Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (77): Lieber Felix Magath!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an einen Berater, der vor allem für seine große Trainerkarriere bekannt ist…

Lieber Felix Magath!

Alles hat seine Zeit. Sicher, Trends wiederholen sich, trotzdem befindet sich Modernität immer im Wandel und selbst, wenn man das Gefühl hat, die Zeit steht still, stimmt das nicht. Du bist unbestritten ein sehr erfolgreicher Fußballtrainer gewesen: Bis heute bist du der Einzige, der in der deutschen Bundesliga zweimal hintereinander Meister und Pokalsieger, also Doublegewinner, wurde. Als Spieler hattest du deine große Zeit beim Hamburger Sportverein, wo du dreimal die Schale in die Höhe recken durftest. Dort hat dich Ernst Happel geprägt. „Ich kannte und kenne keinen Menschen, der mit so wenigen Worten so viel Erfolg hatte. Er war ein genialer Trainer.“ – das hast du erst kürzlich über den „Wödmasta“ gesagt.

Lieber Felix, auch ich bin ein großer Fan von Ernst Happel. Er ist unbestritten meine Lieblingsfußballlegende. Dennoch glaube ich, dass der gebürtige Wiener heute anders trainieren würde. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil er mit seiner Art keinen derartigen Erfolg mehr hätte. Die heutigen Sportler sind mündigere Menschen als damals. Die Emanzipation hat sich auch bei den Athleten bemerkbar gemacht: Sie wollen nicht mehr reine Befehlsempfänger sein, sind sensibler und schauen über den Tellerrand. Außerdem spielt das Geld im Fußball eine große Rolle: Post-Bosman sind alle Spieler potentielle Wandervögel. Diese Tatsache will ich gar nicht unter den Teppich kehren. Ich spreche auch nicht vom harten, körperlichen Training, das Happel und du praktiziert habt. Ein Schleifer zu sein, muss nicht negativ behaftet sein. Ich spreche vielmehr von menschlicher Härte. Vor wenigen Wochen habe ich ein Interview mit Kevin Pannewitz, einem einstigen Hansa Rostock-Kicker, der es leider aus persönlichen Gründen nicht geschafft hat, ein Leben als Fußballprofi zu führen, gelesen. Pannewitz erzählte über ein typisches Training unter dir: „Beim ersten Antritt bekam ich einen Krampf. Ich lag auf dem Boden und war völlig kaputt. Wer bei Magath Schwäche gezeigt hat, war für ihn nicht gut genug. Er sagte zu mir, ich solle zur Seite rausrutschen. Den anderen rief er zu: „Lasst den liegen!““ Das ist Menschenführung, die einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Das gehört sich nicht (mehr), sollte man meinen.

Und jetzt? Nachdem unter deiner Führung der verdiente Admiraner Schösswendter kaltgestellt wurde, meldete sich sogar die österreichische Fußballergewerkschaft und führte aus, dass „die Magath-Methode Spieler durch Trainingsverbot zu einer Vertragsauflösung zu bringen [ist] in Österreich durch unseren Kollektivvertrag nicht zulässig“ sei. Klar, es geht im Fußball sehr schnell: Starspieler und Leistungsträger werden auf Händen getragen, ihre Unterschriften sind eine Menge Millionen wert, nur damit wenige Zeit später eine Auflösung des Arbeitsvertrages verhandelt wird. Das ist so, damit muss man leben. Trotzdem sollten Respekt und gegenseitige Wertschätzung in ihren Spurenelementen nicht verhandelbar sein. Das hat auch Ernst Happel so gesehen. Lieber Felix, ich bitte dich darüber nachzudenken.

Deine
Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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