Sechs bzw. neun Minuten fehlten den Riedern zum perfekten Auftakt in die Europa-League-Qualifikationsrunde drei. Die eine halbe Stunde zu zehnt spielenden Kicker von Legia... Bravo Ried! Respektabler 2:1-Sieg über Legia Warschau, aber mit einem dunklen Fleck

Sechs bzw. neun Minuten fehlten den Riedern zum perfekten Auftakt in die Europa-League-Qualifikationsrunde drei. Die eine halbe Stunde zu zehnt spielenden Kicker von Legia Warschau kamen nach den Toren von Rene Gartler (51.) und Anel Hadzic (62.) durch Danijel Ljuboja (84.) spät noch zum Anschlusstreffer zum 2:1-Endstand.

Aufstellungen

Heinz Fuchsbichler stellte gegenüber der 0:2-Niederlage gegen den Wolfsberger AC an zwei Stellen um, mannschaftstaktisch gehörig. Hinter dem statt Guillem spielenden Rene Gartler lief die zweite Umstellung, Anel Hadzic auf. Er ersetzte Robert Zulj. Abwechselnd mit Mario Reiter und Marcel Ziegl mimten die drei Zentralen den Organisator hinter der Spitze, wobei Reiter am weitesten vorne agierte. Die Viererkette sollte modern interpretiert werden, mit Ziegl und Reiter als Unterstützung, wenn Thomas Hinum oder Andreas Schicker vorgehen würden.

Sechs Spieler aus dem Kreise der Nationalmannschaft boten die zu favorisierenden Polen auf. Jan Urban vertraute ebenfalls auf ein massives Mittelfeld, stellte im 4-1-4-1-System auf. Trotz aller Überlegungen auf dem Papier blieben die Gäste schwer einzuschätzen, startet die Meisterschaft in Polen doch erst am 19. August. Liepajas Metalurgs war nur auswärts eine Aufgabe, es gab ein 2:2, daheim dann ein souveränes 5:1. Somit erwartete die Innviertler eine Wundertüte.

Abtasten zu Beginn

Der Beginn verlief abtastend, ohne großartige Höhepunkte. Die Rieder nahmen den Umstand, Heimmannschaft zu sein, trotz der Außenseiterrolle an und versuchten, die Mitte zuzumachen, aktiv zu werden. Die starke Defensive Legia Warschaus passte ebenso gut auf, wie die Viererkette der Hausherren. Nach einer ereignislosen Anfangsphase schickten sich die Gäste an, mehr für das Spiel zu tun und tasteten sich Richtung Rieder Strafraum nach vorne. Letztlich zeigte sich die Abwehr der Hausherren im Gegensatz zur Partie gegen Soligorsk deutlich verbessert und machte vor dem Tor zu, schnelle Pässe endeten zumeist mit einem Fahnenhub des Schiedsrichterassistenten. Auffällig war dennoch, dass die Polen mit Schicker zunächst eine Schwachstelle ausgemacht zu haben schienen, über die linke Seite ging es oftmals flott nach vorne. In der 31. Minute war es dann Markus Grössinger, der für die erste gute Szene sorgte. Ein herrenloser Ball flatterte nach einem Foul 20 Meter vorm Tor von links nach rechts, dort zog der vor ein paar Wochen aus der Regionalliga von Vöcklamarkt verpflichtete Rechtsaußen ab. Kurz später verpasste Gartler eine flache Schicker-Hereingabe um wenige Zentimeter.

Schieflagen

Die Gäste wurden auf die rechte Seite gedrängt, weil die Mitte zu war und auch, weil Thomas Hinum sich sehr engagiert zeigte und zudem genügend Unterstützung von Vordermann Grössinger erhielt – zeitweilig auch von Marco Meilinger. Weil sich aber Jan-Marc Riegler und Andreas Schicker als harte Nüsse erwiesen, verlegten die Polen den Fokus gegen Ende der ersten Halbzeit auch auf die überladene Rieder rechte Seite. So ergaben sich immer wieder Schieflagen. Die Innviertler fanden durch dadurch mehr Räume auf links, die polnischen Hauptstädter durch ebendiese dann minutenweise entweder links oder rechts Platz für Angriffe. Überhaupt zeigten sich beide Teams sehr flexibel, Spieler auf beiden Seiten wechselten ihre Positionen, um nicht in ein eintöniges Angriffsschema zu verfallen. Die erste Halbzeit war nach den ersten 20 Minuten hochinteressant. Es trat keine Eindimensionalität bei den vorgetragenen Angriffen ein, mit leichten Vorteilen für die SV Ried.

Zack und drinnen nach der Pause

Mit einfachstem Fußballspiel kamen die Rieder in der 51. Minute zum erlösenden 1:0. Legia ortete keine Gefahr, als Mario Reiter recht flott nach vorne lief. 20 Meter vor der Eckfahne schlug er dann eine gleichsam intelligente wie fiese Flanke halbhoch vor das Tor. Der Ball sprang hoch, der Innenverteidiger zog die Brust zurück, da der Ball ins Tor zu gehen drohte. Gartler machte das, was Stürmer machen: Er nickte ein. Die Warschauer Hintermannschaft war zwar zur Stelle, ging Reiter aber nicht an und auch auf Gartler wurde vergessen. Die Passivität dem Flankengeber gegenüber wurde beinhart ausgenutzt. Das Spiel nahm Fahrt auf und zehn Minuten nach der Führung legte Anel Hadzic nach. Jakub Wawrzyniak blockte einen Schuss im Strafraum mit der Hand, der Mittelfeldorganisator ließ Schlussmann Dušan Kuciak per Elfmeter keine Chance. Neben dem zweiten Tor sah der Schuldige auch noch die zweite gelbe Karte.

Urbans mutlose Umstellung

Nun in Unterzahl wechselte Urban, nahm in der 64. Minute Offensivmann Michał Kucharczyk raus, brachte mit Jakub Rzeźniczak einen Verteidiger. Das spielte den Rieder extrem in die Karten. Ein Mann mehr, zwei Tore vorne und defensiv sicher, offensiv weiterhin gefährlich. Allerdings ließ der Druck zu Beginn der zweiten Halbzeit nach, die Rieder zogen sich zurück, um durch Konter zum Erfolg zu kommen. Für die Polen wurde es nun ganz schwer, auch weil der Trainer in der 72. Minute mit der positionsgetreuen Einwechslung von Ivica Vrdoljak für Daniel Łukasik im defensiven Mittelfeld nicht den Vorwärtsgang einlegte. Die Rieder blieben weiterhin lästig, standen sicher, setzten mehrere Ausrufezeichen nach vorne.

Abgescherzelt

Abseits aller taktischen Überlegungen und dem Fehlen eines wirklich zielgerichteten Offensivspiels aufseiten der Warschauer fiel dann das 1:2. Ziegl foulte auf der linken Flanke, Miroslav Radović flankte in der 84. Minute und Danijel Ljuboja scherzelte den Ball per Kopf unhaltbar für Gebauer ins Tor. Die Wechsel waren wohl nicht ganz glücklich, Robert Zulj und vor allem Guillem brachten statt Gartler und Meilinger nicht den gewünschten Effekt, störten die Ordnung. Doch letztlich war es eben ein Standard, der Legia eine bessere Ausgangsposition zusicherte. Dafür kann Fuchsbichler nichts. Macht einer der Eingewechselten das dritte Tor, hat er alles richtig gemacht. Steht es nach 90 Minuten 2:0, wäre ein Aufkommen der bislang harmlosen Warschauer durch die durch Verzweiflung entstandene zweite Luft zu erklären.

Schwieriges Fazit

So steht Fußballösterreich etwas ratlos vor dem Ergebnis. Wie ist die Ausgangslage nun einzuschätzen? Ist das 2:1 gut, weil man gewonnen hat? Schmerzt das Auswärtstor doch zu sehr? Für die Köpfe der Spieler ist es wichtig, dass der höher eingeschätzte Gegner kontrolliert wurde. Für Fuchsbichler, dass er die gute Ordnung durch die defensiv schwachen Ersatzleute letztlich doch störte. Ein Standardtor bleibt aber zumeist losgelöst von dem Rest des Spiels. Darum sollte die Freude über den Sieg überwiegen und die Hoffnung, nochmals ins Play Off einzuziehen. Da müssen es aber volle 90 Minuten volle Konzentration sein.

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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