Wenn sie anrücken, müssen die gegnerischen Masseure und Teamärzte Überstunden machen. Die Schiedsrichter testen vor der Partie den Kugelschreiber lieber zwei Mal auf seine... Die Elf der bösen Jungs: Die fleißigsten Kartensammler der Bundesligageschichte

Ilco NaumovskiWenn sie anrücken, müssen die gegnerischen Masseure und Teamärzte Überstunden machen. Die Schiedsrichter testen vor der Partie den Kugelschreiber lieber zwei Mal auf seine Funktionstüchtigkeit, um den Namen des zu erwartenden Übeltäters vermerken zu können und die gegnerischen Spieler verwenden sicherheitshalber einige Zentimeter mehr Tape als sonst. Diese und ähnliche Vorbereitungen sind notwendig, wenn die bösen Buben der österreichischen Bundesliga anrücken. Auch in dieser Kategorie haben sich ohne Probleme elf Herrschaften gefunden, die für diese Themenelf nominiert werden konnten und ein ziemlich durchschlagskräftiges Team bilden. Ein Spieler verzeichnete in seiner gesamten Karriere mit weit über 500 Partien weniger gelbe Karten als manch anderer in einer einzigen Saison.

Kalkuliertes Risiko versus Undiszipliniertheit

Gesunde Härte ist ein elementarer Baustein einer erfolgreichen Spielphilosophie. Ein probates Mittel um den haushohen Favoriten bereits in der Anfangsphase einzuschüchtern und damit die eigenen Chancen erheblich zu verbessern. Die gegnerischen Primgeiger werden es sich nach einem harten Einstieg zwei Mal überlegen, ob sie noch einmal so einen Zweikampf riskieren möchten.

Auf der anderen Seite ist es natürlich absolut unverzichtbar, gegen körperlich robuste Mannschaften dagegen zu halten und den fairen Kampf anzunehmen, beziehungsweise in weiterer Konsequenz auch mal mit unfairen Mitteln einen gefährliche Situation zu unterbinden und eine Verwarnung zu riskieren.

Nicht alle Einträge sind den gefährlichen Grätschern und „Leiberlzupferl“ geschuldet. Viele temperamentvolle Spieler verdienen sich auch zumindest die gelben Karten durch ihre Kommentare zu Entscheidungen des Spielleiters und möchten unbedingt lautstark unterstreichen, dass ihre Sicht der Dinge eine gänzlich andere ist. Freilich lassen sich die wenigsten Schiedsrichter eine unmittelbare Belehrung gefallen und sorgen mit der folgenden Verwarnung für noch verständnislosere Empörung bei den betroffenen Akteuren. An dritter Stelle befinden sich die erfolglosen Versuche, die Spielleiter von einem vermeintlichen Vergehen des Gegners zu überzeugen.

Herausragende Sünder

Die erfolgreichsten Kartensammler haben auch entsprechend viele Spiele in der höchsten Spielklasse absolviert und führen damit fast schon zwangsläufig diese Tabelle an. Michael Baur hat in seiner Karriere zwar 110 gelbe Karten, 10 gelb-rote und eine rote Karte gesehen, allerdings hat er auch 566 Partien absolviert und bewegt sich mit den durchschnittlich erhaltenen Karten absolut im Rahmen.

Zwei Spieler stechen auf bemerkenswerte Weise hervor und ihr Platz in der Startelf überrascht wohl nur die wenigsten. Adam Ledwon benötigte die wenigsten Spiele, um sich seinen Platz in dieser Liste zu sichern. 224 Spiele nützte der Pole für 97 Gelbfouls und vier Ausschlüsse, womit er durchschnittlich fast jedes zweite Spiel zu einem persönlichen Gespräch mit dem Unparteiischen geladen wurde. Im Gegensatz zu anderen Spielern waren die Fouls des Polen dermaßen eindeutig, dass er sich zumindest meistens die Diskussion mit dem Schiedsrichter aus freien Stücken ersparte. Ein unerwarteter Name in dieser Liste ist möglicherweise jener von Herbert Grassler. Auf Platz 18 der Sünderstatistik liegend, konnte er sich ebenfalls mit weniger als 300 Spielen einen Platz im Mittelfeld sichern.

Herausragend ist die Statistik von Ilco Naumoski. Im Gegensatz zu den beiden genannten defensiven Mittelfeldspielern, bestand seine ursprüngliche Aufgabe nämlich im erzielen von Toren. Stattdessen gab der Angreifer in vielen Situationen nur all zu gerne dem Bedürfnis nach, so eben erlebte Aktionen mit den Gegenspielern oder dem Schiedsrichterteam verbal und je nach Laune auch mit Körpereinsatz zu analysieren. In manchen Fällen war der Empfänger der Nachricht sogar ein eigener Mitspieler. Stürmer sind in der Regel eher gefeit vor Verwarnungen, nicht so der Mazedonier. Der Angreifer befindet sich auf Platz acht und ist somit der „gefährlichste“ Stürmer. In 249 Partien bekam der exzentrische Angreifer 88 gelbe Karten und wurde achtmal vom Platz gestellt. Fünfmal durch zwei gelb würdige Vergehen in einem Spiel, dreimal mit einer glatten roten Karte – für einen Offensivspieler eine durchaus beeindruckende Statistik.

Rapids langjähriger Mittelfeldregisseur Didi Kühbauer bekleidet als erster offensiver Mittelfeldspieler den zweiten Gesamtplatz und sprengte die Phalanx der hoch dekorierten Verteidiger. Allerdings hat er rund 180 Spiele mehr als Naumoski absolviert und dabei „nur“ zwei rote Karten und 27 gelbe Karten mehr gesammelt. Viele gelbe Karten sind seinem Drang, Schiedsrichterentscheidungen gestenreich zu unterstreichen geschuldet. Im Schnitt sah er deutlich öfter als drei von vier der fleißigsten Verteidiger gelb, selbst den beinharten defensiven Mittelfeldspieler Alfred Hörtnagl lässt der offensive, aber temperamentvolle Kühbauer problemlos hinter sich.

Die Defensive als Garant für heitere Kartenspiele

Im Tor konnte sich Josef Schicklgruber souverän gegenüber seinen Konkurrenten behaupten. Im Gesamtranking erst an 182.Stelle liegend, sammelte er in 365 Partien 26 gelbe und drei rote Karten. Als nächstes folgt rund 150 Plätze später Rapid-Legende Michael Konsel. In 399 Spielen kassiere er 13 Gelbe und unterband dreimal erfolgreich aber regelwidrig einen Torabschluss.

Die Abwehr bilden vier der fünf meistverwarnten Spieler der Bundesligageschichte. Allerdings verfügen sie auch über dementsprechende Einsatzzeiten. Michael Baur hat in 566 Spielen 131 gelbe Karten gesehen. Nur ein einziges Mal wurde er mit glatt Rot des Spielfeldes verwiesen, allerdings hält er mit 10 gelb-roten Karten den Rekord in dieser Kategorie. Am öftesten und als Einziger sah Thomas Zingler sechsmal glatt Rot, was ihm unter anderem einen Platz auf der Ersatzbank eingebracht hat.

Walter Kogler liegt in der Statistik vor Michael Hatz, jedoch hat der Kärntner wesentlich mehr Spiele bestritten und dabei weniger Karten kassiert. Somit fliegt er als zu fairer Spieler aus der Startformation.

Peter Schöttel und Michael Streiter schafften es ebenfalls in die Startaufstellung, kassierten in ihren jeweils mehr als 400 Meisterschaftsspielen aber nur jedes vierte Spiel eine gelbe Karte. Schöttel erlebte sieben, Streiter neun Schlusspfiffe aufgrund von Ausschlüssen nur mehr unter der Dusche, also ungefähr alle 60 Spiele, Streiter jedes fünfzigste. Im Gegensatz dazu, verließ Naumoski durchschnittlich ein Mal pro Saison gezwungenermaßen das Spielfeld.

Der fiktive Sturmpartner des Mazedoniers war neben seiner außergewöhnlichen Technik und der Vielzahl an Torerfolgen bei den gegnerischen Abwehrspielern vor allem wegen seiner versuchten Schwalben berüchtigt. Knapp 200 Spiele mehr als Naumoski absolviert, kassierte Ivica Vastic allerdings zwei gelbe Karten weniger und musste gleich oft – achtmal – frühzeitig in die Kabine.

Kurze Bundesligakarriere, großes Strafregister

Maynor Suazo war ein hoffnungsvoller Kandidat für eine Position im Spitzenfeld, allerdings spielte er nur 113-mal in der höchsten Spielklasse. In dieser Zeit brachte er es immerhin auf 38 gelbe Karten, fünf Ampelkarten und zwei direkte Ausschlüsse und flog damit durchschnittlich deutlich am öftesten vom Platz – alle 16 Spiele, während Naumoski immerhin 31 Spiele bis zum nächsten Platzverweis absolvieren durfte.

Harald Pichler ist schon etwas zu alt für einen Platz an der Sonne, aber seine Strafen brachten ihn in 138 Bundesligapartien immerhin knapp in die Top 100 und er kassiert gleich oft wie die Messlatte aus dem Burgenland – Naumoski – jedes 2,8.Spiel eine gelbe Karte.

Einer, der es im Laufe seiner Karriere schaffen könnte ist Lukas Rotpuller. Zwar hat er erst 77 Spiele absolviert, doch kassierte er bisher in jedem dritten Spiel eine gelbe Karte.

Die Modefarben gelb und rot

Die fleißigsten Kartensammler und mitunter unterhaltsamsten Charaktere in der Geschichte der österreichischen Bundesliga führen positionsabhängig zu folgender Startelf:

 

Vastic – Naumoski

Kühbauer – Hörtnagl – Ledwon – Grassler

Baur – Winklhofer – Schöttel – Streiter

Schicklgruber

Ersatz: Konsel, Hatz, Zingler, Panis, H. Kogler, Mayrleb

 

Die good Guys unter den Bad Boys

Zum Abschluss ist es nun auch angebracht, ein paar Kartensünder anerkennend hervorzuheben. Rene Aufhauser ist der erste Spieler auf Position 26, der zumindest eine der beiden Ausschlussvarianten zu vermeiden wusste. Keine einzige Aktion in 423 Spielen war dem jeweiligen Schiedsrichter einen direkten Ausschluss wert.

Manfred Zsak hingegen hielt nichts von halben Sachen. Das Erzveilchen ist auf Position 28 der erste Spieler, der exklusiv glatte rote Karten zu sehen bekam.

Markus Katzer ist der einzige Spieler der Top-100-Sünder, der niemals vorzeitig des Feldes verwiesen wurde. Als nächstes gelang dies Andreas Heraf. Zwei aktuelle Bundesligaspieler vollenden auf Rang 143 ex aequo das Treppchen der niemals ausgeschlossenen Akteure mit respektabler Gesamtspielzeit. Es handelt sich dabei um Rapid-Kapitän Steffen Hofmann und WAC Dauerläufer Joachim Standfest.

Der größte Respekt gebührt allerdings zwei Austrianern. Felix Gasselich kam in 378 von 398 Meisterschaftsspielen ohne Booking Point aus.

Sein Teamkollege, der rechte Verteidiger Robert Sara musste sich in sage und schreibe 581 Meisterschaftsspielen lediglich 17-mal mit einem gelbwürdigen Vergehen weiterhelfen. Die zweite Quelle für diese Aufstellung spricht zwar von 18 gelben Karten, allerdings ist abseits.at aufgrund dieser phänomenalen Statistik dazu bereit, was dem Schiedsrichter unmöglich ist. Im moralischen Zweifelsfall sind wir gewillt, eine Verwarnung unter den Tisch fallen zu lassen. Adam Ledwon schaffte solche Statistiken übrigens in guten Jahren in einer Saison.

Daniel Walter

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