Am Wochenende steht das große Wiener Derby vor der Tür – dieses voraussichtlich ziemlich kalte Vergnügen könnte bereits richtungsweisend für das restliche Frühjahr sein.... Das 308. Wiener Derby (1) – Rapids Experiment mit der falschen Neun und die Notwendigkeit eines kühlen Kopfs

Zoran Barisic (SK Rapid Wien)Am Wochenende steht das große Wiener Derby vor der Tür – dieses voraussichtlich ziemlich kalte Vergnügen könnte bereits richtungsweisend für das restliche Frühjahr sein. Rapid steht in der Tabelle derzeit einen Punkt vor der Wiener Austria auf Platz 3. Die Veilchen bauten ihren Kader an einigen Stellen um, während Rapid praktisch unverändert in die Frühjahrssaison geht.

Der SK Rapid ist seit Jahren recht weit davon entfernt eine Heimmacht zu sein. Die letzte Saison, in der Rapid mehr als die Hälfte seiner Heimspiele gewinnen konnte, war die Spielzeit 2009/10. Damals holte Grün-Weiß 15 Siege aus 18 Heimspielen, verlor nur gegen Red Bull Salzburg. Dies war auch die letzte Saison, in der Rapid die Wiener Austria vor heimischem Publikum besiegen konnte. Am 14.März 2010 sorgten Tore von Steffen Hofmann und Nikica Jelavic für einen 2:0-Erfolg über die Austria.

Ungewöhnlich: In Favoriten zuletzt besser als in Hütteldorf

In der General Arena a.k.a. Horr-Stadion, die/das lange Zeit als Nemesis für den SK Rapid galt, gewann Rapid allerdings seitdem drei Spiele, verlor nur eines. Der Derbyhund liegt für Rapid derzeit also eher im Westen Wiens vergraben. Die Ursachen dafür sind breitgefächert: In manchen Heimspielen der letzten Jahre dominierte Rapid die Austria, spielte die zumeist leicht favorisierten Veilchen phasenweise sogar an die Wand. Dumme rote Karten (Boskovic, Palla) machten den Matchplänen Rapids aber stets einen Strich durch die Rechnung. So auch im bisher einzigen Heimderby der Saison, in dem Rapid zu zehnt ein 0:0 erkämpfte und dabei über weite Strecken die bessere Mannschaft war.

Verteidigung steht

Zoran Barisic‘ Plan für das 308. Wiener Derby ist aufgrund der relativ entspannten Personalsituation bei Rapid sehr schwer vorauszuahnen. Es gibt kaum einen Mannschaftsteil, der keine potentielle Personaldiskussion beinhaltet. Bereits fix scheint immerhin die Zusammensetzung von Rapids Viererabwehrkette: Schrammel links, Trimmel rechts und das Innenverteidigerpaar bilden Sonnleitner und Behrendt. Christopher Dibon ist für das Derby gelbgesperrt.

Die Auswirkungen von Boyds Sperre

Die Mittelfeld- und Angriffszusammensetzung ist aufgrund der Rotsperre von Terrence Boyd knifflig. Für gewöhnlich wäre wohl das gewohnte, taktisch betrachtet eher defensive 4-3-3 mit Boyd als Speerspitze die logischste Variante für die Startaufstellung gewesen. Durch Boyds Ausfall ist der zurückkehrende Deni Alar aber der einzige echte Angreifer im Kader. Potentielle Alternativstürmer wie Sabitzer oder Burgstaller werden grundsätzlich eher an den Flanken gebraucht. Dass der junge Dominik Starkl wie schon in den Heimspielen gegen Wacker Innsbruck oder Wiener Neustadt im Sturmzentrum startet, ist für das Derby eher unwahrscheinlich. Auch eine Variante mit Alar von Beginn an wäre eine Überraschung.

Schaub im „Götze-Stil“?

Daher testete Barisic im letzten Testspiel gegen NK Lokomotiva Zagreb eine Variante, die man bei Rapid in dieser Ausführung noch nie sah: Ein offensiver Mittelfeldspieler mit Qualitäten auf der Zentralachse fungierte in der ersten Halbzeit als „falsche Neun“. Dieser Mittelfeldspieler war Louis Schaub, was einen Unterschied zu einem Mittelstürmer wie Guido Burgstaller ausmacht, zumal dieser sich eher in der Breite bewegt, während der „Spielmacher“ Schaub sich als Stürmer auf einer zentralen Position stärker entgegen bewegt.

Automatismen und Durchschlagskraft

Angesichts dessen, dass Rapid dies im Ernstfall viel zu selten probte, ist auch diese Variante fürs Derby nicht sehr wahrscheinlich. Auch die Durchschlagskraft in der „Zone der Wahrheit“ würde unter einer solchen Konstellation leiden. Nicht aus allgemeinen Gründen, sondern weil diese Variante noch gar nicht eingespielt sein kann. Geht man nun davon aus, dass Alar noch kein Kandidat für die Startelf ist, wären also wieder Burgstaller und Sabitzer die Top-Kandidaten für den Angriff, während Starkl eher als Alternative für den Flügel in Frage käme.

Kreatives, zentrales Mittelfeld

Das zentrale Mittelfeld, Rapid nominelle „Dreifach-Acht“, dürfte aller Voraussicht nach aus Hofmann, Petsos und Wydra bestehen. Ein möglicher Ersatzmann wäre Boskovic, aber auch der junge Mario Pavelic wurde zuletzt auf der Position im zentralen Mittelfeld getestet.

Pressing wie gegen die Roten Bullen und ein kühler Kopf

Die Gangart Rapids ist auch nicht schwer vorauszuahnen: Hohes, aggressives Pressing, wie im letzten Heimspiel gegen Red Bull Salzburg, das mit 2:1 gewonnen wurde. Rapid wird versuchen, der Austria keinen Zentimeter Platz zu lassen und seine Feldposition ohne Ball so hoch wählen, dass die Umschaltwege nach vorne nicht zu weit sind. Ein wichtiges Thema wird es aber auch sein, etwaige Übermotivation zu unterbinden, wie man es in den letzten Heimderbies nicht immer schaffte. Unterm Strich kommt mit der Austria kein unbekannter Gegner und die Veilchen werden trotz ihrer Aktivitäten in der Wintertransferzeit nicht grundlegend verändert auftreten.

Wie der Tabellenvierte aus Wien-Favoriten am Sonntag in Hütteldorf auftreten wird, analysieren wir morgen im zweiten Teil unserer Derby-Vorschau.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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