Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (56): Lieber Rudi Anschober!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an den Herrn Gesundheitsminister persönlich…

Lieber Rudi Anschober!

Normalerweise duze ich die Adressaten meiner Briefe, doch bei Ihnen, Herr Minister, kommt die gelernte Österreicherin mit Titelfetisch und Obrigkeitshörigkeit in mir durch: Also, lieber Herr Minister, Sie haben kommende Woche eine Entscheidung über den Spielbetrieb der Fußball-Bundesliga angekündigt und gesagt, Sie hoffen auf eine gute Lösung.

Ich denke, mit diesem Wunsch sind Sie nicht allein. Wir alle sehnen uns nach einer raschen, guten Lösung. Das sieht sicher auch der Vorsitzende der Vereinigung der Fußballer, Gernot Zirngast, so. Zirngast stieß jedoch ein anderes Zitat von Ihnen sauer auf: „Aber es [Anmerkung: ein möglicher Liga-Neustart] muss passen in das Gesamtkonzept des Schutzes der Bevölkerung. Das heißt, es wird keine Privilegien für den Fußball geben können. Der wird behandelt wie jeder andere.“. Zirngast dürfte es falsch verstanden haben, wenn er meint, es sei unnötig auf die privilegierten Fußballer hinzuweisen, da Fußballer keine Privilegien hätten, „ganz im Gegenteil – sie können ihrer Arbeit nicht nachgehen“.

Lieber Herr Minister, ich denke, Herr Zirngast versteht Sie einfach falsch: Ich glaube, dass Ihnen wohl bewusst ist, dass auch Fußballer Arbeitnehmer sind, die demnächst wieder ihren Beruf ausüben wollen. Ihnen wird auch klar sein, dass viele tausende Jobs, die an der riesigen Sportindustrie hängen, auf dem Spiel stehen. Dennoch glaube ich, dass es beim derzeitigen Stand der Entwicklung notwendig sein wird, in irgendeiner Form zu einem Spielbetrieb zurückzukehren: Nächste Woche öffnen sukzessive wieder die Schulen, Geschäfte sind (mit Einschränkungen) wieder zugänglich, sogar die Haare kann man schon schön haben. Deshalb wäre auch eine Form der Bundesligaaustragung bei Spielern, die permanent getestet werden, anzudenken.

Brot und Spiele – so hielt man es schon im alten Rom, um die Bevölkerung bei Laune zu halten. Vielleicht haben Sie ja das gemeint, als sie von Privilegien sprachen. Lieber Herr Anschober, vielleicht projiziere ich meine Wunschvorstellung in Sie, aber ich habe doch das Gefühl, dass Sie ihre Verantwortung sehr ernst nehmen und versuchen die Interessen gut auszubalancieren. Ein Minister ist dabei letztendlich oft der Buhmann. Damit müssen Sie leider leben.

Alles Gute und viel Gesundheit wünscht Ihnen

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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