanzen großartige Werte. Solche Spitzenwerte sollte man von Holland nicht erwarten – der Australier ist dafür jedoch ein wenig kreativer und kann mehr für das Spiel nach vorne machen.
Stefan Karger, www.abseits.at
Stefan Karger
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