Zoran Barisic übernimmt bis 2022 den Posten des Geschäftsführer Sport beim SK Rapid. Die Barisic-Rückkehr nach Hütteldorf wird in der Öffentlichkeit weitgehend positiv, aber auch mit Skepsis kommentiert. Rapids andauernde Probleme auf dieser Position sollten aber ohnehin losgelöst von Namen betrachtet werden.
Die Bestellung des neuen Sportchefs war – mal wieder – ein Eiertanz. Bereits vor gut einer Woche vermeldeten diverse Medien, dass Zoran Barisic neuer Geschäftsführer Sport beim SK Rapid wird. Danach wurde noch Alfred Hörtnagl zum Hearing gebeten, der aber durch die mangelnde Trainererfahrung ohnehin nicht ins kommunizierte Anforderungsprofil gepasst hätte. Am Ende wurde es Zoki – wie bereits offenbar seit längerem geplant.
Alleiniger Chef statt Doppelspitze
Präsident Michael Krammer stellte Barisic bei der Präsentations-Pressekonferenz als Ideallösung vor und war damit nicht gerade ehrlich zu den Medienvertretern. Abgesehen davon, dass Barisic (zumindest als Trainer) nicht für attraktiven, dynamischen, sondern eher für kontrollierten und ballbesitzorientierten Fußball stand, geisterte auch die Möglichkeit einer Doppelspitze in Rapids sportlicher Führung einige Zeit durch die Medien. Hätte Rapid den Cup geholt und damit größere finanzielle Planungssicherheit erlangt, wäre diese wohl auch gekommen. So wird Barisic aber als alleiniger starker Mann angepriesen. Aber nicht aus Überzeugung, sondern aus potentiellem Geldmangel.
Stark in Kernkompetenzen, aber sehr großer Arbeitsumfang
Barisic als Person ist die richtige Wahl für Rapid, aber aus den falschen Gründen. In seinen Kernkompetenzen ist der 48-Jährige einer der Besten im Land. Speziell was das Einschätzen von Spielerpotential betrifft, ist Zoki „high end“. Auch der Aufbau von durchgängigen Strukturen, etwa im Nachwuchs, ist dem einstigen Rapid-Trainer zuzutrauen. Die Position in der ersten Reihe und der extrem hohe Kompetenzumfang könnte aber zum Problem werden. Dadurch, dass der zweite Teil der ursprünglich angedachten Doppelspitze wegfällt, muss man bei Rapid nun alle vorhandenen Ressourcen bündeln, um das hohe Pensum abzufedern und sich an die finanzenbedingt umgefallene Ideallösung anzunähern. Machbar ist dies aber.
Barisic muss eine Balance herstellen
Freuen darf man sich jedenfalls auf Barisic‘ Stärken: Einschätzungsfehler wie in der jüngeren Vergangenheit sollte es unter ihm deutlich seltener geben. Auch der stärkere Fokus auf den Nachwuchs wird Rapid guttun. Andreas Müller war ein Kampfmannschaftssportdirektor, der nur wenig Animo für Nachwuchsarbeit hatte, Fredy Bickel war dauerhaft mit dem Löschen von Bränden beschäftigt, löste seine Allgemeinaufgabe zwar gut, wurde aber zwischen den zahlreichen Zahnrädern im Rapid-Universum zerrieben. Barisic muss einen klaren Fokus finden und darf in seinen drei Jahren als Sportchef speziell die zukunftsträchtigen Themen nie aus den Augen verlieren. Zudem gilt es, das Tagesgeschäft nach Möglichkeit gut zu delegieren.
Es geht weiterhin um die Philosophie
Hauptsächlich kommt es aber auf die Umsetzung dessen an, wofür Rapid stehen soll. Gerade das Entgegenwirken zur historisch gewachsenen Spielphilosophie in Barisic‘ Trainer-Zeit hinterlässt viele Beobachter skeptisch. Da Rapid wieder „gefühlt leiwand“ werden muss, sind es eher die Grundtugenden, auf die man sich besinnen müsste. Wenn Barisic gemeinsam mit seinem Freund Kühbauer Kampfeslust, positive Körpersprache und Gewinnermentalität in den Verein zurückbringt, dann wird er Erfolg haben. Dies ist sowohl bei den Profis, als auch im gesamten Nachwuchs und in der Schulung der Jugendspieler nötig. Aber auch in der Geschäftsstelle und der allgemeinen Rapid-Peripherie, die Barisic mit seiner bodenständigen Art bestimmt ein wenig beleben kann.
Harte Worte, wenn nötig
Ein weiterer wichtiger Punkt sind Wordings. Als Trainer war Barisic bekannt dafür, Interviews und öffentliche Fehleranalysen sehr sanft zu führen, was speziell gegen Ende zu Unglaubwürdigkeit und einem Stimmungsumschwung unter den Fans sorgte. Natürlich braucht niemand einen ewigpolternden Trainer oder Sportchef, aber da und dort ein deutliches Wort kann gerade in Wien-Hütteldorf Berge versetzen.
„Strukturelle Personalerweiterung“ nicht kategorisch ausschließen
Einen Abschluss der personellen Strukturplanung sollte man ebenfalls nicht kategorisch einräumen. Wenn sich Rapid etwa für den nächstjährigen Europacup qualifiziert, sollte eine personelle Erweiterung im Bereich Sport nicht ausgeschlossen werden. Nachdem sich Rapid in den letzten Jahren wirtschaftlich konsolidieren konnte, ist die perfekte Durchplanung der sportlichen Belange nun oberste Maxime. Es wird nicht alles per sofort besser werden, aber man muss das Gefühl bekommen, dass sich die Dinge sukzessive verbessern und nicht noch schlechter werden. Dafür braucht es womöglich die eine oder andere zusätzliche personelle Unterstützung, die auch noch im Nachhinein getätigt werden kann.
Aufräumen!
Ein weiteres heißes Thema ist die Konstellation mit Barisic als Chef seines Freundes Kühbauer und was das bedeuten könnte, falls in Hütteldorf mal wieder der Hut brennt. Davon abgesehen ist aber auch eine objektive Bestandsaufnahme des Ist-Zustands von Nöten. In einigen Bereichen, etwa in den Niederungen des Nachwuchses oder im Scouting gibt es a) nicht im Rahmen einer klaren Linie oder Philosophie arbeiten oder b) quasi Karteileichen sind, die im oft überloyalen System Rapid nie ernsthaft in Frage gestellt wurden.
Lasst Zoki arbeiten!
Fazit: Als Person ist Zoran Barisic in der aktuellen Lage ein guter und wichtiger Mann für Rapid. Die aktuelle Lösung ist aber nicht breit genug aufgestellt und erfordert extrem strukturierte Arbeit. Ob Barisic, der erstmalig in dieser Position eingesetzt wird, diese Strukturarbeit im Rahmen des Rapid-Leitbildes und der vereinsphilosophischen Anforderungen gut umsetzen kann, muss er erst beweisen. Es gibt derzeit keine Vergleichswerte und so muss Zoki erstmal beginnen zu arbeiten, bevor man eine seriöse Einschätzung über seine Qualität abgeben kann. Delegation wird dabei aufgrund des großen Kompetenzumfangs das Zauberwort sein.
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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