Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (17) – Lieber „Jimmy“ Hoffer!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag adressieren wir unseren Brief an einen Stürmer, der nach Jahren wieder in der österreichischen Bundesliga spielt.

Lieber Erwin „Jimmy“ Hoffer!

Zunächst einmal: Willkommen zurück! Ich freue mich ehrlich riesig, dass du wieder in Österreich spielst, schließlich verbinde ich mit dir meine ersten Erfahrungen als Sportjournalistin. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als du vor zehn Jahren zum SSC Napoli gewechselt bist. Von einer Sensation zu sprechen wäre zwar vermessen, dennoch registrierte man diesen Millionentransfer auch außerhalb der Sportberichterstattung. Ich weiß zum Beispiel noch, dass damals dein Konterfei als „Kopf des Tages“ auf dem lachsrosa Papier einer Tageszeitung abgedruckt war.

Ich hatte damals das Gefühl, man würde dich öffentlich zu den großen Hoffnungsträgern des nationalen Fußballs zählen. Die nackten Fakten sprachen ja auch dafür: 2007 gehörtest du jenem U‑20‑Kader an, der bei der WM in Kanada auf Platz vier landete, ein Jahr später holtest du mit Rapid den Teller und warst in deinem einzigen Europameisterschaftsspiel einer der Aktivposten. In der Meistersaison 2007/2008 hast du in 34 Spielen 27 Tore geschossen. Einige prophezeiten dir eine große Karriere, doch zu denen habe ich nie gehört. Vielleicht wirst du es selbst wissen, aber ein außergewöhnlicher Spieler warst du nie. Um Europaklasse – von Weltklasse will ich gar nicht reden – zu werden, hattest du einfach zu viele Defizite: Du warst (bist) schnell und eiskalt vor dem Tor. Im technischen oder taktischen Bereich sah es aber mau aus, sodass eine Karriere bei einem Topklub praktisch von Anfang an ausgeschlossen war.

Trotzdem finde ich, dass du auf deine bisherige Laufbahn wirklich stolz sein kannst. Vor deiner Abfahrt nach Neapel hast du gesagt, man müsse einfach den Schritt probieren und schauen ob es funktioniert. Genau das hast du gemacht: Du bist viel herumgekommen, hast versucht dich durchzusetzen. Das klappte zwar immer nur zeitweise und deine Nationalteamkarriere war 2012 vorbei, dennoch finde ich du hast – gemessen an deinen Möglichkeiten – wahrscheinlich das Maximum herausgeholt. Mehr wäre nur denkbar gewesen, wenn du auch das erforderliche Quäntchen Glück gehabt hättest.

Häme, dass du jetzt als „abgehalfterter“ Stürmer, der bei der Eroberung der Fußballwelt gescheitert ist, zurückkommst, ist unangebracht. Auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen, aber zwei hochklassige Saisonen in der österreichischen Bundesliga bedeuten leider noch nicht viel. Vielleicht kam der Wechsel in die Serie A zu früh, doch was vorbei ist, ist vorbei. Deine Karriere als Fußballprofi allerdings noch nicht, deswegen wünscht dir eine verletzungsfreie Saison und nur das Beste

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag