Die Sommertransferzeit beginnt in sechs Wochen – bis dahin werden einige Bundesligaklubs ihre Kaderplanung bereits weitestgehend abgeschlossen haben. Punktuelle Änderungen reichen ohnehin häufig in... Baustelle Rapid (1) – Ausgangslage, Torhüter, Verteidigung

Helmut Schulte (SK Rapid Wien)Die Sommertransferzeit beginnt in sechs Wochen – bis dahin werden einige Bundesligaklubs ihre Kaderplanung bereits weitestgehend abgeschlossen haben. Punktuelle Änderungen reichen ohnehin häufig in die neue Saison hinein. Anders scheint dies derzeit beim SK Rapid Wien, der im Sommer einen offenbar äußerst konsequenten Umbruch durchführt – welcher wiederum Vorteile hat, aber auch Probleme mit sich bringt.

Bereits in der Ära Schöttel fand ansatzweise ein Umbruch statt. Die damals geholten Spieler verpflichtete man jedoch hauptsächlich aufgrund der Perspektiven, die diese Spieler mitbrachten. Ausgewogenheit war ein Fremdwort – sowohl im Altersgefüge, als auch in der „Positionspolitik“.

Erste Transferzeit für Helmut Schulte

Nun steht Rapid vor der ersten Transferperiode unter Helmut Schultes Zepter. Eine Zeit, auf die mit großer Neugier geblickt wird und die Fans zum Diskutieren anregt. Schulte kann in seiner ersten Transferzeit eine Duftmarke setzen, seinem Stempel, über den in der Öffentlichkeit vorerst nur gerätselt wird, eine Kontur geben. Sicher ist aber auch, dass man den deutschen Sportdirektor nicht nur an dieser Transferzeit messen darf. Hier gilt es eine konkurrenzfähige Mannschaft für die nächste Saison und im Idealfall darüber hinaus aufzustellen. Mindestens ebenso wichtig werden jedoch Schultes Aktivitäten struktureller Natur sein – und die finden nicht von heute auf morgen statt.

Aktuell vier Legionäre

Seine erste grün-weiße Transferperiode ist für den 55-Jährigen keine einfache. Rapid hat finanzielle Probleme, das Geld für Ablösesummen ist knapp. Zudem gibt der österreichische Spielermarkt nicht viel her, wodurch man speziell ausländische Märkte sondieren muss. Damit sich jedoch der Rapid-Kader 2013/14 nicht mit der Regelung zum Österreichertopf spießt, können voraussichtlich maximal zwei Legionäre verpflichtet werden. Eine Situation wie in der Saison 2009/10, als man sieben Legionäre hatte und daher immer einen auf die Tribüne setzen musste, gilt es vor allem aus planerischen Gründen prinzipiell zu vermeiden.

Sechs oder sieben Legionäre?

Das Resultat eines überschüssigen Ausländerplatzes ist jedoch im Grunde ein Luxusproblem – und Luxus erfuhr man in Wien-Hütteldorf schon länger nicht mehr. Demnach wäre Rapid gut beraten, nicht zu ausgiebig über die Frage nachzudenken, ob man mit sechs oder sieben Legionären in die neue Saison geht. Es wäre immer noch besser einen überschüssigen Spieler zu haben, als gar keinen. Ob Rapids Geldbörse überhaupt die Verpflichtung drei neuer Legionäre zulässt, steht auf einem anderen Blatt Papier. Die Möglichkeit sich auf dem Transfermarkt stärker zu bewegen, implizierte den Abgang eines Spielers mit damit verbundener Ablösesumme. Rapids Kicker sind jedoch nach zahlreichen blutleeren Darbietungen aktuell nicht sonderlich gefragt.

Novota als „Einser“ in die neue Saison

Verbesserungspotential und Baustellen gibt es praktisch auf allen Positionen. Eine der stabilsten Situationen gibt es derzeit auf der Torhüterposition. Der Vertrag mit dem Slowaken Jan Novota wurde verlängert, Lukas Königshofer wird dem Verein ebenfalls erhalten bleiben, so er sich mit der Rolle als „Zweier“ zufrieden gibt. Novota ist zumindest momentan ebenfalls weit von totaler Sicherheit entfernt, zeigt aber nicht nur aufgrund seiner imposanten Erscheinung mehr Präsenz als Königshofer. Um wieder am Slowaken vorbeizuziehen muss der 24-jährige Wiener wohl auf Fehler Novotas warten.

Für Maric zu früh, für Knoflach zu „spät“

Zwei talentierte Schlussmänner würden in den Startlöchern scharren, werden aber 2013/14 kaum eine Rolle spielen. Der 17-jährige Marko Maric gilt als Riesentalent, ist aber noch nicht bundesligareif. Der zwei Jahre ältere Tobias Knoflach nahm sich durch seinen Ausraster im Regionalliga-Ost-Spiel gegen den SC/ESV Parndorf selbst aus dem Spiel. Somit wird sich auf der Torhüterposition höchstwahrscheinlich nichts mehr tun.

Zwei neue Innenverteidiger müssen her

Mit Katzer und Gerson werden zwei Verteidiger den SK Rapid zum Saisonende verlassen. Auf dem Papier verfügt Rapid somit nur noch über vier Abwehrspieler, die zu Beginn der kommenden Saison fix Grün-Weiß tragen werden. Mit Sonnleitner und Pichler können aktuell nur zwei der verbleibenden Spieler in der Innenverteidigung auflaufen. Keiner der bestehenden Mittelfeldspieler kann im Notfall zweckentfremdet und in die Innenverteidigung gestellt werden. Somit ist klar, dass Rapid zwei neue Innenverteidiger braucht. Einen davon wird man wohl verpflichten – die Anforderungen an den nominellen Gerson-Ersatz sollten im Vergleich zum Brasilianer gegenteilig aussehen: Routine, Führungsstärke, durchdachtes Aufbauspiel. Zwar entwickelten sich Sonnleitner und Pichler zumindest phasenweise zu Stützen, allerdings fehlt den beiden Verteidigern die technische Basis, um sich a) als Fußballer weiter zu verbessern und b) einen Mehrwert für Neben- und Nachwuchsspieler darzustellen.

Eine hungrige Nachwuchshoffnung hinter einem „neuen Hiden“

Rapid braucht für die Innenverteidigung also einen Chef, der einerseits die Viererabwehrkette zusammenhält und andererseits eine starke Bindung zum zentralen Mittelfeld hat. Ein gutes Beispiel für einen solchen Spielertyp war etwa Martin Hiden in Rapids Meistersaison 2004/05. Die besten Karten für den vierten Innenverteidigerplatz hat wohl Brian Behrendt, der 3 ½ Jahre ein wichtiger Bestandteil der Rapid Amateure war und aktuell an den SV Horn verliehen ist. Er ist von den defensiven Nachwuchshoffnungen die stabilste Lösung und hat aufgrund seiner längeren Erfahrung bessere Karten als Maximilian Hofmann, der wohl sein einziger Konkurrent um diesen Platz ist. Der 18-jährige Christian Schoissengeyr würde mit seinen 194cm zwar die körperlichen Voraussetzungen für die Bundesliga mitbringen, ist aber noch nicht gefestigt genug.

Improvisation in der rechten Verteidigung

Für die rechte Abwehrseite verfügt Rapid aktuell nur über Michael Schimpelsberger – und der wird aufgrund seiner schweren Achillessehnenverletzung wohl erst wieder 2014 zum Einsatz kommen. Der gelernte Stürmer Christopher Trimmel, sonst ein Stammspieler am rechten offensiven Flügel, ist als rechter Verteidiger eine Notlösung und spielte bisher eine durchwachsene Saison. Dass für die rechte Abwehr ein neuer Spieler kommt, ist unwahrscheinlich. Wenn doch, dann könnte es möglicherweise Tanju Kayhan sein, der von Besiktas Istanbul kostenlos verliehen wird. Kayhan stieg zuletzt mit seinem aktuellen Leihklub Mersin Idman Yurdu klar in die zweite türkische Liga ab, wird bei Besiktas keine Rolle mehr spielen. Noch wahrscheinlicher ist jedoch die Festigung des 19-jährigen Mario Pavelic, der bei den Rapid Amateuren als Rechtsverteidiger gesetzt ist. Pavelic spielt für Regionalligaverhältnisse solide, wirkt auch ausreichend athletisch für Bundesligafußball, ist jedoch kein Spieler, von dem man Wunderdinge oder große Eigeninitiative erwarten darf. Auf der Position des Rechtsverteidigers wird es besonders stark darauf ankommen, wie viel Geld Rapid zur Verfügung hat. Dass man sich konkret nach Rechtsverteidigern umsieht, ist nicht zu erwarten.

Schrammel enttäuschend, Katzer weg, Palla in den Startlöchern

Links verhält sich die Sache ähnlich: Markus Katzer verlässt Rapid nach neun Jahren, was von den meisten Fans goutiert wird. Thomas Schrammel ist damit der einzige verbliebene Linksverteidiger. Jedoch ist der 25-jährige Ex-Rieder verletzungsanfällig und blieb zudem weit unter den in ihn gesetzten Erwartungen, was womöglich auch mit seinem Kreuzbandriss im Herbst 2011 zusammenhängt. Wie die rechte Verteidigung ist auch die linke eine qualitative Baustelle. Der logische Ersatz wäre der 24-jährige Stephan Palla, der seit drei Jahren für die Admira die Schuhe schnürt, aber noch Rapid gehört. Man kann davon ausgehen, dass der 173cm-Mann zurückgeholt wird, um die Kaderlücke in der linken Verteidigung zu stopfen.

Palla ein Spieler mehr – aber keine Verbesserung

Zwar war Palla zuletzt Stammspieler bei der Admira, eine Verbesserung für Rapid wäre er jedoch keine. Einerseits ist Palla kein Kicker, der einem Spiel seinen Stempel aufdrücken kann oder seine Gegenspieler auch defensiv stark beschäftigt, andererseits hatte er immer wieder gesundheitliche Schwierigkeiten, wurde durch Rückenprobleme und einen Bandscheibenvorfall zurückgeworfen. Auch Pallas nicht immer vorbildlicher Lebensstil abseits des Platzes würde im Falle einer Rückholaktion zu beobachten sein und wäre nach schlechten Spielen gerade in der aktuellen Situation Rapids Kanonenfutter für unzufriedene Rapid-Fans.

Außenverteidigung in der Prioritätenliste hinter anderen Positionen

Dass sich in der linken Verteidigung darüberhinaus etwas tut, glaubt kaum ein Fan. Dabei werden gerade die Außenverteidigerpositionen von den Diskutierenden im Austrian Soccer Board immer wieder als eine der verkannten Hauptbaustellen bezeichnet. Da Rapid jedoch auf anderen Positionen größeren Bedarf hat, werden diese wichtigen Stellen gezwungenermaßen stiefmütterlich behandelt werden. Umbrüche passieren für gewöhnlich nicht ad hoc und so wird man bei Rapid wohl in den sauren Apfel beißen und auf den defensiven Außenbahnen – wenn auch nicht restlos überzeugt – in der neuen Saison auf das Beste hoffen.

Morgen betrachten wir das Mittelfeld und den Angriff des SK Rapid!

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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