Miroslav Klose startete wechselhaft in seine erste Trainer-Saison mit Altach. Klar und felsenfest steht dafür schon die Philosophie des deutschen Superstars. Mit ruhiger und... Ballbesitz und Mut: Kloses Ideen für den SCR Altach

Miroslav Klose startete wechselhaft in seine erste Trainer-Saison mit Altach. Klar und felsenfest steht dafür schon die Philosophie des deutschen Superstars. Mit ruhiger und mutiger Spielweise will er bei den Rheindörflern eine neue Ära einleiten. Wer „es nicht bringt“ wird nicht Teil davon sein.

Eine Sightseeing-Tour durch Vorarlberg? Sollte in einem Tag machbar sein, mögen böse Zungen ob der geringen Größe des westlichsten Bundeslandes unken. Natürlich sollte man sich mehr Zeit lassen für die Bregenzer Seebühne, das Rote Haus in Dornbirn, den Silvretta Stausee oder die Wanderung auf Karren oder Pfänder.

Für all das hatte Miroslav Klose bisher noch keine Zeit. Seit der Sommerpause ist der deutsche WM-Rekordtorschütze und einstige Weltklassestürmer Übungsleiter in Altach. „Ich habe bisher meist nur mein Büro gesehen.“ Gelegenheit zum Ausspannen und um Vorarlberg näher kennenzulernen würde er sich erst nehmen „wenn wir erst mal ein paar Spiele gewonnen haben.“ Nach vier gespielten Runden stehen bei Altach vier Punkte zubuche. Ein Sieg, ein Remis, zwei Niederlagen. Luft nach oben ist vorhanden.

Was auch vorhanden sein muss, ist irgendetwas besonderes in der Altacher Luft. Wie sonst ist es zu erklären, dass mit Klose schon der dritte große Name dort aufschlägt, den man zuvor aus Deutschland kannte? 2008 kam „Kugelblitz“ Ailton, 2021 BVB-Hero Neven Subotic. Beide wurden im Schnabelholz nicht glücklich und verließen den Verein alsbald wieder. Ailtons einstiger kongenialer Sturm-Partner Klose, dessen Tor-Salto weltberühmt wurde, will länger bleiben. Man denke langfristig, erklärten Altachs Verantwortliche nach dem Trainer-Coup. Miroslav Klose wolle einen neuen Weg gehen, eine, wie er sagt, „neue Art“ Fußball zu spielen soll die Fans begeistern.

Den Schalter finden

Wie sieht er denn nun aus, dieser Altacher Weg? Im Gespräch mit abseits.at erklärt Klose die Details. „Wir wollen viel Ballbesitz haben, dem Gegner unser Spiel aufzwingen. Das hat viel mit Mut, mit Selbstvertrauen zu tun. Daran haben wir gearbeitet.“

Klose wolle nicht schlecht über die Zeit vor ihm sprechen, „aber das letzte Jahr hat gezeigt, dass wir nach dem ersten Tor oft ruck, zuck ein zweites und drittes erhalten haben. Wir sind jetzt dabei diesen Schalter, der so einen Spielverlauf verhindert, zu finden. Wo wir uns ‚resetten‘ können, wieder in die Spur finden. Dass wir uns also wieder fangen, wenn wir ein Tor kriegen. Da gehört die ganze Mannschaft dazu, demnach also das Fußballerische, aber auch der Umstand weiter an uns zu glauben. Das ist es, was ich sehen will. Und ich glaube wir sind da auf einem guten Weg.“

Seine Sicht der Dinge seinen Spielern zu vermitteln fällt vor allem durch Ruhe aus. War er schon als Spieler kein Lauter, agiert er auch in der Coachingzone entspannt. Seine Bewegungen, das Deuten nach vor und zurück sind ruhig, fließend, nicht hektisch. Seine Amtskollegen Peter Pacult, Didi Kühbauer oder Christian Ilzer sind da wesentlich impulsiver.

Ideales Beispiel Kloses Philosophie war bisher der 3:2-Sieg Altachs gegen die Austria in Runde 3. Die Rheindörfler lagen gegen die Veilchen 0:2 zurück und drehten die Partie noch. Die Truppe glaubte an sich, verfiel nach dem Rückstand nicht in Panik oder Selbstaufgabe. Auch das Spiel gegen Sturm in Graz vor wenigen Tagen ist ein gutes Beispiel. Zwar fiel die Partie am Papier mit 0:4 hoch aus, wer sich die gesamten 90 Minuten ansah, wird jedoch feststellen, dass Altach über weite Strecken des Spiels ebenbürtig agierte, bis zur 60. Minute was den Spielaufbau angeht sogar flüssiger spielte. „Das erste Tor haben wir uns außerdem selbst geschossen,“ so Klose mit Bezugnahme auf Tormann Casalis Fehlpass auf Prass, der den Assist zu Hojlunds 1:0 leistete. Tor Nummer zwei und drei waren klassische Konter. Was man feststellte: das ist eine andere Altacher Truppe als letztes Jahr. Die Auftritte wirken aufgeräumter, Druckphasen übersteht der SCRA spielerisch. Trotzdem: „Eklatante Eigenfehler sind abzustellen!

Jeden Tag Leistung oder Bank

Klose wirft ein wachsames Auge auf seine Spieler. Beim Training behält er stets den Überblick und zieht daraus seine Konsequenzen für den Spieltag. „Bei mir zählt die Trainingsleistung Montag bis Freitag. Ein Spieler wird aufgestellt, wenn er so trainiert wie er spielen soll. Völlig egal wie der Name ist. Wenn du das bei mir nicht bringst, sitzt zu auf beheizten Plätzen.“

In den direkten Duellen auf dem Rasen steht beim DFB-Rekordtorschützen auch der Gegner im Fokus. Als Ex-Stürmer fallen ihm naheliegender Weise die Angreifer auf. Zuletzt war das bei Sturms Dänen-Dynamit Rasmus Hojlund der Fall. „Ich finde ihn aus vielerlei Hinsicht interessant. Er hat ein gutes Timing für Situationen, bewegt sich gut zwischen den Linien und hat Tiefgang. Der wird eine gute Karriere machen.“

Am Samstag erlebt die Bundesliga das erste Ländle-Derby seit vielen Jahren. Die Lustenauer Austria kommt ins Schnabelholz. Altach Trainer Miroslav Klose wird sich am Feld und in seinem Büro entsprechend vorbeireiten, ganz der neuen „Altacher Art“ entsprechend. Und vielleicht ist er Derbysieg ja dann endlich Anlass genug für eine Runde durch die schönsten Ecken Vorarlbergs.

Philipp Braunegger, abseits.at

Philipp Braunegger