Wir wollen die Länderspielpause nutzen um allerlei interessante Statistiken zur Saison 2019/20 auszugraben. Wir starten mit Analysen anhand des Expected-Goal-Modells, das uns zeigen soll,... Bilanz nach 10 Runden: Die xG-Werte von Rapid, Sturm und Hartberg

Wir wollen die Länderspielpause nutzen um allerlei interessante Statistiken zur Saison 2019/20 auszugraben. Wir starten mit Analysen anhand des Expected-Goal-Modells, das uns zeigen soll, ob die Mannschaften ihren Tabellenplatz auch verdient haben. Nachdem wir uns gestern die Top-3-Mannschaften genauer ansahen, werfen wir jetzt einen Blick auf die Mannschaften zwischen Platz 4 und Platz 6.

Erklärung des xG-Modells

Da noch immer viele Fußballfans das Expected-Goal-Modell nicht kennen, wollen wir zu Beginn eine kurze Erklärung dieser Methode einfügen, die wir in einem unserer Artikel unlängst verfasst haben. Wer das „Expected-Goal-Modell“ kennt, kann den folgenden Absatz überspringen.

„Das 2012 entwickelte Expected-Goal-Modell ist eine der sinnvolleren Modelle, wenn es darum geht aus nackten Zahlen Erkenntnisse für den Fußballsport zu gewinnen. Wir empfehlen euch vorweg unseren Artikel zum Expected-Goal-Modell, zumal wir euch in Zukunft öfters mit diesen Werten füttern wollen. Kurz zusammengefasst beschreibt dieses Modell wie hoch in einer gewissen Situation die Chance auf einen Treffer ist. Der sogenannte xG-Wert liegt bei einer Torchance immer zwischen 0 und 1, wobei ein Elfmeter beispielsweise einen Wert von 0.76 hat – was bedeutet, dass der Schütze im Schnitt eine 76-prozentige Chance hat den Strafstoß zu verwandeln. Von einer Großchance spricht man ab einem xG-Wert von etwa 0.38. Bei Situationen aus dem Spiel heraus wird unter anderem die Distanz und der Winkel zum gegnerischen Tor berücksichtigt, wie die Torchance kreiert wird, welche Geschwindigkeit der Schütze zum Zeitpunkt der Schussabgabe hat, ob gegnerische Verteidiger Druck auf den Spieler ausüben und mit welchem Körperteil der Ball getroffen wird. Je besser eine Chance, desto höher fällt auch der xG-Wert für die jeweilige Situation aus. Wir arbeiten mit den xG-Werten von Wyscout S.p.a.

Mit dem xG-Wert lässt sich auf diese Weise nicht nur die Leistung eines einzelnen Spielers analysieren, sondern auch die der gesamten Mannschaft. Steigt der Punkteschnitt eines Teams über einen gewissen Zeitraum ohne eine Verbesserung der xG-Werte, dann ist es wahrscheinlich, dass es sich um einen Ausreißer nach oben handelt, der in erster Linie der Varianz und nicht der verbesserten Spielstärke geschuldet ist. In diesem Fall ist zu erwarten, dass über kurz oder lang der Punkteschnitt wieder fallen wird.“

Wenn wir die Expected-Goal-Werte mit denen aus der Vorsaison vergleichen, müssen wir zudem beachten, dass aufgrund der Teilung nach dem Grunddurchgang ein direkter Vergleich nicht ganz fair ist. Die Mannschaften aus dem oberen Playoff hatten in den letzten zehn Runden im Schnitt stärkere Gegner, während die Teams aus dem unteren Playoff einfachere Aufgaben zu bewältigen hatten.

Aufwärtstrend beim SK Rapid?!

Über die Expected-Goal-Werte des SK Rapid haben wir bereits vor rund zwei Wochen einen ausführlichen Artikel verfasst, bei dem wir allerdings nicht alle Spiele einzeln aufgeführt haben. Hier also die Grafik für alle bisherigen Partien:

Seit unserem letzten Artikel haben sich die Werte auf 1.45:1.06 verbessert und der Aufwärtstrend, der seit dem Wiener Derby durchaus erkennbar ist, scheint sich weiter fortzusetzen. Nicht in der obigen Grafik enthalten ist der Cup-Fight gegen RB Salzburg, der zwar im Endeffekt verlorenging, die Mannschaft und die Fans allerdings sichtlich näher zusammenrücken ließ.

Wenn man die Werte der ersten zehn Runden betrachtet fällt unter anderem auf, dass RB Salzburg am ersten Spieltag gegen den SK Rapid nur auf einen xG-Wert von 1.39 kam und sich damit in der Saison 2019/20 die wenigsten Chancen gegen die Hütteldorfer herausspielte – inklusive Europacup. Allgemein lässt die Mannschaft von Didi Kühbauer konstant recht wenig zu. Außer dem LASK sind die Hütteldorfer das einzige Team in der Liga, das in allen zehn Partien höchstens einen gegnerischen xG-Wert von 2.26 zuließ. Erfreulich ist jedenfalls, dass seit dem Derby auch die Offensiv-Werte deutlich besser wurden, was allerdings auch mit den jeweiligen Gegnern in Zusammenhang stehen wird. In den nächsten beiden Meisterschaftsrunden warten mit dem WAC und RB Salzburg zwei große Brocken auf die Hütteldorfer, weshalb der knappe aber schlussendlich verdiente Sieg gegen die Mattersburger in der letzten Runde doppelt wichtig war.

Ungefährliche Grazer

Ein Blick auf die Expected-Goal-Werte des SK Sturm offenbart die Probleme der Blackies deutlich:

Der SK Sturm hat ein Problem beim Herausspielen von Chancen, wie man gut an diesem Diagramm sehen kann. In sechs von zehn Partien blieb man unter einem xG-Wert von 1, wobei insbesondere die Werte gegen Hartberg (0.32) und dem SK Rapid (0.48) in den Runden 3 und 4 äußerst bescheiden und einer Sturm-Mannschaft nicht würdig sind. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich die xG-Werte der Grazer in der elften Runde zudem noch einmal deutlich verschlechtern werden, denn immerhin warten die bärenstarken Salzburger nach der Länderspielpause auf die Mannschaft von Nestor El Maestro. Doch auch ohne dem Spiel gegen den Spitzenreiter sehen die Expected-Goal-Werte nicht berauschend aus, denn Sturm hätte im Schnitt 1.26 Tore schießen und 1.38 Tore erhalten müssen. Der Offensivwert ist ohnehin ausbaufähig, wobei wir uns vorstellen können, dass Nestor El Maestro mit der Defensivleistung seines Teams noch unzufriedener sein dürfte. Als er Trainer bei Spartak Trnava war kamen die gegnerischen Teams nur auf einen xG-Wert von 0.85 gegen seine Mannschaft und auch bei CSKA Sofia ließ sein Team weit weniger zu. Es wartet jedenfalls noch viel Arbeit auf die Grazer und auch das Erreichen des oberen Playoffs ist angesichts dieser Statistiken noch keine ausgemachte Sache.

Hartberg nur in zwei Runden mit besseren Werten als der Gegner

Der TSV Hartberg befindet sich nach zehn Runden gerade noch über dem Strich – dabei sehen die xG-Werte auf den ersten Blick nicht besonders berauschend aus:

Auffallend ist, dass der TV Hartberg nur in zwei von zehn Spielen beim Expected-Goal-Modell vorne liegt, nämlich in den Duellen gegen Sturm und die Wiener Austria. Beim 4:1-Sieg gegen die Admira hatten laut dem xG-Modell die Südstädter die Nase knapp vorne und auch der SKN St. Pölten verlor nach diesem Modell unglücklich gegen die Steirer. In der vorletzten Runde beim 3:3-Unentschieden gegen den SK Rapid bestätigen die Expected-Goal-Werte, dass es sich um eine gerechte Punkteteilung handelte. Auffällig ist natürlich der lange schwarze Balken, den man sich bei der 2:7-Niederlage gegen RB Salzburg einhandelte. Kein anderes Team ließ in der aktuellen Saison so viele Möglichkeiten zu wie die Steirer in dieser Partie. Auch dank dem Spiel gegen die starken Salzburger sieht der xG-Wert über die Saison mit 1.28:2.26 nicht berauschend aus. Vorstellungen wie beim 3:3-Unentschieden gegen den SK Rapid dürfen den Fans allerdings Hoffnungen machen.

Stefan Karger, abseits.at

Stefan Karger

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