Christopher Trimmel schaffte den „Durchbruch“ noch am ehesten. Der 27-Jährige spielt seit Beginn der Saison 2014/15 bei Union Berlin, nachdem er bei Rapid zum... Entwicklungsklub Rapid: Von langen Vorlaufzeiten, Wertentwicklung und Nachwuchsscouting
Christopher Trimmel

Kein echtes Upgrade: Trimmel fällt in Berlin um Europacupchancen um.

Christopher Trimmel schaffte den „Durchbruch“ noch am ehesten. Der 27-Jährige spielt seit Beginn der Saison 2014/15 bei Union Berlin, nachdem er bei Rapid zum Leistungsträger avancierte. Auch bei den Unionern ist Trimmel Stammspieler, allerdings befindet er sich mit den Köpenickern im Niemandsland der Tabelle in der zweiten deutschen Bundesliga. Hinzu kommt, dass Rapid für den aufopferungsvoll kämpfenden, torgefährlichen, sehr schnellen und dennoch technisch limitierten Trimmel keine Ablöse kassierte. Trimmel wechselte im Sommer 2008 vom burgenländischen Verein Horitschon zum SK Rapid. Ein tatsächliches Upgrade war Trimmels Wechsel nach Berlin also nicht, auch weil der Faktor Europacup wegfiel.

Stefan Kulovits nimmt in dieser Auflistung eine Sonderstellung ein, zumal man bei der „Kampfgelse“ nie einen größeren Transfer erwarten durfte. Der heute 31-Jährige spielt 1 ½ Jahren beim SV Sandhausen, den er mehrmals als Kapitän auf das Feld führte und der aktuell gegen den Abstieg aus der zweiten deutschen Bundesliga in die 3.Liga kämpft.

Lukas Denner fiel einem allgemeinen Konzeptfehler bzw. zu geringer Entschlossenheit zum Opfer. Der Linksverteidiger kam erstmals im Mai 2013 in die „Erste“ und wurde als talentierter als seine Konkurrenten Schrammel und Palla angesehen. Da man den mittlerweile 23-Jährigen als noch nicht reif genug betrachtete, kam er für Rapid nur zu vier Bundesligaeinsätzen und spielt mittlerweile für den SC Wiener Neustadt. In einem Alter, in dem viele andere bereits „fertige“ Kicker sind, musste sich Denner mit einem Ergänzungsspielerdasein begnügen, nachdem er zuvor bereits drei Jahre Stammkraft bei den Rapid Amateuren war. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder Denner war einfach nicht gut genug für Rapid, oder man verabsäumte es schlichtweg ihn gemäß seines Talents früh zu forcieren.

Stephan Palla wurde zu der Zeit, als Denner Chancen hatte sein Talent zu beweisen, als zweiter Linksverteidiger hinter Thomas Schrammel von der Admira zurückgeholt und somit Denner vorgesetzt. Eine schwer nachzuvollziehende Entscheidung, auch weil es um die Finanzen bei Rapid im Sommer 2013 keineswegs rosig stand. Der 25-jährige Palla kickte bereits zwischen 2007 und 2009 für Rapid, wurde aber wie einige andere Spieler Jahre später wieder „aufgewärmt“. Dies wiederum legt ein weiteres konzeptionelles Problem Rapids offen: Bei manchen Spielern weiß man im Verein einfach nicht wann Schluss ist. Dritte, vierte und fünfte Chancen werden auf dem Silbertablett serviert, obwohl grundsätzliches Potential und/oder Entwicklungsfähigkeit eindeutig dagegensprechen. Christian Thonhofer und Lukas Grozurek sind ähnliche Kandidaten, die man viel zu lange mitschliff. Gartler mit Abstrichen.

Boris Prokopic ist ein weiterer Name für diese Kategorie. Zwischen 2008 und 2013 schaffte Prokopic den Durchbruch nicht, wurde zwischendurch nach Innsbruck verliehen und einmal mit einem neuen Vertrag unterstützt, als er verletzungsbedingt monatelang ausfiel. Eine ehrenwerte Geste, aber dennoch auf der großen Fußballbühne mehr als unüblich, zumal es ein sehr romantischer Gedanke war, dass sich Prokopic nach überstandenem Kreuzbandriss vielleicht doch noch ein bisschen mehr auf seine Stärken besinnen würde. Auch an Prokopic hielt man viel zu lange fest.

Muhammed Ildiz wurde von Rapid nicht nur als Fußballer aufgebaut, sondern auch samt Familie sozial unterstützt. Er ist das jüngste Vorzeigebeispiel für eine gelungene Wechselwirkung zwischen Fußball und Integration, erhielt etwa einst eine 5.000€-Förderung, die Rapid von der Bundesliga für vorbildliche Nachwuchsarbeit erhielt. Im Herbst 2012 war es endlich soweit und Ildiz durfte sich in der Kampfmannschaft versuchen, was in Ansätzen gut aussah. Der 1.FC Nürnberg trat bereits nach wenigen Monaten auf den Plan und kaufte den heute 23-jährigen defensiven Mittelfeldspieler aus seinem Vertrag. Wegen einer halben Million Euro wurde Rapid schwach und ließ Ildiz nach Deutschland ziehen. Wohl auch, weil das Geld dringend benötigt wurde. Zweifellos wäre Ildiz ein Spieler für höhere Aufgaben gewesen, sein Mangel an Erfahrung übertünchte aber sein großes spielerisches Potential und er scheiterte in Nürnberg auf der ganzen Linie. Auch sein aktuelles Engagement bei Gaziantepspor ist nicht gerade als Durchbruch zu werten.

Kristijan Dobras fiel seinem einstigen Amateurkollegen Dominik Wydra zum Opfer. Vor der Saison 2012/13 stellte sich die Frage, ob man Wydra oder Dobras in die erste Mannschaft hochziehen sollte. Wydra machte das Rennen, Dobras blieb auf der Strecke und ist mittlerweile Leistungsträger in Wiener Neustadt. Für Rapid bestritt der 23-Jährige nur ein einziges Bundesligaspiel und die Grün-Weißen müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, den talentierten Dobras – damals bei den Amateuren neben Wydra und Behrendt herausstechend – nicht unter Wettbewerbsbedingungen ausprobiert zu haben.

Vasil Kuleski wurde in der Bundesliga zweimal eingewechselt, fiel letztlich aber seiner Verletzungsanfälligkeit zum Opfer. Heute ist der 21-Jährige vereinslos.

Lukas Königshofer galt jahrelang als Trainingsweltmeister und verdrängte in der Saison 2011/12 Helge Payer als Stammtorhüter. Nach einem fulminanten Start im Rapid-Tor häuften sich nach und nach haarsträubende Fehler, bis man – sehr spät – auf den routinierten Slowaken Jan Novota umsattelte. Königshofer stand noch bis zum Ende der Saison 2013/14 auf der Gehaltsliste Rapids, obwohl man durchaus wusste, dass sein Rapid-Engagement kein legendäres werden würde.

René Gartler

Das einstige Toptalent Gartler nimmt eine Sonderstellung ein.

René Gartler ist ein Sonderfall. Der Angreifer stand zwischen 2003 und 2012 bei Rapid unter Vertrag, wurde dreimal verliehen, war Torschützenkönig in der zweiten Leistungsklasse, mehrmals verletzt und bekam dennoch eine Chance um die andere. Gartler wäre bei anderem Karriereverlauf sehr wohl einer der Spieler gewesen, die das Potential für einen Durchbruch gehabt hätten. Seine Inkonstanz, Verletzungen und vor allem ein unsteter Lebenswandel machten ihm aber einen Strich durch die Rechnung.

Thomas Bergmann machte für Rapid kein einziges Spiel, wurde aber nach seinem Abgang zu Wacker Innsbruck im Jahr 2011 immer wieder von den Fans als Backup für die rechte Verteidigung zurückgefordert. Der einstige Kapitän der Rapid Amateure spielte teilweise gute Partien, insgesamt aber zu „gewöhnlich“ für einen Außenverteidiger. Bei Rapid spielte Bergmann seit 2008, zuvor kickte er beim FC Stadlau.

Christopher Drazan absolvierte im Alter von 17 Jahren seine erste Partie für Rapid und mauserte sich schon in seiner ersten Saison zu einem nicht unwichtigen Akteur in einer offensiv extrem dynamischen Rapid-Mannschaft. Umstellungen im zentralen Mittelfeld gegen Ende der Pacult-Ära erschwerten Drazan aber das Leben und später wurde er zum Opfer einer immer vorsichtigeren Spielanlage. Angesichts dessen, dass der heute 24-Jährige über großes Potential verfügte, wurde er lange Zeit viel zu selten ins Spiel gebracht – er kam ganze 54-mal von der Bank. Zudem ist Drazan, der aus der Südstadt kam, nicht als Eigenbauspieler zu bezeichnen.

Yasin Pehlivan fällt bereits in eine Zeit, als bei Rapid noch größerer Mut angesagt war. Der heute 25-Jährige wurde kurz nach seinem 20.Geburtstag ins kalte Wasser geworfen, nachdem er zuvor praktisch nie ein Thema in der ersten Mannschaft war. Pacult forcierte Pehlivan gezielt, brachte ihn gerade in Spielen, in denen er sich in die Auslage spielen konnte, auch wenn seine Leistungen mit der Zeit immer durchwachsener wurden. Das Resultat dessen waren Einberufungen in die Nationalmannschaft und ein Transfer, der Rapid fast eine Million Euro einbrachte. Pehlivan landete inzwischen über Gaziantepspor bei Bursaspor, wo er aber keine Rolle spielt.

Tanju Kayhan ist hierfür ein ähnliches Beispiel. Der Außenverteidiger stammt aus einer Fußballerfamilie und ist der Jüngste von vier Brüdern. Er galt auch immer als der mit dem geringsten Talent, aber rackern konnte Tanju immer schon. Es war eine starke Leistung gegen Hulk vom FC Porto in der UEFA Europa League, die Kayhan später einen lukrativen Transfer zu Besiktas, gegen das er ebenfalls passabel spielte, ermöglichte. Auch hier bewies Trainer Pacult Mut, schenkte Kayhan im richtigen Moment das Vertrauen, das Spielern wie Denner oder Bergmann auf derselben Grundposition nicht geschenkt wurde. Mittlerweile spielt Kayhan bei Kardemir Karabükspor – und damit gegen den Abstieg in der türkischen Liga.

Veli Kavlak schließt unsere Liste ab. Er ist das bis dato letzte Rapid-Eigengewächs, das sich tatsächlich auf der großen Fußballbühne durchsetzen konnte. Im Sommer 2011 wechselte Kavlak zu Besiktas Istanbul, ist dort Stammspieler, phasenweise Kapitän und lenkte bereits das Interesse größerer Klubs auf sich. Von Schalke 04, Stuttgart, Mönchengladbach, Lazio Rom und Galatasaray ist hierbei die Rede. Bei Rapid kam Kavlak bereits 16-jährig zu seinem Debüt und trug letztlich in 146 Bundesligaspielen grün-weiß. Bereits davor entschied er sich gegen einen möglichen Wechsel zu Manchester United.

Der einzige Spieler, der in den letzten 3 ½ Jahren den Sprung zu einem größeren Verein schaffte und sich dort durchsetzen konnte, ist demnach Marcel Sabitzer. Spieler wie ebendieser Sabitzer, Boyd oder Burgstaller wurden von anderen Klubs zum Verein geholt, bei denen sie bereits jeweils Stammspieler waren. Danach verkaufte man sie, mehr oder weniger gewinnbringend. Bei Eigenbauspielern tut sich Rapid jedoch schwer.

Woran das liegen kann und welche internationalen Vereine als konzeptionelle Vorbilder dienen könnten, beleuchten wir auf der nächsten Seite.

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Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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