Die Saison nach einem Meistertitel ist zumeist eine schwierige. Auch Sturm wird es nicht leicht haben die starken Leistungen aus der Meistersaison zu bestätigen und muss nach dem Abgang von Gordon Schildenfeld möglicherweise mit weiteren Abgängen von Stützen wie etwa Roman Kienast rechnen. Wie stark ist die Elf von Franco Foda wirklich? Hier der letzte Teil der abseits.at-Bundesligavorschau!
TORHÜTER
Christian Gratzei war in der vergangenen Saison einer der großen Erfolgsgaranten der Sturm-Elf. Nichts desto trotz ist er kein Torhüter, vor dem sich die gegnerischen Angreifer schon im Vorfeld der Partie fürchten, wie es etwa vor zwei Jahren bei Salzburgs Eddie Gustafsson oder Rieds Thomas Gebauer der Fall war. Gratzei ist ein solider Keeper, schaffte über Sturm den Sprung ins Nationalteam, gehört dennoch nicht konstant zu den besten Torhütern der Liga, ist jedoch mit Sicherheit im oberen Qualitätsmittelfeld anzusiedeln.
ABWEHR
Der Abgang des bärenstarken kroatischen Abwehrchefs Gordon Schildenfeld, der zu Eintracht Frankfurt wechselte, schmerzt. Noch hat Sturm keinen gleichwertigen Ersatz für den Chefposten in der Abwehr gefunden, kaufte stattdessen mit Georgi Popkhadze einen georgischen Linksverteidiger, dessen Karriere in den letzten Jahren eher ein Auf und Ab war. Mit Joachim Standfest verfügt Sturm auf der gegenüberliegenden Seite über einen Routinier, der seine Leistungen konstant abspult, spielerisch aber keine großen Sprünge macht. Innen muss man sich vorerst auf Ferdinand Feldhofer und Thomas Burgstaller verlassen, die zwar ebenso solide und „brav“ sind, aber eigentlich nicht das Innenverteidigerduo einer Meistermannschaft bilden sollten. Es fehlt eindeutig der Chef und das wird Sturm – so kein ebenbürtiger Ersatz für Schildenfeld gefunden wird – im Laufe einer möglicherweise langen Saison auf den Kopf fallen.
MITTELFELD
Mit Ausnahme von Kapitän Kienzl, der nach Liechtenstein wechselt, und Klaus Salmutter, der sich eine Auszeit vom Profifußball nimmt, ändert sich am Sturm-Meistermittelfeld nicht viel. Mit Matthias Koch kommt ein ambitionierter Junger fürs defensive, zentrale Mittelfeld hinzu, zudem verfügt Sturm mit Haris Bukva über eine weitere technisch starke, manchmal jedoch etwas divenhafte Alternative. Dennoch zeigte das durchaus facettenreiche Sturm-Mittelfeld 2010/11, dass es zu großen Leistungen imstande ist und wird voraussichtlich in der kommenden Saison intern verstärkt werden, zumal man damit rechnen darf, dass Jungstar Florian Kainz (18) zu mehr Einsätzen als in der Vorsaison kommen und überzeugen wird. Dem gegenüber steht Altstar Samir Muratovic, der auch 2011/12 eine tragende Rolle im Mittelfeld spielen wird, die vor allem für Effizienz bürgt.
ANGRIFF
In der vergangenen Saison erzielte Sturm 35 Stürmertore. Alleine 19 davon besorgte Roman Kienast, auf den man zumindest noch bauen kann. Kienast zog jedoch zuletzt das Interesse diverser internationaler Klubs auf sich, wird etwa derzeit von Maccabi Haifa beobachtet, wo auch Rapids Hamdi Salihi im Gespräch ist. Der 30jährige Ungar Imre Szabics scheint mit Fortdauer seiner Karriere immer stärker zu werden, ist eine Schlüsselfigur in Sturms Offensivspiel und wird 2011/12 erneut seine Tore machen. Und dann wäre da noch die bald 37jährige Wunderwaffe Mario Haas, der torgefährliche Sprinter, der auch vom Alter nicht klein zu kriegen ist. Haas startet bereits in seine 17.Saison für Sturm Graz, wird diese aber nicht zum gemütlichen Ausklang seiner Karriere nutzen, sondern wieder voll angreifen. Auch angesichts der Tatsache, dass Sturm nur drei Angreifer mit Aussichten auf einen Stammplatz hat – da hie und da mit Ausfällen von Kienast und Szabics zu rechnen ist und die Sturm-Saison durch die Europacup-Belastung (hoffentlich) sehr intensiv wird, muss Haas seine Einsätze bekommen.
TEAM
Zwei echte Neuverpflichtungen, fünf erwähnenswerte Abgänge. De facto wurde Koch statt Mevoungou geholt, Popkhadze für Perthel. Die Sturm-Elf kennt sich also, wurde durch die spannende, intensive Saison 2010/11 noch stärker zusammengeschweißt und wie schon in der Vorsaison wird die mannschaftliche Geschlossenheit und die gute Mischung aus alten und jungen Spielern (bezeichnend, dass Muratovic und Haas einen großen Anteil am letztjährigen Meistertitel haben) ein großer Trumpf dieser Mannschaft sein.
TRAINER
Für Franco Foda beginnt 2011/12 eine neue Ära in seiner persönlichen Laufbahn. Der Deutsche holte erstmals einen Meistertitel, muss jetzt einerseits versuchen diesen zu verteidigen, andererseits hat er die Chance Champions-League-Qualifikation zu spielen und wird, auch angesichts dessen, dass ihm nominell eine schwächere Mannschaft als vergangene Saison zur Verfügung steht, noch stärker in der internationalen Auslage stehen. Der 45jährige hat heuer die Chance zu einem Trainer von internationalem Format heranzuwachsen und ist seinen neuen Aufgaben durchaus gewachsen.
GESAMT
Einen zweiten Meistertitel in Folge wird Sturm höchstwahrscheinlich nicht einfahren – dafür wird speziell die Salzburger Konkurrenz zu stark sein. Aber das Team, das seit 2007/08 jede Saison unter den Top-4 beendete, wird auch in der kommenden Saison wieder vorne mitspielen und gute Spiele abliefern. Jedoch sollte Sturm mit den durch Frank Stronachs Sponsoring freiwerdenden Ressourcen zusehen, dass die Mannschaft noch an ein oder zwei Positionen punktuell verstärkt wird. Nicht jedes Jahr wird Sturm die Möglichkeit haben, sich für die Champions League zu qualifizieren und es wäre schade, wenn der Traum der Königsklasse aus Gründen der Untätigkeit auf Managementebene bereits früh wieder Geschichte ist. Abseits.at sieht den SK Sturm Graz in der Saison 2011/12 auf einem der Ränge zwei bis vier.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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