Nach 28 Jahren geht bei Rapid eine Ära zu Ende: Sportmanager Stefan Ebner wird von seinen Aufgaben entbunden. Bei den Hütteldorfern wird nun also nicht nur in der Geschäftsstelle, sondern auch in der sportlichen Abteilung aufgeräumt.
Er war über lange Zeit so etwas wie der „Schattenmann“ bei Rapid, aber zugleich auch langfristig einer der mächtigsten Akteure in der sportlichen Leitung des Klubs. Sämtliche Verträge gingen über seinen Tisch, aber auch tausende Faxe – später Emails – von Spielervermittlern flatterten über die Jahrzehnte in sein Büro.
Ebner als Teil des „jungen Wegs“ in den 90ern
Als Stefan Ebner Mitte der 90er zu Rapid kam, befand sich der Klub nach einer außerordentlich schwierigen, finanziellen Lage wieder im Aufschwung. Der Konkurs konnte abgewendet werden, mit jungen Spielern und einigen späteren Vereinslegenden wurde man 1994/95 Dritter, holte den Cup, wurde ein Jahr später Meister und kam ins Europacupfinale. Die Strukturen waren damals schlank. Von einem Sportdirektor moderner Prägung keine Spur. Ebner war der starke Mann in der Sportgeschäftsstelle und auch ein wenig sinnbildlich für den eingeschlagenen, jungen und damals auch innovativen Weg.
Als ein bekannter Rapid-Fan den Klub 1996 nach einem Groundhopping-Ausflug ins tschechische Brünn auf einen gewissen Rene Wagner aufmerksam machte, fackelte Ebner nicht lange. Der Sektionsleiter holte den damals 25-jährigen Angreifer, der schon in seiner ersten Saison Bundesliga-Torschützenkönig wurde. In einem seiner wenigen Interviews erzählte Ebner zudem eine Anekdote, wie er einst Dejan Savicevic mit dem Auto vom Balkan abholte.
Aus dem stillen Kämmerlein ins Rampenlicht
Zu erzählen hätte der gebürtige Steirer wohl genug. In den letzten fast drei Jahrzehnten gab es wohl keine einzige Entwicklung in der Sportgeschäftsstelle Rapids, in der nicht seine Finger im Spiel waren. Aber Ebner blieb lieber im Hintergrund, war nie ein Mann für die erste Reihe, war dadurch auch unangreifbar. Google platzt nicht unbedingt vor Suchergebnissen, wenn man den Namen des langjährigen Rapid-Mitarbeiters eingibt. Hier wurde er längst vom gleichnamigen Schiedsrichter „überholt“. Es gibt keinen Wikipedia-Artikel, keinen Vermerk auf Transfermarkt.at – wo aber auch Zeugwarte (oder „Utility Manager“, wie sie heute heißen) ihre eigenen Profile haben.
All das wird der Macht, die Ebner im Klub hatte, nicht gerecht. Und Anfang der 2010er-Jahre wurde es dann doch ein wenig lauter, als es Ebner lieb war. Uninspirierter Kick über mehrere Monate unter dem damaligen Trainer Peter Schöttel rief die Fans auf die Barrikaden. Nach einigen Jahren der Verwöhnung inklusive Meistertitel 2008 fragten sich die Anhänger, wer für eine Reihe von Fehlkäufen verantwortlich ist. Einhergehend damit stellte man sich auch die Frage, wieso Rapid trotz einiger teurer Verkäufe kein Geld für neue Spieler hatte.
Still und heimlich „zurückgerutscht“
Mit Ebner und Kuhn wurden zwei langjährige Vereinsmitarbeiter als Sinnbild für die Verkrustung in Rapids Strukturen ausgemacht. Die beiden Rapid-Dinosaurier seien mit den Entwicklungen des modernen Fußballs nicht mehr kompatibel. Kuhn wurde von Präsident Edlinger – teilweise polternd – aus der Schusslinie genommen. Ebner bekam mit dem Deutschen Helmut Schulte einen neuen Chef – und durfte wieder in die angenehmere zweite Reihe abtauchen, fernab der medialen Aufmerksamkeit.
Und so zogen die Jahre ins Land, einen Sportdirektor nach dem anderen „überlebte“ Ebner. Sein Know-how über die Abläufe und das Vertragswesen beim SK Rapid seien zu wertvoll gewesen, um auf ihn verzichten zu können. Dennoch wurde in Rapids Sportmanagement weitgehend abgearbeitet. Große, innovative Sprünge griff man nur mit der Kneifzange an. Es wurde lieber weniger bzw. Vertrautes gemacht, anstatt den Sprung ins kalte Wasser zu wagen und damit möglicherweise zu scheitern. Als Resultat daraus waren zentrale Bereiche, wie die Analyse oder das Scouting bei Rapid lange unterentwickelt, hinken auch heute noch hinterher. Man verpasste bereits in den 2000er-Jahren die nötige Modernisierung.
Trainingszentrum als letztes großes Projekt
Schließlich folgte das einzige große Projekt der Präsidenten-Ära Bruckner: Das neue Körner-Trainingszentrum im Prater. 2021 wurde Ebner mit der Projektleitung betraut und übernahm damit die gefühlt zehnte Funktion bei den Hütteldorfern. Die übrigen Agenden liefen weiter. Aber auch weil sich die direkte Konkurrenz der Grün-Weißen sich anhand klarer, moderner Konzepte im Eiltempo weiterentwickelte, veränderten sich die Erfordernisse in der Organisationsentwicklung.
Erfolge oder sichtbare Veränderungen durch das neue Trainingszentrum waren alles andere als messbar. Parallel dazu scheiterte Zoran Barisic als Sportdirektor, weil es dem Instinktarbeiter Barisic an Unterstützung mangelte – es fehlte ein Zuarbeiter, der ihm die unangenehmen Dinge abnahm und konsequent abarbeitete. Also das, was René Gartler nun für Markus Katzer sein soll.
Ebner als Teil des „verkrusteten Systems“
Ebner ist bei Rapid nicht obsolet geworden und faktisch betrachtet hat er sich auch in den letzten Jahren nichts Markantes zu schulden kommen lassen. Aber die Anforderungen haben sich verändert und nach 28 Jahren im Unternehmen wäre er nicht derjenige gewesen, der Rapid mit Mut und großen Schritten in die Moderne überführen konnte. Das sollen nun andere, die Innovationen und frischen Wind bringen, bewerkstelligen. Mit Ebners Abgang geht eine Ära zu Ende – und gleichzeitig hat Rapid nun die Chance sich im Sport strukturell tatsächlich zu flexibilisieren. Der Abgang wiegt deutlich schwerer, als sich Außenstehende vorstellen können, denn hier verlässt nicht nur ein Mitarbeiter von vielen den SK Rapid, sondern ein Strukturgeber, der den Absprung in die Fußballmoderne irgendwo auf seinem langen Weg verpasst hat.
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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