Die Silberstreife am Horizont: Die neuen Nachwuchshoffnungen der tipp3 Bundesliga
Bundesliga 28.März.2012 Archimedes 6
Was war in den letzten Wochen und Monaten nicht alles zu lesen und zu hören. Die Liga sei schwach, die Großen würden seit einiger Zeit stark abbauen, es fielen keine Tore mehr, von Kreativität und Esprit sei keine Spur in der tipp3 Bundesliga. Doch es gibt noch Hoffnung. Die personifizierten Hoffnungsschimmer sind die Youngsters, die in der Rückrunde bei verschiedenen Klubs stark aufgezeigt haben. Abseits.at nimmt sie unter die Lupe.
Lukas Grozurek
Mit Deni Alar, Atdhe Nuhiu, Rene Gartler, Guido Burgstaller, Steffen Hofmann, Christopher Trimmel und Christopher Drazan verfügt Rapid über sieben bundesligaerprobte Akteure. Für sie gibt es allerdings nur vier Plätze in der Offensive von Peter Schöttel. Beinahe jede Position ist also doppelt besetzt, wie sich das für einen Bundesligakader gehört. Als junger Ergänzungsspieler ist es da natürlich schwer, um nicht zu sagen fast unmöglich, zu Einsatzzeiten zu kommen. Lukas Grozurek ist es trotzdem gelungen. Und wie! Immerhin in vier von acht Partien des Frühjahrs durfte Grozurek Bundesligaluft schnuppern. Gegen Ried und Mattersburg blieb der 20 Jahre alte Offensivmann noch eher unauffällig, im Heimspiel gegen Kapfenberg begeisterte er aber mit mutigen Dribblings und erfrischender Unbekümmertheit. Dass sich Grozurek „nix scheißt“, sei einer seiner großen Vorzüge, war vor und vor allem nach seiner Talentprobe gegen den Tabellenletzten zu hören. Vom Wiener Sportklub gekommen, kämpfte sich der groß gewachsene Grozurek über die Rapid Amateure mit sechs Toren in 14 Spielen in der Regionalliga Ost in die Kampfmannschaft. Dort gelang ihm gleich in seinem dritten Bundesligaspiel sein erster Scorerpunkt. Nach einem unwiderstehlichen Dribbling, im Zuge dessen er gleich drei Gegner aussteigen ließ, verhinderte nur die Innenstange sein Tordebüt. Stattdessen touchierte das Leder die Stange, Deni Alar musste den Ball nur noch über die Linie drücken. Trotzdem war Grozurek ein Sonderlob von Coach Peter Schöttel sicher. Auch bei der Auswärtsniederlage in Innsbruck zählte Grozurek, der in der Startelf stand, zu den Aktivposten Rapids. Eindeutig ein Lichtblick des Frühjahrs bisher!
Alexander Gorgon und Emir Dilaver
Seit Ivica Vastic Cheftrainer bei der Wiener Austria ist, gibt es in Wien-Favoriten heftige Diskussionen um Taktik und Aufstellungen des ehemaligen Nationalspielers. Meist geht es dabei um mangelnde Offensivkräfte, einer, dessen Aufstieg bereits in der Ära Daxbacher begonnen hatte, war in der Saison 2011/12 sowohl bei Vastic, als auch bei Fans und Kritikern über weite Strecken ein Fixposten: Alexander Gorgon. Seit Vastic das Kommando übernahm, spielt Gorgon befreit auf und mausert sich immer mehr zum Leistungsträger. Dadurch sticht er auch seine Konkurrenten, wie beispielsweise Neuzugang Tomas Simkovic, aus. In seiner gesamten Bundesligakarriere erzielte Gorgon bis zur Ära Vastic ein einziges Bundesliga-Tor (beim 2:4 gegen die Admira in der 6. Runde), in der Rückrunde avancierte der 23-Jährige dann zum Schlüsselspieler. Vier Tore in fünf Spielen – und alle vier waren spielentscheidend. Zuerst traf Gorgon zum Rückrundenstart doppelt beim 2:0-Sieg gegen Ried, dann bescherte er der Austria durch das Goldtor beim 1:0-Auswärtssieg in Innsbruck drei Punkte. Zuletzt traf er beim 2:1-Sieg über die Admira. Aufgrund seiner Position weniger torgefährlich als Gorgon ist Emir Dilaver. Der 20-Jährige sah unter Karl Daxbacher kein Land (nur fünf Einsätze in der Kampfmannschaft), unter Vastic ist der U21-Teamspieler gesetzt. Acht Mal kämpften die Violetten in der Rückrunde bisher um Punkte in der Bundesliga, acht Mal kam Dilaver zum Einsatz. Er zählt mit Sicherheit zu den ganz großen Gewinnern des bisherigen Frühjahrs. Dabei kommt ihm seine Universalität zu Gute, in der Defensive, auf die Vastic bekanntlich besonders viel Wert legt, kann er jede Position spielen. Regelmäßig verdrängt er Neuzugang James Holland oder Kaliber wie Hlinka oder Alexander Grünwald auf die Bank.
Marvin Potzmann
Dass Mattersburg sich nach schwachem Start im dritten Viertel der Meisterschaft plötzlich verhält wie ein Titelanwärter, mag viele Gründe haben. Ilco Naumoski scheint sich endgültig etwas in den Griff bekommen zu haben und sich aufs Fußball spielen zu konzentrieren. Vermutlich macht es sich auch bezahlt, dass die Mattersburger den winterlichen Kaufrausch der panischen Kapfenberger ignorierten und konzentriert weiter mit ihrem Kader arbeiteten. Ein weiterer Mosaikstein ist zarte 18 Jahre alt und trägt den Namen Marvin Potzmann. Potzmann reiht sich ein in die lobenswerte Liste der Mattersburger Nachwuchsspieler , die in der Bundesliga die Chance bekommen, sich zu etablieren, ein. Von seinen neun Einsätzen in der Bundesliga durfte Potzmann zwar nur einmal über die gesamte Spielzeit ran, bleibenden Eindruck hinterließ der junge Mattersburger trotzdem schon. Auf der linken Flanke beackert er sowohl die Offensive, als auch die Defensive, und ist dabei auf dem besten Weg, sich einen Stammplatz in der Burgenländer-Elf zu sichern. In der letzten Runde durfte er sogar seinen ersten Bundesligatreffer bejubeln. Im so wichtigen Sechs-Punkte-Spiel gegen die Kapfenberger holte die Truppe von Franz Lederer ein 1:1 – dank Potzmanns Premierentor. Unbekümmert hielt der Linksfuß vom 16er einfach drauf, durch ein leichtes Abfälschen schlug der Ball genau unter der Latte ein. Ein wunderschönes Tor als willkommene Abwechslung in der Liga, in der es phasenweise zur absoluten Seltenheit geworden ist, sich über ein Tor freuen zu können. Mattersburg wird den Klassenerhalt schaffen – und obwohl die Burgenländer seit Jahren mit Imageproblemen und dem Ruf als Tretertruppe kämpfen, wird ihnen durch die Entwicklung junger Spieler wie Marvin Potzmann die Sympathie vieler Fußballfans sicher sein.
Thomas Weber und Thomas Ebner
Der kritische Leser wird spätestens jetzt innerlich aufschreien. Ja, die beiden genannten Admira-Talente haben gerade einmal 90 Bundesliga-Minuten in den noch jungen Beinen. Aber: Erstens mussten sie diese ersten 90 Profi-Minuten ihres Lebens ausgerechnet gegen Tabellenführer und Liga-Krösus Red Bull Salzburg absolvieren und meisterten diese Aufgabe bravourös, zweitens stehen sie sinnbildlich für die lobenswerte Philosophie des Didi Kühbauer. Der Admira-Trainer hätte auch erfahrene Spieler anderer Positionen zurück in die Abwehr beordern können, da die Verletztenliste vor allem in der Defensive beängstigend lang wurde. Doch er entschied sich anders, baute auf zwei Amateure mit null Erfahrung – und lag richtig. Mit Dibon (21), Drescher (22) und Windbichler (20) gehören die Stammverteidiger ohnehin bereits zur Kategorie „Junges Gemüse“. Fallen sie aus, holt Kühbauer eben zwei noch jüngere Spieler in den Kader und holt einen Punkt gegen die Millionentruppe aus Salzburg. Kühbauer lobte die Leistung seiner beiden Youngsters nach dem Spiel öffentlich im Fernsehen, warnte sie aber auch davor, abzuheben und belegte sie mit einem Interviewverbot. Damit sich die frischgebackenen Bundesligaspieler auf das Wesentliche konzentrieren können. Und wer weiß – sollte der Admira im Sommer der eine oder andere Spieler abhanden kommen (womit gerechnet werden kann), gibt es bereits potentielle Nachfolger. Und wie man bei Didi Kühbauer weiß, hat er auch kein Problem damit, auf junge Leute zu setzen. Egal, wie langweilig, niveaulos oder schwach die Bundesliga auch sein mag – solche Geschichten wie die der beiden Admira-Verteidiger sind es, die die Liga wiederum interessant machen. Nicht nur für die Fans des eigenen Vereins, sondern für alle Beobachter und Liebhaber des österreichischen Fußballs.
Archimedes, abseits.at
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