Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (64) – Liebes Ex-Rapid-Sturmduo!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an zwei Stürmer, die einst gemeinsam Erfolge feierten und sich jetzt in einem dramatischen Abstiegsfinale gegenüberstanden…

Lieber Stefan Maierhofer!
Lieber Erwin Hoffer!

Ich habe es mir selbst auferlegt meine Briefe nie (oder höchst selten) an denselben Adressaten ein weiteres Mal zu versenden. An jeden von euch habe ich zwar schon einmal einige Zeilen gerichtet, aber dieses Mal soll die Nachricht an euch beide zusammen gehen.

Es ist schon wieder sehr lange her, seit ihr als Rapid-Sturmduo für Furore gesorgt habt: 12 Sommer, ein Dutzend Jahre sind vergangen seit der Rekordmeister aus Wien-Hütteldorf zum letzten Mal die Schale in den Himmel recken durfte. Damals wart ihr mit von der Partie, das war eure Zeit. Doch sie dauert nicht einmal eineinhalb Saisonen: Begonnen hat euer ballesterisches joint venture nämlich erst mit dem 7:0-Auswärtssieg gegen Salzburg und dem Einbiegen auf die Straße zum Meistertitel. In der nächsten Saison habt ihr um die Verteidigung des Tellers gekämpft, doch es hat nicht sollen sein. Insgesamt 50 Tore waren nicht genug. Es bleibt der gute Nachgeschmack einer Zeit, in der es einfach gepasst hat: Der „Lange“ verlängerte – meist mit dem Schädel – auf den pfeilschnellen Jimmy – Tor. Oder so ähnlich.

Lieber Stefan, lieber Erwin – es war eine tolle Zeit. Doch seitdem sind viele Spiele gespielt worden, ihr seid weitgereist und jetzt im reifen Alter zurückgekommen. Stefan, du bist immer noch extrovertiert und motiviert bis in die (mittlerweile ergrauten) Haarspitzen. An deinem Verhalten scheiden sich manchmal die Geister, auch wenn man deine Erfolge nicht wegreden kann. Und Erwin: Du hast rhetorisch zugelegt, man erkennt an Mimik und Gestik, dass dich die Jahre der Wanderschaft geprägt haben: Italien, Deutschland, Belgien. Laut eigener Aussage seid ihr in Kontakt miteinander geblieben, doch aus der Wiedervereinigung bei Rapid als „Fußball-Oldies“, die Stefan (vor einigen Jahren als eure Auslandsabenteuer hoffnungsvoll Fahrt aufnahmen) optimistisch ankündigte, wurde nichts.

Ihr passt wohl beide nicht mehr ins Schema des Wiener Klubs. Deswegen seid ihr euch gestern im Kellerduell von WSG Tirol und Admira Wacker gegenübergestanden: Es war tatsächlich ein Wettkampf, den ihr zu eurem Spiel gemacht habt. Ihr habt beide mehrere Sitzer vergeben, wart Hauptakteure auf dem Feld. War es Nervosität oder „Altersschwäche“? Man weiß es nicht. Trotzdem hoffe ich, dass ihr keine Wehmut gefühlt habt. Schließlich hat alles seine Zeit und ein Stürmer muss Tore schießen – ob für den Titel oder gegen den Abstieg. Das ist eigentlich egal. Jedenfalls dürft ihr nicht, dürfen wir nicht vergessen, dass ihr österreichische Fußballgeschichte – ob für Rapid oder für das ÖFB-Team – mitgeschrieben habt. Das ist jedenfalls nicht egal.

Alles Gute für die Zukunft wünscht euch

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag