Der Start der neuen Saison rückt mit immer größeren Schritten näher und die meisten Vereine der österreichischen Bundesliga befinden sich aktuell auf Trainingslager,... Die ersten Erkenntnisse zur „neuen Austria“

 

Der Start der neuen Saison rückt mit immer größeren Schritten näher und die meisten Vereine der österreichischen Bundesliga befinden sich aktuell auf Trainingslager, oder haben dieses bereits hinter sich. Damit beginnt für die Mannschaften auch die heiße Phase der Vorbereitung, in der akribisch daran gearbeitet wird, die jeweilige Spielidee in Fleisch und Blut übergehen zu lassen und diese zu verfeinern. Das trifft klarerweise auch auf die Wiener Austria zu, wobei die Fans der Violetten da noch ein genaueres Auge (als ohnehin schon) auf die Vorbereitungsphase werfen. Das liegt in erster Linie natürlich an Neo-Cheftrainer Christian Ilzer, der sich mit seinem Trainerteam an die Arbeit macht, den Spielern die neue Spielphilosophie zu vermitteln, damit der violette Traditionsverein wieder zur alten Stärke zurückfindet. Die ersten Erkenntnisse dieser Anstrengung fassen wir nun zusammen.

Mit einer hohen Erwartungshaltung startete das Projekt von Christian Ilzer in die Vorbereitungsphase, denn der Erfolgstrainer macht sich daran, die Wiener Austria nicht nur zu altem Glanz zu führen, sondern vor allem auch Anspruch und Stil der Violetten gerecht zu werden. Diese schwierige Diskrepanz zu meistern, ist dabei die große Herausforderung für den neuen Cheftrainer der Austria, denn die finanziellen Mittel sitzen am Verteilerkreis längst nicht so locker, wie sich manch ein Fan wünschen würde – weshalb man sich in diesem Sommer auch nur punktuell verstärken konnte. Dennoch verfügen die Veilchen über einen guten und ausgewogenen Kader, der problemlos ermöglichen sollte, sich in der kommenden Saison in den Top Drei zu etablieren. Interessant ist dabei vor allem, mit welchen Mitteln das Cheftrainer Christian Ilzer zu schaffen gedenkt und wie die Spielanlage der Austria in Zukunft aussehen soll. Einige Schwerpunkte konnte man dabei in den Testspielen und den Trainingseinheiten bereits erkennen und allmählich manifestiert sich ein immer klareres Bild, wie die Violetten auftreten wollen.

Klare Grundordnung und Struktur

Eine der spannendsten Fragen vor dem Start der Ära Ilzer war zweifellos jene, in welchem System der Steirer die Austria in Zukunft auflaufen lässt. Diese Frage wurde bereits im letzten Artikel über die Kaderplanungen der Austria gestellt und wurde mittlerweile beantwortet: Das 4-4-2 in seiner rautenförmigen Ausführung wird in Wien-Favoriten Einzug halten und die bevorzugte Grundordnung werden. Dies ist durchaus ein Déjà-vu für die Fans der Austria, denn bereits im letzten Sommer machte sich Ex-Trainer Thomas Letsch daran, ebenso mit diesem System eine erfolgreiche Amtszeit als Austria-Trainer hinzulegen. Dies gelang, wie wir mittlerweile wissen, eher weniger, was aber klarerweise nicht nur an der Grundordnung lag, sondern vor allem an der unzureichenden Umsetzung der anvisierten Spielanlage.

Christian Ilzer dagegen, hat mit dem Wolfsberger AC eindrucksvoll bewiesen, dass seine Spielanlage mit der dazugehörigen „Raute“ funktionieren kann und möchte das klarerweise auch bei der Austria demonstrieren. Die Vorteile dieser rautenförmigen Grundordnung liegen auf der Hand: Durch diese Staffelung, können auf dem Feld zahlreiche Dreiecke gebildet werden und man verfügt speziell im Zentrum über eine Übermacht, womit man diese wichtige Region dominieren möchte. In den bisherigen Vorbereitungsspielen sah man diesen Ansatz sofort heraus und die Austria lief mit einer klaren Struktur auf, wodurch man ein recht sauberes Positionsspiel aufziehen konnte.

Dabei ist diese klare Struktur eine der Grundvoraussetzungen, um die eigene Spielanlage in den jeweiligen Phasen des Spieles durchzubringen – sei es beim Spielaufbau, der Arbeit gegen den Ball oder beim Spiel in die Tiefe. Dabei zeigen die Spieler ein immer besseres Bewusstsein für das eigene Positionsspiel und so harmoniert speziell die linke Seite mit Linksverteidiger Cavlan und Achter Serbest recht beachtlich miteinander, weshalb vermehrt Positionswechsel zwischen den beiden zu erkennen sind, wenn es um die Besetzung der Breite geht.

Generell muss man anmerken, dass unter anderem diese beiden Akteure der Schlüssel dafür sein könnten, warum in diesem Jahr die Raute bei der Austria funktionieren könnte. Cavlan kann mit seiner offensiven Ausrichtung viel Druck über den linken Flügel erzeugen und für die Breite im Spiel sorgen, während Serbest bislang als Verbindungsspieler zu überzeugen weiß und zu einer immer dominanteren Figur im Spiel der Veilchen wird, die sehr wichtig für die gesamte Balance des Teams ist. Doch auch Max Sax blüht in seiner neuen Rolle als „schwimmender“ Stürmer auf, weil er sich immer wieder aus der Spitze absetzt und seine Freiräume sucht. Er sorgt im Verbund mit Kapitän Grünwald für die kreativen Momente im Spiel der Veilchen. Das tut dem Offensivspiel der Austria sichtlich gut und sorgt für Durchschlagskraft im letzten Drittel.

„Alles rausspielen“ lautet die Devise

Einer der wichtigsten Aspekte in den Vorstellungen von Christian Ilzer nimmt zweifellos die Spieleröffnung seiner eigenen Mannschaft ein. Egal ob es in Interviews, oder bei der taktischen Arbeit auf dem Trainingsplatz ist: Der Austria-Trainer betont stets die Wichtigkeit des Spielaufbaus für das eigene Spiel und investiert dementsprechend viel Zeit, um diesen passend einzustudieren. Dabei beflügelt Ilzer zweifellos der Umstand, dass er wohl zum ersten Mal in seiner Trainerlaufbahn starke Aufbauspieler in seinen Reihen hat, die auch von hinten ein Spiel sauber eröffnen können. Das verdeutlicht letztlich auch die ausgereifte Spielidee von Ilzer, denn selbst für Trainerstars wie Pep Guardiola nimmt der Spielaufbau gerade für das Offensivspiel eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste Stellungen ein und in diese Riege reiht sich auch Christan Ilzer mit seinen Vorstellungen nahtlos ein.

Dabei lautet die oberste Devise, möglichst alles flach und sauber von hinten heraus spielerisch zu lösen und die eigenen Angriffsbemühungen passend vorzubereiten und den Grundstein dafür zu legen, die gegnerische Hälfte attackieren zu können. Um das zu bewerkstelligen, wird eine klare Struktur im Aufbauspiel aufgefahren, wo eine klare Aufgabenverteilung bei der Besetzung der Positionen vorherrscht.

Die Violetten bilden mit dem Torhüter, den beiden Innenverteidigern und dem Ankersechser eine „Diamantstruktur“, wodurch man in der ersten Aufbaulinie eine Überzahl herstellen möchte. Die beiden Außenverteidiger bleiben dabei eher tiefer, während die beiden Achter die Halbräume besetzen. Interessant ist dabei vor allem, wie man nach vorne kommen möchte. Es wird nicht auf Teufel komm raus vertikal nach vorne gespielt, sondern eher überlegt und ausgewogen. Wenn der Gegner formiert steht, lässt man den Ball hinten laufen und bewegt zunächst die Ketten des Kontrahenten. Sobald sich dann ein Passfenster nach vorne öffnet, versuchen die beiden Innenverteidiger meist mit scharfen vertikalen bzw. diagonalen Zuspielen die gegnerischen Linien zu überspielen und damit eine Tempoverschärfung herbeizuführen.

Interessant ist dabei auch, dass man auch unter Druck versucht, die Ruhe zu bewahren und den langen Ball nach vorne so lange hinauszuzögern, wie es geht und selbst diese brenzligen Situationen spielerisch lösen möchte. Das zeigt, dass man die Thematik des Spielaufbaus sehr ernst nimmt und diese für die Entwicklung des eigenen Spiels eine hohe Priorität einnimmt.

Ebenso bemerkenswert ist, dass man auch mit einem weiteren Aufbaumuster ausgestattet ist. Sofern der Gegner nämlich auf die vertikalen Zuspiele lauert und die Mitte gezielt zustellt, rücken die Spielverlagerungen in den Vordergrund und man versucht folglich, über Seitenwechsel auf die aufrückenden Außenverteidiger in die gegnerische Hälfte vorzustoßen.

Diese Vorgehensweisen klappten in den bisherigen Testspielen bereits recht gut, wobei man vor allem im letzten Testspiel gegen Banik Ostrava einen großen Entwicklungsschritt in der Spieleröffnung sehen konnte. So visierten die Spieler nun auch gezielter den ballfernen Raum an und man versuchte, entgegen der Verschiebebewegung des Gegners mit diagonalen Pässen in dessen Rücken zu arbeiten. Die Früchte dieser Arbeit zeigten sich auch prompt bei den erzielten Toren gegen Banik Ostrava, denn beide Treffer wurden infolge eines kontinuierlichen Spielaufbaus und anschließenden scharfen Vertikalpässen nach vorne in den Zwischenlinienraum eingeleitet, womit man die gegnerischen Linien aufreißen konnte – was nochmal die Wichtigkeit der Spieleröffnung unterstreicht. Ein guter Spielaufbau ebnet erst den Weg für ein schönes Offensivspiel.

Gegenpressing, Gegenpressing, Gegenpressing

So wichtig für den neuen Trainer der Austria das Spiel mit dem Ball ist, so nimmt die Arbeit gegen den Ball einen mindestens ebenso hohen Stellenwert ein. Ilzer möchte durch eine klare Struktur und ein passendes Positionsspiel nicht nur optimale Voraussetzungen für das Ballbesitzspiel schaffen, sondern auch im Falle des Ballverlustes für Stabilität und sofortigen Zugriff sorgen. Dabei sah man bereits vom ersten Testspiel an, wie man dieses Unterfangen bewerkstelligen möchte – nämlich mithilfe eines giftigen Gegenpressings. Bisweilen wirkte es teilweise sogar so, dass man in den Testspielen bewusst hohes Risiko im Passspiel einging, um das eigene Gegenpressing zu testen und entsprechend einzustudieren.

Auch hier kommen auch die Vorzüge der neuen Grundordnung der Violetten zum Vorschein, denn durch die Raute im Mittelfeld und die entsprechende Struktur auf dem Feld, kann man in Ballnähe sehr schnell eine Überzahl herstellen und hohen Druck auf Ball und Gegner ausüben, wodurch man die Chance erhöht, das Spielgerät rasch wieder zurückzuerobern. In den bisherigen Testspielen klappte dies schon recht gut und den Veilchen gelangen viele sofortige Balleroberungen, da man nach Ballverlust ein engmaschiges Netz um den Gegner herum spannen konnte.

Dabei nehmen vor allem die beiden „Achter“ Thomas Ebner und Tarkan Serbest eine Schlüsselrolle ein. Die beiden Halbfeldspieler kann man dabei getrost als „Gegenpressingmonster“ bezeichnen, denn aufgrund ihrer aggressiven Zweikampfführung können sie viele Bälle sofort wieder zurückerobern und damit den Ball in den eigenen Reihen sichern. Doch auch Kapitän Grünwald kann sich bislang in dieser Kategorie durchaus auszeichnen und geht mit gutem Beispiel voran.

Man kann also getrost davon ausgehen, dass der Faktor „Gegenpressing“ im Spiel der Austria eine große Rolle einnehmen wird und man daran die Handschrift von Christian Ilzer erkennen kann. Für ein modernes und dominantes Spiel ist es nahezu unabdinglich, nach Ballverlusten sofort nachzusetzen und dem Gegner erst gar keine Möglichkeit zu geben, seine Konterangriffe zu fahren. Den wie sagte einst der Trainer des aktuellen Champions-League-Siegers so treffend: „Gegenpressing ist der beste Spielmacher“.

Fazit

Die bisherigen Erkenntnisse aus der Vorbereitung der Austria lassen die Anhänger durchaus auf bessere Zeiten hoffen und die Handschrift des neuen Trainers ist bereits nach wenigen Wochen ersichtlich, was prinzipiell ein gutes Zeichen ist. Doch zu sehr in Euphorie sollte man nicht verfallen, denn es bleibt eben nur die Vorbereitung und in der Liga wird man sich auch entsprechend auf die „neue Austria“ einstellen und versuchen, die Pläne von Christian Ilzer zu durchkreuzen. Allerdings ist es natürlich auch noch so, dass im Spiel der Violetten noch einige Schwächen zu erkennen sind und längst nicht alles perfekt funktioniert.

So hat man im Spiel gegen den Ball noch Probleme beim Verteidigen der ballfernen Seite und man lässt sich bisweilen zu leicht durch Spielverlagerungen auseinanderziehen. Aber auch über die Flügel fehlt es defensiv noch am passenden Zugriff und der Gegner kommt nach Flügeldurchbrüchen noch zu einfach in gefährliche Zonen. Darüber hinaus muss auch noch am gesamten Anlaufverhalten gearbeitet werden und die Abstimmung dahingehend optimiert werden, dass die Abläufe klarer und automatisierter vonstattengehen. Das ist noch die Detailarbeit, an der es in den verbleibenden Wochen vor dem Saisonstart noch zu arbeiten gilt.

Doch mit einer sich langsam herauskristallisierenden Startformation, lässt sich dahingehend noch spezifischer arbeiten und man kann die Abläufe noch besser einstudieren. Zum Abschluss legen wir noch die prognostizierende Startelf bei, die nach aktuellem Stand wohl in die Saison starten wird:

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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