Balancegeber und Metronom: Tarkan Serbests Rolle bei der Wiener Austria
Bundesliga 5.August.2016 David Goigitzer 0
Der 22-jährige Wiener hat diese Saison endgültig den Sprung in die Kampfmannschaft und Startaufstellung der Wiener Austria geschafft. Wir wollen seine guten, jedoch meist unauffälligen Leistungen analysieren, und erklären euch, was genau Tarkan Serbest momentan so gut macht.
Strategisch gutes Passspiel
Serbest, der seine fußballerische Ausbildung beim SV Donau begonnen hat, zeichnet sich in der Offensive durch ein strategisch meist sehr passendes Passspiel. Dies heißt, dass er entsprechend der Strategie seiner Mannschaft die passenden Pass- Entscheidungen trifft und diese somit kohärent zur Spielweise sind, was Anschlussaktionen für Mitspieler leichter macht.
Man weiß sozusagen was man von ihm bekommt, er schlägt keine Bälle in unpassenden Situationen weg, sondern spielt sie passend zu den Läufen seiner Kollegen. Dies klingt zwar nach einer logischen und leichten Aufgabe, ist jedoch kognitiv sehr anstrengend und anspruchsvoll, Serbest muss ständig Situationen evaluieren und die richtigen Entscheidungen treffen, was ihm vor allem am Ball meist gelingt.
Nicht im Bild ist ein Lauf Martschinkos, auf den Holzhauser wahrscheinlich angesprungen wäre und einen hohen Ball gespielt hätte. Nicht so Serbest, der einen Vertikalpass nur kurz antäuscht, um genug Platz auf einen sauberen Pass auf Filipovic zu spielen. Er ermöglicht seiner Mannschaft somit ein sauberes Aufbauspiel, gemäß der Strategie.
Die Suche nach dem Holzhauser-Partner
Raphael Holzhauser ist ein Spieler, über den man streiten kann: oft wirkt er lethargisch und unbeteiligt im Defensivspiel, hat aber einen starken linken Fuß, mit dem er sehr genaue weite Pässe schlagen kann. Letzteres macht er jedoch sehr oft, auch in Situationen wo dies nicht passend scheint. Seine flachen Vertikalpässe sind aus seiner abgekippten Position oft leicht vorauszusehen und zudem sogar oft unsauber, was bei der ja eigentlich guten Passtechnik bei hohen Bällen verwundert.
Holzhauser ist somit schwierig effektiv ins Mannschaftsgefüge einzubinden, sofern er nicht einen passenden Partner auf der Sechs hat. Grünwald und Vukojevic füllten letzte Saison diese Rollen aus, meist mit weniger Erfolgt. Vukojevic ist zu zurückhaltend im Ballbesitzspiel und wirkt oft negativ aufs Aufbauspiel der Austria, die im Mittelfeld dann einen Mann weniger zu haben scheint.
Grünwald ist sehr athletisch und kommt vor allem über seine nachrückenden Bewegungen und die Dynamik die er damit erzeugt. Dies ist eher suboptimal, wenn man alleine den tieferen Part im Zentrum übernimmt, wenn Holzhauser in die Abwehrreihe abkippt.
Balancegeber und Metronom
Serbest ist der ideale Partner für Holzhauser. Der Wiener hat ein gutes Spielverständnis, weiß die offensiven und defensiven Bewegungen vom sehr intuitiv agierenden Holzhauser zu balancieren. Wenn Holzhauser abkippt besetzt Serbest meist allein die Mitte, schafft es dennoch ballnah stets gute Verbindungen zu halten, auch wenn es vor allem im Hinspiel gegen Spartak noch kleine Abstimmungsprobleme zwischen ihm und Holzhauser gab, was im Training aber behoben werden kann.
Seine Positionierung ist jedoch flexibel, merkt er beispielsweise dass Pires und Larsen gleichzeitig einrücken, gibt er Breite, um die Balance der Raumaufteilung zu halten.
Larsen ist gerade dabei in die Mitte zu rücken und dort im Sechserraum den Ball zu erhalten. Serbest hält die Verbindung, damit Venuto Richtung Strafraum einrücken kann und Larsen eine Möglichkeit für einen Vertikalpass bietet.
Das zuvor angesprochene Passspiel von Serbest ist nicht nur strategisch gut, es hat auch sehr rhythmusbestimmende Eigenschaften. Während Holzhauser das Spiel mit sehr direkten Pässen fast immer nur schnell zu machen versucht, ist Serbest eher Taktgeber, versucht die Bälle schnell weiter zu spielen, beeinflusst mit der Wahl seiner Anspielstation jedoch maßgeblich den Rhythmus und die Richtung und das Tempo, in dem der Angriff der Austria vorgetragen wird.
Die Mängel
Nach all dem Lob gibt es natürlich auch etwas zu kritisieren. In der Defensive verlässt er noch zu oft die zentrale Position, um die Ballführenden am Flügel zu attackieren. Dies kann vor allem bei einer Doppelsechs manchmal passend sein, es passiert ihm jedoch zu oft, dass er dort ausgespielt wird und den Gegner noch dazu nach innen passieren lässt. Wie oft er jedoch das Zentrum verlässt hat auch mit den Vorgaben des Trainerteams zu tun, beziehungsweise wie solche Aktionen im Training gecoacht und bewertet werden.
Im Passspiel könnte man sich zudem mehr Vertikalität von Serbest erwarten, dies würde ihn noch “Busquets-artiger“ machen und seine Qualität noch einmal deutlich erhöhen. Im Moment trägt er primär dazu bei, die Pressingformation des Gegners zu UMspielen, jedoch selten sie zu BEspielen. Oft sieht er auch die Möglichkeit zum Vertikalpass, entscheidet sich dann doch oft für die horizontale Option. Er scheint die Möglichkeiten nach vorne auch etwas zu spät zu erkennen, beziehungsweise sind seine Ballmitnahmen nicht passend und sauber genug, sodass er diese Vertikalpässe nicht optimal vorbereiten kann. Für Serbest spricht natürlich auch, dass er sich oft bewusst ist, welchen Pass er spielen kann und welchen nicht, weshalb er eben oft eher seitlich spielt. Ziel muss es sein, seine Fähigkeiten dahingehend zu entwickeln, dass er im Passspiel mehr Gegner ausspielt und Pressingreihen durchspielt.
Fazit
Mit erst 22 Jahren ist Serbest einer der vielversprechendsten österreichischen Spieler in der Bundesliga, dies scheint auch das Austria- Trainerteam erkannt zu haben. Man darf hoffen, dass der junge Wiener weiterhin Einsatzzeit erhält und sich gut entwickeln kann.
David Goigitzer, abseits.at
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