Dynamikspieler und Vertikalpassmaschine: Die Rolle von Stefan Nutz beim SV Grödig
Bundesliga 12.Dezember.2014 Alexander Semeliker 0
Das Auswärtsspiel des SV Grödig bei der Wiener Austria am Samstag könnte das vorerst letzte Spiel von Stefan Nutz in der österreichischen Bundesliga sein, denn laut Grödig-Manager Christian Haas hat der Mittelfeldspieler ein Angebot aus Deutschland. abseits.at nimmt in diesem Artikel seine Qualitäten genauer unter die Lupe.
Die rasante sportliche Entwicklung des SV Grödig forderte naturgemäß seinen Aderlass in Form von Abgängen einiger Leistungsträger. Bereits im letzten Winter wechselte Philipp Zulechner zum SC Freiburg und Thomas Salamon zur Austria, im Sommer verließen mit Mario Leitgeb (Austria Wien), Peter Tschernegg (WAC) und Dieter Elsneg (SV Ried) drei weitere Stützen den Verein. Zudem wagte Erfolgscoach Adi Hütter den Sprung zu Red Bull Salzburg. Mit dem potentiellen Abgang von Nutz steht der SV Grödig vor einer weiteren schweren Aufgabe. Der 22-Jährige ist nämlich das Symbolbild des Spielstils seines Teams.
Vertikalpassmaschine
Das Spiel der Salzburger charakterisiert sich in erster Linie durch eine sehr direkte Ausrichtung zum Tor. Dabei konzentrieren sie sich zunächst auf ein kollektiv sehr aggressives Pressing, nach dem sie dann schnell in die Tiefe spielen um die offenen Räume zu bespielen. Nutz kommt hierbei eine zentrale Aufgabe zu, denn meist ist er, der die beschleunigenden Pässe spielt. Wenn man sich die Passschemen des Mittelfeldspielers aus den vergangenen Spielen ansieht, erkennt man dieses Muster deutlich.
Was aus dieser Grafik jedoch auch hervorgeht: Nutz spielte auch viele Fehlpässe. Gegen Altach brachte er nur 55% seiner Zuspiele an den Mann, im Spiel gegen Rapid waren es 56%. Nach den ersten 18 Runden liegt seine Passquote bei wenig berühmten 66,5%. Doch auch das ist stellvertretend für den Grödiger Stil, denn nur ein Mittelfeldspieler, der mehr als 100 Pässe gespielt hat, kann eine Erfolgsquote über 70% aufweisen. Diesem Risiko steht jedoch ein durchaus hohes Potenzial gegenüber.
„Gegenpressing ist der beste Spielmacher“, meinte Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp einmal und genau diesem Leitbild folgt der SV Grödig. Die häufigen Vertikalpässe sind bewusst gewählt. Kommen sie an, können die Grödiger die Schnelligkeit ihrer Offensivspieler – allen voran Yordy Reyna – ausspielen, wenn nicht kommt die bereits erwähnte Aggressivität im Pressing zum Zug. Die Abläufe sind zwar nicht immer sauber, oft gehen die Grödiger aber aufgrund der fehlenden individuellen Klasse in der österreichischen Liga als Sieger hervor.
Nutz hält sich aus den Gegenpressingaktionen meist heraus, wie auch die Statistik belegt. Im Schnitt verzeichnet er pro 90 Minuten nur je 1,3 Tackles und abgefangene Bälle. Mit einer Erfolgsquote von 44% gehört er zudem zu den schlechtesten Zweikämpfern seines Teams. Nutz positioniert sich, wie man im nachstehenden Video sehen kann, vielmehr in der Nähe des Geschehens um seine Stärke im Vertikalpassspiel ausspielen zu können.
Der Gedanken des Nach-vorne-Verteidigens hat sich in der österreichischen Liga im letzten Jahr immer stärker ausgeprägt und so gehen die Gegner der Grödiger ebenfalls meist ins direkte Gegenpressing über. Das heißt, dass auch Nutz nach Balleroberungen sofort unter Druck gesetzt wird. Diesen Umstand macht er sich allerdings oft zunutze. Er positioniert sich Nadelspieler-artig in den Graubereichen der gegnerischen Zuordnungszonen, wodurch er mehrere Gegenspieler bindet. Diese attackieren dann meist kopflos und werden von Nutz‘ Handlungsschnelligkeit ausgespielt. Er dreht sich und spielt dann sofort in die Tiefe.
Hohe Flexibilität
Eine weitere positive Eigenschaft von Nutz ist dessen Flexibilität. Unter Hütter in der letzten Saison agierte er meist auf der Doppelsechs. Mit Leitgeb bildete er dabei ein sehr starkes Pressing-Duo, das mit viel Übersicht und Dynamik agierte. Leitgeb eroberte meist die Bälle und Nutz sorgte mit seinen Steilpässen für die Spielbeschleunigung. Während sein Partner im Sommer am Verteilerkreis anheuerte, blieb Nutz (vorerst) in Grödig und durchlief unter dem neuen Trainer Michael Baur eine Transformation.
In den ersten Saisonspielen bekleidete er noch wie gewohnt eine der beiden Sechserposition in der 4-2-3-1-Grundordnung. An seiner Seite spielte mit Timo Brauer ein Akteur, der zwar defensiv ähnlich solide stand wie Leitgeb, aber im Pass- und Kombinationsspiel teils große Defizite hat. Dementsprechend musste Nutz einen sehr hohen Aktionsradius haben. Als Zehner davor agierte mit Tomi nämlich ein ebenfalls Spieler mit kurzer Reichweite. Der Spanier verletzte sich aber im September und so kam Nutz vermehrt eine Linie höher zum Zug.
Interessant sind dabei die unterschiedlichen Spielweisen der beiden. Tomi ist ein kleinräumiger Spieler, der von seiner Technik lebt. Er ist in seinen Bewegungen äußerst statisch, sorgt aber mit seinen Dribblings immer wieder für Überraschungsmomente und kreative Impulse. Nutz hingegen punktet vor allem mit seiner Dynamik, wenngleich er ebenfalls eine gute Technik besitzt und auch schon bewiesen hat, dass er es versteht, das Spiel in den richtigen Momenten zu bremsen. Neben der zentralen offensiven Mittelfeldposition agierte Nutz heuer gegen Red Bull Salzburg auch schon als eine von zwei hängenden Spitzen im 4-3-2-1. Auch diese Rolle füllte der geborenen Steirer mit seiner Laufbereitschaft gut aus.
Besetzung des Rückraums und Gefahr bei Standards
Abschließend wollen wir uns noch mit Nutz‘ Verhalten im Angriffsdrittel auseinandersetzen. Mit zehn Toren in bisher 44 Bundesligaspielen ist die Ausbeute – gerade aufgrund seiner eher tiefen Grundposition – durchaus als positiv zu bewerten. Nutz besticht hierbei im Wesentlichen durch zwei Dinge. Zum einen zeigt sich seine Affinität zum vertikalen Spiel nicht nur in seinen Pässen, sondern auch den darauffolgenden Läufe.
Er orientiert sich, wie man in Ansätzen auch im obigen Video sehen kann, immer wieder in die Tiefe und positioniert sich dann im Rückraum als Unterstützung. Insbesondere mit der ausweichenden Spielweise von Solostürmer Reyna passt das aktuell sehr gut zusammen. Aus dem Rückraum kann Nutz dann mit Tempo in eine etwaige Flanke gehen oder hat Zeit, um einen Torschuss vorzubereiten. Im letzten Spiel gegen die Admira erzielte er auf diese Weise beispielsweise ein Tor. Auch in der letzten Saison traf er so das eine oder andere Mal.
Andererseits strahlt Nutz auch bei Standardsituationen Gefahr für das gegnerische Tor aus. Hierfür lassen wir einfach nur ein Video sprechen.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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