Das Winter-Transferfenster bot beim SK Rapid bis zur letzten Woche nicht allzu viele Überraschungen, doch am Ende wurde es noch einmal richtig turbulent. Wir... Der doppelte Dejan: Rapid-Neuzugang Petrovic im Portrait

Das Winter-Transferfenster bot beim SK Rapid bis zur letzten Woche nicht allzu viele Überraschungen, doch am Ende wurde es noch einmal richtig turbulent. Wir wollen den gestrigen Tag Revue passieren lassen und uns dann ganz dem Neuzugang Dejan Petrovic widmen. Wie verlief seine bisherige Karriere und wo liegen seine Stärken und Schwächen? Was darf man sich vom 22-jährigen Mittelfeldspieler erwarten?

Ein Dejan, kein Dejan, zwei Dejans

Nach dem Badji-Abgang und der Verpflichtung von Ercan Kara vermuteten die meisten Rapid-Fans, dass es keine weiteren Zu- und Abgänge in diesem Winter-Transferfenster geben würde. Insofern kam es etwas überraschend, dass Dejan Ljubicic das Trainingslager verlassen durfte, um einen Vertrag bei Chicago Fire zu unterschreiben. Die Rapid-Anhänger befürchteten zwar, dass ein defensives Mittelfeld bestehend aus Grahovac, Velimirovic und Schuster nicht gänzlich ideal sei, freuten sich aber über die von den Medien kolportierte Ablösesumme von mehr als drei Millionen Euro. Plötzlich vermeldete der KURIER, dass Barisic mit Dejan Petrovic einen Ersatz für Ljubicic in der Hinterhand hat.
Am gestrigen Tag folgten zwei Presseaussendungen – knapp vor 12:00 Uhr vermeldeten die Grün-Weißen den Neuzugang, ehe kurz nach 17:00 Uhr die Information geteilt wurde, dass Dejan Ljubicic keine Einigung erzielen konnte und wieder zurück in Hütteldorf ist. Das lief wahrscheinlich nicht ganz so, wie man es sich in Hütteldorf vorgestellt hat.

Barisic und die slowenische Liga

Rapid-Sportdirektor Zoran Barisic kennt die slowenische Liga wie seine Westentasche, da er im September 2018 Cheftrainer von Olimpija Ljubljana wurde. Sein damaliger Co-Trainer Slobodan Grubor ist der aktuelle Coach von NK Aluminij, sodass vor dem Transfer sicherlich ein reger Austausch zwischen den beiden stattfand.

Der kuriose Aufstieg in die höchste slowenische Spielklasse

Dejan Petrovic spielte in seiner bisherigen Karriere auf Vereinsebene ausschließlich für den NK Aluminij, der in der Vergangenheit meist in der zweiten slowenischen Liga zu finden war. 2011/12 gelang dem Verein der Aufstieg in die 1. SNL, die der Klub aber nach einem zehnten Platz in der darauffolgenden Saison wieder verlassen musste.

Petrovic debütierte in der Saison 2014/15 mit 17 Jahren für seinen ehemaligen Klub, allerdings wurde er nur einmal in der 60. Minute eingewechselt. Aluminij schloss die Tabelle am zweiten Platz ab, verlor aber die Playoff-Spiele gegen ND Gorica mit einem Gesamtscore von 1:2. In der darauffolgenden Saison wuchs er langsam in die Mannschaft hinein und absolvierte insgesamt zwölf Partien, wobei er sieben Mal in der Startaufstellung stand. Sein Klub erreichte abermals den zweiten Platz und verlor die Playoffs gegen DNŠ Zavrč knapp mit einem Gesamtscore von 3:4. Dann wurde es allerdings kurios. Bei Zavrč stand ein Tormann im Kader, den der Klub um 7.000 Euro vom kroatischen Drittligisten Mosor verpflichtete. Es wurde zwischen den beiden Vereinen vereinbart zunächst 1.000 Euro zu überweisen und den restlichen Betrag bis zum 14. April 2015 zu bezahlen. Der slowenische Verband setzte aber die Deadline mit dem 31. März fest, sodass der Verein aufgrund von ein paar tausend Euro nicht aufsteigen durfte. Stattdessen wurde der Verlierer des Playoffs in die 1. SNL eingeladen und Aluminij ließ sich nicht zweimal bitten.

Stammspieler in der 1. SNL

Der junge Dejan Petrovic brauchte in der obersten Spielklasse ein wenig Anlaufzeit. Er stand zwar in seiner ersten Saison in der 1. SNL in 19 Meisterschaftspartien am Platz, allerdings nur vier Mal von Beginn an und absolvierte insgesamt nur 558 Minuten. Der Verein landete am neunten Tabellenplatz, musste aber kein Playoff-Spiel bestreiten, da der Tabellensechste Koper keine Lizenz für die kommende Saison erhielt. In der Saison 2017/18 avancierte Petrovic zum unumstrittenen Stammspieler und absolvierte 33 Einsätze, wobei er 29 Mal in der Startaufstellung stand. In der darauffolgenden Spielzeit stand er 33 Mal von Beginn an am Platz und in der aktuellen Saison fand man ihn in allen 20 Meisterschaftspartien in der Startaufstellung. Dies gelang mit Matic Vrbanec nur einem weiteren Spieler, wobei Petrovic die mit Abstand meisten Einsatzminuten aller Aluminij-Akteure aufweist. Nachdem der Klub schon die Vorjahressaison im Mittelfeld der Tabelle abschloss und mit dem Abstieg nichts zu tun hatte, liegt Aluminij in der aktuellen Spielzeit auf dem starken dritten Platz und hat nur vier Punkte Rückstand auf Tabellenführer Olimpija Ljubljana.

Mehr als 100 Erstligapartien und U21-Nationalspieler

Dejan Petrovic kam zwischen den Saisonen 2016/17 und 2019/20 auf insgesamt 105 Einsätze in der höchsten slowenischen Spielklasse, wobei er 86 Mal von Beginn an am Platz stand. 2016/17 blieb er ohne Scorerpunkt, ein Jahr darauf gelang ihm bei 33 Einsätzen ein Assist. 2018/19 hatte er eine starke Saison und steuerte in 33 Einsätzen drei Tore und sechs Vorlagen bei. In der aktuellen Saison steht er nach 20 Partien bei drei Assists.

Zu seinen Einsatzminuten in der höchsten Spielklasse kommen noch 732 Minuten und zwei Tore in der 2. SNL und 1268 Minuten in diversen Cup-Partien, in denen er ohne Treffer blieb. Petrovic absolvierte zudem 48 Partien als Nachwuchs-Nationalspieler, da er seit der U15 ein fixer Bestandteil der slowenischen Auswahlen ist. Insgesamt steuerte er in diesen Partien vier Tore bei, wobei er erst im Herbst 2019 beim U21-Nationalteam sowohl gegen Frankreich, als auch gegen England einen Treffer erzielte.

Sechser oder Achter? Oder beides?

Nach seiner Verpflichtung fragten sich viele Rapid-Fans auf welcher Position der Neuzugang am besten aufgehoben ist. Einige Anhänger im Austrian Soccer Board beschrieben ihn als typischen Achter, andere wiederum meinten, sie haben ihn auf der Sechs spielen gesehen. Deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf seine bisherigen Positionen.

Quelle: Wyscout S.p.a

In der obigen Grafik können wir sehen wie oft er als zentraler rechter Mittelfeldspieler eingesetzt wurde. Wenn er nicht im zentralen rechten Mittelfeld agierte, kam er stets als Sechser zum Einsatz, wobei wir auch hier noch weiter unterscheiden werden.

Sicherheitshalber zur Erklärung der Grafik: Im ersten Quartal 2018 kam er rund bei 40% seiner Einsätze im rechten zentralen Mittelfeld zum Einsatz und agierte ansonsten als Sechser. Ende 2018 bis Mitte 2019 wurde er fast ausschließlich als Achter eingesetzt, danach wieder vermehrt im defensiven Mittelfeld.

Im zentralen rechten Mittelfeld agierte er zu 65,2% aller Fälle in einem 4-4-2-System, wobei er in derselben Position auch in einem 4-4-1-1 und 4-1-4-1-System zum Zug kam.

Als Sechser wurde er hauptsächlich Anfang 2018, sowie in den letzten Monaten eingesetzt. Interessant dabei ist, dass er sowohl als alleiniger Sechser in einem 4-1-4-1 und 4-3-3 agieren kann, als auch auf der Doppelsechs im 4-2-3-1-System. In den letzten Monaten spielte er überwiegend den Solosechser in einer 4-1-4-1-Formation.

Statistiken im Vergleich

In weiterer Folge vergleichen wir seine Statistiken mit denen von Stefan Schwab, Dejan Ljubicic und Srdjan Grahovac. Als Zeitraum wurde das gesamte Kalenderjahr 2019 gewählt. Man möchte bei Betrachtung der Daten allerdings bedenken, dass Petrovic in rund der Hälfte aller Partien als Achter zum Einsatz kam und es demnach nicht allzu verwunderlich wäre, wenn die offensiven Werte besser als bei dem defensiver agierenden Grahovac ausfallen. Das gilt umgekehrt natürlich auch für einige Defensiv-Statistiken.

Offensiv-Statistiken

Quelle: Wyscout S.p.a

Dejan Petrovic wird sich in Österreicher vermutlich nicht als Goalgetter einen Namen machen, aber er verzeichnet dennoch recht viele Torabschlüsse.

In diesem Kalenderjahr gab er 1,34 Torschüsse pro 90 Minuten ab, womit er ziemlich genau zwischen Stefan Schwab (1.72) und Dejan Ljubicic (0.78) liegt. Petrovic bringt so wie Ljubicic nur rund 20% aller Schüsse auf das gegnerische Tor, während Schwab bei rund 37% steht. Auffallend ist, dass Petrovic einen xG-Wert von 3,5 über das vergangene Kalenderjahr aufweist, allerdings in diesem Zeitraum in der Liga nur einen Treffer erzielen konnte, nämlich beim 4:0-Sieg gegen Rudar Velenje im März 2019. Petrovic kommt zwar aufgrund seiner explosiven Antritte in den offenen Raum zu einigen Chancen, weist aber bis dato eine sehr schwache Chancenauswertung auf.

Quelle: Wyscout S.p.a

Petrovic zieht auch gerne weit außerhalb des gegnerischen Strafraums ab, wobei seine Schüsse sehr häufig deutlich über das gegnerische Tor gehen. Anhand der obigen Grafik seiner Torschüsse sehen wir, dass hier noch einiges an Verbesserungsbedarf besteht:

Interessante Passstatistik

 Quelle: Wyscout S.p.a

Zoran Barisic äußerte sich nach dem Transfer mit folgenden Worten über seinen Neuzugang: „Er kann sowohl auf der klassischen Sechser- als auch Achter-Position spielen, seine besondere Stärke ist das Passspiel„. Ein Blick auf die Statistiken unterstreicht diese Aussage. Kein anderer zentraler Mittelfeldspieler des SK Rapid spielte so viele Pässe pro 90 Minuten, wobei auffällt, dass Petrovic so wie Stefan Schwab sehr gerne weite Pässe spielt, wobei er mit 58,67% angekommenen weiten Zuspielen auch eine starke Quote aufweist.

Der tödliche Pass

Quelle: Wyscout S.p.a

Ebenfalls stark sind Petrovic´ Statistiken bei den Schlüsselpässen. Er kommt im Schnitt pro 90 Minuten auf 11,34 Pässe ins letzte Spieldrittel, womit er knapp vor Schwab und klar vor Ljubicic und Grahovac liegt. Bei den Expected-Assists-Werten (xA) liegt er mit 0,15 pro Partie ebenfalls knapp vor Stefan Schwab, allerdings ließen seine Mitspieler deutlich mehr Chancen aus als Schwabs Mannschaftskollegen, weshalb der Rapid-Kapitän doppelt so viele Assists zu Buche stehen hat.

Quelle: Wyscout S.p.a

In der obigen Grafik sehen wir den Schnitt seiner Schlüsselpässe pro Partie seit Anfang 2018. Die blaue Linie steht für die Anzahl der Schlüsselpässe pro 90 Minuten, die rote Linie für die angekommenen Schlüsselpässe und die orange Linie für die Fehlpässe. Man sieht recht deutlich, dass die Anzahl der Schlüsselpässe wie erwartet mit seiner Spielposition zusammenhängt, wobei er zuletzt auch als Sechser einige tödliche Pässe spielen konnte.

Flanken

Quelle: Wyscout S.p.a

In der obigen Grafik sehen wir die Positionen aus denen Petrovic Flanken für seine Mitspieler schlug, wobei niedrige Zuspiele (Stangerlpässe etc…) ebenfalls inkludiert sind. Von 46 hohen Flanken fanden starke 60,9% den Weg zu einem Mitspieler, was ein ausgezeichneter Wert ist. Von den niedrigen Zuspiele kam aber nur knapp jeder zehnte Versuch an.

Dribblings

 Quelle: Wyscout S.p.a

Dejan Petrovic kam im vergangenen Kalenderjahr auf 1,43 Dribblings pro 90 Minuten, womit er am seltensten von den vier Spielern zu einer Eins-gegen-Eins-Situation ansetzte. Seine Erfolgsquote liegt bei knapp 48%.

Zweikampfwerte

Quelle: Wyscout S.p.a

Der Rapid-Neuzugang macht verglichen mit seinen zukünftigen Mannschaftskollegen in den Zweikampfwerten keinen schlechten Eindruck. Er gewann im letzten Kalenderjahr knapp vor Ljubicic die meisten defensiven Duelle und fällt auch bei den weiteren Werten nicht ab. Grahovac, dessen Fokus verglichen mit den anderen Spielern stärker auf der Defensive liegt, kommt auf die meisten erfolgreichen Defensivaktionen pro 90 Minuten.

Quelle: Wyscout S.p.a

Bei den Interceptions liegt er im Mittelfeld in der obigen Grafik seht ihr auf welchen Positionen Petrovic gegnerische Pässe abfing.

Zusammenfassung und Fazit

Ein großer Vorteil für den SK Rapid ist die Polyvalenz des Neuzugangs. Petrovic fühlt sich auf der Acht und der Sechs gleichermaßen wohl und eröffnet damit Didi Kühbauer einige neue Perspektiven, zumal er seine taktische Ausrichtung auch während einer Partie ohne Probleme verändern kann. Petrovic ist ein Spieler, der am Feld hochkonzentriert wirkt und immer unter Spannung steht. Seine Passquote ist gut, wobei er insbesondere als Sechser phasenweise wie ein Quarterback agiert. Petrovic lässt sich öfters zwischen die Innenverteidiger fallen und wenn sich die Möglichkeit für einen langen, hohen Pass nach vorne gibt, nimmt er diese gerne wahr. Allerdings präferiert er auch im gegnerischen Drittel hohe Zuspiele auf seine Mannschaftskollegen und wir sahen im Videostudium immer wieder kurze hohe Chips in den gegnerischen Strafraum hinein, die ihm oft besser gelingen als flache Pässe in den Lauf seiner Mitspieler. Die Schusstechnik ist wie bereits oben erwähnt noch ausbaubar, da speziell die Versuche aus weiter Distanz oftmals meterhoch über das Tor gehen. Sollte er als Achter aufgestellt werden, wird er auch an seiner Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor arbeiten müssen.

Petrovic sollte im Spiel gegen den Ball den Rapid-Fans gut gefallen, da er mit hoher Dynamik die Gegner anläuft und ein äußerst lästiger Gegenspieler ist, den man gut in ein funktionierendes Pressingsystem einbauen kann – hier ist Trainer Didi Kühbauer gefragt, da das Pressing der Hütteldorfer in der Hinrunde nur phasenweise richtig gut funktionierte und sicher noch ausbaubar ist. Mit Petrovic stößt ein schneller und konditionsstarker Mittelfeldspieler hinzu, der bei passenden Anweisungen eine Pressingmaschine werden könnte. Der Mittelfeldspieler sieht zwar nicht allzu viele gelbe Karten, begeht aber dennoch immer wieder kleinere Fouls, speziell wenn der Gegenspieler mit dem Rücken zum Ball auf Höhe der Mittellinie den Ball annimmt. Wenn er den Ball erobert und freien Raum vorfindet, nutzt er diesen mit viel Tempo aus, wobei ihm bei hoher Geschwindigkeit mit dem Ball am Fuß immer wieder vermeidbare Fehler unterlaufen.

Petrovic gewinnt viele Bälle, zeichnet sich allerdings selbst auch für zahlreiche Ballverluste verantwortlich. Der 22-Jährige ist eben noch kein fertiger Spieler und man wird Geduld mit ihm haben und diese Fehler verzeihen müssen. Dies betonte auch Sportdirektor Zoran Barisic – Petrovic soll die nötige Zeit zur Integration in die Mannschaft gegeben werden, zumal die slowenische Liga auch nicht das Niveau der österreichischen Bundesliga erreicht. Bei positiver Entwicklung könnte er aber ein interessanter Baustein für die Zukunft werden. Petrovic gilt in Slowenien als lernwilliger und ehrgeiziger Spieler, der den nächsten Schritt machen möchte.

Stefan Karger, abseits.at

Stefan Karger

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